Melanchthon, Philipp - An den Churfürsten Johann von Sachsen (1528)
Wittenberg, 18. Mai 1528
Gnade und Friede von Gott rc. Durchlauchtigster rc. Gott wolle E. Ch. G. helfen in dieser Anfechtung, und behüten vor Sünd und Schaden. Ich bitte auch, E. Ch. G. wolle in dieser Sache sich selbst, ihrer Seelen Heil, allerliebste Kinder, und dazu die armen Land und Leute bedenken, und allewege Krieg zu fliehen suchen. Denn wo E. Ch. G. Krieg anfinge, so man's doch mit Gottes Gnade fliehen möge, wäre ein solches dem Gewissen beschwerlich, nicht allein E. Ch. Gnaden, sondern auch allen frommen Leuten, so dazu sollten gebraucht werden. Ach wie ein jämmerlich Ding wäre es, mit bösem Gewissen Seel und Leib, Land und Leute in solche Fahr führen, und nicht allein die Menschen, sondern auch Gott zum Feinde haben.
Mich bewegt auch nicht wenig das Kaiserliche Edict, darin Frieden geboten, welches, so es ganz in Wind geschlagen würde, weiß ich nicht, wie man solches gegen Gott und die Welt verantworten wollte. Es soll auch billig dagegen kein Verbündniß angesehen werden; denn kein Verbündniß soll wider Gottes Wort gelten. Nun steht je geschrieben: „wer das Schwert nimmt, soll durch's Schwert umkommen,“ und: „wer der Obrigkeit widerstrebt, wird ein Urtheil empfahen“; Gott wolle uns gnädiglich vor solchem Urtheil bewahren. Es ist doch der größte Trost in allen Leiden, ein gutes Gewissen haben, und Gott nicht zum Feinde haben. Wo wir aber zum Schwert erst greifen, und mit bösem Gewissen Krieg anfingen, hätten wir solchen Trost verloren. Dieß zu schreiben bin ich aus großem Kummer und Sorgen bewegt. Gott weiß, daß ich mein Leben nicht so hoch achte; bedenke aber neben andern, was Schmach dem h. Evangelio daraus folgen würde, so E. Ch. G. anfinge zu kriegen, und nicht vorhin andere Mittel und Wege, wie recht ist, zu Frieden suchte.
Quelle: Renner, C. E. - Auserlesene geistvolle Briefe der Reformatoren