Meincke, Rudolph A. - Predigt zum Jahresschluss

Meincke, Rudolph A. - Predigt zum Jahresschluss

von

Lic. Dr. Meincke,
Pastor zu St. Nikolai in Hamburg (1885-1921)

Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.
Ps. 62,2

Lasst uns forschen und prüfen unser Wesen und uns zum Herrn bekehren! Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel!
Klagelieder 3,40-41

Des Propheten Zuruf am Jahresschlusse.

Gegangen ist das Sonnenlicht,
Still schweiget Feld und Hain,
Und hell am Firmamente bricht
Hervor der Sterne Schein.

Und fromm in meiner Seele blitzt
Ein wundersamer Strahl
Von Gott, der ewig waltend sitzt
Im hohen Himmelssaal.

Der letzte Abend des Jahres ist herniedergestiegen, meine liebe Gemeinde, und mit welcherlei Empfindungen wir uns am heutigen Silvesterabend noch einmal im Gotteshause versammelt haben, das lässt sich leichter tief in innerster Seele fühlen, als dass es sich in klare Worte fassen ließe. Es ist ja immer eine ganz eigenartige Empfindung, wenn ein Jahr wieder Abschied nehmen will, wenn ein so langer Zeitabschnitt, wie wir einen solchen doch höchstens siebzig- oder achtzigmal hienieden zu durchleben haben, in das Meer der Ewigkeit hinabtaucht, wenn der alte Kalender, mit dem wir so vertraut geworden waren wie mit einem lieben Freunde, beiseite gelegt wird, wenn wir aufs Neue vor einer unbekannten, geheimnisvollen Zukunft stehen. Sind es Bittgebete, die unsere Brust durchziehen? Sind es Vorwürfe, sind es Anklagen, die in unserem Inneren aufsteigen? Sind es Dankgefühle, die in uns vorherrschen? Sind es gute Vorsätze, die wir für die Zukunft hegen? Ist es Zagen und Bangen, oder ist es Wünschen und Sehnen, das uns im Augenblicke zur Hauptsache erfüllt? Ist es Wehmut oder ist es frohe Zuversicht, ist es Furcht oder ist es Hoffnung, oder ist es vielleicht alles zugleich, das in unserem Herzen sich regt?

Meine Freunde, in solch einer bewegten, zur Einkehr und zur Andacht stimmenden Stunde kommt uns die Aufforderung des Propheten erwünscht, der uns an der Schwelle des alten und des neuen Jahres mit allem Nachdruck zuruft:

  1. Lasst uns forschen und prüfen unser Wesen!
  2. Lasst uns zu dem Herrn uns bekehren!
  3. Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel!

1.

Also forschen und prüfen sollen wir unser Wesen, und wenngleich der Empfindungen und Gefühle gar verschiedenartige sind, die uns am Silvesterabend durchwogen, so sollen wir doch der Aufforderung des Propheten nachkommen und im Gotteshause uns möglichst genaue Rechenschaft über unser Sinnen und Trachten zu geben versuchen, um je länger, desto mehr von einer Klarheit zur anderen emporgehoben zu werden. Forschen und suchen wir darum zunächst nach der Grundstimmung, die am letzten Abend des Jahres bei allen nachdenklichen Menschen auf der Tiefe der Seele ruht! Nun, wir meinen das Richtige zu treffen, wenn wir diese Grundstimmung, die durch alle mannigfaltigen Empfindungen am Jahresschlusse hindurchklingt, als einen gewaltigen Ernst bezeichnen. Es ruht aber dieser Ernst zuerst in der Gewissheit, dass wir alle hienieden keine bleibende Stadt haben, sondern die zukünftige erst suchen, dass unser ganzes Erdenleben ein ewiges Kommen und Gehen, Begrüßen und Abschiednehmen, Aufblühen und Hinwelken ist, dass heute diesem und morgen jenem die Trennungsstunde schlägt, dass niemand weiß, wann gerade er abgerufen wird, dass kein Lebensalter sich völlig sicher wähnen darf, von dem Todesengel verschont zu bleiben, dass wir jedenfalls alle unleugbar einen großen Schritt näher der letzten Entscheidungsstunde gekommen sind. Es ruht dieser Ernst sodann in der oft peinigenden und quälenden Erkenntnis, dass, was vergangen ist, vergangen bleibt, dass, was durchlebt worden ist, nicht noch einmal durchlebt werden wird, dass, was geschehen ist, nicht wieder ungeschehen gemacht werden kann, dass, was einmal versäumt worden ist, in der gleichen Weise nicht wieder wird nachgeholt werden können. Ja, ewig still steht die Vergangenheit.

Ist solcher Gedanke nicht ein sehr ernster Gedanke? Oder sollte es unter uns etliche geben, die sich keine aufrichtigen Vorwürfe zu machen brauchten, die stets und an allen Orten nach besten Kräften getreulich ihre Pflicht erfüllt hätten, die völlig selbstlos und neidlos nur das immer bedacht hätten, was ihren Nächsten zum Besten und dem Gesamtwohle zum Heile hätte dienen müssen? Unser Leben gleicht einem Buche, in dessen Blätter sich mit geheimnisvoller Schrift alle unsere Taten, Worte und Gesinnungen einzeichnen, unabänderlich und unwiderruflich. Wünscht du keine Seite anders, kein Blatt reiner und leuchtender beschrieben? Denke auch daran, dass die Schrift uns gemahnt: Wer da weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde! Es gibt nicht nur Tatsünden, es gibt auch Unterlassungssünden, und diese letzteren fallen nicht minder schwer ins Gewicht. Hast du ganz und gar aus dir gemacht, was Gott aus dir hat machen wollen? Hat sich die Blüte ganz so entfaltet, wie die Knospe sie erwarten ließ? Ach, mehr als einer hat schon in seinem Alter die bittere Wahrheit des Dichterwortes erfahren müssen: In den Ozean schifft mit tausend Masten der Jüngling; still, auf gerettetem Boot, treibt in den Hafen der Greis. Sollte es zu solch' einem Schiffbruch kommen auch in unserem eigenen Leben? Sollte das Endergebnis alles Strebens heißen: Enttäuschung? Davor behüte uns Gott! Lasst uns forschen und prüfen unser Wesen! Lasst uns Sünde und Schuld erkennen und Buße tun! Lasst uns alle Trägheit überwinden und fleißig werden! Noch ist es Zeit! Noch sind wir auf dem Wege! Höre ein jeder die Glockenschläge auf der großen Weltenuhr! Fürwahr, ernst genug ist der Augenblick des Jahresschlusses, der Abschied eines so langen Zeitabschnittes; ernst genug die Gewissheit der immer schnelleren Annäherung des schließlichen Weltgerichtes, da Gott einem jeglichen geben wird nach seinen Werken.

Aber es ist nicht allein dies Gefühl der Verantwortlichkeit, das unsere Seele mit Zagen und Bangen erfüllt, das unsere Herzen erzittern macht. Der Ernst des Silvesterabends ruht noch in einer weiteren Erwägung. Gesetzt auch, du hättest alles aufgeboten, was in deinen Kräften stand, du hättest dich allezeit ernstlich bemüht, dem Ziele der Vollkommenheit dich zu nähern, du hättest an deinem inwendigen Menschen gearbeitet Tag für Tag, sage: beschleicht dich keine Sorge um die Gestaltung der Zukunft, die nicht in deiner Hand allein steht, keine Sorge um die Ungunst der Zeiten, die du allein nicht abändern kannst, keine Sorge um die Schicksalsschläge, die auch dir möglicherweise in dem nächstfolgenden Jahre bevorstehen, die dir als Heimsuchung von einer höheren Macht können auferlegt werden? Blicke einmal um dich! Wie manche siehst du auch unter uns am heutigen Abend an heiliger Stätte in Trauergewändern, mit tränenumflortem Angesicht! Weißt du, ob du im nächsten Jahr, wenn wieder die Silvesterglocken läuten, nicht vielleicht auch zu den Leidtragenden, zu den betrübten Seelen zu zählen bist? Frage dich: fühlst du dich stark genug, auch schweres Leid tragen und großes Unglück in Demut überwinden zu können? O, wenn wir also unser Wesen forschen und prüfen, sehen wir dann nicht alle mit einem gewissen Zagen in die Zukunft?

2.

Ja, liebe Gemeinde, so wäre es, gerade so sähe es auf dem Grunde unseres Wesens aus, wenn wir den Silvesterabend verleben müssten ohne voraufgegangene Weihnacht, wenn wir als Christen nicht mitten in den Schmerz der Seele über die Ungewissheit der Zukunft, mitten in die Sorge um die Ungunst der Zeiten, mitten in den Kummer über den Unbestand alles Irdischen immer wieder den Engelsgruß, die frohe Botschaft hindurchklingen hörten: Fürchtet euch nicht; siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Sagt doch auch darum der Prophet, der am heutigen Abend unser geistlicher Ratgeber sein soll, mit allem Nachdruck: Lasst uns forschen und prüfen unser Wesen und darauf zu dem Herrn uns bekehren! Das ist ein Wort des Alten Testamentes, das so recht nach Luthers trefflichem Ausspruch Christum bereits treibt. Wir Christen wenigstens, die wir die Fülle der Zeiten geschaut haben, können gar nicht anders, als dies Wort in dem Sinne deuten: Lasst uns zu dem in Christo erschienenen Herrn uns bekehren! Singt doch auch in diesem Geiste aus heiliger, christlicher Begeisterung heraus der evangelische Sänger am Silvesterabend so schön:

Herr, nun will es Abend werden,
Und der Tag hat sich geneigt:
Bleibe bei uns, wenn auf Erden
Auch das Jahr nun niedersteigt!
Komm' und geh' mit uns hinüber,
Aus- und Eingang segne Du,
Sei's dann froher oder trüber,
O du bringst das Herz zur Ruh!

Ja, wie einst die nach Emmaus wandernden Jünger, die gleich uns so mancherlei Reden sorgenvoll unter sich ausgetauscht hatten und bis auf den Grund ihres Wesens sich traurig und wehmütig fühlten, im Aufblick zu dem Auferstandenen allsogleich Trost empfanden und den Verklärten nicht lassen wollten, er habe sie denn mit seinem Gnadengruße gesegnet, so sprechen auch wir in der gegenwärtigen Stunde, da uns aufs Neue bange Abendstimmung umfängt, zu dem Herrn, unserem Heilande und Erlöser: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt!

Es steigt also aus dem Grunde unseres Wesens durch alle widerstreitenden Empfindungen hindurch eine Stimme in unserem Inneren auf, die wie Trost sich ankündigt, die wie Friede und Zuversicht klingt, die uns grüßt wie ein Gebet. Aber sind wir der Erfüllung einer solchen Bitte auch gewiss, da wir uns ihrer doch häufig nicht wert erzeigen? Dürfen wir auf eine so große Gnadenerweisung vertrauensvoll bauen, da wir doch nach Luthers Worten täglich viel sündigen und wohl eitel Strafe verdienten?

Blicken wir noch einmal zurück! Welche Erlebnisse haben wir denn in dieser Hinsicht bisher zu verzeichnen? Nicht wahr? wir hatten uns auch bereits an dem Festtage, da das nun schwindende Jahr seinen Anfang nahm, von ganzem Herzen und aus allen unseren Kräften vorgenommen, auf Gottes Geheiß frohgemut hinauszufahren auf die Höhe des Meeres und in unserem Lebensschiffe treu zu verharren unter der Königsfahne Jesu Christi. Nun diese Meeresfahrt wiederum beendet ist nun wir aufs Neue für eine kurze Spanne Zeit in den Hafen der Ruhe eingelaufen sind, fragen wir uns, wie es uns draußen auf offener, freier See ergangen ist. Da darf die Antwort lauten: Wir haben allerdings auch im Verlaufe dieser letzten Fahrt manches böse Wetter und manche schlimmen Stürme zu bestehen gehabt. Aber nicht nur diese äußere Erfahrung, die mehr oder minder für jede Reise zutreffen dürfte, haben wir davongetragen, sondern wir haben als Christen vor allem auch die innere und wichtigere Erfahrung erprobt und bestätigt gefunden, dass nämlich in allen schweren Stunden unser inständiges Flehen niemals unerhört geblieben ist, dass vielmehr unser Herr und Meister trotz unseres immer wieder auftauchenden Kleinglaubens auf unser Rufen hin Wind und Wellen noch jedes Mal, wie einst auf dem See Genezareth, kraftvoll beschworen hat.

Können wir darum einerseits aus eigener Erfahrung dankbar bekennen: Der Herr hat bis hierher geholfen, und dürfen wir andererseits als Glieder der christlichen Gemeinde auch in Zukunft vertrauensvoll bitten: Der Herr möge auch fernerhin helfen, so lasst uns für diese unverdiente Gnadenwohltat uns dadurch erkenntlich erweisen, dass wir nach unseren besten Kräften in Tat und Wahrheit Liebe mit Liebe und Treue mit Treue zu vergelten versuchen, um so unser inneres Leben immer mehr zu verklären in das Wesen unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi. Lasst uns aber zu solchem Vorhaben nicht nur Buße tun, lasst uns nicht nur gute Vorsätze von neuem fassen, sondern lasst uns zugleich die Kraft zu solcher hingebenden Treue aus einer erneuten Bekehrung zu dem Herrn entnehmen! Wahrlich, in dieser letzten, ernsten Scheidestunde frage sich ein jeder, ehe es zu spät ist, wie er zu Christus steht, ob er schon in jeder Hinsicht gesinnt sei, wie Jesus Christus auch war. Denn daran müssen uns als bewusste Glieder der christlichen Gemeinde immer aufs Neue die Silvesterglocken gemahnen, dass es vor allem darauf ankommt, dass wir, wie an Jahren, so auch an Weisheit, an Gnade bei Gott und den Menschen zunehmen. Christlicher muss die Zeit wieder werden, soll die Ungunst der Verhältnisse schwinden. Christlicher aber kann die Zeit nur werden, wenn ein jeder in seinem Berufe, in seiner Familie den rechten, heiligen Geist wieder walten lässt, wenn ein jeder die prophetische Aufforderung in seinem Leben befolgt: Lasst uns forschen und prüfen unser Wesen! Lasst uns zu dem Herrn uns bekehren!

3.

Lasst uns unser Herz samt den Händen zu Gott aufheben im Himmel! Denn wozu sollen wir uns zu dem in Christo erschienenen Herrn bekehren? Doch gewiss zu dem Zwecke, dass Jesus uns nun über sich selber hinweg zu Gott, dem Ewigen, emporweise, dass er unser Herz samt den Händen emporrichte zu seinem und unser aller Vater im Himmel. Christus, unser Herr und Heiland, soll unser Führer himmelan sein, auf dass unsere Seelen Frieden und Ruhe finden in Gott. O hört ihr es, ihr Glücklichen, die ihr in dem verflossenen Jahre reiche und überreiche Freude genossen habt, denen Ehre und Auszeichnung zu teil geworden sind, die ihr eure Arbeiten vom Erfolge gekrönt saht, die ihr zufrieden sein dürft mit der Ernte dieses Jahres! Hört ihr es, ihr Frohgesinnten, die ihr in diesem Jahre euer Lebensglück, euer eigenes Heim begründen konntet, ihr, die ihr euch von blühenden, fröhlichen Kindern umgeben saht, ihr alle, die ihr euch eines glücklichen Familienlebens erfreuen durftet! vergesst nicht, dass alle gute und alle vollkommene Gabe von oben herabkommt, von dem Vater des Lichtes! Bleibt demütig und seid dankbar! Erhebt eure Herzen samt den Händen zu Gott im Himmel!

Hört ihr es, ihr Unglücklichen und Betrübten, die ihr dieses Jahr nicht zurückwünscht, denen Vater oder Mutter gestorben, die ihr den Gatten oder die Gattin habt scheiden sehen, denen Bruder oder Schwester genommen, die ihr ein teures Kind vor der Zeit in das stille Grab habt betten müssen. O, seid auch heute beim Gedächtnis an die schweren Stunden des Jahres geduldig in Trübsal! Was Gott tut, das ist wohlgetan! Es bleibt gerecht sein Wille! Allerdings können wir den Weltplan des Höchsten im ganzen noch nicht überschauen. Allerdings bleibt uns kurzblickenden Menschenkindern darum im einzelnen noch manches unerforschlich und unerklärlich, auch wohl dem Anscheine nach schwer vereinbar mit der Liebe und Güte des himmlischen Vaters. Aber das ist eben nur menschliches Nichtwissen, menschliches Nichterkennen, menschliches Nichtbegreifenkönnen. Erst wenn das Vollkommene kommen wird, dann wird das Stückwerk aufhören. Als Christen sollen wir uns sogar der Trübsale rühmen, sintemal die Trübsal Geduld und Erfahrung und Hoffnung bringt, die nicht zu Schanden werden lässt. Je größer Kreuz, je näher Himmel! Auch der Schmerz ist Gottes Bote. Gott schickt dir keinen Schmerz nur darum, dass du solltest weinen. Lernt auch aus dem Leide! Die Trübsal läutert die Seele, wie das Feuer das Gold. Das Leid festigt den Charakter, wie der Sturm die Eiche. Darum seid standhaft, wenn ihr selber krank daniederliegen müsst, und bittet alsdann Gott um Kraft! Seid standhaft, wenn ihr an Schmerzenslagern weilt und wisst nicht, wie ihr helfen sollt! O fleht Gott in solcher Prüfungszeit um seinen Beistand an und lasst euch auch in Trübsalstagen von Christo sagen, dass denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen.

Erhebt eure Herzen samt den Händen zu Gott im Himmel, ihr, die ihr noch manches wieder gut zu machen habt, die ihr mit eurem Vorwärtskommen noch keineswegs zufrieden sein konntet, die ihr straucheltet und aufstandet und doch wieder fielt, die ihr Zank und Zwist grundlos heraufbeschwort, die ihr lieblos und unfreundlich sein konntet, selbst gegen eure Nächsten. O, lasst den Abend nicht scheiden, ohne dass ihr euch aufs Neue zu Christo bekehrt und in seinem Namen Gott im Himmel um Vergebung eurer Schuld angefleht hättet! Lasst die Nacht nicht hereinbrechen, ohne dass ihr in euren Herzen mit euren Brüdern euch versöhnt und auch die euch widerfahrene Unbill vergessen und vergeben hättet! Ja, lasst uns alle, Junge und Alte, Niedrige und Hohe, Arme und Reiche, Unglückliche und Glückliche, Betrübte und Fröhliche forschen und prüfen unser Wesen, lasst uns zu dem Herrn uns bekehren, lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel!

Wenn wir aber also der Aufforderung des Propheten nachgekommen sind, o, dann werden wir es inne werden, wie nicht mehr Furcht und Hoffnung, Wehmut und frohe Zuversicht in unserm Innern abwechselnd auf- und niederwallen, wie vielmehr alles Zagen und Bangen einem festen, unerschütterlichen Gottvertrauen gewichen ist. Fürwahr, es ist ein köstlich Ding, wenn das Herz fest wird, welches geschieht durch Gnade. Die Abendstimmung, die anfänglich für uns etwas Beunruhigendes, etwas Beängstigendes an sich hatte, ist nun in eine stille Andachtsstimmung gewandelt, die uns anmutet wie ein Friedensbote, welcher das Morgenrot einer neuen, gottgewollten Zukunft uns heraufführen will.

Vertrauensvoll heben wir noch einmal unsere Hände im Gebete zu Gott empor und richten unsere Herzen im Namen unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi zu unserm himmlischen Vater, der über den Sternen wacht, auf dass er segne mit Freuden den Morgen, auf dass er segne mit Frieden die Nacht.

Ja, so mag es Abend werden,
Gott bleibt bei uns Tag für Tag!
Ich auch bin bei euch auf Erden,
Liebend der Erlöser sprach.
Durch der Zeiten dunkle Ferne
Strahlt dies Heilandswort so klar
Und verheißt, wie gold'ne Sterne,
Glück und Heil zum neuen Jahr.

Amen.

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