Luther, Martin - Vermahnungsschrift an den Bürgemeister zu Wittenberg...
den Mißbrauch des Kirchhofs abzuschaffen.
Lieber Er Bürgermeister! Nachdem des Mißbrauchs auf dem Kirchhofe je länger je mehr wird, daß jedermann drauf legt, führet, stellet, und macht seines Gefallens, damit gleichwol der lieben Todten, so in Christo getauft sind, und leben, und auf dem Kirchhofe der Auferstehung gewarten, als in ihrem Bettlein ruhend und schlafen, (wie Jesaias Cap. 26. sagt,) nicht viel mehr geachtet wird, denn als lägen sie auch einem Schindeleich oder nicht weit vom Galgen: Ist meine Bitte, wollet schaffen, daß, da solcher übriger Mißbrauch ausgeräumet werde, und den Todten, deren ohne Zweifel viel in Christo entschlafen, ein wenig grössere Ehre und Ruhe vergönnet werde. Denn wir können sie nicht alle ausgraben und wegthun, damit wir könnten weichen solchem Mißbrauch: wolltens auch thun, wenns möglich. Sonst siehets, als halten wir nichts von den Todten, noch Auferstehung der Todten.
Die Braupfannen, wie vor von Alters her, mögen wir darauf wol leiden, um Sicherheit willen. Des andern aber wird gar zu viel, daß auch die Zimmerleute keine Predigt achten, ja hauen und poltern mit ihrem Zeug, daß kein Wort in der Predigt sollte gehöret werden, denken, es sey nöthiger und billiger, eines Zimmermanns Beil zu hören, weder GOttes Wort.
Anno 1539.