Luther, Martin - Tischreden - Von der Heiligen Dreifaltigkeit

Luther, Martin - Tischreden - Von der Heiligen Dreifaltigkeit

1. Vergleichung der heiligen Dreifaltigkeit.

Der Vater ist in göttlichen Dingen und Sachen die Grammatik, denn er gibt die Worte und ist die Brunnquelle, daraus gute, feine, reine Worte, so man reden soll, fließen. Der Sohn ist die Dialektik, denn er gibt die Disposition, wie man ein Ding fein ordentlich nacheinander sehen soll, dass es gewiss schließe und aufeinander folge. Der Heilige Geist aber ist die Rhetorik, der Redner, so es fein vorträgt, bläst und treibt, es lebendig und kräftig macht, dass es Nachdruck hat und die Herzen einnimmt.

2. Es findet sich in allen Kreaturen ein Bild der Dreieinigkeit.

An der Sonne findet man ihr feuriges Wesen, den Glanz und die Wärme, die sie von sich gibt. In den Flüssen ist ihr Wesen, ihre Neigung nach der Tiefe, und die damit verbundene Stärke wahrzunehmen. Ebenso verhält es sich mit den Künsten und Wissenschaften. In der Astronomie wird man Bewegung, Licht und Einfluss an den himmlischen Körpern gewahr. In der Musik sind die drei Hauptnoten: Re, mi, fa. In der Geometrie ist die dreifache Abteilung bekannt: eine Linie, eine Fläche, ein Körper. In der Grammatik kommen die drei Redeteile vor. In der hebräischen Sprache finden sich drei Buchstaben, die die Wurzel oder erste Bedeutung eines Wortes ausmachen. In der Arithmetik ist die Regel von drei Zahlen bekannt. In der Redekunst kommt vor die Disposition, die Ausarbeitung und wirkliche Ablegung einer Rede. Denn die Erfindung und das Memorieren ist kein Werk der Kunst, sondern der Natur. In der Dialektik ist sonderlich die Beschreibung oder Erklärung eines Dinges, die Abteilung und die daraus gemachten Schlüsse merkwürdig. So kann auch ferner ein jedes Ding nach Maß, Zahl und Gewicht betrachtet werden. Ein jegliches Gräschen und Blümchen hat erstlich seine Gestalt und Wesen, wodurch Gott, der Vater, in seiner Allmacht abgebildet wird. Es hat ferner seinen Geruch und Geschmack, und das ist ein Bild des Sohnes Gottes, der die ewige Weisheit ist. Es hat endlich seine besondere Kraft und Wirkung, welche uns die Kraft des heiligen Geistes vorstellt. So sieht man also, wie der dreieinige Gott gleichsam in alle Kreaturen ein Bild von seinem Wesen abgedrückt habe. Diese Zeichen haben die Scholastiker aus den Augen gesetzt, und sind dagegen auf andere Tändeleien geraten.

In allen Kreaturen ist und sieht man eine Anzeige der heiligen Dreifaltigkeit. Erstlich, das Wesen bedeutet die Allmacht Gottes des Vaters; zum Andern, die Gestalt und Form zeigt die Weisheit des Sohnes an; und zum Dritten der Nutzen und die Kraft ist ein Zeichen des heiligen Geistes. Dass also Gott gegenwärtig ist in allen Kreaturen, auch im geringsten Blättlein und Mohnkörnlein.

3. Der Artikel von der heiligen Dreifaltigkeit übertrifft alle Vernunft.

Abends darauf, nachdem Dr. Martin Luther in der Frühe von der heiligen Dreifaltigkeit gepredigt hatte, redete er viel von diesem hohen, trefflichen Artikel unsers christlichen Glaubens, der aller Menschen Vernunft und Verstand übertrifft, nämlich: dass eins drei, und drei eins sei, welches kein Rechenmeister, Philosoph, Jurist, Jude, Türke fassen noch begreifen kann. So tut auch das Gleichnis vom leiblichen Vater und Sohn wenig zur Sache, denn es ist ein sehr schwaches Bild oder Gleichnis, in welchem nur der Unterschied der zwei Personen angezeigt wird; nämlich, dass diese zwei Personen ein unzertrennt Wesen sind, das kann keine Kreatur begreifen noch anzeigen.

Basilius jedoch, von den alten Lehrern Einer, setzt und zeigt an das beste Gleichnis oder Bild davon, nämlich: dass alle Menschen werden vernünftige Kreaturen genannt, von wegen der Vernunft, so allen Menschen gemein und natürlich ist, denn was Vernunft hat, das ist ein Mensch. Aber gleichwohl sind die Menschen unterschieden; ob sie schon insgemein Einen Namen haben, dass sie vernünftige Menschen heißen, ist doch insonderheit Einer dem Andern sehr ungleich, weil Einer den Andern mit Verstand und Vernunft, auch mit andern Gaben und Tugenden weit übertrifft.

4. Zeugnisse von der heiligen Dreifaltigkeit.

Im Evangelio, Joh. 3. 16, wird fein und eigentlich der Unterschied der Personen angezeigt in dem höchsten und größten Werk, das Gott mit uns armen Menschen handelt, dass er uns gerecht und selig macht. Denn da steht klar vom Vater: dass er die Welt geliebt, und ihr seinen eingeborenen Sohn, geschenkt habe. Das sind zwei unterschiedliche Personen, Vater und Sohn: der Vater liebt die Welt, und schenkt ihr den Sohn; der Sohn lässt sich der Welt schenken, und, wie Christus klar sagt, V. 14: lässt er sich, wie die Schlange in der Wüste, am Kreuz erhöhen, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Zu solchem Werk kommt danach die dritte Person, der heilige Geist, welcher durch das Wasser der seligen Taufe den Glauben im Herzen anzündet, und uns also wiedergebiert zum Reich Gottes.

5. Dieser Artikel ist allezeit heftig angefochten worden.

Dieser Artikel, wiewohl er im neuen Testament am Klarsten behandelt wird, ist doch immerdar aufs Heftigste angefochten worden, also dass, wie die Geschichten bezeugen, der heilige Evangelist Johannes zur Bekräftigung dieses Artikels sein Evangelium hat schreiben müssen. Denn da fand sich alsbald der Ketzer Cerinthus, der hat aus Mose gelernt, es wäre nur Ein Gott, schloss deshalb, Christus könne nicht Gott sein, wie Gott auch nicht könne Mensch sein. Also plauderte er aus der Vernunft, und dachte, wie er's bei sich fassen und schließen könne, also müsse es auch zugehen.

Wir aber sollen und müssen bei Gottes Wort bleiben, was von solchen Sachen die heilige Schrift vorsagt, nämlich, dass Christus wahrhaftiger Gott sei, mit Gott dem Vater, und dass der heilige Geist wahrhaftiger Gott sei, und dennoch nicht drei Götter, noch drei Männer, drei Engel, drei Sonnen, drei Fenster. Nein, also ist Gott in seinem Wesen nicht unterschieden, sondern es ist nur ein einig göttliches Wesen. Darum, ob's gleich drei Personen sind, Gott Vater, Gott Sohn, Gott heiliger Geist, so kann mans doch dem Wesen nach nicht teilen noch unterscheiden. Denn es ist nur ein einiger Gott in einem einigen, unzerteilten, göttlichen Wesen, wie S. Paulus von Christo, Koloss. 1, 14-17, klar sagt, dass er sei das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborne vor allen Kreaturen. Denn durch ihn ist Alles erschaffen, das im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare rc. Und es ist Alles durch ihn und in ihm geschaffen, und er ist vor Allem, und es besteht Alles in ihm.

Was nun die dritte Person sei; das, lehrt der Herr Joh. 15,26, da er also sagt: Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen ich euch senden werde vom Vater der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird zeugen von mir. Hier redet Christus nicht allein vom Amt und Werk des heiligen Geistes, sondern auch von seinem Wesen, und sagt, er gehe vom Vater aus: das ist ja so viel gesagt, dass sein Ausgang ist ohne Anfang und ewig. Darum geben ihm die heiligen Propheten den Namen, und heißen ihn den Geist des Herrn, Joel. 2, 28, 29.

Ob nun solcher Artikel närrisch scheint, was liegt daran? denn es gilt hier nicht zu disputieren, ob es wahr sei, sondern, ob Solches in Gottes Wort gegründet sei. Ist's Gottes Wort, wie es denn gewiss ist, so zweifle gar nicht daran, Gott wird dich nicht belügen. Darum bleibe dabei, und disputiere nicht viel, wie Vater, Sohn und heiliger Geist können Ein Gott sein. Kannst du doch, du armer Mensch, wenn du gleich aller Weltweisen Kunst zu Hilfe nimmst, nicht wissen, wie es zugeht, dass du lachst, und mit deinen Augen über zehn Meilen Weges einen hohen Berg siehst, oder, wenn du schläfst, wie es zugehe, dass du dem Leibe nach tot bist, und doch lebst. Wir können das geringste Ding von uns selbst nicht wissen, und wollen doch (ins Teufels Namen) hinauf mit unserer Vernunft klettern, und Gott in seiner Majestät eigentlich fassen und ausspekulieren, was er sei.

6. Wie die gelehrten Heiden Gott beschrieben haben.

Die Philosophen und gelehrte Heiden haben Gott also beschrieben, dass er sei wie ein Zirkel, dessen Pünktlein in der Mitte allenthalben ist, seine Circumferentia1) aber, die von außen ringsumher geht, nirgends ist. Sie haben damit wollen anzeigen, Gott sei Alles, und Nichts; denn unser Herr Gott ist allenthalben, und kann doch nicht begriffen noch gefasst werden. Ich finde ihn nicht allein zu Jerusalem im Tempel, und in dem Bilde und in der Gestalt, wie er sich mir vorbildet und vorhält. Er ist allenthalben, nämlich in der Taufe, in der Krippe, im Sakrament, aber nirgends ist er in seiner Majestät, auch nicht in meinem Spekulieren, wie ich ihn nach meinen Gedanken und meinem Sinne abmale. Ach! gütiger Gott, wie wundersam bist du, der du die Weisen in ihrer Weisheit zu Schanden machst! Hiob. 1, 12. 13. Es braucht noch Mühe und Arbeit genug, dass wir Etwas davon, nur dass ABC verstehen und erlangen, wenn wir fleißig beten, und um Hilfe anrufen. Und, wenn die Gottlosen aus eigenem Durst und Frevel nach ihrer Vernunft Etwas ohne und wider Gott beschließen und vornehmen wollen, so kehrt's Gott stracks um, dass es den Krebsgang gewinnt; und, wenn er's nicht täte, so verlöre er die Ehre und Herrlichkeit seiner Majestät.

7. Dass die Ketzer ihre Geschicklichkeit und Kunst missbrauchen, und die Artikel des Glaubens anfechten.

Als Anno 1532 ein gräulich böses Buch wider die heilige Dreifaltigkeit im Druck ausgegangen war, sprach Dr. Luther: Die Schwärmer denken nicht, dass andere Leute auch von diesem Artikel Anfechtungen gehabt haben; aber es hält doch nicht Stich, dass ich dem Wort Gottes und heiligen Geist meine Gedanken entgegensetze. Als nun M. Veit Dietrich zum Herrn Doktor sagte: Es sollte Einer schier bitten, dass er in der heiligen Schrift nicht gelehrt würde, als dass er darinnen gelehrt wäre. Darauf sprach Dr. Luther: O nein, es müsste sonst Einer auch bitten, dass kein Gold in der Welt wäre, und dass keine Sonne wäre, denn die Sonne ist eine Ursache aller Sünden und Laster in der andern Tafel der zehn Gebote, und, wenn ewig nicht wäre, so würde weniger Totschlag und Morden, oder Hurerei und Ehebruch, auch weniger Diebstahl sein.

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Umfassung, Rand des Kreises
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