Luther, Martin - Summarien über den Psalter - Der 32. Psalm.
Ist ein ausbündiger Lehrpsalm, der uns lehrt, was Sünde sei, wie man derselbigen los werde, und vor Gott gerecht sein möge. Denn die Vernunft weiß nicht, was Sünde sei, und meint, mit Werken dafür genug zu tun; aber hier sagt er, dass auch alle Heiligen Sünder sind, und nicht anders heilig noch selig sein können, denn dass sie sich vor Gott für Sünder erkennen, und wissen, dass sie ohne Verdienst und Werk, allein aus Gnaden, gerecht von Gott geachtet werden. Summa, unsere Gerechtigkeit heißt auf deutsch, Vergebung der Sünde, oder, wie er hier sagt, Sünde nicht zurechnen, Sünde bedecken, Sünde nicht sehen wollen. Da stehen die hellen dürren Worte, dass alle Heiligen sind Sünder, leben und bleiben Sünder; aber davon sind sie heilig, dass Gott aus Gnaden solche Sünde nicht ansehen noch rächen, sondern vergessen, vergeben und bedeckt haben will. Dass also kein Unterschied zwischen Heiligen und Unheiligen sei, sie sind alle gleich Sünder, und sündigen alle täglich; ohne dass derer Heiligen Sünde nicht gerechnet, sondern zugedeckt, der Unheiligen aber gerechnet und aufgedeckt stehen. Jener Wunden haben Pflaster, und sind verbunden; aber dieser stehen offen, und sind unverbunden. Dennoch sind sie beiderseits wahrhaftig wund, wahrhaftig Sünder, davon wir in unsern Büchern anderswo reichlich gezeigt haben.