Luther, Martin - Schöner Sermon, darinnen die größesten Hauptstücke eines christlichen Lebens beschlossen sind.

Luther, Martin - Schöner Sermon, darinnen die größesten Hauptstücke eines christlichen Lebens beschlossen sind.

Anno 1524.

Leipz. Supplem. 24. Walch X. 177S. Erlang. XX. 297.

Zum Ersten: Daß die menschliche Natur vergiftet ist, und ihr eingepflanzt von Natur eine Liebe zu Sünden; wiewohl sie sich wohl schmücken und in Etlichen eine Zeit lang verbergen kann, und sich doch erreget, so sie Raum, Statt und Ursache dazu hat. Darum kein Mensch also heilig ist, in welchem sich die Lust zur Sünde nicht rege, welcher nicht eine angeborne Neiglichkeit zu Sünden habe, in welchem nicht auch Etwas von dem Fleisch regieret; und das ist in aller Schrift offenbar, davon St. Paulus zun Römern sagt: „Sie sind alle unter der Sünde beschlossen, es ist ihr keiner fromm, auch nicht einer.“ Und 1 Mos. 8, 21.: „Des Menschen Natur ist böse.“

Zum Andern: Diesem Gebrechen kann nun Niemand weder im Himmel noch auf Erden (ohne Einer ausgenommen) helfen; nicht das da menschlich ist, kann uns von diesen Sünden absolviren und entledigen; und das ist nun das Gesetz, das da Alle anklaget und Alle verdammet, von deswegen, daß wir ihm nicht gnug können thun.

Zum Dritten: Da das Gott gesehen hat, hat er sich zuletzt unser angenommen und erbarmet, hat seinen eingebornen Sohn zu uns herabgeschickt, denselben, daß er doch rein wäre, lassen von einer Jungfrau, vor und nach der Geburt, mit Mitwirkung des heiligen Geistes, ohne Manns Samen, geboren werden, daß uns derselbige eine Weise gebe, und lernet uns recht thun. Derselbe Jesus Christus, der ist, für unsere Sünde zu büßen, gekreuziget worden und gestorben, durch welches Sterben er uns dem Teufel aus dem Rachen genommen und uns erlöset hat, darnach erstanden von den Todten und aufgefahren gen Himmel, vom Himmel herab uns zu schicken den heiligen Geist, und uns daselbst alle geistlich zu regieren. Der Christus nun allein, und sonst niemand anders, weder im Himmel noch auf Erden, der hat uns erlöset, der nimmt unsere Sünde alle hinweg, zu dem wir rufen: O du Lamm Gottes, der du hinnimmst die Sünde der Welt, erbarme dich unser! Wenn wir nun das glauben, er habe Sünde, Tod, Hölle und den Teufel vertilget und überwunden, und also allein für die Sünde genug müssen thun: so gewinnet man denn eine solche Liebe zu Gott, welche der Teufel, noch die Welt, noch keine Creatur überwinden kann. Nun sehen wir, daß die Summe alle an dem Glauben in Jesum Christum gelegen ist; wo wir von dem weichen und uns auf die Werke verlassen, so ist es mit uns umsonst, denn der Glaube allein macht selig, wie Paulus zun Römern sagt: Sie werden gerechtfertiget ohne alle Werk, allein durch den Glauben; wo derselbe Glaube ist, da kommen gute Werke von ihm selbst hernach. Denn der gute Baum kanns nicht lassen, er muß gute Früchte bringen; auch ein böser Baum kann keine gute Früchte bringen: also auch ein Mensch, der nicht glaubet, und nicht fromm ist vorhin, kann keine gute Werke thun, sondern er muß zuvor glauben, daß Christus für uns gestorben, und Alles ausgerichtt, und also für die Sünde genug gethan habe, wie oben gesagt ist; so kommen denn die guten Werke hernach.

Zum Vierten: Dieweil wir nun auch eine Zeitlang hier auf dieser Erden leben sollen, müssen wir, wollen wir anders Christen sein, einen solchen Stand annehmen, der Gott gefällig ist. Nun gefällt ihm nicht, das er nicht geboten hat; derohalben, so ist aller Mönche, Nonnen und Pfaffen Stand teufelisch und verdammlich, denn sie gehen also daher in ihren eigenen, erfundenen Werken.

Nun so ist kein Stand, den Gott gemeiner hat wollen sein, den er auch geboten und uns dazu erschaffen hat, denn der eheliche Stand, derohalben er Alles gemacht hat, ein Männlein und ein Fräulein. In dem Stande sollen wir leben, in dem haben wir Gottes Wort, den Stand mögen wir auch bei Gott verantworten, denn er hat ihn geboten. Mit dem soll niemand, der die Gnade, keusch zu sein, hat, zu dem ehelichen Stande gezwungen sein; aber derselben sind wenig, unter tausenden findet man kaum einen.

Zum Fünften: Daß wir unter einander einhelliglich und friedlich leben, und nicht ein Jeglicher thue, was ihm gefalle, so hat Gott eingesetzt das weltliche Schwert, in beiden, Neuen und Alten Testament; in dem Alten am Buch der Geschöpfe am 9. Kap. v. 6.: „Welcher menschlich Blut Vergießt, deß Blut soll wieder durch einen Menschen vergossen werden.“ Und Matth. 26, 52.: „Ein Jeglicher, der das Schwert wird nehmen, wird mit dem Schwert verderben.“ Paulus zun Römern am 13. Kapitel. Da ist das weltliche Schwert gegründet. Denn, Gott gebe, die Obrigkeit sei böse oder gut, sollen wir ihr unterworfen sein, so sie anders über leiblich Ding gebietet. Wenn sie aber auch über geistlich Ding wollte gebieten, so greifet sie Gott in sein Gericht, und sitzet auf seinem Stuhl, da soll man ihr nicht folgen oder gehorsam sein.

Nun, in diesen fünf Stücken ist gegründet das rechte ganz christliche Leben, also, daß wir uns auch nicht davon führen sollen lassen, wenn wir darüber verbrennen sollten. Und dieweil das der rechte Weg ist, so hat uns Christus gewarnet, es werden falsche Propheten kommen, die uns auf einen andern Weg werden führen, als jetzt schon längst vorhanden sein, welche wir nun lang gespürt haben; die, dieweil sie mit nichten herein können brechen, wollen sie uns mit scharfen Fragen, die da unnütz sein, bekümmern, und also von dem rechten Wege führen.

Die da sonst ihre Blindheit mit Nichts können bedecken, sprechen: man soll die erstgebornen Kinder nicht taufen, denn die Taufe ist ihnen kein nütz; wie das Wasser die Seele könne waschen? Denen sollt ihr also antworten: Es sei zweierlei Wasser, schlecht Wasser und Gottes Wasser. Das schlechte Wasser kann die Seele nicht waschen, aber das Gottes Wasser nimmt die Sünde hinweg und waschet die Seele; das ist aber Gottes Wasser, da sein Wort und er durch das Wort innen steckt. Das ist das Wort, daß er uns es geheißen und gegeben hat, da er spricht: Wer da glaubet und wird getauft, der wird selig. Das ist das rechte Wort, durch das Wort wird die Seele gewaschen.

Da heben denn an die falschen Propheten, und sprechen: Ja, das Wasser Gottes macht niemand rein, denn es glaube der Mensch vorhin; nun, die Kinder, die glauben nicht, denn sie können nicht reden, und den Glauben nicht bekennen. Da sollt ihr sagen: An demselben liegt Nichts, wenn sie schon nicht reden können; denn wenn ein Christ schläft, so behüt ihm Gott den Glauben, den er Gott in der Taufe (vor der Gemeinde der christlichen Kirche zu einem Zeugniß) verheißen hat, wenn er gleich Gott in der Taufe oder im Schlafe nicht bekennet, so enthält ihn doch sein Wort. Weiter, so haben wir ein gewiß Wort und Verheißung Gottes, das uns Christus, der Herr, bezeuget, daß sie glauben, wiewohl sie nicht reden können, da er spricht: Lasset die kleinen Kindlein zu mir kommen, denn ihr ist das Reich der Himmel. Da legen sie sich wider den Spruch, seind sie böse, da werden sie schweigen müssen.

Nun es begibt sich oft, daß die Frauen die Kinder taufen, wenn sie noch halb im Mutterleibe sein. Dasselbe ist nicht recht, man soll es nicht taufen, denn Gott will es nicht haben; wollte er es haben, daß es getauft würde, er würde es wohl ganz heraus lassen kommen. Aber die Weiber haben Sorg, wenn sie also stürben, so würden sie schuldig an ihnen. Das ist nicht also, sondern Gott allein ist schuldig daran, der will es also haben, der macht es, wie es ihm gefällt. Daß aber die Weiber auch die Kinder taufen, wenn sie schwach sind, das ist wohl gethan; denn so es also noth ist, so haben sie es Macht. Aber darnach sollen sie es nicht noch einmal taufen lassen, es hat sein eben genug, wenn es einmal von einer Frauen getauft ist; denn das muß geschehen nur, wenn das Kind gar schwach und kein Verzug hat. Mit solchen Fragen werden sie hereinkommen, darauf sollen wir nicht halten, nur allein an dem Christo hangen; wenn wir denselben haben, so können wir nicht irren.

Also habt ihr kürzlich in einer Summa die größten Hauptstücke beschlossen, die in der heiligen Schrift sind, die auch einem christlichen Leben noth sind, da bleibet auf und lasset euch niemand davon verführen.

Quelle: Luthers Volksbibliothek, Band 13 + 14

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