Luther, Martin - Bedenken - Tröstung für eine Person in hohen Anfechtungen
Der CXLII. Psalm
Ich schreie zum Herrn mit meiner Stimme. Ich flehe dem Herrn mit meiner Stimme.
Ich schütte meine Rede fur ihm aus. Und zeige an fur ihm meine Noth.
Wenn mein Geist in Ängsten ist, So nimmst du dich meiner an.
(Das ist, du sorgest dafür, wie mirs gehet und gehen soll.)
Sie legen mir Stricke auf dem Wege, da ich auf gehe.
(Das thut der Teufel durch böse Gedanken, daß der Mensch nicht weiß, wo es mit ihm hinaus will, damit er dieweil verhindert werde an seinem Thun und Wesen. Aber man soll solchs Gotte befehlen, der weiß wohl, wie es gehen soll.)
Schau zur Rechten und siehe, da will mich niemand kennen
(Das ist: auf der Seligen Seiten. Dünket die Seele, sie gehöre nicht dahin, da die Seligen sind, niemand kennet sie. So will sie denn fliehen und wäre des Leides gerne los, so kann sie nicht, wie folget:)
Ich kann nicht entfliehen.
(Das ist: Es ist kein Fliehen noch Entrinnen, Ich muß allhie halten in der Angst.)
Und niemand nimmt sich meiner Seelen an.
(Also dünket sie sich, so fühlet sichs auch, aber darum soll man nicht ablassen, und solchem Dünken und Fühlen nicht folgen.)
Zu dir schrei ich, lieber Herr.
(Weil sonst nichts trösten will, noch helfen kann, und sage:)
Du bist meine Zuversicht, mein Theil im Lande der Lebendigen.
(Das ist: Es sagt mir Alles, ich soll sterben und verderben. Da streite ich wieder und sage: Nein, ich will leben, deß versehe ich mich zu dir.)
Merke auf meine Klage, denn ich werde sehr geplaget. Errette mich von meinen Verfolgern, denn sie sind mir zu mächtig.
Führe meine Seele aus dem Kerker.
(Das ist: aus der Noth und Angst, darin ich gefangen bin.)
Daß ich danke deinem Namen. Die Gerechten werden sich zu mir sammeln.
(Mit mir und über mir zu danken, als über dem verlornen Schafe.)
Darum, daß du mir wohl thust.
(Das ist, Trost für Unfall, Hülfe für Bosheit erzeigest, Amen.)