Luther, Martin - 1. Petr. 4. V. 11.
Das ist eine sehr nöthige Lehre in der Kirche, und wo sie wäre bisher gehalten worden, so wäre die Welt nicht mit des Antichrists Lügen und Verführung erfüllet; denn es ist hiemit allen denen, so in der Kirche Etwas sein und thun, wie hoch auch ihr Amt und Gaben sind, ein Ziel gestellet und gezeigt, wie fern sie in denselben gehen sollen, daß sie das Maaß nicht überschreiten. Denn es ist nicht also in der Christenheit gethan, wie in dem Welt - Regimente und denen Sachen, so äußerlich Ding und zeitlich Gut betreffen, da die Menschen, nachdem sie es verstehen und ihre Vernunft lehret, mögen regieren, Gesetz und Recht stellen und darnach gebieten, strafen, nehmen und geben; sondern es ist hier ein geistlich Regiment der Gewissen vor Gott, und was da geredet, gelehret, geheißen, oder gethan wird, das muß also gehen, daß man wisse, daß es vor Gott gilt und bestehet, ja, daß es von Ihm hergehet und fleußt, damit man könne sagen: Das hat Gott selbst geredet oder gethan; denn in seinem Hause (die Kirche), da Er regieret und wohnet, da soll und will Er auch, als der rechte Hausherr, Alles mit einander selbst reden und thun, ob Er wohl des Menschen Mund und Hand dazu gebrauchet. Darum muß hier am ersten und vor allen Dingen in der Lehre, beide, von Predigern und Zuhörern, darnach gesehen werden, daß man klar und gewiß Zeugniß habe, daß solche Lehre sei eigentlich das rechte Gottes Wort, vom Himmel offenbaret, den heil. Propheten, Vätern und Aposteln gegeben und von Christo selbst bestätiget und befohlen zu lehren. Denn es mit nichten zu leiden ist, daß man also mit der Lehre wollte Umgehen, wie es einem Jeden gelüstet, oder ihm gut und fein deuchte, und sich reimen wollte nach menschlichem Verstand und Vernunft, oder mit der Schrift und Gottes Wort spielen und gaukeln, daß sichs müßte deuten, lenken, dehnen und sticken lassen, wie sichs leiden wollte, um der Leute, oder Friedens und Einigkeit willen; denn damit wäre kein gewisser, noch beständiger Grund, darauf sich die Gewissen verlassen möchten. (Martin Luther)