Lobstein, Johann Friedrich - Die Geheimnisse des Herzens - VI. Kann man die innern Eindrücke festhalten?

Lobstein, Johann Friedrich - Die Geheimnisse des Herzens - VI. Kann man die innern Eindrücke festhalten?

Johannes 15,4.
Bleibt in mir und ich in euch.

Lesen wir mit Aufmerksamkeit die erste Hälfte unsers Kapitels, so werden wir bemerken, dass der Heiland das Wort bleiben wenigstens elf- oder zwölfmal wiederholt. Seine Absicht ist, seinen Jüngern zu zeigen, wie sie in ihm bleiben müssen, wenn er in ihnen bleiben soll. Zu Jesu kommen, mit ihm wandeln, ist noch nicht genug; wir müssen in ihm bleiben, denn ohne ihn können wir nichts tun. Wir gleichen den Reben am Weinstock, die nur ein dürres und unfruchtbares Holz sind, sobald sie von demselben abgehauen werden.

Das Wort bleiben ist das Lieblingswort des Heilandes; es ist der Ausdruck, der mit der Treue und Beständigkeit im Einklang steht. Ein Soldat, der auf seinem Posten bleibt; eine Magd, die im Dienste desselben Herrn alt und grau wird; ein Kaufmann, der seinen Verpflichtungen immer mit der pünktlichsten Treue nachgekommen ist: alle diese sind Muster in ihrer Art. Der Heiland verlangt dieselbe Treue von allen seinen Jüngern, in welcher irdischen Stellung sie sich auch befinden mögen. Er würde uns dieselbe Sache nicht so oft empfehlen und einschärfen, wenn er nicht wüsste, wie flüchtig und unbeständig unser Herz ist; wenn er nicht wüsste, wie uns diese Ermahnung so not tut. Nichts ist demütigender, als wenn man solche Vorwürfe hören muss: O Israel, warum vergisst du meiner? Mich, die lebendige Quelle, verlassen sie und graben sich selbst Brunnen ohne Wasser; ob ich sie züchtige, ob ich ihnen helfe: immer ist ihr Herz halsstarrig gegen mich. Das wahre Israel ist dasjenige, dessen Herz da ist, wo sein Schatz ist. Gehören wir zu diesem Israel? Nichts ist leichter, als vorübergehende Eindrücke in unserm Herzen hervorzurufen, die aber natürlicherweise keine Frucht hinterlassen, sondern eben so schnell verschwinden, wie der Morgentau vor den warmen Sonnenstrahlen. Was uns not tut, ist mehr als ein vorübergehender Eindruck. Wir bedürfen einer Innigkeit und einer Tiefe, eines Eingewurzelt-werdens in den Heiland, damit wir immer erneuerte Früchte bringen können.

Was bleibt zum Beispiel übrig von dem Festkranze, der mit Weihnachten beginnt und mit Pfingsten aufhört? Was bleibt übrig von dem Genusse des Abendmahles, von dem Bibellesen, von den Predigten vom ersten Tage des Jahres bis zum letzten? Haben sie etwas Neues zu Stande gebracht in unserm Innern, etwas Wirkliches und Wesenhaftes, das uns wachsen ließ am inwendigen Menschen? Wir könnten diese Fragen verdoppeln, verdreifachen; wir wollen aber nicht weiter gehen. Fragen wir uns nur, ob wir erst das Bedürfnis gefühlt haben, zu wachsen und zuzunehmen? ob wir uns unglücklich fühlten, wenn wir wie Bildsäulen auf dem Wege stehen blieben, und ob wir darnach verlangt haben, mit Eifer nach dem vorgesteckten Ziele zu laufen? Schon zu Jesaias Zeiten gab es solche flüchtige Seelen, welche Augen hatten zu sehen, und doch nicht sahen, Ohren zu hören und doch nicht hörten. Der Heiland würde nicht von uns fordern, in ihm zu bleiben, wenn es nicht möglich wäre. Es wäre eine Ungerechtigkeit, eine Treue von uns zu verlangen, die wir nicht zu leisten im Stande wären. Wenn schon der Psalmist, der doch nicht im Lichte des neuen Bun des lebte, zu einer solchen Herzensstellung gelangen konnte, dass er den Herrn immer vor Augen hatte und vor seinem Angesicht wandelte, um wie viel mehr sind wir, Kinder der neutestamentlichen Gnade, solches im Stande! Es gibt nichts Schöneres und Köstlicheres als eine Seele, die so recht gegründet und unbeweglich eingewurzelt ist in ihrem Heiland. Aber wie stellen wir es an, um in ihm zu bleiben, damit er in uns bleibe? oder mit andern Worten: wie sollen wir es machen, um unserm innern Leben mehr Festigkeit und Beständigkeit zu geben? Kann man die innern Eindrücke festhalten? denn das ist's eigentlich, was der Heiland verlangt, wenn er uns sagt: Bleibt in mir und ich in euch. Wir wollen sehen, ob wir auf diese Frage eine Antwort finden, und ob wir aus dem Worte Gottes einige Winke holen können.

Zu wem sagt Jesus, bleibt in mir? Offenbar zu denen, welche seine Reben oder seine Jünger waren. Wenn in deinem Herzen die Arbeit des heiligen Geistes noch nicht angefangen hat; so ist, wenn es auf dich ankäme, nichts natürlicher, als dass Alles, was du hörst, augenblicklich wieder verschwindet. Um einen Baum zu pflanzen, muss man einen Boden haben. Wenn dein Christentum ein Luftschloss ist, so kann dir dasselbe natürlich nicht als Wohnung dienen; du wirst daher begreifen, dass du, ehe du in Jesu bleiben. kannst, notwendigerweise zuerst musst zu ihm gekommen sein und sein Leben empfangen haben. Man kann den zweiten Schritt nicht tun, man habe denn den ersten getan. Ein Wanderer, der seine Reise noch nicht angetreten hat, wird sich nimmermehr darüber beklagen wollen, dass er nicht vorwärts komme. Vor allen Dingen muss man also zuerst ausgehen von der eitlen und väterlichen Weise, in der man bis jetzt gelebt hat. Man muss sich entschließen, jene Veränderung zu erleiden, welche das Wort Gottes Bekehrung nennt. Alles Übrige macht sich dann von selbst.

Aber das Unglück der Meisten ist eben, dass sie sich nicht entscheiden können. Wohl scheinen sie mit sich selbst und mit ihrem Zustand unzufrieden zu sein, aber im Grunde verlangen sie nach keinem andern Christentum. Der Eifer um das Haus Gottes hat sie noch nicht verzehrt. Ihr kaltes Herz ist ihnen noch nicht zur Last geworden und ihre Sünden haben ihnen noch keine schlaflose Nacht verursacht. Soll man sich da wundern, dass sie, umgeben von den herrlichsten Gelegenheiten, sich zu bekehren, noch zu den Toten gehören, welche die Toten begraben? Von den Dornen sammelt man keine Trauben, noch Feigen von den Disteln. Ein anderer Geist, ein anderes Herz, ein neuer Wille: das sind die Stücke, die notwendig sind. Kommt zu Jesu, alle diese Gaben liegen in seiner Hand. Er gibt sie euch reichlich und umsonst, sobald ihr ihn ernstlich darum anruft.

Wer sollte es besser wissen und fühlen als du, mein Freund, wie viel du gewinnen würdest, wenn du dich bekehrst? Denn bei allem deinem Schein von Rechtschaffenheit, Zufriedenheit und Seelenruhe bist du doch nicht glücklich. Wenn du aufrichtig sein willst, so wirst du mir gestehen müssen, dass du keinen Frieden hast. Du bist der Sklave deiner Neigungen und deiner Wünsche, was immer der Fall ist, wenn man den rechten Frieden nicht besitzt. Und diese Verschiedenheit deiner Launen, welche denen, die dich umgeben, durchaus nicht entgeht, wird früher oder später traurige Folgen haben. Solch ein flüchtiger, unentschiedener Zustand bietet keine Sicherheit gegen Gefahren. Was dir Not tut, ist nicht eine bloße Lehre, sondern ein lebendiges Christentum mit dem Lebenssaft, der zum Wachstum treibt. Dass diese Gotteskraft dir fehlt, dass du bis jetzt in deiner eigenen Kraft, und nicht aus der Fülle Jesu Christi geschöpft hast, wirst du es leugnen können? Darum hin zu Jesu, in die Verbindung mit ihm! Außer ihm kannst du nichts tun; er allein führt dich zum Vater; er allein kann dir ein weiches und zerknirschtes Herz geben. Wenn du dann auf solche Weise dich selbst wirst kennen gelernt haben, und der trügerische Grund, auf den deine Sicherheit sich stützte, umgeworfen sein wird: dann erst bist du auf dem Wege zum Leben; dann erst wirst du verstehen können, was das heißt, in ihm bleiben und er in dir.

Nachdem man aber diese Bekanntschaft mit Jesu gemacht hat, auf welche Weise kommt man dann dazu, dass die göttlichen Eindrücke sich im Herzen festsehen und wirksam werden? Vor allen Dingen muss man über sich wachen und in keiner Weise zugeben, dass in unserm Wandel irgend etwas Unaufrichtiges und Unredliches aufkomme. Lasst uns wandeln als am Tage, und nicht im Nebel oder in der Finsternis. Hören wir auf die Erinnerungen des heiligen Geistes in unserm Gewissen. Je mehr wir darauf hören, desto zarter wird unser Gewissen, und desto treuer dieser innere Lehrer. Es gibt sehr Vieles, was nicht geradezu Sünde ist, was aber zur Sünde führen kann. Hüten wir uns z. B. vor jener geistlichen Unempfindlichkeit, jener Bedürfnislosigkeit, jenem Mangel an geistlichem Appetit, der uns sehr oft beschleicht. Das ist ein schlimmes Zeichen. Die körperlichen Krankheiten kündigen sich gewöhnlich dadurch an, dass der Appetit sich verliert. Das Kränkeln des innern Menschen äußert sich auf gleiche Weise. Sobald wir etwas fühlen von einem solchen Geiste, von solcher innerer Mattigkeit und Schlaffheit, von solcher Trägheit zum Leben; sobald wir von einem solchen Gefühl beschlichen werden, wie man es z. B. beim Herannahen eines Gewitters hat, wo die Luft schwül und drückend ist: so lasst uns vor uns selber Furcht haben, denn die Gefahr ist sehr nahe. Bekämpfen wir das Übel in seinem Ursprung, der Kampf ist dann nicht sehr schwer. Gehen wir fleißiger zu Jesu; überwachen wir sorgfältiger die schwachen Seiten, bei welchen uns der Feind gewöhnlich angreift. Die Schrift sagt: Suche den Herrn und seine Kraft, behalte ihn vor Augen auf allen deinen Wegen und er wird dich sicher führen. Wenn wir nicht über uns wachen und diesen Rat des Wortes Gottes nicht befolgen, so wird jener Geist der Schlaffheit und der Gleichgültigkeit uns zu gar mancher kleinen Untreue verleiten, die das innere Leben durchnagt, wie die Raupen die Blätter der Bäume; wir werden uns nach und nach eine Menge kleiner Nachlässigkeiten und Betrügereien zu Schulden kommen lassen; wir werden allerlei launische Einfälle haben, wodurch wir uns selbst und unserer Umgebung zur Last fallen. Hat man diese Linie einmal überschritten, so ist der Schritt zu größeren, schwereren Sünden nicht mehr so weit und man begibt sich unter eine Macht, von der es schwer hält, wieder loszukommen. Darum lasst uns wachen über uns selbst.

Ein anderes Mittel, uns vor der geistlichen Trägheit zu bewahren, ist das Lesen und Betrachten des Wortes Gottes in einem spezielleren Sinne. Das Wort Gottes ist die lautere, geistliche Milch, durch welche wir wachsen, darum lasst uns nach dieser Milch verlangen; aber wir müssen sie nicht bloß ansehen, wir müssen sie genießen. Ich meine hier die persönliche und besondere Anwendung, die man vom Worte Gottes auf sich macht, so dass dasselbe bis auf unser Mark und Bein hineindringt. Das Lesen genügt nicht, wir müssen uns hinein vertiefen und unsern Willen unter dasselbe beugen. Es gibt so viele Stellen, die scharf und schneidend sind, und die auf unsere besonderen Lebensumstände unserm alten passen. Nicht umsonst heißt das Wort Gottes ein scharfes, zweischneidiges Schwert. Lesen wir einmal mit Aufmerksamkeit solche Kapitel, wie Matthäi 5, Röm. 12, Koloss. 3, 1. Petri 2. Lesen wir sie mit der Absicht, uns vor Gott zu prüfen und unser Bild darin zu erblicken. Die Bibel hat zweierlei Weisen zu wirken. Bald versetzt sie Menschen tötende Hiebe, und bald haucht sie uns den Geist des Lebens ein. Sie weckt unser Gewissen und erquickt unser Herz, durch beides zusammen erhält sie den innern Menschen. Mache deine Bibel nie zu, ehe sie diese beiden Wirkungen auf dich ausgeübt hat. Lass dich durch sie unterrichten, welch ein Feind Gottes du bist von Natur und wie viel Gnade der Herr in Bereitschaft hat für jeden Sünder, der sie annimmt. Je mehr Macht das Wort Gottes über dich gewinnt, desto kräftiger wird dein inneres Leben, desto siegreicher dein Kampf. Aber diese Betrachtung des Wortes Gottes muss regelmäßig geschehen vor dem Angesichte Gottes und in der Gegenwart Jesu Christi. Hast du nicht Zeit genug, wenn es sich um dein Geschäft, um eine Angelegenheit deiner Familie, um ein Vergnügen handelt? hast du denn nicht auch Zeit, um dich vor deinem Herrn und Heilande zu sammeln? Bleibe in ihm, und er wird in dir bleiben.

Noch einen Rat. Lasse dein Gebet nicht eine bloße Übung sein, sondern es werde dir zum bleibenden Bedürfnis, zum bewussten und dennoch natürlichen Atemholen deiner Seele, zu einem normalen Zustande. Es gibt zwei Arten zu beten: die eine ist die, wenn man zum Herrn spricht, die andere, wenn man mit dem Herrn ist. Jene führt zu dieser, aber mit der ersteren muss man anfangen. Mit dem Herrn reden, wie ein Freund mit seinem Freunde, das Herz vor ihm auszuschütten; ihm in allen Anliegen die Not klagen: das ist eine Notwendigkeit, welche durch nichts, selbst nicht durch das fleißige und aufmerksame Lesen des Wortes Gottes ersetzt werden kann. Das Gebet ist die Zusammenfassung des ganzen innern Lebens, die zusammengefasste Tätigkeit der Seele. Setze bestimmte Stunden fest für deine vertraulichen Unterredungen mit deinem Gott; vermehre sie, diese Stunden, wenn es dir möglich ist. Die Verbindung mit deinem Gott wird inniger, zärtlicher, je öfter und je länger du dich mit ihm unterhältst. Aber diese Art zu beten reicht noch nicht aus. Hat man sich gewöhnt, mit dem Herrn zu reden, so muss man sich auch gewöhnen, mit dem Herrn zu sein, und dazu sind nicht immer Worte nötig. Man wandelt vor ihm, man atmet seine Luft ein, man handelt unter dem Einfluss seiner Gegenwart, wie ein Reisender, der immer fortwandelt und immer dieselbe erquickende Atmosphäre einatmet. Wenn uns die Bibel sagt: Betet ohne Unterlass, so versteht sie darunter diese letztere Art zu beten. Ein regelmäßiges Gebet wird zu einem beständigen Gebete; und wenn die Seele in dieser Stimmung ist, so kann sie von Geräusch umgeben sein, mitten im Lauf der Geschäfte, und dennoch in der Gemeinschaft ihres Gottes bleiben. Man sagt gewöhnlich, dass man sich zu Hause am wohlsten fühle. Die Seele ist zu Hause, wenn sie sich zu den Füßen Jesu niedergelassen hat. Dieser gesunde, normale Zustand der Seele hat seinen Grund in dieser zweiten Art zu beten.

Wenn du das Bedürfnis des einen Notwendigen immer recht lebendig fühlst, so wirst du den geistlichen Schwerpunkt nicht verlieren. Anstatt dass die Dinge dieser Erden dich beherrschen, herrscht über dich der Geist des Herrn, und wo dieser Geist ist, da ist Freiheit. Du bist auf den Eckstein niedergesunken, du kannst nicht fallen; du sitzt in einer festen Burg, unter dem Schirm des Höchsten und unter dem Schatten des Allmächtigen. Das Wort des Herrn wird an dir erfüllt: Bleibt in mir und ich in euch.

Damit ist aber nicht gesagt, dass man keine Stürme, keine Versuchungen mehr auszuhalten habe, keine Untreue mehr begehe. Der Herr redet von Reben, die da Frucht bringen, die aber immer noch nötig haben, beschnitten und gereinigt zu werden, damit sie mehr Frucht bringen. Das scharfe Messer des himmlischen Weingärtners schneidet die Auswüchse des alten Menschen heraus, oft sehr tief heraus. Die Zucht des heiligen Geistes ist eine ernste; wohl dem, der sich ihr unterwirft! Vergiss nicht der täglichen Buße! das möchten wir als einen ferneren Rat beifügen. Das sind böse Tage, an denen wir nichts an uns bemerken, das herausgeschnitten werden sollte. Noch schlimmer sind die Tage, wo wir glauben, wir hätten nicht nötig, Buße zu tun. Sehr viele Christen befinden sich in diesem Falle. Ich sage Christen, denn ich rede nicht von Kindern dieser Welt, sondern von solchen, die den Herrn kennen. Weil sie einmal vom heiligen Geiste überzeugt worden waren von ihrer Sünde, so bilden sie sich ein, es sei mit diesem einen Male abgetan, und es hieße die Vergebung leugnen, die sie erhalten haben, wenn sie dieselbe ein zweites, ein drittes Mal, mit einem Wort, immer wieder verlangten. Sie seihen daher auch bald die Kamele nicht mehr, die sie verschlucken. Man kann sich leider an Alles gewöhnen, selbst daran, ein dummes Salz zu sein. Wundert man sich da noch, dass es solche gibt, die ehemals erweckt waren und durch die nun niemand mehr erweckt wird, weil sie selber wieder eingeschlafen sind? Was ihnen fehlt, ist die täglich erneuerte, heilsame Traurigkeit über sich selbst, ohne welche keine heilige, göttliche Freude möglich ist. Willst du in Christo bleiben, sollen deiner letzten Werke mehr werden, denn der ersten: so musst du dich täglich unter die Anklagen des Gesetzes stellen, und dieselben so anhören, als ob du noch unter dessen Herrschaft ständest.

Das Gesetz kann kein Leben geben, aber es treibt zum Leben und erhält die Seele darin. Es ist für den Gläubigen, was das Brückengeländer für den, der über die Brücke geht. Zudem hat derjenige, welcher gewaschen worden, immer noch nötig, dass man ihm die Füße wasche, damit dieselben von dem Staube der Sünde gereinigt werden, der sich an sie ansetzt, so lange man in der Welt der Sünde lebt.

Noch ein Wort zum Schluss. Vergegenwärtige dir täglich den Tod und die Ewigkeit! Dein letztes Stündlein kann dich dann plötzlich überraschen; es ist immer schneller da, als man es erwartet. Und was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne? Die Güter dieser Erde, die man Andern zurücklassen muss, welchen Frieden, welchen Trost können sie dir geben? Wie glücklich sind daher diejenigen, deren Herz frei und los ist vom Irdischen, in welchen Jesus lebt und sie in ihm. Gepflanzt und eingewurzelt in ihm, bringen sie ihre Frucht zu ihrer Zeit und ihre Blätter verwelken nicht. Sie lassen sich gerne reinigen, um am wahren Weinstocke zu bleiben, um Kraft und Saft aus ihm zu ziehen. Sie machen die Erfahrung, dass sie ohne ihn nichts tun können, aber auch, dass sie Alles vermögen durch den, der sie mächtig macht. Sie besitzen Nichts und haben doch Alles. Sie erstaunen über das, was sie ausrichten, denn sie wissen und fühlen, dass nicht sie es sind, die solches tun. Sie sind beschämt darüber, dass der Herr sich ihrer als seiner Werkzeuge bedienen will, und doch müssen sie sich überzeugen, dass der Herr Großes durch sie ausrichtet. So lange wir das Gefühl unseres Unvermögens in uns lebendig erhalten, so erhält uns der heilige Geist in der Gewissheit, dass wir in Jesu bleiben und er in uns. Zu diesem Zustande des Bleibens in ihm müssen wir gelangen; dann werden die Eindrücke, die unsere Seele empfängt, bleibend und wir werden nicht mehr unbeständig sein wie ein schwankendes Rohr. Wir werden feste Tritte tun mit unsern Füßen und unsere Kraft wird uns nimmer verlassen. Die ihr euch noch besinnt, die ihr unschlüssig seid: betretet diese Bahn des Lebens! und die ihr schon darauf wandelt, gürtet noch mehr eure Lenden, damit das Hinkende nicht ausgleite, sondern vielmehr gesund werde.

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