Lavater, Johann Caspar - Predigten über das Buch Jona - Zweyte Predigt.
Das Fehlerhafte in dem Betragen Jonas.
Ueber Das 1. Capitel des Buches Jonas.
Text. Jonas 1.
Meine andächtige Zuhörer!
Vor acht Tagen unterhielten wir Euere Andacht, durch Veranlassung des Euch nochmals vorgelesenen Textcapitels, mit einigen Betrachtungen über die Allgemeinheit, oder allwaltende Wirksamkeit der göttlichen Fürsehung.
Allein auch noch zu andern wichtigen Belehrungen giebt uns dieses Capitel hinlänglichen Stoff.
Der Character und das Betragen des Propheten Jonas ist nun das erste, das sich unserer weitern Aufmerksamkeit darstellt. Dieser Character und dieß Betragen hat zwo ganz verschiedene sich gerade entgegen stehende Seiten; - Kleinmuth und Heldenmuth; - Feige Lieblosigkeit - und erhabene Liebe.
Es wird schwerlich möglich seyn, alles, was sich über diesen doppelseitigen Character, dieß zweyfache Betragen, nützliches sagen läßt, in eine einzige Predigt zusammen zu drängen. Wir werden also, um Euere Aufmerksamkeit nicht zu ermüden, in der gegenwärtigen Morgenstunde nur bey dem Fehlerhaften in dem Character und dem Betragen Jonas stehen bleiben.
Es sind, Andächtige!, vornehmlich drey Punkte, worauf wir, bey der Betrachtung des Fehlerhaften in dem Character und dem Betragen Jonas, unser Augenmerk zu richten haben.
- Er ist dem göttlichen Rufe, eine gottlose Stadt zur Busse zu erwecken, ohne Zweifel aus Menschenfurcht und Bequemlichkeit, ungehorsam.
- Er ist thöricht und unbesonnen genug, vor dem Angesicht Gottes zu fliehen, ihm, dem Allgegenwärtigen, entlaufen zu wollen.
- Er sucht sich durch den Schlaf, so viel an ihm liegt, Zu betäuben. Mitten in der größten Gefahr, worinn sich andere, und das um seinetwillen, und durch seine Schuld befinden, schläft er sorgenlos und unbekümmert.
Die nähere Betrachtung dieser drey Stücke wird uns zu verschiedenen, uns sehr nahangehenden, Erweckungen und Belehrungen schöne Gelegenheit geben. Ihr werdet also Euere Aufmerksamkeit diesen wichtigen Betrachtungen, die wir Euch in der möglichsten Kürze vorlegen wollen, nicht versagen.
Und du wirst deinen Segen dazugeben, Vater der Wahrheit, allwaltende Fürsehung meines Gottes! Dein Licht wird uns erleuchten, deine Kraft uns erwecken, deine Güte uns ermuntern, deinem Ruft zu folgen, aus was Weise er immer an uns gelangen mag. Ach! Vater! Vater! Zeig uns die Thorheit vor dir zu fliehen, und erwecke uns aus unsrer Schläfrigkeit bey der Gefahr unserer Seelen. Erwecke uns zur Wachsamkeit und zum Gebet, und verherrliche auch in dieser Stunde deinen Namen in uns, zu unserm ewigen Heile, um der unendlichen Liebe willen, die du uns durch Jesum Christum erzeiget, und ewig zu erzeigen verheissen hast, Amen.
Abhandlung.
Erster Theil.
Jonas ist dem göttlichen Rufe, eine gottlose Stadt zur Busse Zu erwecken, ohne Zweifel aus Menschenfurcht und Bequemlichkeit, ungehorsam. Dieß, Andächtige! ist das erste, was wir nun zu unserer eigenen Belehrung in Betrachtung zuziehen haben.
Jonas weiß es; Gott ruft mir: Der Herr, der Gott des Himmels, der das Meer und das Trockene gemacht hat; Der ist es, der mit mir redet; Der befiehlt mir; Der würdigt mich seine Stimme zu hören; Der sucht mich aus vielen hunderttausenden aus, einen besonders wichtigen Auftrag ins Werk zu setzen. - Jonas weiß es: Mein Schöpfer ist es, der mit mir redet! Ich, der ich diese Stimme höre, ich, dem dieser Auftrag gegeben wird, bin das Geschöpfe dessen, der mit mir redet; Er, der Redende, gab mir dem Hörenden das Ohr, mit dem ich ihn höre; Er gab mir die Zunge, und den Mund, mit dem ich ihm antworte, mit dem ich, seinem Auftrage zufolge, jener gottlosen assyrischen Residenzstadt predigen, und die ihr bevorstehende Gerichte Gottes verkündigen soll. - Das alles weiß Jonas, weiß es, daß er und alle die, zu denen er gehen soll, Gottes Geschöpfe sind, denen er Leben, Athem, und alles giebt. - Er weiß, daß er dadurch den Namen des Gottes Israels verherrlichen, daß er noch manche Seele aus dem größten Verderben erretten kann, wenn er diesem göttlichen Rufe gehorcht; und - dennoch gehorcht er ihm nicht. Er kann sich nicht entschließen, seinen Auftrag ins Werk zu setzen. - Und warum wohl das? Warum mag er sich weigern, diesem erst von ihm angenommenen Rufe ungehorsam und widerspenstig zu seyn?
Aus Menschenfurcht vermuthlich und Bequemlichkeit! Was, mag er bey sich selbst gedacht haben: Was? Eine solche Reise soll ich machen? Ich, Unbekannter soll zu entfernten Unbekannten hingehen, und ihnen in dem Namen eines unbekannten Gottes Busse predigen? Ich, ein Jude zu Heyden? Ich soll mein Vaterland, soll meine Freunde und Hausgenossen verlassen, um mich auf den Gassen und Marktplätzen einer ungeheuren abgöttischen Stadt dem Hohngelächter und den grausamsten Verfolgungen vieler tausend schwacher Köpfe, und vieler tausend Bösewichter auszusetzen? Heiser soll ich mich schreyen, bis sie mich mit Steinen todt werfen, oder mich als einen Aufrührer, der sich einen Anhang und eine Parthey machen will, vor den König bringen, und meinem Leben auf eine jämmerliche Weise ein Ende machen? Nein - unmöglich kann ich das thun! Das heißt zu viel gefordert; Diesen mir allzuschweren Auftrag mag ein anderer vollführen; Ich bin viel zu schwach, um denselben ins Werk zu setzen. - So mag der von Gott aufgeforderte Prophet etwa bey sich selbst gedacht haben.
Und wie findet ihr, Meine Theuren diese Gedanken, diese Empörung und Auflehnung gegen den göttlichen Ruf? Hat er recht oder unrecht, weise oder thörigt gehandelt?
Ich frage nicht, was ihr in einem solchen Falle, was ihr an der Stelle Jonas gethan hättet? - Denn vermuthlich würden, wo nicht alle, doch weit die mehrere, es gerade eben so wie er gemacht haben.
Sondern die Frage ist: Hat Jonas recht oder nicht recht gehandelt? Oder mit andern Worten: Ist es recht, seine Bequemlichkeit dem Gehorsam gegen Gott vorziehen? Ist es recht, Menschen mehr zu fürchten als Gott? Mehr seinem Fleische, seinen Neigungen und Leidenschaften, als der Stimme Gottes Gehör zu geben? Ist es einem Geschöpfe anständig, sich gegen den Schöpfer, der in die Ewigkeit gebenedeyt ist, aufzulehnen und zu empören? Welche Frage sollte leichter zu entscheiden seyn als diese? - Und welche Frage wird öfter ganz unrecht und verkehrt entschieden, als diese? - Wie also hätte Jonas sich betragen, was hätte er thun, was für Ueberlegungen bey sich selber machen sollen? - Urtheilet, ob folgende natürlich, - ob sie vernünftig und weise gewesen wären? - Gott ruft; Ich will gehorchen. Er gebeut; Ich will anbeten, will die Hand auf den Mund legen, und hingehen, und sagen, und thun, wo er mich hingehen, was er mich sagen und thun heißt. Lacht man, so lache man; Komm ich um, so komm ich um. Mein Leben und meine Ruhe stehen in der Hand meines Schöpfers, der mich sendet; Am Ende kann es mir doch am wenigsten fehlen, wenn ich ihm gehorche; Er ist bey mir, wo ich stehe und gehe; Und er ist mächtiger als alle die sich wider mich setzen. Der Gott, der den Moses und Aaron vor Pharao gestärkt, und ihnen Uebermacht über ihn, und sein Land und sein Volk gegeben hat, - der lebt noch, der ist sich immer gleich; Der heißt mich gen Ninive gehen; Der geht mit mir dahin. Ich will mich ermuntern! Ich will mich aller Trägheit und Bequemlichkeit entschütten! Ich will mich in dem Namen Gottes aufmachen! Gott weiß, warum er mich sendet; Umsonst thut er nichts; Ich will gehorchen - und ihm mein ganzes Schicksal, ihm alles überlassen, was immer daraus folgen mag.
Ich appelliere an das Gewissen eines jeden von Euch allen, Meine Theuren Zuhörer! Ob es nicht weiser, nicht besser und rühmlicher gewesen wäre, wenn Jonas dergleichen Ueberlegungen hätte bey sich walten lassen? Ich weiß, ihr werdet es mir gerne zugeben.
Und nun, was für einen Schluß meynet ihr, daß wir daraus für uns herleiten, was für eine Anwendung wir davon auf uns selbst machen werden?
Den ganz natürlichen Schluß, die ganz vernünftige, sich von selbst gebende Anwendung. - Wir müssen dem Ruf, auch dem allerschwersten Rufe unsers Schöpfers gehorsam seyn. - Nichts muß uns wichtiger seyn als sein Gebot; Nichts muß uns von dem Gehorsam, den wir ihm allezeit, und in allen Fällen schuldig sind, abhalten können. Sein Wille muß unser erstes, unser beständiges, unser liebstes, unser einziges Gesetz seyn. Es ist wahre Weisheit, jedem Befehl, jedem Rufe Gottes, mit Hintansetzung und Aufopferung alles eignen Willens zu gehorchen.
Das ist die einfältige, klare, unwidersprechliche Lehre, die wir billig aus der Geschichte des Betragens und des Schicksals Jonas herleiten.
Wenn Gott gebeut, o mein Zuhörer: so ist es an dir zu gehorchen; Wenn er dir ruft, auf welche Weise er immer rufen will, so sollst du seinem Rufe folgen. Er fordert nichts von dir, das so schwer sey, wie das, was er von dem Propheten Jonas forderte; Wenn er aber auch etwas noch Schwerers von dir fordern würde, so wäre es Pflicht, oder wenn du lieber willst, es wäre wahre Weisheit, es wäre deine höchste Glückseligkeit, ihm zu gehorchen, und seinen allerschwersten Willen, mit gänzlicher Aufopferung deines eigenen Willens, mit williger Folgsamkeit und kindlicher Freudigkeit zu thun.
Gott ruft uns, Meine Theuren, auf tausenderley Weise. - Bald durch die Stimme des biblischen Wortes; - Bald durch die Stimme unsers Gewissens; - Bald durch die Schickungen und Fügungen seiner allwaltenden Fürsehung; - Bald durch Glück; Bald durch Unglück; Bald durch einen Freund; Bald durch einen Feind. - Jede Pflicht ist ein Ruf Gottes; Jede Schickung seiner Fürsehung ist eine Erklärung seines Willens, auf die wir aufmerksam seyn, deren wir folgen sollen.
Lasset uns dieß durch einige besondere Verspiele bestmöglich zu erläutern suchen.
Es ist eben so gewiß, daß der Befehl, oder wenn ihr lieber wollet, die Aufforderung oder Warnung: Richte nicht, auf daß du nicht gerichtet werdest; - vergilt nicht Böses mit Bösem; - wenn deinen Feind hungert, so speis ihn, und wenn ihn dürstet, so tränk ihn; Gebet, so wird euch gegeben; Lasset nach, so wird euch nachgelassen werden, und noch manche andere dieser Art von Gott herrühren. So gewiß es ist, daß der Befehl an Jonas: Mache dich auf! Gehe gen Ninive, in die grosse Stadt, und schreye wider sie, von Gott herrührte. Unser Herz sagt es uns laut genug, wir empfinden es auf eine unaussprechlich gewisse Weise, daß wir nach Gottes Willen, nach seiner Art, in seinem Geiste handeln, wenn wir mit gelassner Sanftmuth und weiser Billigkeit urtheilen, wenn wir mit uneigennütziger Einfalt und Güte dem Armen geben, und dem Beleidiger verzeihen. Das thun, das heißt dem Rufe - der Stimme Gottes folgen; Und das nicht thun heißt sich gegen Gott empören, wie Jonas. Wie ist ihm nun, Mein Zuhörer! Folgest du dieser Stimme? Oder empöret sich dein Herz dagegen? Und handelst du weise, handelst du recht, wenn du dich dagegen empörest? Wenn du zu dir selbst sagst, oder dennoch gerade so handelst, als wenn du also zu dir selbst sagen würdest: Gott heißt mich das, aber ich Mensch mag das nicht thun; Der Schöpfer heißt mich, meinen Bruder nicht lieblos richten, sein Herz nicht verurtheilen, nicht richterlich mit ihm umgehen; - Aber ich, ich Geschöpfe, kann mich nicht an dieses Gebot kehren; Ich will urtheilen, wie es mich gelüstet, richten, verläumden, verdammen, Gott mag sagen was er will, die Unschuld mag so sehr darunter leiden als sie immer will. - Gott heißt mich geben und vergeben; Immerhin mag dieses ein göttliches Gebot seyn; - Ich will abweisen, wen ich abweisen will, ich will mich rächen, an wem ich mich rächen will.- Wirds weise seyn, so zu handeln? Wird dir das den Beyfall Gottes erwerben? Wird das dir Glück und Segen bringen?
Ferner. Auch unsere Berufspflichten sind ein Ruf Gottes. Die Wahl eines Berufes hieng einmal von unsern Fähigkeiten, und von denen Umständen ab, in denen wir uns befanden; Diese Fähigkeiten, und diese Umstände waren das Werk der göttlichen Fürsehung. Daher heißt derjenige Stand, und diejenige Lebensart, die wir einmal als Glieder der menschlichen Gesellschaft erwählt haben, unser Beruf. Und es sind alle vernünftige Menschen darin einstimmig, daß wir schuldig sind, oder wenn ihr lieber wollt, daß es zur Ordnung, zu unserer und anderer Wohlfahrt gereicht, daß es dem Willen Gottes gemäß ist, wenn man die Pflichten seines Berufes getreulich erfüllt. - Dieselben nicht, so viel an uns liegt, erfüllen; Dieselben nur nachlässig erfüllen, nur zu einer Nebensache machen, - das ist, nach dem richtigen einstimmigen Urtheile aller vernünftigen wahrheitliebenden Menschen, - gerade eben so viel - als einem göttlichen Rufe nicht folgen; Der Stimme, und dem Gebote Gottes ungehorsam seyn. - Es heißt im Grunde sich eben derjenigen Sünde schuldig machen, deren sich Jonas, durch Ungehorsam gegen den unmittelbaren göttlichen Beruf schuldig machte. - Je wichtiger nun ein Beruf ist, je mehr die Wohlfahrt anderer von der treuen Erfüllung desselben abhängt; Desto grösser ist die Sünde der Nachlässigkeit; Und um so viel grösser war auch die Sünde Jonas, weil der Beruf, dem er nicht gehorchte, von der äussersten Wichtigkeit war.
Es ist also Ungehorsam, schwerer, unverantwortlicher Ungehorsam gegen die Stimme Gottes, wenn z. Er. der Regent, statt mit Geduld zu hören, und mit Ueberlegung zu richten, den Strafbaren, oder den Unschuldigen nicht anhören, seine Gründe und Thaten nicht genau untersuchen mag; Wichtige Geschäfte, es sey aus Bequemlichkeit oder aus Menschenfurcht, lieber von der Hand weiset; Lieber seinen Gesellschaften zueilet; Lieber sich auf seinem Bette herumwälzt; Oder sich, auch über die nöthige Erholungszeit hinaus, auf seinen Landgütern aufhält; - u.s.w.
Es ist Ungehorsam, schwerer unverantwortlicher Ungehorsam gegen den Ruf und die Stimme Gottes, wenn ein Geistlicher, besonders ein ordentlicher Prediger oder Seelsorger, anstatt sich zuerst und zuletzt um die Angelegenheiten des Reichs Christi zu bekümmern, anstatt immer für die Aufrechthaltung und Ausbreitung der Ehre und der Religion seines Herrn beschäftigt zu seyn, - seine Zeit mit andern, unnützen, oder doch minder nützlichen, nicht zu seinem Berufe gehörigen Dingen zubringt; Wenn er aus Trägheit, Bequemlichkeit, Eigensinn, oder gar aus geheimem Eckel und Abneigung gegen seine unendlich wichtige Berufspflichten - sich mit eitelen Lesungen geistloser Schriften, mit Besuchung lustiger Gesellschaften, mit Jagen, Spielen, müßigem Sitzen, Schlafen, Rauchen, Müßiggehen, - die ihm so unschätzbar seyn sollende Zeit vom Halse zu schaffen sucht; Oder wenn er aus zaghafter Menschenfurcht, unedler Blödigkeit, aus Begierde, sich selbst und seine eigne Person seinen Zuhörern beliebt und gefällig zu machen; Oder aus Hoffnung, sich diese oder jene Gönner zu erwerben; Oder sich zu dieser oder jener höhern Stelle den Weg zu bahnen; Oder aus Besorgniß, sich diesen oder jenen, dem eine allzuehrliche Freymüthigkeit nicht anständig seyn mögte, zum Feinde zu machen, seine Gunst zu verlieren, in der Achtung bey ihm vielleicht um einige Grade zu sinken; - Wenn er, sag' ich, aus diesen, oder andern Gründen, das nicht predigt, oder nur halb, nur schwach und zweydeutig predigt, was Gott und sein Gewissen ihn mit lauter männlicher Stimme, es mag seinem Zuhörer angenehm oder unangenehm seyn, predigen heissen.
Nein! Prediger des Evangeliums! meine Mitbrüder und Mitknechte Christi! Wir können es schlechterdings nicht verantworten, wenn wir, wir, die wir so wenig, und in Vergleichung mit den vormaligen Propheten, gleichsam nichts dabey zu befahren haben, uns aus Bequemlichkeit oder Menschenfurcht weigern, uns ganz wider das Laster - ganz für alles was gut und tugendhaft heißt, zu erklären; Wenn wir nicht mit Ernst in die Herzen unserer Zuhörer eindringen; Wenn wir uns nicht dem Strom, ach! dem immer unaufhaltsamern Strom alter und neuer Laster, mit der Kraft und Weisheit Christi entgegen stellen. - Nicht in eine fremde Stadt müssen wir gehen; Nicht entfernten Juden und Heyden, es sey denn, daß uns Gott, wie den Jonas, ausdrücklich dazu berufen würde, müssen wir Busse predigen; - Nicht zu fürchten haben wir, was Jonas zu fürchten hatte, und doch auch umsonst gefürchtet hatte; - Wir haben keinen bloß geheimen, sondern einen öffentlichen Beruf; Wir kommen nicht unerwartet; Wir müssen unsere Zuhörer nicht auf der Strasse suchen; Sie versammeln sich von selbst und freywillig uns anzuhören; - Was wollen wir denn so zaghaft, so muthlos, so furchtsam sey, ihnen allen Rath Gottes getreulich zu verkündigen? Warum wollen wir uns denn abhalten lassen, wider unsere Stadt, wider die manichfaltigen, offenbaren, gräulichen Sünden dieser unserer Stadt zu schreyen, und ihr anzuzeigen, daß ihre Bosheit vor den Herrn heraufgekommen, und bald bald zu schrecklichen Gerichten reif sey? Was? Wollen wir, die wir andern ein Beyspiel seyn sollten des Fleisses, der Redlichkeit und Gewissenhaftigkeit in unserm Berufe - Beyspiele der Bequemlichkeit und Nachlässigkeit seyn? Was? Wollen wir, die wir lehren - daß alles auf die Ausübung des göttlichen Willens ankomme, wollen wir Menschen und unserer eigenen Bequemlichkeit mehr gehorsam seyn als Gott und unserem Gewissen? Wollen wir, - die wir doch im Grunde so wenig zu fürchten haben, uns vor denen fürchten, die höchstens den Leib tödten können, und uns weiter nichts zu thun vermögend sind? Und den, wenn doch jemand muß gefürchtet seyn, den wollen wir nicht fürchten, der beydes, die Seele und den Leib, in der Hölle verderben mag? - Nein! Meine Brüder! - Wir haben einen hohen Beruf - Lasset uns, so viel als möglich, diesem Berufe genug thun, - und uns des Verbrechens, des Gott ungehorsamen, und wegen seines Ungehorsams empfindlich genug gestraften Propheten nicht schuldig machen.
Was von dem Gehorsam gegen den göttlichen Ruf, in Absicht auf unsere Berufspflichten, gesagt worden ist, das gehet auch dich an, christlicher Hausvater, Hausmutter, Handwerksmann, Dienstbote, Jüngling, Jungfrau, - auch dich Wittwe, - und Euch, liebe Waysenkinder! Es ist keines aus uns allen, das nicht irgend einen Beruf, eine Lebensart habe, wodurch es nicht zu gewissen Pflichten und Geschafften mehr als zu andern verpflichtet ist; - Ein Jedes bleibe in dem Berufe, zu dem es von Gott berufen ist; Jeder halte die Pflichten seines Berufes, sie mögen nun an sich noch so gering scheinen, für Stimmen Gottes, denen zu gehorchen er (Nothfälle, oder die nöthigen Erholungsstunden ausgenommen,) schlechterdings verbunden ist - und jede freywillige, nachlässige Verabsäumung dieser Pflicht für einen förmlichen Ungehorsam gegen Gott. Untreu und nachlässig seyn in seinem Berufe, heißt der weisen Einrichtung und Ordnung aller Dinge widerstreben, und dieselbe, so viel an uns liegt, zerrütten; Dieser Ordnung widerstreben, heißt Gott, dem weisesten Urheber derselben widerstreben. - Es ist also sehr wichtig, meine Theureste! daß wir dieses recht deutlich fassen, und unserm Herzen tief einprägen, daß es unsere Pflicht ist, und unsere Freude seyn sollte, allen Obliegenheiten, allen Erfordernissen unsers Berufs, mit eben der Bereitwilligkeit Genüge zu thun, wie wenn Gott uns mit lauter Stimme vom Himmel herab dazu aufforderte, wie er den Jonas aufgefordert hat; Mache dich auf, und gehe gen Ninive, und schreye wider sie!
Die Stimme der Fürsehung ist die Stimme Gottes. Dieß, Meine Theuren ist einer von meinen Lieblingsgedanken, den ich allen meinen Zuhörern, und wenn es möglich wäre, allen Menschen immer vorhalten mögte: Gott redet mit uns in unserm Gewissen; - Aber er redet auch mit uns durch seine Fürsehung. Man nennt die sichtbaren und greifbaren Werke Gottes Natur; Man nennet die manichfaltige Veränderung und Abwechselung, welche mit diesen Werken vorgehet - göttliche Fürsehung. Die Sonne heißt ein Werk der Natur; Ihr Aufgehen und Niedergehen ist ein Werk der Fürsehung: Der Aufgang der Sonne zum Exempel ist so viel als ein Ruf der göttlichen Fürsehung zur Arbeit; Ihr Untergang ein Ruf zur Ruhe. Ein Elender, den ich antreffe, - wenn er auch nicht um Hülfe ruft - ist ein Ruf der göttlichen Fürsehung, mich in der Liebe und in der Hülfsbegierde zu üben. - Es ist, wenn ich jemand sehe einem Wasser zu rennen, oder Mördern in die Hände eilen, wenn es immer in meinem Vermögen steht, eben so sehr meine Pflicht, ihm in den Weg zu stehen, oder ihn zu warnen, wie wenn Gott vom Himmel herab mit lauter Stimme rufen würde: Steh ihm in den Weg! Warne ihn! Gleichwie die Werke der Natur Werke Gottes sind, - so sind die Veränderungen, die Schicksale dieser Werke, - Schickungen und Fügungen Gottes, nach denen ich mich eben so sehr wie nach den ausdrücklichsten Geboten Gottes bequemen muß. Nicht also auf Stimmen vom Himmel, nicht eben auf ausserordentliche Eingebungen Gottes mußt du warten, ehe du etwas Gutes thun, ehe du als ein Menschenfreund handeln darfst; Jede noch so natürlich scheinende Gelegenheit, etwas Gutes zu thun, das du ohne Versäumniß näherer und wichtigerer Pflichten thun kannst, wird dir von Gott dargeboten; Ist ein Ruf Gottes; Den verachten, heißt Gott verachten; - Die ungenutzt vorbey lassen, heißt - gegen die göttliche Fürsehung, gegen Gott sich empören; - Und diesem Rufe folgen, diese Gelegenheiten sich einfältig, nach seinem besten Vermögen zu Nutze machen, heißt Gott folgen.
Es ist unglaublich, und dennoch sehr gewiß, daß ein Mensch, der treu und redlich, fleißig und gewissenhaft in seinem Beruf ist, und in und neben demselben immer auf Gottes Fürsehung aufmerksam ist, immer dem nächsten und lautesten Rufe der göttlichen Fürsehung schnell folgt, - gleichsam keinen eigenen Willen mehr hat, sondern sich ganz dem Willen der göttlichen Fürsehung aufopfert, - der jedem Winke derselben zu Gebote steht; - Daß ein solcher Mensch der zufriedenste, gesegneteste, wohlthätigste Mensch ist; - Daß er täglich die handgreiflichsten Beweise sehen und erfahren wird, daß er Gott gehorcht hat, indem er der Fürsehung gehorchet hat; Daß kein Umstand, keine Begebenheit, kein ungefähr scheinender Zufall so gering ist, der in der Hand der göttlichen Fürsehung für denjenigen nicht zum größten Segen werden kann, der denselben als einen Wink der göttlichen Fürsehung ansieht, und demselben als einem solchen folgt. Und es ist zum Erstaunen, - ich berufe mich auf alle, die der Stimme der Fürsehung wie der Stimme Gottes folgen, - Es ist zum Erstaunen, - wie weit es jeder sogleich in der Tugend und im Christenthum bringen kann, der es zu einer Fertigkeit gebracht hat, jedem Winke der göttlichen Fürsehung zu folgen; Er wird zugleich glauben, und lieben; Er wird im erhabensten Verstand gottselig seyn; Sich auf die erhabenste Weise selbst verläugnen, und auf die allervollkommenste lieben.
Die Fürsehung Gottes kann nichts anders wollen, als was Gott will; - Gott, der lauter Liebe ist, kann nichts wollen, als was die Liebe will; - Die Liebe kann nichts wollen, als was das Beste ist; Gott will immer das Beste, immer die wahre Wohlfahrt und Glückseligkeit des Menschen; - Auf keine Weise also kannst du mehr Liebe beweisen, mehr und besser die Wohlfahrt und Glückseligkeit deiner Nebenmenschen beherzigen, mehr für sie leben, auf eine heilsamere Weise dich selbst verläugnen, als wenn du deinen eigenen Willen dem Willen der Fürsehung, sie heisst dich Grosses oder Kleines thun, sie heisse dich Freude haben, oder Schmerzen leiden, aufopferst, - und jedem Rufe derselben folgest.
So, Meine Theuren, lebte unser Herr und Meister, Jesus Christus. Nicht seinen Willen that er, sondern den Willen dessen, der ihn gesendet hat; Nicht was ihm bequem war, that er, sondern was die Absichten Gottes erforderten; Er redete nur, was der Vater ihm zu reden befahl; Er richtete und bequemte sich nach allen Umständen, worein ihn die göttliche Fürsehung gesetzt hatte; Und was war dieser Gehorsam, diese Unterwerfung, diese Aufopferung an Gott, diese gänzliche Verläugnung seiner selbst; Was war das alles anders, als die allervollkommenste Menschenliebe? Wie hätte er besser für den Menschen leben können, als eben dadurch, daß er ganz für Gott, ganz nach dem Willen und den Winken seiner Fürsehung lebte? - Und wie ruhig war er in seinem ganzen Leben, bey seinen so überhäuften Geschäften; Wie weit von Aengstlichkeit, von stürmischer Heftigkeit, von übler Laune entfernt! - Gott will itzt, daß ich das thue, (konnte er immer mit der größten Gelassenheit und Gemüthsruhe bey sich selbst gedenken,) und ich thue es; Ihn lasse ich für die Folgen sorgen; Ganz gewiß werden sie die allerbesten seyn. Führt mir die göttliche Fürsehung 5000 Menschen zu, die nichts zu essen haben, so will ich sie sättigen; - Und führt sie mir einen einzigen Kranken zu, so will ich ihn heilen; Ich will das Grosse so gern wie das Kleine, das Kleine so gern wie das Grosse thun; - vor Gott ist nichts groß und nichts klein. - Will er, daß ich Kinder segne, - und wenn seine Fürsehung mir solche auf dem Arm ihrer Mutter zuführt, - so will er es, - so will ich ihnen die Hände auflegen, und sie nach ihrem guten frommen Wunsche segnen; Will er, daß ich über Bösewichter und Heuchler ein fürchterliches Weh ausspreche, - und wenn seine Fürsehung mir solche zuführt, wenn sie es leitet, daß Pharisäer und Sadducäer mich umringen, - so will er es, - wohlan, so will ich auch dieß, - und wenn ich mir dadurch auch ihre tödtliche Feindschaft unfehlbar zuziehen, und mich dadurch der augenscheinlichsten Todesgefahr aussetzen sollte; Allemal werde ich das Beste thun, das von mir gethan werden kann, - wenn ich das thue, was mir die göttliche Fürsehung am nächsten legt. So dachte unser Heiland; - So folgte er, - Sein ganzes Leben ist ein unaufhörlicher Beweis davon, - immer allen Winken der göttlichen Fürsehung. - Kommt ein Aussätziger, und will rein werden; Er spricht: Ich will es, werde rein. - Kommt ein Hauptmann zu Capernaum, und fleht ihn um die Genesung seines Knechtes an; Er heilt ihn. Trift er in Petri Haus seine kranke Schwieger an; Er rührt sie an, und macht sie gesund. Kommen Kranke aus allen Gegenden zu ihm, so theilt er ihnen Kraft und Gesundheit aus. Er antwortet jedem, der ihn fraget; Gehet, wo man ihn bittet; Thut, was man von ihm verlangt; Nur das nicht, was seinem besondern Amt und Berufe geradezu zuwider war; - Die Berichtigung einer streitigen Erbtheilung; - Aber auch diese Gelegenheit ergreift er, etwas nützliches und wichtiges von der Eitelkeit der Nahrungssorgen und Güterliebe zu sagen. Alle seine Reden sind beynahe nur Gelegenheitsreden, allemal den Umständen, dem Ort, der Zeit, den Personen angemessen, da er sie hielt; - So sehr, so ganz lebte er der Fürsehung; - folgte ihr, wenn sie ihn fliehen hieß, - folgte ihr, wenn sie ihn stand halten hieß; - That, was sie ihn thun, litt, was sie ihn leiden hieß; - Er war ihr, mit einem Wort, gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode des Creutzes. Und diese Aufmerksamkeit, dieser schnelle Gehorsam gegen alle Winke der göttlichen Fürsehung, diese Verläugnung seines eigenen Willens; - Was war dieß anders, als die erhabenste Menschenliebe? Seins Gottseligkeit war Menschenliebe. Wie rühmlich wäre es. an Jonas gewesen, wenn er dem göttlichen, zumal noch ausserordentlichen Rufe, ohne Widerrede gefolget, und den Ausgang der Sache Gott überlassen hätte? - Sah er nicht nachher, da er noch gen Ninive kam, daß er sich in seinen Besorgnissen, so natürlich und wahrscheinlich sie waren, ganz betrogen hatte? War seine Predigt nicht von dem allergesegnetesten Erfolge? Viele hunderttausend Menschen hatten ihr, zum wenigsten noch die Verlängerung ihres zeitlichen Lebens, mithin ihrer Gnadenzeit zu danken. - Folge Gott, und Gott wird dich segnen; Folge seiner Fürsehung, und du wirst erfahren, daß du Gott folgest, wer Gott ehret, den wird er auch ehren; wer aber ihn verachtet, der wird verschmähet seyn.
Zweyter Theil.
Wir gehen, meine Theureste! noch zu den zwo übrigen Betrachtungen fort, die aber nur sehr kurz seyn werden. Lasset also Euere Aufmerksamkeit nicht ermüden, sondern ermuntert Euch nur noch für einige Augenblicke!
Das Zweyte, was das Betragen des Propheten Jonas fehlerhaft macht, ist dieß:
Daß er thöricht und unbesonnen genug war, von dem Angesichte Gottes zu fliehen, und dem Allgegenwärtigen entlaufen zu wollen. Eine Thorheit zieht gemeiniglich eine andere, noch grössere nach sich; Die erste Sünde stürzt beynahe immer in eine zweyte, die noch ärger ist. So gieng es David. Ehebruch zog den Todtschlag nach sich; Kain schlug seinen Bruder todt, - und dann wollte er verzweifeln. - So gieng es dem Jonas; Erst war er Gott ungehorsam, - dann gleichsam rasend! Er weiß, daß Gott die Erde und das Meer gemachet hat, und will dennoch diesem Gott der Erde und des Meeres entfliehen; Aber Gott findet ihn wo er ist.
Er siehet ihn ins Schiff steigen, und winkt dem Sturmwind - lenkt das Loos, gebeut dem Walfisch, - bis Jonas seine Thorheit und sein Verbrechen erkennt und gesteht.
Hast du gefehlt, mein Zuhörer, bist du deinem Gott ungehorsam, und gegen die Stimme deines Gewissens widerspenstig gewesen, - fliehe weder vor Gott noch vor deinem Gewissen; - Du kannst ihm nicht entfliehen, und wenn du es könntest, so sollte man dich um aller Seligkeit willen bitten, es nicht zu thun, denn vor Gott und seinem Gewissen fliehen heißt vor dem Himmel und seiner Seligkeit fliehen, heißt der Hölle und dem Verderben zu rennen.
Hast du gefehlt, so groß immer dein Fehler sey; - Bist du gefallen, - mehr als einmal gefallen; - Fliehe nicht vor Gott und deinem Gewissen; - Halte Gott und seinen züchtigenden Vorwürfen still; Wende dich nicht davon weg; Erdulde den demüthigen beschämenden Gedanken: Du hast es arg, du hast es schändlich, unverantwortlich hast du es gemacht. - Laß dein Gewissen so und noch ernstlicher mit dir reden; - Es redet die Wahrheit, und nichts kann dir heilsamer seyn als die Wahrheit, die es redet; Ueber kurz oder lang wirst du doch einmal seine Stimme hören müssen; Je später, desto schrecklicher! Auf immer entfliehen kannst du ihm gewiß nicht! Verfolgen wird es dich immer, erreichen wird es dich gewiß, - und je später es dich erreicht, je später du seiner Stimme Gehör Ziehest, desto schwerer wird es dir seyn, zu Gott und deiner Pflicht zurückzukehren. Gott ist itzt diesen Augenblick, bereit, deine aufrichtige Reue anzunehmen, und dieser itzige Augenblick allein ist dein; Wer weiß, ob es der folgende noch ist. Entfliehe deinem Gewissen nicht, so wird Gott mit seiner Gnade und Langmuth auch nicht von dir fliehen. Nahe dich Zu Gott, so wird er sich zu dir nahen; Demüthige dich vor ihm, so wird er dich erhöhen. Zerstreue dich nicht; Ruhe nicht, bis du dein Herz vor Gott ausgeschüttet und Friede mit ihm gemachet hast. Fliehest du, so bist du verloren!
Dritter Theil.
Endlich, meine Theureste! Laßt uns noch auf den mitten im Sturm, wovon er die Schuld war, sorgenlos schlafenden Jonas einen Blick werfen: Betäuben will er sich - mit Schlafe! der Unbesonnene: Alles um ihn her ist voll Angst und voll Gefahr; - Aber Er, Er der Verbrecher, Er schlief - sicher und sorgenlos, - aber nicht mit einem guten Gewissen, wie Jesus einst im Schiffe, während eines Sturmwindes - schlief er; warum schlafest du? Rief ihm der Schiffherr zu: - Rufe deinen Gott an - vielleicht wird er sich freundlich zu uns wenden.
Siehe hier dein natürliches Bild, - mitten in der schrecklichsten Gefahr sorgenlos schlafender Sünder! Tod und Grab umringt dich; Schnell wie ein Strom rauscht die Ewigkeit gegen dich heran; Gerichte Gottes donnern gleichsam von allen Seiten um dich; - Und du schläfst? Alles sollte dich erwecken; - Aber du schläfst fort; Schläfst - wenn es die höchste Zeit wäre zu erwachen! O darum wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Todten, so wird dich Christus er leuchten! - Siehe, itzt diesen Augenblick ruft dir Gott durch mich zu:
Was schläfest du? Rufe deinen Gott an! vielleicht - was sag' ich vielleicht? - Gewiß, gewiß wird er sich zu dir wenden; - Wenn du dich wecken lässest, und aus der Tiefe deines Elendes zu ihm schreyst! Erwache! Geh in dich selbst! Oeffne deine Augen über die Gefahr, in der sich deine Seele befindet! Vielleicht wird sie heute, vielleicht diese Nacht schon von dir gefordert. Erwache! Ehe dich der Tod weckt; Erwache! Rufe deinen Gott an, weil du noch rufen kannst. Erwache! Was schläfst du in deinem Stolze, deinem Geitze, deiner Wollust, deiner Ungerechtigkeit? Erwache! Du schläfst an einem Abgrund. Erwache! Suche den Herrn, weil er zu finden ist; klopfe an, weil er nahe ist; Der Gottlose verlasse seinen Weg, und der Ungerechte seine Anschläge, und kehre wieder um zum Herrn, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserm Gott, und er wird vielfältig verzeihen; - Heute, so du seine Stimme hörest, so verstocke dein Herz nicht! Höre Gott, so wird er dich auch hören! Ruf deinen Gott an, und er wird freundlich gegen dich seyn; - Höre heut noch die Stimme der Warnung, damit du Morgen nicht etwan die Stimme des Gerichts hörest. Ja! um Christi willen, und an seiner statt, in seinem Namen, gleich als ob Gott durch mich vermahnte; An Christi statt bitte ich dich: Laß dich mit Gott versöhnen! Noch einmal höre mich, damit dich Gott auch höre! Ja! Wer Ohren hat zu hören der höre! Amen.