Kügelgen, Wilhelm von - Von den Widersprüchen in der Heiligen Schrift für Zweifler - Vorwort von Friedrich Wilhelm Krummacher.
Der treffliche Verfasser dieses Werkchens bedarf keines Vorredners noch Garanten. Er wird sich mit seiner Schrift schon selber durchzuschlagen und zu behaupten wissen. Soll aber ein Wort geredet sein, so bestehe es in der Versicherung, dass dieses Buch nicht Produkt abgezogener Reflexion, sondern des konkretesten Lebens ist. Die Glaubensüberzeugungen, die darin sich geltend machen, wurden weder herbeigeträumt, noch leichten Kaufs in den Schulen der Menschen gewonnen, sondern in langem, schwerem und heiligem Kampf mit den verneinenden Tagesphilosophien selbstständig erobert. Sie tragen die Spuren der Esse und des Tiegels; sie sind Beuten der Schlacht; sie sind Trophäen.
Auf meinem Standpunkte muss ich zwar dafür halten, dass der in dieser Schrift ans Sonnenlicht hindurchbrechende Schmetterling das Puppengehäuse früherer Anschauungen bis auf die allerletzten Reste noch nicht abgestoßen hat; aber dass hier ein edler Zwiefalter seine Flügel dehne, der heut oder morgen zu jener Sphäre voller göttlicher Freiheit sich durchringen werde, in der die Losung sieghaften Trotzes ertönt: „Wo sind nun die Schriftgelehrten? Wo sind die Abwäger? Wo sind die Frager, Zänker und Turmschreiber dieser Welt?“ wer wird dies verkennen können?!
Gewiss wird dieses Büchlein, dessen Verfasser mit seinem Herzen und Leben je und je geglaubt, wenn sein Verstand auch zeitweilig irre wurde und zweifelte, im Kreise derer, an die es zunächst sich richtet, und deren Zahl in diesem skeptischen Jahrhundert Legion ist, im Segen Gottes gehen. Möchte nur Jeder bedenken, dass zum Finden der Wahrheit mehr Herzbrechens, als Kopfbrechens erfordert werde!
Berlin, im Juli 1850.
Dr. Friedr. Wilh. Krummacher.