Krummacher, Gottfried Daniel - Der Weg zur Heiligkeit (1)
„Jaget nach der Heiligung, ohne welche wird niemand den Herrn sehen.“ Diese wichtigen Worte stehen Hebr. 12,14. Das Ziel, zu welchem die christliche Religion uns führen will, ist in den Worten ausgedrückt: „Den Herrn zu sehen,“ d. i. ihn zu erkennen und eine vollkommene Gemeinschaft mit ihm zu haben. Dies ist die ewige Seligkeit. Sie wird niemand zu Teil ohne Heiligung. Die Heiligung ist zwiefacher Art. Die eine und hauptsächliche oder erste geschieht durchs Blut, und zwar durch das Blut Jesu Christi. Sie ist diejenige, die er selbst in den Worten ausdrückt: „Ich heilige mich selbst für sie, auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.“ Sie heißt auch sonst die Versöhnung und die Rechtfertigung zum Leben. Wer diese nicht hat, wird den Herrn nicht sehen, sei er auch, wer er wolle. Wir nennen sie die erste, denn sie muß vorab stattfinden. Auf diese Weise durchs Blut oder durch ein Opfer muß man von allen seinen Sünden gereinigt sein. Jaget ihr also nach! Jaget ihr so nach, daß ihr euch mit nichts Geringerem begnügt, als mit einem so völligen Genuß derselben, wie der Hebräerbrief ihn andeutet: Daß ihr los seid von dem bösen Gewissen, weil ihr einmal vollendet seid, daß ihr kein Gewissen mehr habt von den Sünden, sondern Frieden habt mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christum. Daraus fließet nun her und ist unzertrennlich damit verknüpft die andere Heiligung, die durch Wasser und Feuer, den heiligen Geist, bewirkt wird. Sie besteht in der Gleichförmigkeit unserer Gesinnung mit Gott, ohne welche es unmöglich ist, den Herrn zu sehen, denn ohne dieses würden wir seine Feinde sein und keine Gemeinschaft mit ihm haben können nach seinem Willen.
Jaget auch dieser Heiligung nach in gehöriger Ordnung und Weise, wovon wir jetzt zu reden gedenken. Jaget dem einen Christo nach, worin beides, so wie außer ihm nichts ist.
Römer 6,12 und 14.
So lasset nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe, ihr Gehorsam zu leisten in ihren Lüsten. Denn die Sünde wird nicht herrschen können über euch, sintemal ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade.
Diese wichtigen Worte belehren uns über das rechte Verhalten gegen die Sünde. Wir betrachten denn
- Was sagt das Gesetz? Und
- Was sagt das Evangelium?
Was sagt das Gesetz vom rechten Verhalten wider die Sünde? „Laßt sie nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe, ihr Gehorsam zu leisten in ihren Lüsten.“ Dies hat eine doppelte Beziehung, nämlich eine gesetzliche und eine evangelische.
I.
In gesetzlicher Beziehung ruft und schreit und donnert das ganze Gesetz und jedes einzelne Gebot: Sündigt nicht! und ruft's in Übereinstimmung mit dem Gewissen, welches sich genötigt sieht, zu bekennen, das Gesetz sei gut und jedes einzelne Gebot sei heilig, recht und gut, wenn auch unserer Natur nicht angenehm. Das Gesetz ist wider alle und jede Sünde, von der gröbsten und größten an bis zur allergeringsten, und untersagt die eine mit dem nämlichen Ernst wie die andere. Selbst die unwillkürliche Neigung zu etwas Ungöttlichem wird aufs nachdrücklichste verboten. Keine Entschuldigung wird angenommen. Es heißt kurzweg und in jeglichem Betracht: Sündiget nicht!
Die meisten Menschen achten das freilich nicht, und die Welt ist voll frecher Sünder, voll Flucher, Trunkenbolde, Hurer, Spieler. Sie sündigen mit frecher Stirn und tun, als ob kein Gesetz, ja, als ob kein Gott im Himmel wäre, der ihnen etwas zu befehlen hätte, und der sie strafen könnte und wollte. Es gibt aber auch ehrbare Menschen, die sich mit einigem Fleiß angelegen sein lassen, wenigstens etwas von dem zu halten, was Gott und die gesunde Vernunft gebieten. Sie tun sich selbst gar leicht ein Genüge und meinen, Gott könne und solle auch damit zufrieden sein. Ja, es gibt Leute, die einen mehr als gemeinen Fleiß darauf wenden, Laster zu meiden und manche Tugend zu üben, aber es sind Heuchler. Es geht ihnen nicht von Herzen, sondern es ist Gemachtes und Äußeres, ohne Lust und Liebe, aus einer Art von Zwang, aber doch mit großer Selbstzufriedenheit und Einbildung, daß sie sich wohl besser dünken als viele andere. Diese Art war dem Herrn Jesu so lästig. Sie dünket sich rein in ihren Augen und ist doch von ihrem Kot nicht gewaschen.
Seelen aber, die Gott zum Heil führt, werden auf eine sehr nachdrückliche Weise daran gemahnt: „Lasset die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe!“ Sie kommen unter das Gesetz, oder es kommt zu ihnen, wie Paulus sagt: „Da kam das Gesetz.“ Aber wie kommt es? Es kommt als einer, der auf eine höchst nachdrückliche Weise wegen einer Schuld mahnt und an die Notwendigkeit der Bezahlung erinnert. Das Gesetz macht es wie jener Gläubiger, von dem Jesus in dem Gleichnisse sagt: „Er würgte seinen Schuldner und sprach: Bezahle mir, was du mir schuldig bist.“ Es kommt und läßt sich gar nicht abweisen. Mag der Mensch sich Mühe geben, der schweren Gedanken an seine begangenen Sünden und an seine verdiente Strafe sich zu entschlagen und die Sorge wegen seiner Seligkeit von sich zu werfen, wie er ja bisher ohne diese Sorge gelebt hat, so kann er das glücklicherweise nicht, sondern es dringt ihm je länger je mehr ans Herz. Es kommt als einer, der durchaus bezahlt sein will, die Mittel mögen nun vorhanden sein oder nicht. Das ist die Sache des Gesetzes nicht, sondern die des Menschen. Da siehe du zu, heißt es. Es handelt sich nicht darum: Was kannst du, sondern was sollst du? Tue nichts was du kannst, sondern was du sollst. Du sollst, du sollst! Das Gesetz kommt in gerechter und heiliger, aber dem Sünder furchtbarer Strenge. Es fordert einen ganzen Gehorsam nicht in einigen, sondern durchaus in allen Stücken, so daß seine Gedanken nicht übersehen werden; es fordert einen vollkommenen Gehorsam, der in allen Stücken so beschaffen sei, wie er sein soll, so daß ich Gott über alles und den Nächsten wie mich selbst liebe. Es fordert denselben auf der Stelle, ohne Aufschub; es läßt sich in keinen Vergleich ein, in keinen Nachlaß, daß es sich begnügen sollte, wenn als vorerst einiges und so nach und nach immer mehr geschehe. Ja, das Gesetz geht immer weiter und weiter in seinen Forderungen, wird immer genauer und umfassender. Es bleibt aber nicht bloß bei Forderungen, geradezu sündliche Handlungen fortan nicht mehr zu begehen, sündliche Redensarten fortan nicht mehr zu führen, sondern den Grund des Herzens selbst zu ändern, damit erst der gute Baum gesetzt und so dafür gesorgt werde, daß die gute Frucht von selbst wachse. Jetzt bekommt der Mensch eine ihn betrübende, aber nötige Einsicht, daß er selbst nicht tauge, daß seine Natur Sünde, daß das Gesetz geistlich, er aber fleischlich sei, daß er in Sünden empfangen und geboren sei, und sie sein Wesen so durchdrungen habe, wie das Feuer ein glühendes Eisen. Das ist die Sünde, von welcher Luther sagt, die man nicht tut, sondern die das Böse tut; sie sündigt nicht eine Stunde oder eine Zeitlang, sondern so lange die Person ist, so lange ist die Sünde auch. Demnach kommt das Gesetz mit den erschrecklichsten Drohungen und kündigt nichts Geringeres an als die entsetzlichen Übel, den Zorn Gottes, den Fluch, die ewige Verdammnis. Die Seele wird dadurch innerlich angegriffen und gerät in Jammer und Not. Aber dies alles dämpft und tötet die Sünde so wenig, daß vielmehr allerlei Lust dadurch erregt, und das Feuer innerlich recht aufgeschürt wird.
Wie verhalten sie die Seelen denn nun gewöhnlich unter diesen Umständen? Der Mensch besorgt das Ärgste, denn es werden ihm nicht nur seine Sünden aufgedeckt und vorgehalten, sondern auch das Gute, worauf er sich verließ, als unzulänglich unter die Augen gestellt. Das muß ganz etwas Anderes sein, was vor Gott gelten soll, als das unflätige Kleid der eigenen Gerechtigkeit, das nicht einmal sein Gewissen stillen kann. Von Jesu kann er noch keinen Gebrauch machen und ihn nicht fassen. Mag er auch Sünder selig machen, doch wohl solche Sünder nicht, wie er sich fühlt und erkennt. Er fordert doch auch so viel, wovon er nichts leisten kann. Er fällt also auf Selbstbessern. Was geschehen ist, das soll ferner nicht von ihm geschehen, er hofft, durch feste Entschließungen ein ganz anderer Mensch wie bisher zu werden, er will sich durch anhaltendes Beten in seinem Vorsatz zu stärken suchen, das fleißige Lesen im Worte Gottes soll nicht mehr von ihm versäumt werden, kurz, er selbst will das Gute in sich hervorbringen, und wer soll es seiner Meinung nach anders tun, wer wird es tun? Er hofft, es werde ihm dazu seinen Beistand nicht versagen, aber er findet, daß er nie was Besseres schafft. Gott selbst, der in Gnaden über ihm wacht, läßt es ihm nicht gelingen, daß er sich eine eigene Gerechtigkeit aufrichte, und wenn er denkt, es gelinge ihm auf der einen Seite, so mißglückt es ihm desto ärger auf der andern. Gelang es einige Tage, so mißlingt es die andern wieder desto mehr. Wird ein Ausbruch verhütet, worüber er sich sehr freut, so tritt ein anderer an dessen Stelle. Er muß ausrufen: „Ach, ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes!“ Ist für solch einen noch wohl Rettung vorhanden, oder ist alles verloren? Es werden auch Versuche gemacht, sich auf Jesum, sein Verdienst und Leiden zu verlassen. Aber das erscheint wie ein falsches, sehr gefährliches Ruhekissen für die Faulheit, die sich an der Pflicht vorbei zu machen sucht. Es heißt: Fort, an eure Arbeit! Und man geht wieder rege fort an seinen Frohndienst. Das ist ein rechter Angststand. Forderung auf Forderung und kein Vermögen, irgend eine davon zu erfüllen; die Sünde nicht herrschen lassen zu sollen, und sie herrscht; das Gute will etwas in der Seele, und tut es nicht; es ist etwas in der Seele, das will das Böse nicht tun und tut es doch, sie wird wie zerrissen. So kämpft und ringt das Eine mit dem Andern, das Alte mit dem Neuen, und man weiß selbst nicht, was daraus werden will, welches von beiden die Oberhand behalten wird. Hat der Mensch einen Augenblick guten Mut, so dünket ihn die andere Zeit, es sei alles verloren. Dies kommt freilich bei dem einen klarer zum Vorschein als beim andern, dauert bei diesem eine längere Zeit als bei jenem, tritt bei den meisten gleich im Anfange ihrer Bekehrung ein, bei andern, nachdem sie schon manche Gnadenblicke empfangen und manche fröhliche Glaubensgriffe getan haben. Auf jeden Fall ist ein jeder so lange unter den Vormündern und Pflegern bis auf die bestimmte Zeit vom Vater, und indessen zwischen einem Kinde und Knechte kein Unterschied. Dies muß ausgehalten werden, an Desertieren ist nicht zu denken. Ebensowenig kann und darf sich die Seele eigenmächtig ins Evangelium drängen und dasselbe an sich reißen. Es ist eine innerliche Wunde, die auch innerlich muß geheilt werden. Gewiß ist's aber, daß durch all dies Drängen und Treiben in der Heilung nichts gewonnen wird, denn es ist uns kein Gebot gegeben, das uns könnte lebendig machen, sonst käme die Gerechtigkeit wirklich aus dem Gesetze und nicht aus der Gnade.
II.
„Lasset die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe.“ Dies muß aber auch in evangelischer Beziehung aufgefaßt werden. Dann ist es teils eine Verheißung, teils die Beschreibung einer Gesinnung, wie sich bei wahren Christen befindet.
Es ist eine Verheißung: „Ich will euch reinigen von allen euren Sünden, und von allen euren Götzen will ich euch reinigen.“ Christus hat sich selbst geheiligt für diejenigen, welche ihm sein Vater gegeben hat, auf daß auch sie geheiliget seien in der Wahrheit. „Ich bin der Herr, der euch heiligt.“ Die Heiligung fließt aus der Rechtfertigung her wie der Bach aus der Quelle. Wer gerecht gesprochen ist, wird auch ganz gewiß geheiligt. Die Rechtfertigung, wodurch der Sünder auf einmal als gerecht und vollkommen in Christo dargestellt wird, geht der Ordnung nach vor, die Heiligung folgt unfehlbar nach. Sie ist der Genuß der in der Rechtfertigung gerichtlich zuerkannten Güter, wozu auch der Glaube gehört und, alles in eins zusammen zu fassen, der Heilige Geist, der den Glauben, die Liebe und alles Gute wirkt. Sie ist eben so wenig des Menschen eigenes, sondern des Herrn alleiniges Werk, wie auch die Rechtfertigung; beide Güter werden auch auf gleich Weise empfangen von denen, die nicht mit Werken umgehen, sondern glauben. Nur geschieht die Heiligung nach und nach und in diesem Leben nie vollkommen. Es ist und bleibt Stückwerk, und sie wird erst im Tode ganz vollendet. Selbst der Friede, den diejenigen genießen, die da gerecht worden sind, ist ein Stück der Heiligung und kann bestritten werden, daß auch gerechter Jeremias wohl zu der Klage kann gebracht werden: „Meine Seele ist aus dem Frieden gerissen.“ Das natürliche Verderben und namentlich der Unglaube kann sich nicht nur heftig regen, sondern es können sogar Fehler und Fälle vorkommen. Auch gehört das Kreuz in diesen Weg, wie sonderlich das Gebet.
„Lasset die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe, ihr Gehorsam zu leisten in ihren Lüsten.“ Das ist die Gesinnung, die durch die Wiedergeburt in allen wahren Christen gewirkt und in ihnen erhalten, bewahrt und gestärkt wird. Sie wollen die Sünde in keiner Beziehung bei sich herrschen lassen, sie können sie auch nicht herrschen lassen. Es ist ihrem Grundsinne, den sie in der Wiedergeburt empfangen haben, zuwider. Wollen das Gute haben sie, denn Gott hat es in ihnen gewirkt. Mag ihnen auch noch das Vollbringen fehlen, sie begehren es doch von Herzen. Regen sich in ihnen verkehrte Dinge, sie verabscheuen dieselben. „Wer aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde und kann nicht sündigen.“ Die Aufrichtigkeit und Lauterkeit, die in wahren Christen ist, ringt und kämpft gegen alles Sündliche an, sie leidet kein Einverständnis mit der Sünde, sondern arbeitet dagegen an, bis jede Fessel zerrissen, jedes Netz durchbrochen ist, möchte es auch eine Zeit lang nach jenem Spruch gehen, wo die Gemeine sagt: „Herr, es herrschen wohl andere Herren über uns denn du. Aber des Herzens Lust stehet doch allein zu deinem Namen und deinem Gedächtnis.“ So ist es und kann nicht anders sein.
Das nun ist kein tötender Buchstabe des Gesetzes, das da fordert, dräuet, drängt und zwingt. Nein, das ist dasjenige Gesetz, von welchem Gott verheißt: „Ich will es in ihr Herz schreiben und in ihren Sinn geben. Ich will meine Furcht in ihr Herz geben, daß sie mich fürchten sollen.“ Es ist das Gesetz in dem Gemüte, nach welchem der Christ Gott dienet, und das da widerstreitet dem Gesetz in den Gliedern. Es ist der Geist, welchen wider das Fleisch gelüstet, und das rechtschaffene Wesen, das in Christo Jesu ist; der Same aus Gott, der in ihm bleibet, die erste Frucht der Rechtfertigung. Eine große, heilige und herrliche Veränderung geht mit dem Menschen vor, der ein wahrer Christ, der bekehrt, der wiedergeboren wird. Aus einem Blinden wird er sehend, aus einem Toten wird er lebendig, aus einem Kinde des Teufels und Feinde Gottes wird er ein Kind und Freund Gottes und ein entschiedener Feind des Teufels und aller seiner Werke. Er selbst wird dies kräftiglich gewahr. Was vormals seine Freude, bringt ihm jetzt Herzeleid, und wovon er früher nichts hören noch wissen, womit er nichts zu schaffen haben mochte, das ist ihm jetzt die größte Herzensangelegenheit, das Eine, was not ist. Freilich irrt er sich in der Freude seines Herzens, wenn er meint, das Alte sei rein vergangen, und alles neu geworden, er sei nun in sich selbst ein anderer Mensch an Herz, Mut und Sinnen und allen Kräften; die vorigen bösen Neigungen seien nun auf einmal und für immer abgetan und gestorben. Wer wollte nicht einem jeden diese Freude gönnen, wenngleich ein Irrtum mit unterläuft, der aber gewöhnlich nicht einmal lange dauert, wo es sich anders gestaltet! Kaum hatte Jacob den Segen von seinem Vater empfangen, so zeigte sich auch der Haß seines Bruders wider ihn in einer solchen Bitterkeit, daß er sein Heil in der Flucht suchen und ein sehr mühseliges Leben führen mußte, dessen Mühseligkeiten sich erst mit demselben endigten. So ist's: „Das Fleisch gelüstet wider den Geist,“ die verderbte Natur an sich wird dadurch nicht besser, und das Gesetz in den Gliedern wird nicht aufgehoben, vielmehr die sündliche Art je länger je mehr erkannt. Je mehr nun der Geist erstarket, desto schwächer wird das Fleisch, je mehr die Gnade im Herzen wächst, desto weniger kann die Sünde herrschen in den Gliedern, desto weniger Gehorsam findet sie in ihren Lüsten. Zieht sie sich aber zurück, so äußert sich auch, in dem Maße dies geschieht, der angeborne Unglaube samt dem übrigen Verderben.
Ach, wie so gar nichts in sich selbst sind doch alle Menschen, auch alle Christen! Ohne ihn können sie ja gar nichts tun, ja denken, was taugt. Welch ein abhängiges Leben sollen sie führen! Ist das nun euer Ernst, die Sünden nicht herrschen zu lassen in eurem sterblichen Leibe, sehet, so geben die folgenden Worte den Weg dazu an: „Die Sünde wird nicht herrschen können über euch, sintemal ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade!“ Amen.