Krummacher, Friedrich Wilhelm - Die Wahrheit der evangelischen Geschichte,

Krummacher, Friedrich Wilhelm - Die Wahrheit der evangelischen Geschichte,

besiegelt durch die ältesten nachapostolischen Zeugen.
Ein Vortrag gehalten im evangelischen Verein zu Potsdam
von
Dr. F. W. Krummacher.
Berlin, Verlag von Wiegandt und Grieben.


Vorwort.

Seit neun Jahren besteht in Potsdam ein dem Berlinischen nachgebildeter „Evangelischer Verein“, der einer regen Teilnahme sich erfreut, und im Dienste der inneren Mission sich die Aufgabe gestellt hat, bereits Glaubende in ihrem Glauben zu befestigen, und ihnen Waffen gegen die neuesten Bestreiter der göttlichen Offenbarung in die Hand zu geben, und Solchen, die sich der Kirche entfremdeten, Brücken zur Rückkehr in dieselbe zu bauen.

Ermutigt durch manche erfreuliche Erfolge sucht der Verein jenen Zweck vorzugsweise durch öffentliche Vorträge mannigfaltigen Inhalts zu erreichen, welche während des Wintersemesters in dem geräumigen und immer von Zuhörern aus allen Ständen gefüllten Konzertsaal des Königl. Schauspielhauses von Freunden des Reiches Gottes aus Potsdam und Nachbarorten, namentlich Berlin und Brandenburg, gehalten werden. Die Geldeinnahmen dienen zur Unterstützung der „Herberge zur Heimat“, zur Unterhaltung einer christlichen Volksbibliothek, und zur Vergütung der Reisekosten an die auswärtigen Redner. Der Verein erinnert sich noch gern daran, wie seine früheren Versammlungen in einem engeren und unansehnlicheren Lokale, als das gegenwärtige ist, durch mehrmalige Gegenwart des teuren verklärten Königs Friedrich Wilhelm IV. beehrt wurden, und gleichsam ihre Sanktion erhielten. Alles, was nur entfernt zur Hebung des christlichen Glaubenslebens in seiner Lieblingsresidenz beitragen zu können schien, gereichte dem unvergesslichen Könige zu großer Freude. -

Unter den neuesten Vorträgen des genannten Vereins war auch derjenige, der hier dem Wunsche einiger Freunde gemäß, gedruckt vorliegt. Möge er hin und wieder einigen Segen stiften! Wer hat sich nicht in unsern Tagen, wenn auch nur momentan, mit Zweifeln herumzuschlagen? Ein Stück der Rüstung wider die Anläufe der modernen Titanen wird hier dargeboten.

D. V.


Vortrag

Geehrte und geliebte Freunde!

Wohl nimmt sich's seltsam aus, wenn nach Verlauf von achtzehn Jahrhunderten, während welcher die ganze christliche Kirche im Glauben an die Wahrheit der evangelischen Geschichte vollkommen eins war, und der Mittelpunkt der letzteren, die „Sonne der Gerechtigkeit“, Christus, die Welt erleuchtend und beglückend hoch am Himmel stand, jetzt wieder nach Zeugen für jene Wahrheit gefragt wird. Liegen uns nicht überall die stärksten Überzeugungsgründe vor der Hand? Man denke nur an den glänzenden Triumph, den jene Geschichte über die Bildung und Denkweise des klassischen Altertums davon getragen, an die schöpferische Umgestaltung, welche die Welt in allen ihren Ordnungen, Einrichtungen und Lebensformen durch sie erfahren hat und andauernd erfährt, an den Höhepunkt sittlicher Verklärung, zu dem sie, wenigstens der Möglichkeit nach, die Menschheit als eine im Kern ihres Wesens wiedergeborene, emporhob, und an die Übereinstimmung so vieler Tausende der Besten und Edelsten unseres Geschlechts in dem Bekenntnis, dass sie nach langem vergeblichen Suchen und Sehnen erst in jener Geschichte gefunden hätten, was sie die Welt überwinden lehrte, von der Herrschaft der Sünde wie vom Zwang, Bann und Fluch des Gesetzes sie befreite, von der Furcht des Todes sie erlöste, und in die Gemeinschaft Gottes sie zurückversetzte.

Dieses Alles, das Wunderbarste, was die Weltgeschichte uns aufzuzeigen hat, spottet's nicht des ebenso lästerlichen als lächerlichen Vorgebens, dass wir's in der evangelischen Geschichte größtenteils nur mit einem Produkte des unbewusst dichtenden und phantasierenden Menschengeistes, d. h. nur mit zweifelhaften Sagen und Legenden, ja mit Märchen und Mythen zu tun hätten? Ich meine, auch der bitterste Widersacher des Evangeliums könne nicht in dem Grade alles Gewissens bar und ledig sein, dass er diese Frage nicht, möchte er sie auch mit dem Munde verneinen, in seinem tiefsten Innern wider Willen bejahen müsste. Und was lassen die Männer, welche die evangelische Geschichte uns erzählen, an sich vermissen, um nicht an Glaubwürdigkeit alle anderweitigen historischen Autoritäten, welche Namen sie tragen mögen, weit zu überragen? Wir bauen auf die Berichte eines Tacitus, eines Julius Cäsar, und wie die berühmten Historiker des Altertums weiter heißen, ob sie gleich manche Spuren einer Tendenz-Schriftstellerei blicken lassen; wie viel gegründeteren Anspruch auf unsern Glauben haben - ganz abgesehen noch von der höheren Leitung, unter der sie standen - jene Evangelisten und Apostel, von deren Stirnen uns überall das reinste und ungetrübteste Gepräge vollkommenster Ehrlichkeit, Unbefangenheit und Wahrheitsliebe anstrahlt, und die in keuscher Einfalt und objektivster Weise, ohne je ihr eigenes Empfinden, Denken und Reflektieren einzumischen, uns das überliefern, was sie persönlich erlebten, mit ihren eignen Augen sahen, mit ihren eignen Ohren hörten, und jeden Augenblick mit ihrem Blute und Leben zu besiegeln in Bereitschaft standen. So scheinen wir uns in der Tat mit einem überflüssigen Werke zu befassen, indem wir noch Zeugen für eine Sache aufrufen wollen, über welche die Akten längst geschlossen sind. Wenn irgendwo der Ausruf: „Was bedürfen wir weiter Zeugnis?“ an seiner Stelle wäre, dann hier.

Indes, Sie wissen, wie Christus sowohl als seine Apostel weissagend auf Tage eines zukünftigen großen Abfalls hinüberwinkten, in denen man die heilsame Lehre nicht mehr leiden, sondern über Alles, was Gott und Gottesdienst heißt, sich überheben, ja den Menschen, diesen Staub vom Staube, zum Gotte machen, und keine Autorität über derjenigen der eigenen Vernunft mehr anerkennen werde. Und ist länger daran zu zweifeln, dass wir mindestens in den Anbruch dieser Tage bereits eingerückt sind? Begegnen sie uns nicht schon zu Tausenden, auf welche das furchtbare Paulus-Wort eine Anwendung leidet: „Dafür, dass sie die Liebe der Wahrheit nicht angenommen haben, dass sie selig würden, wird ihnen Gott als der gerechte Richter kräftige Irrtümer senden, dass sie glauben der Lüge“? Man sage nun nicht, Zeiten, wie die gegenwärtige, seien schon öfter dagewesen. Dem ist mitnichten so. Wohl wissen wir von Perioden, in denen das Licht der göttlichen Offenbarung schweren Trübungen und Verdunklungen unterlag, und die Wahrheiten des Evangeliums. die bedenklichsten Entstellungen und Verzerrungen erlitten. Aber erst seit den letzten Jahrzehnten durchgellt die Christenheit in vieltausendstimmigem Chore die radikale Losung der Kinder Edoms: „Rein ab, rein ab, bis auf den Boden!“ Erst vom Schlusse des vorigen Jahrhunderts datiert zum Triumph des Vaters der Lügen die Ära eines im Eilschritt seiner völligen Reise zueilenden grundstürzenden und die Substanz der Offenbarung, und mit ihr das Fundament, auf dem die ganze Kirche ruht, absolut verneinenden Widerchristentums. Man hat von vorne herein bei sich ausgemacht, dass Übernatürliches nicht existiere, und somit der Glaube an einen überweltlichen Gott, an eine bewusste göttliche Weltregierung und eine persönliche Fortdauer des Menschen nach dem Tode als schöner Traum und wesenlose Phantasie auszugeben sei. Solcher Anschauung, der nichts übrig bleibt, als der große Mechanismus einer nach den ihr eingepflanzten unwandelbaren Gesetzen sich immer wieder erneuernden und ihre eigenen Kinder stets wieder verschlingenden Natur, kann selbstverständlich die evangelische Geschichte mit ihren Offenbarungen einer höheren Welt und mit der sie durchziehenden Wunderkette nur ein Stein des Anstoßes sein; und so gilt es denn jener willkürlichen und aus der Luft gegriffenen Voraussetzungen zu Lieb, so gut es geraten will, mit dieser Geschichte, sie biege sich oder sie breche, sich auseinander zu setzen. Wie vollzieht sich dies? Vor Allem darf die Geschichte nicht von Augen- und Ohrenzeugen berichtet sein; denn wie entginge man sonst der Nötigung derselben Glauben beizumessen? Man müsste dann die heiligen Berichterstatter allzumal entweder für delirierende Träumer und Phantasten oder für Schurken und ausgelernte Fälscher erklären; und dazu weiß man doch nicht den Mut zu finden. So werden denn alle Hebel in Bewegung gesetzt, die neutestamentlichen Schriften den Männern, deren Namen sie an der Stirn tragen, abzusprechen, und sie Verfassern eines späteren Zeitalters zuzuschreiben, in welchem um den einfachen menschlichen Lebenskern Jesu schon ein Kreis von unzuverlässigen Sagen und Dichtungen sich gebildet habe. Aber nun widerfährt jenen Schriften Ähnliches, wie einem Hochwalde, wenn ein Orkan durch ihn hindurchbraust. Man sollte besorgen, kein Baum bliebe alsdann im Forste unausgewurzelt und ungefällt. Aber alle trotzen sie der Wut des Sturmes, und zwar dadurch, dass ein Stamm dem andern zur Stütze dient und ihn freundnachbarlich aufrechthält.

Glauben die kritischen Himmelsstürmer, vermittelst ihrer gewaltsamen Operationen das erste der vier Evangelien der Autorschaft des Apostels Matthäus entrissen und irgendeinem späteren Verfasser zuerteilt zu haben, so steht das zweite, das unter den Augen des Apostels Petri geschriebene, Markus-Evangelium auf, und fragt, ob man sich erkühnen wolle, auch ihm in einer einfachen, frischen und ich möchte fast sagen photographisch genauen und lebendigen Darstellung den Glauben zu versagen. Redet man sich ein, auch dieses zweite, und das dritte dazu seien dem Markus und Lukas nur untergeschobene Erzeugnisse einer Zeit, da die Generation, welche Zeugin des Lebens Jesu war, längst ausgestorben gewesen sei, so tritt, um dem ganzen vermeintlich weggeätzten Inhalt der drei ersten Evangelien siegreich wieder herzustellen, das vierte in Szene, das Evangelium, dessen Abfassung durch den Jünger, der an Jesu Brust lag, so vielseitig und gewaltig beglaubigt ist, dass sie nur wider besseres Wissen und Gewissen in Frage gestellt werden kann.

Da nun aber einmal die Wundergeschichte um jeden Preis als bloße Dichtung fallen soll, so tobt das wilde Heer, die Stimme der Wahrheit in sich übertäubend, mit dem Geschrei: „Nein, auch hier berichtet kein Augen und Ohrenzeuge!“ über das „sogenannte“ Johannesevangelium hin, um sich nun, erblindet in seinem himmelstürmenden Eifer, an den Episteln des Apostels Paulus die Köpfe einzurennen. Denn dass die Briefe an die Römer, Korinther, Galater, Philipper, ja, zum allermindestens diese, wirklich von dem Manne herrühren, dessen Namen sie an der Stirne tragen, von dem Paulus aus Tarsus, der auch ein Zeitgenosse Jesu und ein Vertrauter aller Apostel war, dies zu leugnen hat sich Niemand noch unterfangen. Und in diesen Briefen steht die ganze evangelische Geschichte wieder auf; ja sie ruhen auf dieser Geschichte mit allen Belehrungen, die sie gewähren, mit allen Mahnungen, die sie ergehen lassen, mit dem ganzen Troste, den sie bieten und mit den erhebenden Aussichten, welche sie eröffnen, als auf ihrem einigen und ewigen Grunde. Christi übernatürliche Geburt, sein an Wundern reiches Leben, seine Passion unter Pontius Pilatus, sein versöhnendes Sterben am Kreuz, seine leibliche Auferstehung von den Toten, der vierzigtägige Verkehr des Auferstandenen mit den Seinen: alles dies wird hier aufs neue verkündigt und bestätigt. Und es bestätigt's, wie gesagt, ein denkender, besonnener, ja wissenschaftlich gebildeter Gewährsmann, der in dem Lande weilte und wandelte, wo alle die Wunderdinge und Großtaten Gottes, wie die Evangelisten sie uns berichten, sich ereigneten, und der hier täglich Tausende, die diese Tatsachen selbst mit erlebt und angesehen, fragen konnte, ob sich's in der Tat und Wahrheit so damit verhalte.

Wie winden sich nun die Bestreiter der evangelischen Geschichte aus dem Gedränge heraus, in welches dieser Paulus sie versetzt, dieser Zeuge, der allaugenblicklich zur Besiegelung dessen, was er bezeugte, sein Haupt auf. den Block zu legen bereit war? Sie wissen sich eben, wie krampfhaft sie darnach auch ringen, aus dieser Enge nicht herauszuhelfen. Und doch, wie gründlich auch aus dem Felde geschlagen, beharren sie bei ihrer Negation, und dies nicht selten umso trotziger, je weniger sie sich's verhehlen können, dass ihre Waffen schartig sind und den Dienst versagen. Was bleibt ihnen, als der Verzweiflungsruf jener Widerspenstigen im Evangelium: „Wir wollen nicht, dass dieser Nazarener über uns herrsche!“ Aber wir verfolgen sie weiter und rufen, um auch den letzten Entschuldigungsgrund für ihren Unglauben ihnen unter den Füßen weg zu reißen, neben den apostolischen Gewährsleuten für die Wahrheit der evangelischen Geschichte noch andere in die Schranken, und zwar die ältesten nachapostolischen Zeugen, auf die wir jetzt unsere Blicke richten.

Versetzen wir uns denn im Geiste in die Tage zurück, da die unmittelbaren Jünger des Herrn vom Schauplatz der Erde abgetreten sind, und nehmen wir beiläufig Akt davon, dass diese mit der alleinigen Ausnahme des auf der hohen Altersstufe von mindestens 98 Jahren um das Jahr 100 nach Chr. Geb. in seinem Herrn entschlafenen Johannes, sämtlich ihr evangelisches Zeugnis voll freudigen Heldenmutes mit ihrem Blut und Leben besiegelt haben. Was ließen nun jene gottbegeisterten Männer hinter sich zurück? Zunächst zahlreiche Gemeinden ihrer Stiftung; dies ist konstatiert. „Nachdem die Lichter unserem Blicke entschwunden sind, sehen wir die durch sie erleuchtete Welt.“ Gemeinden waren es, nicht aus Israel allein gesammelt, wie die jerusalemitische Mustergemeine, und diejenigen zu Sichem, zu Alexandrien, zu Babylon und an vielen anderen Orten, sondern auch und zwar in ungleich größerer Anzahl noch, Gemeinden aus den Heiden, und nicht bloß in Gegenden, welche noch die Finsternis der Barbarei umnachtete, wie in den Wüsten Arabiens, in Scythien, Äthiopien und den Grenzen von Indien; sondern vorzugsweise in Ländergebieten, welche an Bildung vor vielen andern glänzend hervorstrahlten. Gemeinden in dem griechischen Kleinasien, dem Heimatlande Homers, Herodots und vieler namhaften Denker und Philosophen, und in den angesehenen Städten Kleinasiens: in Ephesus, Kolossä, Smyrna, Pergamum, Hyrapolis, Laodicäa, Philadelphia und wie sie weiter heißen. Eine große Gemeinde auch in Antiochien, der weltberühmten Hauptstadt Syriens und dem Mittelpunkte der damaligen griechischen Kunst und Wissenschaft. Und wie in dem gebildeten Teile des Morgenlandes, so auch blühende Christengemeinden in dem auf der Kulturhöhe der damaligen Periode prangenden Abendlande: in dem europäischen Griechenland und in dessen hervorragendsten Städten Korinth, Philippi, Thessalonich, und selbst in Athen, das immer noch in der Glorie einer Metropole klassischer Bildung strahlte. Ebenso in den Städten Italiens, namentlich in dessen stolzer Kapitale, der Weltbeherrscherin Rom. Als lebendige Umrisse und Prototypen einer im Werden begriffenen ganz neuen moralischen Welt ragten diese Gemeinden gleich weithin ihre Strahlen entsendenden Leuchttürmen aus der Nacht des Heidentums hervor, und wer sie ansah, dem nötigten sie den Ruf der Verwunderung ab: „Wie haben die Leute einander so lieb, und wie fein sind ihre Sitten!“ Was aber an denselben am meisten uns in Erstaunen versetzt, ist etwas Anderes noch. Welches war das Panier, um das jene Gemeinden sämtlich sich scharten? Es war das verrufene Zeichen, welches, wie nichts anderes, der damaligen Zeit ein Gegenstand des tiefsten Abscheus war. Ein Kreuz war's; und in dem dorngekrönten Manne, der auf Golgatha an diesem Holze der Schmach und des Fluches verblutete, erkannten sie fest und klar den ewigen gottgleichen, aber Mensch gewordenen Sohn des lebendigen Gottes, und beteten ihn auf den Knieen an als ihren König und Herrn, als ihren Mittler und Seligmacher. Welch' Wunder dies! Was gehörte doch dazu, um ein teilweise hoch gebildetes, ja in manchen seiner Angehörigen philosophisch ausgerüstetes, dabei in seiner heidnischen Bildung nicht wenig versinnlichtes Geschlecht zu solchem Glauben, zu solcher Huldigung zu vermögen? Vor Allem war dazu erforderlich, dass sie mit dem ganzen Leben des Gekreuzigten bekannt waren, und diese Bekanntschaft Männern verdankten, an denen sie als an Augen- und Ohrenzeugen der wunderreichen Erscheinung Jesu kein Merkmal einer vollkommenen Glaubwürdigkeit vermissten. Als solche Männer aber bewährten sich ihnen die Apostel, deren Angesicht sie schauten, deren Stimmen sie vernahmen: ein Matthäus, ein Jakobus, ein Johannes, ein Petrus, ein Andreas, ein Philippus und auch ein Paulus, der ja ebenso wohl wie jene ein Zeitgenosse Jesu und ein ebenbürtiger Freund und Geselle aller Apostel war. Hatten aber diese Männer ihnen wirklich dasselbe verkündet, was wir heute in unsern vier Evangelien lesen? Durchaus dasselbe. Man mustere die Gemeinden in Nord und Süd, in Ost und West, und man wird sie ohne Ausnahme alle mit ihrer Erkenntnis und ihrem Glauben auf dem Grunde ruhend finden, den wir die evangelische Geschichte nennen. Die Menschwerdung des ewigen Sohnes, seine Geburt von der Jungfrau Maria, die Engelgrüße über seiner Krippe, sein ganzes prophetisches Wirken, seine Krankenheilungen, seine Totenerweckungen, seine Machterweisungen an der Natur, sein Leidensgang von Stufe zu Stufe, seine Auferstehung am dritten Tage, seine glorreiche Auffahrt und das Wunder der Pfingsten, dies erste Lebenszeichen dessen, der nun auf dem Stuhle der Majestät sitzt: diese Tatsachen allzumal waren samt den Lehren und Zeugnissen, die einst aus dem Munde des Gottmenschen gingen, schon sämtlichen Gemeinden des ersten und zweiten Jahrhunderts kund und bildeten den gemeinsamen Fels ihres Trostes und ihrer Hoffnung im Leben und-im Sterben. Wie würden aber die Juden sowohl wie die Heiden solche unerhörten Dinge jemals gläubig auf- und angenommen haben, wären sie ihnen nicht von Männern überliefert worden, die mit allem Fug und Grunde wie Johannes im Beginn seiner durchaus unangefochtenen und unanfechtbaren ersten Epistel sagen konnten: „Was wir gehört, mit unseren Augen gesehen, selbst beschaut und mit Händen betastet haben, von dem Worte des Lebens (d. i. dem ewigen Sohne), welches bei dem Vater war und uns erschienen ist; das verkündigen wir euch, damit ihr mit uns Gemeinschaft habt und unsere Gemeinschaft sei mit dem Vater und seinem Sohne Jesu Christo.“ Hätten diese Männer, die Apostel, uns keine Schriften hinterlassen, wie sie doch reichlich taten, wir läsen die ganze evangelische Geschichte mit der markigen Schrift des Lebens verzeichnet und stärker beglaubigt, als irgend eine Geschichte in der Welt, schon in dem gläubigen Bewusstsein, in dem lauten Bekenntnis und der unzweideutigen Überlieferung, wie auch in dem ganzen bis auf die Wurzel erneuerten Sein und Wesen der ersten Christengemeinden; und so stehen diese in erster Reihe als die ältesten nachapostolischen Zeugen für die Wahrheit der evangelischen Geschichte vor uns.

Allerdings traten frühe schon auch innerhalb dieser christlichen Urgemeinden mancherlei sowohl juden-, als heidenchristliche Irrlehrer auf, und richteten, wie schon aus den apokalyptischen Sendschreiben erhellt, hin und wieder großes Verderben an. Die ersteren schleppten noch stark die Eierschalen ihres schon vielfach durch ihre Rabbinen entstellten und von großen Missverständnissen durchzogenen Judentums nach, und sahen letzteres im Christentume nur fortgesetzt und weiter entfaltet. Die andern suchten, zum Teil aus Furcht vor Verfolgung, aber nicht selten auch in besserer Meinung, Vermittlungen zwischen den Lehren des Evangeliums und den Satzungen heidnischer Philosophien; gerieten aber über die Brücken, die sie den Heiden zum christlichen Glauben zu bauen gedachten, ehe sie sich's versahen, selbst immer tiefer in die Schlingen der pantheistischen Afterweisheit derer hinein, die sie zu bekehren hofften. Unter allen auftauchenden Ketzereien jedoch findet sich keine, aus deren Irrwahnsgewirre uns nicht ein fester Glaube an die Wahrheit der evangelischen Geschichte entgegenleuchtete. Die stark judaisierende Sekte der Ebioniten hielt in Gemäßheit ihrer hergebrachten rabbinischen Vorurteile Christum für einen bloßen Menschen, den Sohn Josephs und der Maria. Nichtsdestoweniger huldigte sie ihm als dem von den Propheten verheißenen wahren Messias, und gab vor, bei der Johannestaufe im Jordan habe sich mit dem Menschen Jesus ein höherer himmlischer Geist, Christus genannt, vereinigt und durch diesen, der beim Eintritt seiner Leiden freilich ihn wieder verlassen habe, habe Jesus alle die großen Wunder verrichtet, von denen das Evangelium Kunde gebe. Die historische Wahrheit der heiligen Geschichte stand also auch dieser Sekte fest und wurde in keinerlei Weise von ihr angezweifelt. Gegensätzlich zu den Ebioniten legten die sogenannten Doketen, heidenchristliche Gnostiker, welche Johannes in seiner ersten Epistel bekämpft, den ganzen Nachdruck auf Christi wesentlich göttliche Natur, und verneinten seine Menschwerdung, indem sie lehrten, seine Leiblichkeit sei lediglich Schein, d. h. nur eine zeitweilig angenommene Offenbarungsform gewesen gleich derjenigen, in welcher auch Engel sichtbar auf Erden erschienen seien. Wie irrig diese Vorstellung auch immer war, so ruhte sie doch auf Jesu wunderreichem Lebensgange durch die Welt, dessen historische Zuverlässigkeit mithin auch dieser Sekte außer Frage stand. Eine dritte Häresie, die antinomistische der Nikolaiten, schloss gleichfalls den Glauben an alles das, was die Evangelisten und Apostel von der übermenschlichen Persönlichkeit Jesu, seinen Großtaten und der durch ihn vermittelten ewigen Erlösung uns berichten, so wenig aus, dass sie vielmehr den Begriff der letzteren bis zu der Behauptung überspannten, es könne ein gläubiger Christ unbeschadet seines Gnadenstandes und seiner Rechtfertigung bei Gott allen Lüsten seines Fleisches freien Spielraum gewähren, ja an allen heidnischen Sünden und Lastern teilnehmen, weil Gott ihn nicht mehr kenne nach dem Fleisch, sondern ihn in Christo und dessen Mittlerverdiensten allaugenblicklich sündenfrei und gerecht ersehe. Welche Dimensionen also auch die Verirrung von der evangelischen Wahrheit annehmen mochte, Eins stand doch überall als jedem Zweifel entnommen fest: das Eine, dass das Leben Jesu, wie wir es noch heute kennen, von seiner wunderbaren Geburt bis zu seiner Auferstehung, Himmelfahrt und seiner Offenbarung im Pfingstwunder unbestreitbare historische Tatsache sei.

Ketzereien, wie wir sie eben aufgeführt, wurden allerdings manchen der ersten Christen zu Strick und Falle; riefen aber nicht minder auch eine kräftige und siegreiche Reaktion hervor; und selbst da, wo sie einen bedeutenderen Spielraum gewannen, wie zu Thyatira, zu Sardes, zu Laodicäa, blieb doch immer ein gesunder Gemeindestamm übrig, der der Verführung widerstand, und den Schatz der überlieferten apostolischen Wahrheit rein und unversehrt in sich bewahrte.

„Ja“, höre ich sagen, „wenn nur die christlichen Urgemeinden in beglaubigten Dokumenten noch selbst zu uns redeten, damit wir uns aus eigener Anschauung überzeugen könnten, dass das Evangelium, dem sie glaubten, dasselbe war, welches uns in unserm neuen Testamente vorliegt!“ - Etliche jener Gemeinden entsprechen in der Tat diesem Wunsche, indem sie - ich sage unbedenklich: im Namen aller andern durch hochangesehene Repräsentanten auch zu uns noch reden. Diese ihre Vertreter, die ihnen in ihren beglaubigt auf uns gekommenen Zeugnissen nur ihren Mund liehen, sind die sogenannten „apostolischen Väter“, unmittelbare Apostelschüler. Auf diese lebendigen Vermittler zwischen den urchristlichen Überlieferungen der Augen- und Ohrenzeugen des Lebens Jesu und dem Glauben der späteren Kirche richten wir nun den Blick, bevorworten aber, dass dieselben in den auf uns gekommenen Fragmenten ihrer Schriften an Macht des Geistes und des Wortes schon weit hinter dem Apostelkreise zurückstehen, und somit auch ohne es zu wissen, der spezifisch höheren Inspiration, deren jener Kreis zur Grundlegung des Reiches Christi teilhaftig war, beredtes Zeugnis geben müssen.

Den Reigen dieser Vertreter der ersten Christengemeinen eröffnete ein Mann des Abendlandes. Clemens Romanus ist sein Name. Er war Presbyter der ersten Christengemeinde zu Rom, römischer Heide von Geburt, ein Mann mit der Bildung seiner Zeit getränkt, durch Paulus bekehrt, aber auch mit andern Aposteln, namentlich mit Petrus und Johannes, noch persönlich bekannt. Ob er derselbe Clemens, dessen schon Philipper 4 gedacht wird, ist fraglich, obwohl er schon frühe in der christlichen Kirche dafür gehalten worden. In Jahre 96, da der Apostel Johannes noch lebte, schrieb er einen durch die kirchliche Überlieferung auf uns gekommenen, zum Frieden und zur Einigkeit in der Liebe Christi ermahnenden Brief an die Gemeine zu Korinth, in der, nachdem durch die gesegnete Wirkung der beiden Episteln ihres großen Stifters Paulus die in ihr gestörte Ordnung wieder hergestellt worden war, neue Misshelligkeiten und unchristliche Parteikämpfe sich kundgegeben hatten. Diesen Brief charakterisiert ein heiliges Feuer inbrünstiger Liebe zu Jesu Christo, welchen der Verfasser „den Weg unseres Heils“, den „großen Priester des Versöhnungsopfers“, den „wesentlichen Abglanz der Herrlichkeit Gottes“, nennt, und den er nicht nennen kann, ohne seinem Namen anbetend ein: „Welchem sei Ehre und Majestät von Ewigkeit zu Ewigkeit“ beizufügen. Er predigt die Versöhnung durch Christi Blut und die Rechtfertigung durch den Glauben allein so klar und bestimmt, wie irgendeiner der Apostel sie verkündet. Er bekräftigt seine Ermahnungen durch zahlreiche Beispiele aus der heiligen Geschichte. Er zitiert teils wörtlich, teils freier aus dem Gedächtnisse, Aussprüche des Herrn und seiner Apostel, wie wir sie in unsern Evangelien, namentlich in dem des Matthäus, und in den apostolischen Episteln lesen. So ruft er den Korinthern zu: „Seid eingedenk der Reden des Herrn Jesu, sonderlich seiner Ermahnung zur Sanftmut und zur Versöhnlichkeit, wie Er u. A. sagte: Seid barmherzig, auf dass ihr Barmherzigkeit erlangt, vergebt, damit auch euch vergeben werde, richtet nicht, auf dass auch ihr nicht gerichtet werdet; denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet, und mit welcherlei Maß ihr messet, werdet ihr gleichfalls gemessen werden.“ (Matthäus, Kap. 5 u. 7.) Er führt des Herrn Wort über Judas an: „Wehe diesem Menschen; es wäre ihm besser, dass derselbige Mensch nie geboren wäre.“ (Matth. 26, 24.) Er erinnert an die Stelle Matth. 18, 6: „Wer dieser Geringsten einen ärgert, die an mich glauben, dem wäre besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meere, da es am tiefsten ist.“ Auch gedenkt er vieler Stellen aus dem Hebräerbriefe, namentlich der schwer wiegenden Kap. 1, 3 u. flgd. indem er den Korinthern schreibt: „Er, (der ewige Sohn), welcher der Abglanz ist der Herrlichkeit Gottes, ist so viel größer, denn die Engel, so gar viel einen höheren Namen er vor ihnen ererbt hat. Von den Engeln steht geschrieben: Er macht seine Engel Geister und seine Diener Feuerflammen. Von seinem Sohne aber spricht der Herr also: Du bist mein Sohn, heute habe ich Dich gezeugt. Setze Dich zu meiner Rechten, bis dass ich lege Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße!“

Der ersten Christengemeinde zu Rom, welche durch Clemens vertreten wird, waren somit die neutestamentlichen Schriften bereits bekannt. Und waren sie es auch nur teilweise erst, so erhellt doch schon aus dem Briefe ihres ehrwürdigen Ältesten, dass sie mit dem wesentlichen Inhalte jener Schriften vertraut waren. Jedenfalls, und wer wird das leugnen? bildete die evangelische Geschichte mit ihren Wundern und göttlichen Großtaten den Grund, in welchem die Gemeine mit ihrem Glauben wurzelte. Allerdings waren zur damaligen Zeit die heiligen Bücher, weil sie nur in noch ungesammelten Manuskripten existierten, und von einer Gemeinde der andern zur Abschrift zugesendet wurden, noch seltenere Schätze, und auch das Bedürfnis nach denselben noch kein so dringendes und tiefgefühltes, da man ja zu den Füßen der Apostel selbst gesessen hatte, und sich überall noch von den frischen lebendigen Stimmen unmittelbarer und persönlicher Apostelschüler, und in deren Zeugnissen von dem lebendigen Echo der Predigten ihrer großen Meister angeklungen hörte. Sehr wahr ist, was ein neuerer Theologe sagt: „Das mündliche Wort vornehmlich hat die Kirche gepflanzt. Natürlich; denn sollte die Welt namentlich die heidnische, - wo jede geschichtliche Anknüpfung an die heiligen Schriften des alten Bundes fehlte, das Zeugnis einer Gemeinschaft, die, auf jüngst erlebte wunderbare Tatsachen hin, eben erst ins Leben getreten war, von dem Weltheiland willig annehmen, so bedurfte sie vor Allem des persönlichen Eindrucks ihrer Zeugen. Jedoch nicht so, als wenn das schriftliche Wort an der Pflanzung der Kirche gar keinen Teil gehabt hätte. Wo durch unmittelbar persönliche Einwirkung der Grund einmal gelegt war, da konnte dann auch das schriftliche Wort als Ersatz eintreten.“

Als ein zweiter der ältesten nachapostolischen Zeugen für die Wahrheit der evangelischen Geschichte stellt sich Ignatius dar, der treffliche Vorsteher der überaus blühenden Gemeinde zu Antiochien in Syrien. Kleinasiatischer Grieche und Heide von Geburt, dann ein gläubiger Schüler der Apostel, und namentlich ein Vertrauter des Johannes, mit welchem er eine geraume Zeitlang in seinem Vaterlande, wahrscheinlich zu Ephesus, persönlich verkehrte, entging er als ein heller, weithin leuchtender Wahrheitsstern vor vielen andern dem Hasse und der Feindschaft derer nicht, welche die Finsternis mehr liebten, denn das Licht. Nachdem er vierzig Jahre hindurch mit großer Freudigkeit und weithin sich erstreckendem Segen Tausenden seinen Herrn Christum verkündigt hatte, gelang es den Kindern des Boshaftigen endlich, dem Kaiser Trajan ein Todesurteil wider den hocherleuchteten Zeugen abzudringen. Das Verdikt lautete dahin, dass er zu Rom als Schauspiel für die heidnischen Massen den wilden Tieren vorgeworfen werde. In heldenmütigster Fassung, ja mit einer Heiterkeit, als handelte sich's um eine Freudenbotschaft, vernahm er die schauerliche Sentenz; und nachdem er von der mit fast vergötternder Liebe ihm anhängenden Gemeinde sich verabschiedet hatte, trat er, von zehn rohen und grausamen Söldnern, die er mit zehn Leoparden vergleicht, eskortiert, die weite und beschwerliche Reise an, welche aber oftmals einem Triumphzuge ähnlicher sah, als einem Gang zum Hochgericht, indem er kaum einer Stadt oder einem Flecken sich näherte, daraus nicht christliche Brüder ihm entgegenströmten, um ihn herzlichst und ehrerbietigst zu begrüßen, und ein ermutigendes: „Sei getreu bis in den Tod!“ ihm zuzurufen. Die unbewachten Augenblicke aber auf der Reise benutzte er dazu, in kurzen Briefen von teuren Glaubensgenossen in der Nähe und Ferne auf ein seliges Wiedersehen jenseits sich zu verabschieden, und ihnen kund zu geben, was sein Innerstes bewege. Sieben solcher Briefe sind uns glücklicherweise fast achtzehn Jahrhunderte hindurch bis heute erhalten worden. Vier derselben werden allerdings noch - meiner Überzeugung nach ohne triftigen Grund - von einigen Kritikern angezweifelt, als seien sie mindestens von späterer Hand interpoliert d. h. mit Zusätzen vermischt, die von Ignatius nicht herrührten. Die übrigen dagegen werden jetzt allgemein als zweifellos echt und unverfälscht anerkannt, und weil ich mich mit Ihnen durchaus nur auf geschichtlich-festen und sicheren Boden zu stellen gewillt bin, so beschränke ich meine Hinweisung auch nur auf diese Drei, welche sämtlich den reinen apostolischen Glauben atmen, und überall den Inhalt unserer vier Evangelien, sowie der apostolischen Briefe als ihre Grundlage durchscheinen lassen. Der erste dieser drei Briefe, gerichtet an Polykarp, den damals noch jugendlichen Ältesten der Gemeinde zu Smyrna, ist ein Anfeuerungsschreiben zur Amtstreue und zu heldenmütigem Beharren unter der Kreuzesfahne Jesu Christi, welchen letzteren er als denjenigen bezeichnet, der „außer und über der Zeit war unsichtbar und untastbar, aber für uns, da er im Fleisch offenbart ward, sichtbar und erkenntlich wurde.“ Dem Polycarp ruft Ignatius zu: „Stehe fest wie ein Amboss unter den Schlägen des Hammers“ und mit Matth. 10, 16: „Sei klug wie die Schlangen, aber ohne Falsch wie die Tauben.“ Die Christen zu Ephesus, an welche der zweite jener drei Briefe gerichtet ist, erinnert er an das Wort des Herrn: „An den Früchten erkennt man den Baum“; ferner an das: „Wo zwei unter Euch Eins werden, um was sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater“; ebenso an des Herrn Wort, Joh. 6, vom Essen und Trinken seines Fleisches und Blutes; an das paulinische: „Betet ohne Unterlass“; und an das petrinische: „Ihr, als die lebendigen Steine, erbaut euch zum geistlichen Hause.“ Auch eine Anspielung auf den Stern der Weisen begegnet uns in diesem Briefe. In dem dritten Briefe endlich an die römischen Christen, welche er dringend bittet, „keine Fürsprache für ihn einlegen zu wollen, da er gerne sterbe, weil der Tod des Christen nur ein schöner Sonnenuntergang sei, der dem strahlenden Anbruch eines göttlichen Tages vorangehe“, in diesem herrlichen glaubensfreudigen Briefe gedenkt er wiederum des Sterns der Weisen, der auch ihm geleuchtet habe, zitiert das Wort des Herrn nach Mth. 16,26: „Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele“, ruft mit Paulus im Briefe an die Korinther: „Ich bin der letzte und geringste unter den Brüdern, eine Fehlgeburt, aber ich bin begnadigt;“ und fährt dann fort mit offenbarer Beziehung auf das Gespräch Jesu mit der Samariterin, Joh. 4: „In mir ist lebendiges Wasser“, und spricht weiter: „Ich suche Ihn, der für uns gestorben ist; nach ihm verlangt mich, der für uns auferstanden ist. Er nur ist mein Gewinn. Haltet mich nicht auf, denn ihr dient damit nur dem Fürsten dieser Welt, der mich mit sich reißen möchte. Gottes Brot will ich, das Brot des Lebens, welches ist Christi Fleisch.“ Offenbar lauter Hindeutungen auf Stellen in unseren Evangelien. Er schließt seinen Brief mit den Worten : „Herrlich ist's, unterzugehen der Welt zu Gott hin, damit ich aufgehe zu seiner Auferstehung. Gottes Korn bin ich; durch die Zähne der Tiere will ich gemahlen werden, damit ich als reines Brot Christi erfunden werde.“ Mit demselben Mute, mit welchem er dieses Sendschreiben verfasste, trat er, angelangt zu Rom, auch in den Zirkus ein, und wurde, ein Schauspiel der Welt aber auch der Engel, im Jahre 107 nach Christi Geburt von den Löwen zerrissen.

Als dritter der apostolischen Väter begegnet uns der schon genannte Älteste der Gemeinde zu Smyrna, der herrliche Polykarp, aller Wahrscheinlichkeit nach derselbe, an den das zweite der sieben Sendschreiben der Offenbarung Johannis gerichtet ist. Auch er war ein unmittelbarer Schüler des Apostels Johannes und seiner vertrautesten einer. Irenäus, ein Schüler Polykarps, schreibt als Bischof der Gemeinde zu Lyon in hohem Alter in einem auf uns gekommenen Briefe an seinen Freund Florinus u. A.: „Noch jetzt kann ich Ort und Stelle bezeichnen, wo der selige Polykarp saß, und ich ihn lehren hörte. Ich könnte angeben, wie er kam und wie er ging, und vermöchte das Eigentümliche seiner Lebensweise, sein Äußeres und die Vorträge zu beschreiben, die er an das Volk gehalten. Mir ist's, als hörte ich ihn noch erzählen, wie er mit Johannes und den Übrigen, die den Herrn gesehen hatten, selbst gesprochen, welche Reden er sie, die Apostel, habe halten hören, und was er, der selige apostolische Mann, aus dem Munde derselben über den Herrn Jesus und dessen Taten, Wunder und Lehren vernommen habe.“ Polykarp, von Hause aus heidnischer Grieche und um das Jahr 68 nach Chr. geboren, lebte nach seiner sehr frühzeitigen Bekehrung noch zwanzig Jahre gleichzeitig mit dem Apostel Johannes, und sah und hörte außer diesem auch noch andere Apostel und unmittelbare Jünger des Herrn. Die Gemeine zu Smyrna stand unter ihm in schönster Blüte, und er selbst hatte sich in weiten Kreisen eines hohen und fast apostolischen Ansehens zu erfreuen. Unter dem Kaiser Marc Aurel starb er 100 Jahre alt zu Rom auf dem Scheiterhaufen den Märtyrertod. Dem heidnischen Prokonsul, der den trefflichen Greis gerne hätte gerettet sehen mögen und ihn darum mit der flehentlichen Bitte anging, er möge seinen Glauben verleugnen und Christum lästern, gab er in heiterster Fassung die bekannte Antwort: „Sechsundachtzig Jahre diene ich Ihm und Er hat mir nie etwas Übles getan. Wie könnte ich also meinen König lästern, der mich erlöst hat?“ - Das Gebet, in dem unmittelbar vor seinem Tode seine gläubige Seele sich ergoss, ist durch die Fluten der Jahrhunderte unversehrt auf uns gekommen. Er sagt darin u. A.: „Allmächtiger Gott, Vater deines lieben Sohnes Jesu Christi, durch den wir dich kennen, ich danke dir, dass du mich in dieser Stunde würdig erachtest, in die Reihe der Märtyrer einzutreten, und den Kelch deines Christus zu trinken zur Auferstehung und zum ewigen Leben meiner Seele und meines Leibes. Möchte ich von dir angenommen werden als ein dir wohlgefälliges Opfer! Ich lobe dich, ich preise dich, ich danke dir für Alles, was mir widerfährt!“ Nach seinem Tode erließ die Gemeinde zu Smyrna ein uns gleichfalls erhaltenes Umlaufschreiben an alle Schwestergemeinden, dessen Inhalt eine genaue Darstellung seines Märtyrertodes nach den Berichten glaubwürdiger Augen- und Ohrenzeugen ist. Ungleich wichtiger aber für uns, als dieses Rundschreiben, ist ein Brief von des Polykarpus eigner Hand, dessen Echtheit keinem Zweifel mehr unterliegt. Er schrieb viele Briefe; aber alle sind bis auf den einzigen verloren gegangen, den er an die Gemeinde zu Philippi richtete, um sie gegen mancherlei Irrlehren zu befestigen, von denen damals auch sie bedroht war. Dieser Brief ist ganz mit demselben Glauben getränkt, den wir heute noch mit unserer evangelischen Kirche bekennen. Er ruht mit seinem Inhalt auf derselben evangelischen Geschichte, die wir bei unsern vier Evangelisten lesen. Er enthält wörtliche Anführungen aus diesen, sowie ans der Apostelgeschichte, aus zehn, also bis auf drei, aus sämtlichen paulinischen Briefen, desgleichen aus dem ersten Briefe des Petrus und dem ersten des Johannes. Diese heiligen Schriften waren also zu der Zeit, da Polykarp seine Epistel schrieb - und dies geschah im Jahre 107 nach Christo - nicht allein schon vorhanden, sondern auch den Gemeinden als ihre köstlichsten Kleinodien bekannt, und erhalten durch den Brief des persönlichen Schülers Johannis eine neue Beglaubigung, indem Polykarps apostolischer Meister, unter dessen Augen ja alle jene Schriften verfasst worden waren, um die Echtheit derselben wissen musste; und Polykarp schrieb seinen Brief nur sechs Jahre nach Johannis Tode. Dass er in seinem Sendschreiben vorzugsweise aus den Paulusbriefen zitiert, darf uns nicht Wunder nehmen. Es hatte dies seinen nahe liegenden Grund in dem Umstande, dass die Gemeinde zu Philippi von Paulus gestiftet war und eines direkt an sie gerichteten Briefes von Pauli Hand sich rühmen konnte. Polykarp erinnert auch die Philipper ausdrücklich an Paulus als an denjenigen, welcher als „Gegenwärtiger den damals Lebenden sorgfältigst und sicher das Wort der Wahrheit gelehrt“, und der auch als „Abwesender ihnen Briefe geschrieben“ habe, in die sie nur „hineinzuschauen brauchten, um eingebaut zu werden in den vorgehaltenen Glauben“.

Den apostolischen Vätern beigezählt werden auch Papias, Hermas und Barnabas, und auch derer. geschehe noch eine flüchtige Erwähnung. Der erste jener Dreizahl, Vorsteher der Heidenchristengemeinde zu Hierapolis in Phrygien, war gleichfalls ein unmittelbarer Schüler des Apostels Johannes und ein persönlicher Freund des Polykarp. Von seinem Werke: „Erklärung der Reden des Herrn“ sind nur wenige Fragmente uns erhalten worden, in denen er aber unzweideutig nicht allein seine Bekanntschaft mit dem Inhalt unserer Evangelien beurkundet, sondern denselben auch als in den damaligen Gemeinden bereits bekannt und festig geglaubt voraussetzt. Aus dem Evangelium Johannis führt er das Wort an: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.“ Auch bezeichnet er Christum, echt johanneisch, als „die Wahrheit“. Des Evangeliums Matthäi gedenkt er ausdrücklich. Allerdings neigt er zu apokalyptischen Anschauungen und Erwartungen, die an das Schwärmerische grenzen, weshalb auch der Kirchenvater Eusebius, der dem Chiliasmus (der Lehre vom tausendjährigen Reiche) allzu abhold war, ihn einen „Mann beschränkten Geistes“ nennt. Doch erhellt aus den wenigen uns überlieferten Bruchstücken seiner Schriften ganz unverkennbar, dass er mit seinem Glauben, wie auch die Gemeine, der er vorstand, mit dem ihrigen, ganz auf unserer evangelischen Geschichte als einer unbestrittenen Tatsache ruhte. Dasselbe gilt von Hermas, von dessen persönlichen Verhältnissen wir freilich kaum ein Mehreres wissen, als dass er ein Mitglied der ersten römischen Gemeinde war. Origenes (geboren im Jahre 185) hält ihn für denselben Hermas, der Römer 16, 14 von Paulus gegrüßt wird. Jedenfalls fällt die Abfassung seines, vor Kurzem erst in der griechischen Urschrift und als Anhang zu der unter dem Namen des Codex Sinaiticus bekannten uralten Bibelhandschrift im Katharinenkloster des Sinai entdecktes, zur Buße und Sinnesänderung mahnendes Werk noch in das apostolische Zeitalter. In dieser Schrift, der „Hirte“ betitelt, spielt er auf viele Stellen der Evangelien an, und zeugt u. A. ganz im Geiste des Evangeliums Johannis von der vorweltlichen Existenz und Gottheit Christi, sowie von der Teilnahme des Sohnes Gottes an der Schöpfung der Welt, und von der Versöhnung und Erlösung durch sein Blut.

Barnabas endlich, der schon frühe und unter andern von Clemens Alexandrinus, dem Lehrer des Origenes, freilich ohne hinreichenden Grund, für einen der siebzig Jünger Jesu und für den nachmaligen Reisegefährten und Gehilfen des Apostels Paulus gehalten wird, gehört mit seinem auf uns gekommenen „katholischen Briefe“ sicher ebenfalls einer Zeit an, die ihm die persönliche Bekanntschaft wenigstens mit dem Apostel Johannes noch ermöglichte. In dem genannten Briefe finden wir wieder wörtliche Zitate aus den Evangelien, z. B.: „Christus ist nicht gekommen, die Gerechten zur Buße zu rufen, sondern die Sünder;“ „Christus sagt: Die zu meinem Reiche eingehen wollen, müssen durch Trübsal und Leiden zu meinem Besitz gelangen;“ ferner: „Gib dem, der dich bittet“ (Matth. 5, 42.); „Viele sind, wie geschrieben steht, berufen, aber wenige sind auserwählt.“ Man achte hier auf die Formel: „wie geschrieben steht“. Sie begegnet uns in jener Epistel öfter und dient zum augenscheinlichen Beweis, dass Barnabas seine Zitate nicht bloß mündlicher Überlieferung verdankte, sondern dass er zugleich schriftliche Evangelien benutzte.

Noch werde hier zweier Apologeten gedacht, welche dem Kaiser Hadrian Schutzschriften für das Christentum überreichten, um ihn zur Milde gegen die Gläubigen zu stimmen. Beide waren ebenfalls angesehene Apostelschüler. Der Erstere, Quadratus, Ältester der Gemeinde zu Athen, welche er, nachdem sie beinahe zerstreut worden war, wieder sammelte und neu organisierte, bewies in seiner Verteidigungsschrift vornehmlich die Gewissheit der Wunder Jesu, und berief sich darauf, dass zu seiner Zeit noch einige derjenigen lebten, welche Jesus geheilt oder vom Tode erweckt habe. Der Andere, Aristides, ebenfalls der atheniensischen Gemeinde angehörig, war früher ein heidnischer Philosoph und legte auch nach seiner Bekehrung das Abzeichen eines solchen, den Philosophenmantel, nicht ab, um damit anzudeuten, dass auch das Christentum eine Weisheit sei, aber die wahre, ewige und unfehlbare, weil von Gott geoffenbarte.

Wahr ist's, wie wir bereits erwähnt, dass in den ersten Jahrzehnten nach dem Heimgang sämtlicher Apostel deren Schriften und zwar beglaubigt schon vorhanden, die Kopien derselben jedoch noch seltene Schätze waren, und dass schon darum auf die lebendigen Verkündigungen und Mitteilungen derjenigen Männer, die unmittelbar aus dem Munde der vor Kurzem erst vom Schauplatz abgetretenen Augen- und Ohrenzeugen des Lebens Jesu die Berichte von Jesu Taten und Lehren vernommen hatten, das höchste Gewicht gelegt wurde. Diese Männer hörten und sahen gleichsam die hohen Apostel noch sprechen. Mit frischem und ungeschwächtem Klange hallten noch die apostolischen Predigten in ihren Ohren nach. Als aber mit jenen auch sie, die unmittelbaren Apostelschüler, die Augen geschlossen hatten, da blieben den Gemeinden als Anhalt für ihren Glauben, als Schutzwehr gegen die Irrlehren, und als Quelle ihres Trostes im Leben und im Sterben nur die heiligen apostolischen Schriften, welche hinfort auch überall häufiger und bestimmter mit den Überschriften und Verfassernamen, welche sie noch heute tragen, hervortreten.

So erwähnt schon Irenäus, Polycarps persönlicher Schüler, unmittelbar nach dem Tode seines großen Lehrers in seinem geharnischten Buche, „gegen die Ketzer“ mit Ausnahme der Briefe an Philemon, Jakobi, Judä, sowie des 2. Briefes Petri und des zweiten Johannis, welche ihm übrigens sicher gleichfalls bekannt waren, sämtliche Schriften des neuen Testaments als allgemein bekannt und anerkannt, und eignet namentlich auch die vier Evangelien denjenigen Verfassern zu, deren Namen wir heute noch an ihrer Spitze lesen. Natürlich hatte ihm sein Meister Polycarp auf Grund der vernommenen mündlichen Versicherungen des Apostels Johannes die Authentie dieser Schriften bestätigt und verbürgt. Auch Justin der Märtyrer, welcher um das Jahr 167 seinen Glauben mit seinem Blute besiegelte, beruft sich auf das neutestamentliche Schriftwort als auf ein unfehlbares; und dass dasselbe zu seiner Zeit, gegen die Mitte des zweiten Jahrhunderts, als Quelle der christlichen Heilserkenntnis schon hoch auf dem Kirchenleuchter stand, ja, dass damals die vier Evangelien in ihrer gegenwärtigen Gestalt bereits allsonntäglich in den Gemeinden öffentlich verlesen wurden, ist konstatiert und über jeden gegründeten Widerspruch erhaben.

Was wissen wir nun? Wir wissen mit voller Sicherheit, dass die evangelische Geschichte, wie wir sie kennen, und deren Haupttatsachen wir an unsern kirchlichen Festen feiern, dieselbe ist, welche den christlichen Urgemeinden von der Aposteln persönlich überliefert worden war, und dass mithin unser Glaube an ihre historische Wahrheit auf der Augen- und Ohrenzeugenschaft der sittlich herrlichsten und glaubwürdigsten Menschen beruht, welche je die Welt betreten haben. Dieser Umstand ist nun auch der gewaltige unverrückbare und aller Hebel, Äxte und Sprengwerke der Kritik spottende Fels, an welchem alle Theorien des Unglaubens scheitern, und an dem auch das elende Machwerk des französischen Akademikers, das in diesem Augenblick so großes Aufsehen erregt, und so viele gedankenlos hinschlotternde Geister berückt, als ein Produkt der epidemischen Blasiertheit und des entnervten Sensualismus dieser Zeit, die „durch Lüste in Irrtum sich verdorben“, in die Brüche geht und gänzlich zu Schanden wird. Uns aber, die wir glauben, kann die Zeugenschar, die ich heute Ihnen vorgeführt, in unserer Überzeugung von der Wahrheit der evangelischen Geschichte nur befestigen und bestärken. Den Glauben erzeugen kann sie freilich nicht; denn der ist nicht menschlichen Ursprungs. Die Absicht meines Vortrags konnte nur dahin gehen, Wahrheitsuchenden, aber in der mit Skepsis getränkten Atmosphäre, die sie atmen, von Zweifeln angefochtenen Seelen einige Steine des Anstoßes aus dem Wege zu räumen. Der Glaube selbst begegnet nur dem erwachten Bedürfnis nach Frieden, nach Versöhnung und nach Gemeinschaft mit Gott. Er, der den Mittelpunkt der evangelischen Geschichte bildet, steht vor eines Jeden Tür und klopft an. Wer Ihm auftut, zu dem wird Er eingehen und ihm im Erfahrungswege alles das bekräftigen, was in den Evangelien von Ihm geschrieben steht. Es bleibt bei Seinem Worte: „So Jemand will des Willen tun, der mich gesandt hat, der wird inne werden, ob diese Lehre von Gott sei, oder ob ich von mir selber rede.“ Es bleibt bei dem andern, das aus seinem Munde geht, dem Worte der Majestät: „Wahrlich, ich sage euch: Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen!“ Und bei dem Petrusworte bleibt es, diesem Wiederhall eines uralten Prophetenspruchs: „Alles Fleisch ist wie Gras, und alle Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blume. Das Gras verdorrt, die Blume fällt ab; aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Das ist aber das Wort, welches unter euch verkündigt ist.“

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