Friedrich Wilhelm Krummacher - Blicke ins Reich der Gnade - VIII. Satans-Tiefen.

Friedrich Wilhelm Krummacher - Blicke ins Reich der Gnade - VIII. Satans-Tiefen.

Matthäus 4 v. 1-11.

Da ward Jesus vom Geiste in die Wüste geführt, auf dass er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm, und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Und er antwortete und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brote allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht. Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels, und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so lass dich hinab; denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln über dir Befehl tun, und sie werden dich auf den Händen tragen, auf dass du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt. Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: „Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen.“ Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg, und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit, und sprach zu ihm: dies alles will ich dir geben, so du niederfällst, und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Hebe dich weg von mir, Satan! denn es steht geschrieben: „Du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und ihm allein dienen.“ Da verließ ihn der Teufel, und siehe, da traten die Engel zu ihm und dienten ihm.

Wir befinden uns auf einem jener denkwürdigen Schlachtfelder, wo die Lorbeeren errungen werden, die heut um unsere Schläfe grünen, und die Triumphe erfochten, die uns, in Christo Jesu, zu Siegern machen vor dem Kampfe, zu Überwindern auch im Unterliegen. Nie ist ein Streit geführt, der wunderbarer in seiner Art, heilvoller im Erfolge gewesen wäre, als dieser Streit, der uns so nahe angeht, und in unser heiligstes Interesse so eng verflochten ist. Er ist es wert, dass wir eine Weile niedersitzen und ganz Auge, in seinen Hergang uns vertiefen.

1. Die Führung in die Wüste.

Zugleich mit der Weihe und Salbung zum Mittleramte des neuen Bundes durchs Wasser des Jordans und durch die Feuertaufe des Geistes ohne Maß, hatte Jesus vom Himmel herab ein vernehmbar göttlich Zeugnis überkommen, dass er der einige Sohn des Vaters sei, an dem der Vater Wohlgefallen habe. Die Sohnschaft unsers Herrn und seine wesentliche Einheit mit dem Vater scheint in den Tagen seines Fleisches für ihn selber mehr ein Gegenstand des Glaubens, als des Schauens, Schmeckens und Fühlens gewesen zu sein. Auf Augenblicke wenigstens konnte sich seine Gottheit vor seinen Augen dergestalt verdunkeln und ruhend in den Hintergrund verbergen, dass er sie nur noch besaß im nackten Glauben ans nackte Wort des Vaters. Nicht für die Jünger bloß, auch seinethalben rief der Vater je und dann vom Himmel: „Das ist mein lieber Sohn!“ um ihm den Glauben an sich selbst zu stärken, der, wie gesagt, zuweilen z. B. in der Stunde der Verlassenheit am Kreuz, nichts anders als ein nackter, von jeder seligen Empfindung entblößter Glaube war.

Geweiht und göttlich ausgerüstet zu seinem Priesteramte eilt Jesus jetzt ins Innere der Wüste. Der Führer, der ihn treibt und Leitet, ist nach dem Evangelium der Heilige Geist. War sich's der Herr bewusst, aus welchem Grunde der Geist ihn in die Wüste führte? Vielleicht teilweise nur und im allgemeinen; das Einzelne und Besondere mochte ihm der Vater verborgen halten. Auch wir machen die Erfahrung, dass es dem Heiligen Geiste nicht immer gefällt, im Voraus schon die Gründe uns zu verraten, aus denen er uns hierhin oder dorthin treibet. Nicht selten lässt er uns ganz im Dunkeln gehen. Wir vernehmen innerlich seinen Ruf: „Mache dich auf, gehe dahin oder dorthin, in jenen Ort, in dieses Haus, zu diesem Bruder, in jenes Verhältnis, oder wohin es sein mag.“ Wir fragen: „Warum? was soll ich da?“ aber es kommt keine Antwort. Es heißt nur lauter noch und dringender in unserm Herzen: „Geh', eile, zaudere nicht!“ Wir forschen aufs neue, was dieser innere Zug und Trieb doch zu bedeuten habe, aber es bleibt uns Geheimnis; wir müssen fort im Dunkeln; und wollen wir Umstände machen, gleich ist das Gewissen in Aufruhr, und ein bitterer Geschmack des göttlichen Unwillens in der Seele. Wir müssen fort, wir müssen, und hinterher erst entdeckt sich das „Warum.“ Da findet hier Philippus einen Kämmerer, der auf seine Unterweisung harrte und dort Elias eine Witwe, bei deren völliger Neugeburt er die geistlichen Hebammendienste versehen sollte; da ruft uns hier ein trostloser Bruder schon von weitem entgegen: „Ach siehe, wie ein Engel kommst du mir, von Gott gesandt;“ und dort enthüllt sich's wieder in einer anderen Weise, warum der Geist uns so gerufen und getrieben habe; und erst, nachdem wir ihn gegangen sind, geht über unseren Weg die Sonne auf, und es ist alles hell und klar geworden. Ein andermal beliebt es dem Geiste, in etwa und teilweise wenigstens uns kund zu tun, warum er diesen oder jenen Weg uns führe; aber das Übrige, ja das Wichtigste, das uns begegnen soll, behält er für sich, und lässt's vor unseren Augen verborgen sein. Da spricht man wohl: „Ich muss in meine Kammer, um zu beten, in dieses Haus, um zu helfen, in jenes Amt, um zu nützen;“ aber was wir in diesem Amte, in diesem Hause, in dieser Kammer mehr noch sollen, als nützen, helfen, beten, dass wir hier sollen mit Gott ringen, dort zerbrochen und zermalmt werden, dass hier uns die Flamme des Läuterofens ergreifen, dort die Mahanaim uns begegnen würden, oder was es denn sein mag, davon war uns kein Wörtlein gesagt: das sollte uns aus guten Gründen erst hinterher, im Wege der Erfahrung, kund und offenbar werden. Es scheint, dass es nach letztgenannter Weise auch unserm Heilande ergangen. sei. Er ging in die Wüste halb im Lichte, halb im Dunkeln. Vielleicht wusste er nur im allgemeinen: „ich soll fasten, darben, und entbehren, und in den Tiefen der äußersten Erniedrigung und Armut mein Priesterwerk beginnen;“ so viel entdeckte ihm der Geist; die schwere, schreckliche Versuchung aber, die ihm bevorstand, war, nach dem Ratschlusse seines Vaters, vor seinen Augen mit Fleiß verborgen. Das Unvorhergesehene des Anfalls sollte den Kampf ihm erschweren, dass der Triumph um so viel glänzender und größer werde.

2. Das Fasten.

Jesus ging in die Wüste, um zu fasten. Soweit reichte sein Licht für diese Zeit, auch weiter noch, bis in die große Absicht, bis in die geheimnisvolle Bedeutung dieses Fastens. Lag denn das Fasten Jesu nicht in dem eigentlichen Plane dessen, der ihn in die Wüste führte? Allerdings; dass er fasten sollte war Absicht Gottes, doch nur ein Teil derselben. Fragt ihr nun, aus welchem Grunde Jesus habe fasten müssen, und warum in solcher schauerlichen Einsamkeit, und weshalb so hart, so lange, 40 Tage und 40 Nächte, so wisst zuvörderst, dass es mit dem Fasten Jesu eine ganz andere Bewandtnis hatte, als z. B. mit dem Fasten eines Moses auf Sinai, und anderer Heiligen. Das Fasten unseres Herrn war mehr als andächtige Übung, und Bereitung aufs Amt und Priestertum; es war schon Opferwerk und priesterliches Beginnen. Den Schlüssel nicht allein zur Versuchung, sondern auch zum Fasten unsers Herrn finden wir hinter den verriegelten Pforten des verlorenen Paradieses. Es ist Buße für Adams Lust, Bezahlung seiner Schuld, genugtuende Passion. Wohnte unser Stammvater in den Lustgefilden des Paradieses, so begegnet uns der andere Adam in öder, grauenhafter Wildnis. Lebte Adam, der Mensch von Erde, zwischen den köstlichsten Bäumen und süßten Früchten im Garten Eden, so muss der Mensch vom Himmel hungernd in einer Wüste verschlossen sein, wo nur Steine und unfruchtbare Gestrüppe ihn umgeben, wo nicht einmal eine Kornähre dem Bedürfnisse seiner Natur entgegenwächst. Befand sich unser Urvater in der angenehmsten Gesellschaft, Gottes, der heiligen Engel und seines unbefleckten, reinen Weibes, so ist Jesus dafür in die traurigste Einöde gebannt, unter den Tieren wohnend, wie Lukas sagt, und umgeben von der alten Schlange, dem Satan und seinen Engeln. Entsetzlicher Abstand! Aber so richtet Gott. Der rastende und darbende Bürge und Stellvertreter in der verlassenen, unwirtbaren Wüste, büßt an des Sünders Statt den unverzeihlichen und überaus sündigen Übermut, mit welchem Adam, trotz der ausdrücklichen, göttlichen Warnung und Drohung, nach der Frucht des verbotenen Baumes die Hand ausstreckte. Jesus büßt ihn für uns, sein Volk, büßt ihn für seine Auserwählten. Wir haben nichts mehr zu büßen, in alle Ewigkeit nicht mehr. Ihr aber, denen die ewige Genugtuung des Lammes nicht zu Gute kommt, ihr seht in jenen Umständen, unter denen sich Jesus in der Wüste befindet, nur ein getreues Abbild eures eigenen zukünftigen Schicksals. So werdet ihr für immer in den ewigen Wüsten hausen müssen, und wenn euch hungern wird, wird man euch Steine in den Mund schieben statt Brot, und wenn euch dürsten wird, werdet ihr Flammen verschlingen müssen statt Wasser, und werdet wohnen wie unter reißenden Tieren, schmutzigen Hunden, brüllenden Löwen und zischenden Schlangen, und werdet einsam sein, und verlassen mitten im Haufen der Verdammten; denn in der Hölle ist nicht Umgang, noch Freundschaft und liebender Verkehr; da waltet der Hass und die Selbstsucht und ein jeder hat da mit seiner eigenen Pein und Not zu viel zu tun, als dass er sich um den anderen bekümmern könnte. Und die Dauer dieses Jammers heißt Ewigkeit. Mit dieser Wahrheit dünkt mich, könnte man Felsen sprengen, Gebirge zittern machen. Und eure Herzen zittern nicht. Ach, hier ist mehr denn Stein und Felsen!

Fasttage gibt es auch im Reiche Gottes, leibliche und geistliche Fasten von allerhand Art, schmerzliche und fröhliche. Die fröhlichsten werden in den Lenzmonden des neuen Lebens gehalten, im Anbeginne der Bekehrung, nach den ersten Versicherungen der göttlichen Gnade, nach den ersten Liebeserklärungen des himmlischen Bräutigams, wenn Gott sein Söhnlein aus Ägypten gerufen hat. Da braucht man nicht erst zu gebieten: „Sag' ab, verleugne, enthalte dich.“ Ei, das macht sich alles da von selbst. Wie geht's da fort mit Eile von den Lust- und Weideplätzen der blinden Welt, als führe man auf Flügeln von dannen. Wie könnte man doch jetzt noch seinen Bauch mit Träbern füllen, nachdem man von den Weinstöcken des gelobten Landes gekostet, und aus seinen Milch- und Honigflüssen getrunken hat? Wie könnte man nun seine Lust noch hören an den Geigen der Tänzer, und den Gesängen der Lustigen nach dem Fleische, nachdem einem der König David ein wenig auf seiner Harfe vorgespielt? Wie könnten einem nun Komödien noch und anderes Gaukelspiel Behagen machen, nachdem man den Himmel mit all seinen Herrlichkeiten vor sich hat offen gesehen, und wie vermöchte man noch ferner auf den Polstern der Bequemlichkeit und Schwelgerei zu liegen, da der, den unsere Seele liebt, vor unseren Geistesaugen blutig, gekrönt mit Dornen, am Holz des Fluches hängt? Ei, hinweg dann, schnell hinweg mit den Schatten eurer jämmerlichen Freuden und mit den Flittern eurer Eitelkeiten. Wir haben Fasttag. Es wird so oft gestritten und gefragt, ob dies und das, ob jenes Vergnügen, dieser Genuss sich mit dem Christentume reime oder nicht. Man höre auf zu fragen, und werde Christ, so wird sich's zeigen, was sich reimt und nicht, und wie weit das Dürfen und das Können eines Neugeborenen, eines Erben Gottes und seines Reiches in dieser Beziehung sich erstrecke. Es gibt noch andere Fasten im Gnadenstande, Fasten von schmerzlicherer Art, da die Seele nicht von den Auen der Welt in die des Lammes, sondern von des Lammes Erquickungsweiden in die Wüste hinausgeleitet wird, und das ist eine bittere Wanderung. Es war uns, ach! so unaussprechlich wohl an unseres Jesu Brust; so ein sanftes, süßes Regen und Bewegen, so ein liebliches Vergnügen und gerührtes Schmecken der Gnade und Nähe unsers Herrn erfüllte das Gemüt, dass wir nichts lieber hätten tun mögen, als so nur auf der Stelle sterben, und aus den lieblichen Vorhöfen nur vollends jetzt ins Paradies hinüberziehen. Der Südwind blies durch unseren Garten, dass die Gewürze troffen, die Trauben Kanaans hingen uns in den Mund, und ein wonnevolles Liebesgefühl lag wie ein Tau der Morgenröte über unsere Seele ausgebreitet; das erquickte uns königlich, und ließ uns allen Jammer dieser Welt vergessen, aber ehe wir uns versehen, wird uns Fasttag angesagt, und der Bräutigam von uns genommen. Die Milch- und Honigquellen sind versiegt, und die Seele, des süßen Tranks beraubt, sitzt arm, empfindungslos und dürre auf dem Sande, und muss die Harfen an die Weiden hängen, und kann nicht anders mehr, als höchstens seufzen noch mit trockener Zunge nach einem Gnadentröpflein auf das dürre Erdreich. Das sind die Fasttage der Kinder Gottes in der Wüste. Selig, wessen Füße gestellt sind auf den Fels, welcher ist Christus und sein Wort, und nicht Gefühl und Rührung; dem soll sein Brot gegeben werden, und sein Wasser hat er gewiss. Auch wenn er nicht hat im Geschmack, so hat er doch im nackten Glauben, und wenn die liebliche Empfindung weicht, sein Friede weicht darum noch nicht; er liegt vor Anker bei den Felsen der gewissen Zusagen seines Gottes, die ewiglich stehen, und weiß, dass, wenn auch Berge wichen und Hügel hinfielen, die Gnade seines Gottes doch nicht von ihm weichen, und der Bund seines Friedens nimmer hinfallen werde. Auch dieses Fasten in der Wüste, wenn's Gott verordnet, ist gut und heilsam. Dieselbe Gnade, die heut uns speiste und tränkte, lässt uns morgen hungern, darben und Fasttag halten. Was will man mehr, wenn's nur die Gnade ist, an deren Hand wir gehen; sie führe uns nach ihrem Wohlgefallen!

3. Die Versuchungen.

Jesus ging in die Wüste, um zu fasten; aber im Plane Gottes lag noch mehr denn dieses. Was sagt das Evangelium? „Da ward Jesus vom Geiste in die Wüste geführt, auf dass er vom Teufel versucht würde.“ Das klingt ja schrecklich. Der Heilige Geist führt den Sohn Gottes dem Teufel entgegen, und warum? Mit trockenen, unzweideutigen Worten steht es da: auf dass der Teufel ihn versuche. Welch ein Umstand. Aber tröstet euch dieses Umstandes, ihr Reichsgenossen, und richtet euch dran auf, ihr angefochtenen Seelen. Euch zum Troste ist er ausgeschrieben. Es denke doch nur keiner unter euch, als gehe der brüllende Löwe los und ungebunden in Israel umher und habe freies Spiel und könne überfallen, wen er wolle, und seine Pfeile schießen nach Belieben und seine Schlingen legen unversehens, so dass der Fürst über das Heer des Herrn nicht darum wüsste. Das sei ferne! Unser Hauptmann hat ihn allezeit im Auge und hält ihn wohl gebunden mit seinem kräftigen Wort, und auch dem Teufel gilt es, was der Prediger sagt: „Zum Laufen hilft nicht schnell sein; zum Streiten hilft nicht stark sein.“ Es hat nicht not, dass er jemanden antaste, von welchem Jesus ihm gesagt hat: „An diesen Gesalbten sollst du deine Hand nicht legen.“ Um einen solchen ist eine feurige Mauer gezogen durch das eine Wörtlein seines Meisters und ein Ringwall, den kein Feuerpfeil des Argen wird überfliegen können. Welchen aber der Teufel anfällt, den fällt er an auf ausdrückliche Erlaubnis und Zulassung des Herrn Jesu, mithin zum Heil und Segen, und die Linie ist ihm gezeichnet mit königlichem Zepter, wie weit er kommen darf. Bei einem Pünktlein heißts: „Bis hierher und nicht weiter.“ Was will der Arge? Er ist ausgezogen und öffentlich zur Schau getragen, und Immanuel hat einen Triumph aus ihm gemacht durch sich selber. Forthin gehört er mit zu jenen Kräften im Himmel, auf Erden und in der Hölle, mit denen der Herr macht, was er will. Er braucht ihn, wie er einen Nebukadnezar, einen Kores und andere Verworfene brauchte, zu Gunsten seines Samens, braucht ihn als Rute, als Treiber und Zuchtmeister, und wenn er sie wird genug gebraucht haben, diese schauerliche, grause Geißel, so wird er sie gar an seinem Knie zerbrechen und von sich schleudern und wird den Drachen verschließen in den Abgrund. So freut euch denn, ihr Schäflein Gottes, dass der Teufel nichts anderes ist, als eures Hirten Hund, der nach seiner Pfeife tanzen, nach seiner Stimme heulen, nach seinem Worte gehen und kommen muss. So oft die Feuerpfeile euch umschwirren, so denket dran, Geliebte. dass es der Herr ist und sein Geist, der euch zur Wüste führte und in den Streit euch stellte. Und er ist selbst mit auf dem Plane.

Alle Versuchungen, welche mit göttlicher Bewilligung über die Kinder Gottes ergehen, haben nur einen Zweck, sie sollen offenbar machen und ans Licht ziehen, was im Menschen verborgen ist. Manchmal gelüstet es den Herrn selber, dies Verborgene in der Erscheinung anzuschauen. Denn er hat Lust an seinen Werken. Als Vater Abraham das saure Opferwerk auf Morija hatte fertig gebracht, da rief der Herr vom Himmel: „Nun weiß ich, dass du Gott fürchtest, und hast deines eigenen Sohnes nicht verschont um meinetwillen.“ Das wusste der Herr auch zuvor, aber er wollte die Gottesfurcht, die er im Herzen seines Knechtes gewirkt, auch in der Offenbarung schauen, das war ihm eine Augenweide. So muss auch heutzutage noch manches liebe Gnadenkind in Sturm, Streit und Gedränge hinein, weil der Herr Jesus das Kindlein möchte beten, seufzen und anhalten hören und gläubig auf den Meereswogen an seiner Rechten wandeln sehen; das macht ihm Freude. Freilich darf man diesen lieben Seelen so etwas nicht sagen; sie würden meinen, wir spotteten ihrer, denn sie sehen selber nichts Schönes in sich, das den Herrn ergötzen könnte; aber der Herr sieht's wohl und will's sehen!

Manchmal lässt der Herr seine Kindlein versucht werden und ins Gedränge kommen, damit das Verborgene ihres Herzens nicht sowohl ihm, als vielmehr ihren Brüdern und Schwestern in die Augen scheine. Da zeigt er uns einen Abrahams Glauben, eines Hiobs Geduld, eines Mosis Liebe, eines Eliä Eifer, einer Kanaanäerin Demut und Inbrunst, dass wir seine Kraft sollen preisen, die also mächtig ist in schwachen Menschenkindern. Sind wir aber verzagt und meinen, ja, solche Heilige möchten wohl in den Himmel kommen, mit uns werde es aber nichts werden, so führt er uns einen David, dort einen Simon Petrus vor die Augen, Träublein, die unter der Prüfungskelter nicht bloß Wein, sondern auch bitteres Sündenwasser aus ihrem Herzen ausströmen, und solch ein Anblick macht uns schon wieder Mut, zumal, wenn wir hören, dass Simon nichtsdestoweniger ein Fels und David ein Mann nach Gottes Herzen heißt. Und so ist es auch schon oft der Fall gewesen, dass solche Menschen, die in einem besonderen Glanze der Herrlichkeit strahlten und eine außerordentliche Verehrung in der Welt genossen, noch zuletzt unter den Anfechtungsstürmen so entblättert und entfärbt wurden, und ihre Schwachheit, Gebrechlichkeit und Armesünderschaft derart offenbaren mussten, ja mit dem Glanze ihrer Heiligkeit und herrlichen Wirksamkeit so gar wie kleine Bächlein in den Sand sich verloren, sie, die zuvor so prächtige Ströme waren, dass man sie, gegen das Bild gehalten, das sie früher trugen, kaum wieder erkennen konnte. Das ließ der Herr denn darum geschehen, damit dem Vergöttern sterblicher Menschen gewehrt, die Gnade in ihrem Glanze erhalten, und die Ehre dem allein gegeben werde, dem sie allein zukommt. In der Regel geht der Zweck der Versuchungen, denen wir bloß gestellt werden, dahin, dass uns selber vor's Gesicht kommen möge, was in uns ist, und wir fein niedrig an der Erde bleiben. Wir Menschenkinder werden gar zu leicht fromm; Jesus aber will Gottlose. Wir sind gar zu bald gerecht, der Herr aber begehret Sünder; wir sind gar zu schnell oben drauf; in der Tiefe will uns Jesus sehen. Darum lässt er es wohl zuweilen zu, dass der Teufel ein wenig in dem Kloak unsers verderbten Herzens herumrühre, damit der böse Geruch uns in die Sinne steige, und die Ottern- und Schlangenbrut, die still und ungesehen auf der Tiefe lag, in die Höhe komme und vor unseren Augen auf der Oberfläche herumzappele. Darum gestattet er es wohl zu Zeiten, dass der Arge den Mückenschwarm gottwidriger Gedanken und Begierden, der in den Hinterkammern unserer Seele schlummerte, ein wenig in Alarm bringe, dass wir gewahr werden, was der Tempel Gottes noch alles in sich beherberge und das Brüsten und Stolzieren uns rein vergehen muss. Darum erlaubt er dem Widersacher wohl einmal, über uns herzufallen und über unsere schlummernden Lüsten in die Wecktrompete zu stoßen. Hei, wie verwundern wir uns dann, dass sie noch da sind, die alten, hässlichen Gesellen, und wir dachten schon, wir hätten sie längst mit dem Besen unserer frommen Übungen hinweggefegt und das Haus gar rein gekehrt. Nun aber findet sich's ganz anders. Da sieht denn die liebe Braut die Schminke wieder von ihren Wangen weichen und wird wieder, wie im Anfang, eine Mohrin, schwarz und ohne Schöne, und tut wieder die erste Buße, aber liebt denn auch wieder mit der ersten Liebe, und so will es der Bräutigam haben. Da bricht dem weitgeförderten Heiligen mit einem Male die oberste Stufe seiner Heiligung unter den Füßen zusammen, und, o weh! nicht einmal auf der untersten Stufe steht er mehr; er liegt darnieder, und ist ein armer Sünder, wie er's vielleicht noch nie gewesen ist. Da sieht der stolze Pfau seinen glänzenden Schweif plötzlich auf die Erde fallen, sein Schimmer vergeht wie Nebel, das prächtige Tier fängt an, sich zu mausern, wird nackt und bloß, zieht sich schamrot in eine Ecke zurück und beginnt sich von ganzem Herzen zu freuen, dass ihm ein anderer die Bekleidung zum Hochzeitsfeste schenken will, und dass ein Kreuz steht auf Golgatha, und dass auf dem Throne eine Königin sitze, die nicht Gerechtigkeit, sondern Gnade, Gnade heißt.

4. Der Zweck der Versuchung Jesu.

Wir wissen es der Hauptsache nach, wozu Gott den Teufel gebrauche bei seinen Kindern. Es fragt sich nun, aus welchem Grunde Gott den Herrn Jesum habe versuchen wollen lassen, und da protestieren wir denn zuvörderst ganz feierlich gegen jene herabwürdigende Ansicht und Lehre, die ungescheut behauptet, Jesus sei ins Anfechtungsfeuer hineingestellt worden, damit er in Kampf und Streit, ringend und betend, die Sünde überwinden und töten möge, die er in seinem eigenen Fleisch, in seinen eigenen Gliedern getragen habe. Nein, so etwas können wir von unserem Heilande nicht hören. Dass er in der Gestalt unseres sündlichen Fleisches erschienen ist, dass wissen wir; aber doch nur in der Gestalt, nicht im sündlichen Fleische selbst, und war er uns in allem gleich, so war ein Punkt doch ausgenommen, nämlich die Sünde. Gottlob, dass uns darüber das Wort Gottes nicht in Zweifel lässt. Mit der vollkommenen Unsündlichkeit und Reinheit unsers Meisters steht und fällt das ganze Gebäude unserer evangelischen Hoffnungen. Wäre die weiße Leinwand seiner Unschuld auch nur mit dem allergeringsten Stäublein irgendeiner ungöttlichen Lust und Regung nur befleckt gewesen, könnte das uns jemand beweisen, dann die Kirche nur geschlossen, die Bibel verbrannt, das Vertrauen weggeworfen, und der Verzweiflung Raum gegeben. Denn dann wäre Jesus unser Heiland nicht und seine ganze Bezahlung ungültig und ungenügend.

Die Versuchungen, die über Jesus kamen, waren dem Zwecke nach sehr verschieden von denjenigen, welche wir zu erfahren pflegen. Er erfuhr sie nicht für sich, sondern für uns und an unserer Statt. Sie gehörten mit zu seinem stellvertretenden Opferleiden. Wir sahen Adam von der Schlange versucht, aber mutwillig den Strudeln der Anfechtung sein Schifflein preisgeben. Der andere Adam macht das wieder gut, indem er einer noch schwereren Anfechtung sich bloßstellt, die Lanzen des Feindes zerbricht, den Widersacher weit überwindet und dem Vater einen vollkommenen Gehorsam leistet. Adam war durch Ungehorsam des Teufels Raub geworden; der andere Adam trinkt für ihn den Fluch, und steigt vom Throne der Majestät herunter in die Gesellschaft der bösen Geister, in den Pfuhl der Hölle. Beispiellose Erniedrigung! Der allmächtige Gott von den Mörderhänden Satans angetastet, der König des Weltalls von der alten Schlange umzischt, der Alleinheilige, mitten in der Obrigkeit der Finsternis gelagert, und der Herr der Heerscharen ein Spielball der verfluchten Höllenengel, von ihnen aufgegriffen, hinweggerafft, davon getragen und zu den schändlichsten Dingen versucht und aufgefordert. Grauenvolle Lage für den Sohn Gottes, grauenvoller und entsetzlicher, als wir es uns vorstellen können; denn wir stehen von Natur dem Teufel, der unser Vater ist, schon näher; uns, die wir sein Bildnis an uns tragen, ist seine Schwärze nicht so grässlich, nicht so widerwärtig, als sie es dem sein muss, der im Lichte wohnt und selber nichts als Licht ist. Wahrlich! kein geringeres Leiden konnte es für ihn sein, so unter den Teufeln hausen zu müssen. Aber bis in diesen Pfuhl und Abgrund musste der Sohn Gottes herunter; also mussten die Bäche Belials ihn erschrecken, auf dass Bezahlung geschähe für die Riesenschuld, die wir gehäuft; unter solchen Widerständen und Hindernissen musste er allein, sich selbst gelassen, ohne Hilfe durch Kampf und Streit den Willen Gottes tun, auf dass er mit einem glänzenden vollkommenen Gehorsam den Ungehorsam Adams und seines Samens vor Gott bedecke.

Ein anderer Zweck der Versuchungen Jesu war der, dass er uns ein mitleidiger Hoherpriester werden möge. Das hätte er allerdings auch sein können, ohne unsere Anfechtungen selbst zu schmecken, aber wir schwachen Menschenkinder können es nun besser glauben, dass er es ist, und haben desto größeren Freimut, unser Herz vor ihm auszuschütten und im Dunkel der Anfechtungen ihm unsere Not zu klagen. Wenn sich zwei Menschen treffen, die von gleichen Nöten und von denselben Faustschlägen des Satans nachzusagen wissen, o! was ist da gleich für ein Austun der Herzen gegen einander, für ein inniges Anschließen, für ein vertrauliches Mitteilen und zärtliches Teilnehmen. Da schüttet man sich ineinander aus, da fließt man in einander über, und Zeit und Weile wird nicht lange. Gegen jemand, der unsere Nöten nicht aus Erfahrung kennt, ist man stumm, verschlossen und spürt nicht Lust, ihm mitzuteilen, weil man befürchtet, er werde uns weder verstehen, noch nach empfinden können. Gewiss auch gegen unseren himmlischen Freund ständen wir weit fremder, wäre er uns nicht ein Genosse unserer Leiden geworden. Nun aber ist uns der Gedanke ungemein erquicklich, dass er selbst versucht ist allenthalben wie wir und die bittersten Ängste unserer Seele kennt aus eigenem Empfinden. Wenn nun kein Mensch uns versteht, ach! so ist doch ein Freund zur Hand, dem wir nur ein Weniges zu lallen brauchen von unseren Sachen und Ständen, so weiß er schon, wie uns zu Mute ist. Bis in die dunkelsten Nächte der Seele, bis in die schauerlichsten Tiefen innerlicher Leiden und Anfechtungen reicht seine Erfahrung hinunter. Unter keinem Wachholder kannst du sitzen, auch er saß einmal darunter; kein Dorn kann dich verletzen, auch sein Herz hat davon geblutet; kein Feuerpfeil dich treffen, auch auf sein Haupt ist er abgeschossen worden. Er kann wohl Mitleid haben; ja, glaub's nur, liebe Seele, so oft du im Tiegel liegst, gehen dem Schmelzer die Augen über, und ein großes, heiliges, liebes Mutterherz blutet über dir vor Mitgefühl im Himmel.

So waren es also in Bezug auf die Sünderwelt lauter Absichten der Barmherzigkeit und Liebe, aus denen Gott seinen Sohn ins Feuer der Versuchung stellte. Es fragt sich nun, ob Gott dabei nicht auch auf den Versucher selbst ein Absehen gehabt habe, und diese Frage möchte ich umso eher bejahen, je ausgezeichneter die Stellung ist, welche dieser gefallene Engelsfürst im Reich der Geister einnimmt. Jenes satyrmäßige Gebilde mit Hörnern und Tierfüßen, unter denen der Volksglaube den Teufel anzuschauen gewohnt ist, und in welchem mehr das Element des Lächerlichen, Plumpen und Gemeinen, als das des Großartigen und Furchtgebietenden vorwaltet, hat wenig Wahrheit. Ungleich tiefer schon und an Realität und Wahrheit reicher ist die in so mancher Volkssage einer grauen Vorzeit lebende Ahnung, welche überall das Ungeheure, das Wilde, Schauerliche und kühn Gestaltete in der Natur in irgendeiner Weise mit dem Teufel in Zusammenhang zu bringen pflegt, und in Wald-, Gebirgs- und Felsengegenden bald hier, bald dort einen Teufelsstein, eine Teufelsleiter, eine Teufelskanzel oder eine Teufelsbrücke uns zu zeigen hat. Man lese nur die einzelnen, zerstreuten Züge zusammen, welche die Schrift uns an manchen Orten aus dem Bilde dieses gefallenen Morgensterns, dieses Erstlings der Kreatur hat flüchtig hingezeichnet, und man wird sich im Angesichte dieses Fürsten der Hölle einer gewissen Ehrfurcht und Bewunderung nicht erwehren können. Er ist das Ungetüm, von welchem der Herr spricht: Kannst du mit ihm spielen, wie mit einem Vogel, oder ihn Deinen Dirnen binden? Kannst du ihm eine Angel in die Nase legen und mit einem Stachel ihm die Backen durchbohren?“ Er ist Der Gewaltige, dem das Zeugnis gegeben wird: „Niemand ist so kühn, der ihn reizen darf. Wer kann ihm sein Kleid ausdecken? Und wer darf es wagen, ihm zwischen die Zähne zu greifen? Wer kann die Kinnbacken seines Antlitzes austun? Schrecklich stehen seine Zähne umher. Seine stolzen Schuppen sind wie feste Schilder, fest und enge in einander. Eine rührt an die andere, dass nicht ein Lüftlein dazwischen geht. Sein Niesen glänzet wie ein Licht; seine Augen sind wie die Augenlieder der Morgenröte. Aus seinem Munde fahren Fackeln und feurige Funken schießen heraus. Sein Odem ist wie lichte Lohe, und aus seinem Munde gehen Flammen. Er hat einen starken Hals und ist seine Lust, wo er etwas verdorben. Sein Herz ist so hart, wie ein Stein und so fest, wie ein Stück vom untersten Mühlstein. Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken, und wenn er daher bricht, so ist keine Gnade da. Wenn man zu ihm will mit dem Schwert, so regt er sich nicht. Er achtet Eisen wie Stroh und Erz wie faules Holz. Den Hammer achtet er wie Stoppeln, er spottet der bebenden Lanzen. Auf Erden ist ihm niemand zu vergleichen; er ist gemacht ohne Furcht zu sein. Er verachtet alles was hoch ist; er ist ein König über alle Stolzen.“ Seht das sind die Züge aus dem Bilde jenes gewaltigen Geistes, der, in seinem ursprünglichen Glanze angeschaut, kein Anderer noch Geringerer ist, als der Gottessohn der Nationalisten.

Der Satan, diese auch in ihrer Verwüstung noch so erhabene, bewunderungswürdige Ruine unbeschreiblicher Herrlichkeit, die als solche noch den Meister lobt, der sie geschaffen; denn wo ist ein Verstand, wo eine Klugheit, wo eine Beharrlichkeit, Energie und Gewalt wie die seinige; und was uns jetzt noch an ihm in Erstaunen setzt, es sind nur Überbleibsel seines ursprünglichen Glanzes; der Satan, sage ich, erscheint auch als Satan noch in der Schrift in einer gewissen Majestät. Nicht allein, dass er ein Herr, ein Gewaltiger, ein Fürst genannt wird, er heißt sogar der Gott dieser Welt, und es ist nicht zu verkennen, dass ihm als solchem hin und wieder sogar ein gewisser Respekt bewiesen wird. Man denke nur, der Apostel Judas sagt, da der Erzengel Michael mit dem Teufel gezankt, und sich über den Leichnam Mosis mit ihm unterredet habe, da habe Michael nicht gewagt, selbst ein Urteil der Lästerung oder der Schmähung gegen ihn zu fällen; er habe das Gott überlassen wollen und gesprochen: „Der Herr strafe dich!“ Bei Hiob sehen wir den Satan gar mitten unter den Engeln und guten Geistern am Throne Gottes stehen. Und der Herr lässt sich mit ihm in eine Unterredung ein, fragt ihn, ob er auch seinen Knecht Hiob kenne und auf ihn achtgehabt habe, und auf die verschlagene Bemerkung des Verklägers: „Meinst du, dass Hiob umsonst Gott fürchtet?“ gibt ihm der Herr Gewalt über alles Eigentum seines Knechts und erlaubt ihm, Hiob heimzusuchen und zu prüfen, damit er, der Teufel, erfahre, wie die Kraft Gottes mächtig sei in Hiobs Schwachheit. Welch ein wundersamer Umstand; da sollte man ja sagen, es liege dem Allmächtigen etwas daran, dass auch dieser Fürst der Finsternis ihn erkenne und ihm die Ehre gebe. Und so verhält sich's auch; alle Knie sollen sich vor ihm beugen und alle Zungen bekennen, dass er der Herr sei. So sollte denn auch der Teufel in den Grund des Versöhnungswerks einen Blick tun und zunächst vermittelst der Versuchung das Opferlamm in seiner Reinigkeit, den Bürgen in seiner Zahlungsfähigkeit kennen lernen, damit auch er wisse, dass Zion durch Recht erlöst sei und nicht durch Willkür und gegen die Seligkeit der Sünder keine gegründete Einsprüche mehr einlegen könne. Wenn der klügste und scharfsinnigste aller Geister gezwungen wird, über Gottes Weisheit zu erstaunen, seine Werke zu bewundern, vor seinen Ratschlüssen zu verstummen und sein Tun auch wider Willen und Lust zu loben, so gereicht das allerdings nicht wenig zur Verherrlichung des göttlichen Namens. Einer der erhabensten und feierlichsten Momente am großen Tage der Offenbarung und Verherrlichung Gottes wird der sein, in welchem auch der Satan öffentlich wird bekennen müssen, dass dem Lamme die Ehre gebühre und der Preis und ein Gott, wenn ich so sagen mag, vor dem andern zitternd wird die Knie beugen. Das wird ein Lobgesang sein von nicht geringerer Kraft, als das Halleluja der himmlischen Scharen.

5. Der Versucher.

Vierzig Tage und Nächte hatte der Herr in der einsamen Wüste fastend zugebracht, und es hungerte ihn. Da trat der Versucher zu ihm, sichtbar, aber verkleidet und verstellt zum Engel des Lichtes. Er kam in zweifacher Absicht. Zunächst wollte er darüber ins Reine kommen, ob Jesus der Sohn Gottes wirklich sei oder nicht, und dann, falls er es wäre, gedachte er ihm eine Klippe in den Weg zu schieben, an der sein Rettungswerk für ewig scheitern sollte.

Es ist mir sehr glaublich, was auch schon von andern ist behauptet worden, dass der Versucher über die Person Christi noch in Zweifel gestanden habe. Dreißig Jahre hatte Jesus in der tiefsten Verborgenheit zugebracht, ein Zimmermannssohn, der das Handwerk seines Vaters erlernt hatte, im Schweiße seines Angesichtes mit seiner Hände Arbeit in der Werkstätte sein Brot verdiente, schlecht und recht dahin lebte und nichts tat und sprach, was nicht andere Menschenkinder auch hätten tun und sprechen können. Es dachte niemand mehr daran, dass er etwas mehr sein könne, als ein liebenswürdiger Mensch, und vielleicht waren Maria und Joseph in ihren Erwartungen von ihm nicht wenig heruntergestimmt, da keine Wunder geschahen und die Stimmen vom Himmel ausblieben. Gott verschleierte seinen Sohn dermaßen, dass auch selbst die scharfen Augen des Satans an diesem schlichten Zimmermann sich wohl versehen konnten. Doch ganz versahen sie sich nicht. Unter den Menschen dachte niemand mehr daran, dass dieser einfache Arbeiter an Josephs Hobelbank der Messias sein könne. Der Satan aber war klug genug, auf den äußeren Schein von Armut und Niedrigkeit nicht zu viel zu geben. Er konnte sich's möglich denken, dass dieser Zimmermann bei aller äußerlichen Dürftigkeit dennoch der Herr sei. Er fand nichts Widersprechendes darin, dass der Versöhner in solcher Armut sein Werk beginnen sollte, und mancher Umstand schien ihm deutlich dafür zu sprechen, der Jesus von Nazareth sei der Gottessohn. Doch witterte er nur so etwas, bestimmt wusste er es nicht. Es verlangte ihn nach Gewissheit, um alsdann seine Maßregeln ergreifen zu können. Hätte der Teufel in Jesu wirklich den Messias schon erkannt gehabt, so wäre in seinem Verfahren gegen ihn vieles unerklärbar, wie wir später sehen werden. Jesum zu ergründen, war die nächste Absicht, in welcher der Satan auf ihn eindrang. Sehr klüglich aber richtete der schlaue Geist zugleich seine Versuchungen so ein, dass, wenn Jesus wirklich der Messias wäre, sein Erlösungswerk von vornherein einen solchen Stoß dadurch bekäme, dass es für immer vereitelt wäre. Den Heiland durch einen gewandten Fechterstreich aus seiner Mittlerbahn herauszuwerfen und seine eigene Herrschaft über die Menschheit für ewige Zeiten festzustellen, das also war die andere Absicht, die der Fürst der Finsternis im Schilde führte. Um diese Absichten zu erreichen, gibt er sich vor Jesus das Ansehen eines wohlwollenden, gutmeinenden Freundes. Er stellt sich, als ob auch er nichts so begierig wünschte, als dass das Erlösungswerk möge zustande kommen; er tut so, als wolle er ihm nur einen kürzeren Weg zu diesem erhabenen Ziele weisen und richtet alles so schlau, so fein und listig ein, wie man es von einem Wesen erwarten darf, das von der obersten Stufe der Weisheit und des Verstandes in den tiefsten Abgrund der Bosheit hinuntersank.

6. Versuchungsfähigkeit.

Mit der äußersten List und Tücke bewaffnet, tritt der Versucher zu Jesu. Er hoffte, die schauerliche Einsamkeit in dürrer, unfruchtbarer Wüste, in welcher Jesus sich befand, werde ihm den Sieg erleichtern. Da Jesum hungerte, machte er Anstalt zum ersten Anfall. So weiß dieser Seelenmörder immer am rechten Ort, zur rechten Zeit und unter den rechten Umständen seine Waffen wider uns zu kehren. Wenn wir einsam sind und von den Leuten abgesondert, wenn keine Menschenaugen uns bewachen, keine liebe Brüder uns warnen und erwecken, keine miterlösten Seelen uns stärken und ermuntern; wenn unsere Gedanken gehen, wohin sie wollen, dann macht sich dieser Starke herzu und spannt sein Geschoss und sucht sein Gift uns in das Herz zu flößen, und wenn uns hungert oder dürstet, wenn sich Bedürfnisse in uns regen nach dem oder jenem, nach Geld oder Brot, nach Ruhe oder Ehre, Bequemlichkeit oder Freude, wenn Wünsche aufsteigen in unserm Herzen, seien diese Wünsche an sich auch nicht zu tadeln, dann ist er gleich zur Hand, stellt sich freundlich und uns zugetan, dient uns mit einem guten Rate nach dem andern, entdeckt uns Mittel über Mittel zur Erfüllung unserer Wünsche, und wie gottwidrig diese Ratschläge an sich dann auch sein mögen, so versteht er's doch, sie so zu schmücken und zu färben, so scheinbar sie mit dem Worte Gottes in Einklang zu bringen, dass wir meinen, ein guter Engel habe sie uns eingegeben, und es war kein anderer doch, als Satanas in Engelsgestalt.

Das unergründliche Geheimnis seiner Bosheit, Kunst und Arglist ist wohl nie so offenbar geworden, als gerade in den Anfechtungen, mit welchen er unseren Heiland heimsuchte. Christus also konnte versucht werden? Ja, er konnte das nicht bloß, sondern Paulus sagt: „Er ward versucht, wie wir, und zwar in Allem.“ Luther übersetzt „allenthalben“. Die Hand mochte dem teuren Manne zittern, da er das Wort „in Allem“ niederschreiben wollte. Aus heiliger Scheu und tiefer Ehrerbietung schrieb er lieber „allenthalben“. Unser Heiland erschien, wie die Schrift sagt, in der Gestalt des sündlichen Fleisches, d. h. in der durch den Fall geschwächten Menschennatur. Alle Folgen der Sünde gingen auf ihn über, nur die Sünde selber nicht. Er ward versucht, doch ohne Sünde. Die unsündlichen Triebe und Schwachheiten unserer Natur waren auch sein Erbteil. Es hungerte und dürstete ihn, er konnte müde und schläfrig werden, weinen und sich freuen, der Ruhe und der Erholung bedürftig sein usw. Diese an sich unsündlichen Gebrechlichkeiten und Bedürfnisse gedachte nun der Versucher als Handhaben zu gebrauchen, um daran den Herrn von dem ihm vorgezeichneten Gotteswege abzuleiten. Er schlug ihm zur Befriedigung dieser Bedürfnisse Mittel und Wege vor, die durchaus nicht Gottes Wege waren. Hätte der Erlöser diese Wege betreten, ja, auch nur von ferne sich gelüsten lassen, es zu tun, dann wäre dem Satan sein ungeheures Bubenstück gelungen. Das Lamm hätte einen Fehl gehabt, der Priester ein Gebrechen, das Opfer wäre ungültig gewesen, der ganze

Erlösungsplan für ewige Zeiten gescheitert und wir alle rettungslos der Hölle preisgegeben. Wie vieles steht da in der Wüste auf dem Spiele! Welch ein über alle Maßen wichtiger und verhängnisvoller Auftritt ist die Versuchung Jesu! Wie sollten wir nicht mit der äußersten Spannung unserer Seele auf die fernere Entwickelung und den Ausgang dieses Ereignisses begierig sein.

7. Der erste Anfall.

Der Versucher hatte zu seinem ersten Angriff einen gelegenen Zeitpunkt abgewartet. Jesum hungerte, da tritt er vor ihn hin und spricht: „Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.“ Das war der erste Anfall, durch welchen der Versucher teils über die Person Jesu zu Gewissheit kommen, teils, falls er der Herr vom Himmel wirklich wäre, sein Opferwerk mit einem Schlage vernichten wollte. Der Teufel legte es darauf an, die reine Seele des Erlösers zuerst mit der Sünde des Misstrauens zu beflecken. Wie er im Paradiese seinen Angriff mit einem „Sollte Gott gesagt haben?“ begann, um unsere Stammeltern an dem göttlichen Verbote irre zu machen, so auch hier. Das „Bist du Gottes Sohn?“ war im Grunde nichts anders, als ein verstecktes „Sollte Gott gesagt haben?“, als ein Versuch, ihn an dem Zeugnis, das er bei der Taufe von seinem Vater empfangen hatte, irre zu machen. Jetzt bemerkt nur einmal die ungeheure, beispiellose Schlauheit des Versuchers. Mit dem einen Worte: „Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden,“ stellt er unserm Heiland nicht eine, sondern unzählige Fallen und Schlingen, und die eine ist versteckter und gefährlicher als die andere. Entweder, dachte der Teufel, wird er nun, wenn er Gottes Sohn ist, an seiner Sohnschaft und an dem Zeugnisse Gottes irre werden; es wird ihm unwahrscheinlich vorkommen, dass Gott sein Kind so in der Wüste zwischen den Steinen und unfruchtbaren Dornen könne darben und verschmachten lassen, und dann ist seine Seele mit Unglaube besudelt; oder, dachte der Schlaue, er wird vor mir den Schleier abwerfen und schnell, durch ein Wunder von seiner Sohnschaft mich überzeugen wollen, und dann handelt er gegen den Rat Gottes, der ihn arm sein, leiden und sich seiner Herrlichkeit entäußern heißt, um Adams Schuld zu büßen. Sollte aber auch das nicht geraten, meinte der Teufel, dass ich ihn bewöge, den Weg der Armut zu verlassen und aus der Niedrigkeit heraus zu treten, um mir und anderen seine Würde zu enthüllen, so wird ihn vielleicht das Bedürfnis seiner hungernden Natur dazu reizen, meinem Rate Folge zu leisten. Es wird ihm verzeihlich dünken, durch die Macht, die ihm Gott gegeben, vom Hungertode sich zu retten, er wird die Steine zu Brot machen, durch Selbsthilfe sich der Leiden überheben und also den Kelch der Bitterkeiten von sich schieben, ohne dessen Ausleerung keine Versöhnung möglich ist. Das waren die Gedanken des Teufels; er hoffte, dass Jesus, wenn er auch an der einen Schlinge glücklich vorüber käme, doch in der andern oder dritten werde gefangen werden. Und in der Tat, feiner hätte der Plan nicht angelegt und ausgesonnen werden können. Ohne ein Wunder der Bewahrung würde hier der Heiligste gefallen sein. Wäre nur ein Äderchen von Sünde in Jesu gewesen, hier wäre es herausgesprungen und an den Tag getreten. Aber nein! kein Stäublein geht über die weiße Leinwand seiner Unschuld. Er steht allein im Felde, niemand hält, niemand bewahrt ihn. Dennoch bricht er durch alle Lanzen siegreich durch; der Teufel wird geschlagen, Jesus triumphiert.

Die Versuchung, aus Steinen Brot machen zu wollen, gehört zu den alltäglichsten; etwas davon erfahren alle Kinder Gottes, in dieser oder jener Weise. Es sind Brüder unter uns, ich rede von Brüdern in dem Herrn, denen ist auch ein Fasten angesagt zu dieser Zeit Sie haben nicht Arbeit, noch Erwerb, und müssen sorgen um das tägliche Brot. Brüder! ihr sitzt in der Wüste zwischen den Steinen und Dornen, und es hungert euch. Es sollte ein Wunder sein, wenn nicht auch zu euch sich der Versucher schliche, hier mit einem: „Bist du auch wohl Gottes Kind, dass dich Gott so darben lässt?“ und dort mit einem: „Sprich zu diesen Steinen, dass sie Brot werden.“ Es sollte ein Wunder sein, wenn er nicht auch euch mit allerlei Ratschlägen käme, entweder: „Sei niederträchtig und schmeichle, dass du zu Gunst und Brot kommst;“ oder: „Trüge und lüge, dass du Geld gewinnst; ergreife dieses oder jenes Sündenhandwerk und rette dich vom Hungertode, oder schlage dich auf die Seite der Spötter und Kreuzesfeinde, dass dich die ernähren; setze in die Lotterie, dass dir das Los aufs lieblichste falle,“ oder was er sonst für Wege euch zeigen möge. Das heißt denn auch nichts anders, als: „Sprich zu diesen Steinen, dass sie Brot werden.“ Aber meine Brüder, lasst ihr die Steine Steine sein und Steine bleiben, und erwartet das Brot von dem, der es euch zu geben verheißen hat, und er hat euch größeres verheißen, denn dieses. Gott hat die Haare auf euerem Haupte gezählt und wird von seinen Kindlein keins verschmachten lassen. Sollte es nicht viel besser sein, zu fasten und zu darben in Gottes Namen, als im Namen des Teufels gute Tage zu sehen? Euere Fasttage werden ein Ende nehmen, wenn sie zu eurem Heil werden ausgewirkt haben, was sie nach Gottes Rat auswirken sollen. Getrost! ihr wandelt in der Wüste, um die Treue und Herrlichkeit des Herrn zu sehen, die besser in der Wildnis und der Dürre, als auf dem fetten Lande erkannt wird. Es sind Seelen in unserer Mitte, die von ihrem Christentum nichts anders haben, als Schmach und Spott und wenig Freude und Erquickung. Es sollte ein Wunder sein, liebe Seelen, wenn sich der Satan nicht drein mischte; sei es nun, um das ganze Christentum euch verdächtig zu machen, oder um euch die Freude, die ihr in Gott nicht findet, nun wieder in der Welt und ihren Dingen anzuweisen. Brüder! es ist der Teufel, der euch solchen Rat gibt, und euch bewegen möchte, die Steine euerer Leiden und eurer Freudenarmut in eigener Wahl und außer Christo in Brot zu verwandeln. Ich denke, wir ziehen's vor, die wenigen Tage dieses Lebens, wenn es so sein muss, mit Christo in der Dürre zu sitzen und im Tiegel zu liegen und dann seine Herrlichkeit zu teilen, und lassen die Henkermahlzeit, die der Teufel uns bereiten möchte, mit Freuden denen, die Lust zu tragen scheinen, ohn' Ende mit ihrem finstern Oberhaupt im Feuerpfuhl zu brennen und zu heulen.

„Der Herr schelte dich, du Satan!“ sei unser Feldgeschrei, so oft wir diesen Drachen in unserer Nähe schleichen hören Gottlob! seitdem der rechte Michael sich mit ihm geschlagen und ihr niedergerungen hat, ist seine Macht über uns zu Ende. Mit Fäusten schlagen kann er uns, einen Fuß uns stellen auch, dass es wohl mal zum Wanken, Brechen und Fallen kommt; verderben kann er uns doch nimmer. Und schleicht er auch um unsere Zelte herum, der brüllende Löwe, und suchet, welchen er verschlinge, er hat doch einen Ring durch die Nase und eine Kette um den Hals. Unser Fürst und Hauptmann hält ihn wohl und zeichnet ihm die Marke, wie weit er kommen soll. Verrammeln wir uns nur in Christi Wunden. In dieser Burg sind wir gesichert und singen fröhlich:

Der Fürst dieser Welt,
Wie sauer er sich stellt,
Tut er uns doch nichts,
Das macht, er ist gericht't,
Ein Wörtlein kann ihn fällen.

8. Christi Waffe und Sieg.

Die Waffe, mit welcher Jesus den Sieg errang, war das Wort Gottes. Ein einfaches und gläubiges: „Es steht geschrieben,“ und der Teufel war geschlagen, sein Anschlag vereitelt. Die Bibel ist das Rüsthaus der Streiter Gottes, der geistliche Waffensaal, wo die Wände von Schildern und Panzern starren, von Speeren und Schwertern blitzen und wiederleuchten. Wer je einen geistlichen Sieg erfocht, hier wappnete er sich zum Kampfe; wo je ein geistlicher Goliath überwunden zu Boden stürzte, die Schleudersteine, die seine Schläfe zerschmetterten, waren hier zusammen gelesen. Wer in diesem Rüsthause freien Ein- und Ausgang hat, der macht dem Teufel was zu schaffen. Die Waffe des göttlichen Worts scheut er, und so lange die Welt steht, ist er schon darauf bedacht gewesen, ob er den Waffensaal der Schrift nicht ausräumen und verrammeln, ob er dieses gefährliche Geschütz nicht vernageln, diese Lanzen nicht zerbrechen könnte. Was hat der schlaue Sophist nicht alles schon versucht, was nicht schon alles herausgegrübelt und zu Markte getragen, um das Wort Gottes verdächtig und zweifelhaft zu machen und ihm das Ansehen eines untrüglichen Gotteswortes zu rauben. Was hat er nicht unter dem Prunktitel der Aufklärung für verfluchte Lügen in Umlauf gesetzt über die Entstehung und Echtheit der Bibel? Es ist ja nicht ein einziges Buch in der Schrift, woran der Boshafte nicht gerüttelt, kein einziges Wunder, das er nicht zur Fabel hätte stempeln, keine einzige Verheißung, die er nicht hätte entkräften und vernichten wollen. Und noch immer ist er geschäftig, sei es durch seine Werkzeuge und Diener, durch falsche Propheten, Professoren und andere schlimme Leute, oder sei es in eigener Person durch unmittelbares Einflüstern; noch immer ist er geschäftig, an der Untrüglichkeit des göttlichen Wortes uns irre zu machen; denn dieses Wort ist sein Sturz. Aber speit ihm ins Angesicht, dem Verfluchten, und kehrt ihm den Rücken, wo er das falsche Maul auftut; denn er ist ein Mörder und ein Lügner von Anfang, ja ein Vater der Lügen.

In welcher Weise aber, fragt ihr, kann nun das Wort Gottes uns in Versuchungen so vortreffliche Dienste tun? Das will ich euch sagen. So oft der Teufel uns fangen und verleiten will, so geht seine erste und vornehmste Sorge dahin, unsere Begriffe zu verwirren. Was verkehrt ist, stellt er uns als recht, was menschlich, als göttlich, was böse, als gut vor Augen. Die Wahrheit sucht er uns zur Lüge, die Lüge zur Wahrheit zu machen; und indem er uns also betrogen und verblendet hat, tun wir seinen Willen, vielleicht gar in der Meinung, wir täten was recht Gutes. Dieses verruchte Zauberwerk kann ihm aber nicht gelingen, wenn wir mit dem Glauben in Gottes Wort stehen. Dieses Wort stellt uns vor der Verwirrung und dem Betruge sicher; denn es sagt uns jederzeit auf das unzweideutigste, was Recht sei und nicht Recht, was wahr sei und was Lüge und was wir nach Gottes Willen in diesem oder jenem Falle zu tun, zu denken und zu sagen haben. Beispiele machen die Sache klar. Der Teufel will einem Prediger des Evangeliums die Arbeit verderben und seine Predigt entkräften. Er fängt es schlau an. Er macht dem Prediger den Vorschlag, er möge doch ein wenig sanfter predigen, er möge den Weg doch nicht gar so schmal, die Pforte nicht gar so enge machen, so werde er mit der ganzen Gemeine in Freundschaft bleiben; ja viele, die er jetzt nur aufsässig mache, werde er dann leicht für die Wahrheit gewinnen können, und wie die angenehmen Gründe sonst noch lauten mögen, mit denen der Schalk seinen Ratschlag zu unterstützen weiß. Steht nun der Prediger in eigener Erwägung und hat keinen anderen Schild, als das eigene Gutdünken, dann ist er schon gefangen, der Vorschlag des Teufels wird ihm einleuchten; denn der Teufel ist klüger als er. Steht er aber mit dem Glauben in Gottes Wort, kann er gläubig erwidern: Es steht geschrieben: „Die Pforte ist eng, der Weg ist schmal, der zum Leben führt!“ es steht geschrieben: „Verflucht sei, wer Evangelium anders predigt, als gepredigt ist!“ was will der Teufel dann? Dieser Trotz auf ein Wort Gottes, dies gläubige: „Es steht geschrieben“ ist dem Satan ein Artilleriefeuer, da er nicht durchkommen kann, das ihn auf der Stelle zum Rückzug nötigt. Ein anderes Beispiel. Der Teufel möchte dir gerne den Glauben nehmen, dass das Christentum wirklich der einzige Weg zum Seligwerden sei. Wie fängt er's an? Sehr schlau, sehr verschlagen. Er führt dich im Geiste auf eine Höhe, und zeigt dir die Millionen Seelen, die in der Christen- und Heidenwelt noch außer Christo leben, und nun beginnt er seine Predigt. „Sag'„, spricht er, „sollten die wohl alle verloren gehen? das wird doch deine Vernunft noch dein Herz bejahen können. Sie glauben aber nicht an Jesum, wenigstens nicht, wie du und deinesgleichen. Sollte denn Christus wirklich wohl der einige Weg sein? Sollte denn, was du Wiedergeburt nennst, zum Seligwerden so unbedingt erfordert werden? Solltest du nicht zu engherzig, zu beschränkt von der Sache des Seligwerdens denken?“ So der Teufel. Bist du nun mit deiner Vernunft allein auf dem Kampfplatze, so wirst du dieser Schlinge nicht entrinnen, du wirst dem Teufel in seinen Trugsätzen Recht geben, und er wird den Triumph feiern, den Grund, darauf du stehst, mit leichter Mühe dir unter den Füßen wackelnd gemacht zu haben. Kannst du aber zur Waffe des göttlichen Wortes greifen, kannst du einen Ausspruch Gottes dem Versucher trotzig entgegen halten und im Glauben zu ihm sprechen: Es steht geschrieben: „Wahrlich, wahrlich, es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, sonst kann er das Reich Gottes nicht sehen;“ es steht geschrieben: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, denn durch mich;“ es steht geschrieben: „Es sind wenige, die auf diesem Wege wandeln und wenige sind auserwählt;“ kannst du, sage ich, die göttlichen Aussprüche gläubig umklammern, so ist der Teufel schon geschlagen, sein Netz zerrissen; er wird es aufgeben, dich überzeugen zu wollen, dass Christus nicht der einige Grund des Heils sei, er müsste denn die Hoffnung haben, das Wort selbst, darauf du dich gestützt, dir verdächtig machen zu können.

Noch ein Beispiel. Der Teufel möchte dich gern in die Welt zurückbringen. Wie fängt er's an? Er schleicht sich leise in deine Nähe und stellt dir vor, es sei doch gar nicht recht, dass du dich von der Welt so ausschiedest, und die Gesellschaft Andersdenkender so gar vermiedest; es vertrage sich das nicht wohl mit der christlichen Nächstenliebe. Du müssest je zuweilen die weltlichen Zirkel besuchen, um dein Licht da leuchten zu lassen und den Leuten zu zeigen, dass das Christentum keineswegs zu verdrießlichen Mönchen und Einsiedlern bilde, sondern fröhliche Menschen mache, um sie so für das Christentum zu gewinnen; ja, auch um dich selber in der Heiligkeit zu üben und zu befestigen, musst du von der Welt dich nicht zurückziehen, denn da heilig sein, wo man vor Lockungen und Anfechtungen zur Sünde unberührt bleibe, das sei ein Geringes, aber dem Bösen unter die Augen treten und zum Bösen sagen, ich mag dich nicht, das sei die Sache. So räsoniert der Satan; dem alten Menschen gefällt das wohl. Gibst du dich nun in eigener Klugheit mit ihm ans Streiten, so verlass dich drauf, du ziehst den Kürzeren, er bringt dich herum und behält das Feld. Denn kein Doktor und Professor versteht sich aufs Disputieren, wie er. Das Alleralbernste weiß er einem ganz plausibel und einleuchtend zu machen. Kannst du ihm aber gläubig mit einem Worte Gottes begegnen, kannst du in diesem Falle z. E. zu ihm sprechen: „Es steht geschrieben: „Stellt euch der Welt nicht gleich!“ so kann er nichts mehr machen, und du hast ihm den Degen aus der Hand geschlagen. So ist das Wort Gottes, wenn es im Glauben erfasst, umklammert und gehandhabt wird, ein mächtiges Geistesschwert, wie der Apostel es nennt, damit wir den Drachen schlagen. „Ja, die zehn Gebote schon,“ sagt jemand, wenn sie in unser Herz geschrieben sind und wir sie gegen ihn aussprechen, können ihn vertreiben.“ Sie sind wie zehn Simsonskeulen, wie zehn Michaelsschwerter gegen den brüllenden Löwen.

Wie siegte nun der Herr? Der Satan riet ihm, aus Steinen Brot zu machen, sich also von der Qual des Hungers durch Selbsthilfe zu erlösen. Das war ein tückischer und verfänglicher Ratschlag, wie Ihr wisst. Es hätte, wir reden auf Menschenweise, den Herrn Jesum vieles bewegen können, in diesen Rat zu willigen, und es ist euch bekannt, dass alsdann das Erlösungswerk mit einem Schlage wäre vereitelt worden. Aber er tat es nicht. Er ließ die Steine Steine sein und hungerte fort. Was hielt ihn ab, dem schlauen Rate des unbekannten Fremdlings zu folgen? Ein Wort Gottes. Auf das, was 5. Mose 8 v. 3 geschrieben steht, fiel sein inneres Auge, das umklammerte er mit dem Glauben, das hielt er dem Versucher entgegen. Es steht geschrieben: „Der Mensch lebt nicht vom Brote allein, sondern von einem jeglichen Worte, das aus dem Munde Gottes geht,“ und in diesem göttlichen Ausspruche fand er Beweggrund genug, lieber noch einmal 40 Tage und Nächte, ja auch länger noch, wenn es sein müsste, Hunger zu leiden, als durch eine misstrauische Selbsthilfe der Hilfe des Vaters vorzugreifen. „Der Vater kann mich ohne Brot erhalten; er hat mich in diese Wüste geführt, ich hoffe auf ihn!“ Das war sein Gedanke, fürwahr! ein undurchdringlicher Panzer um seine Brust. Nun konnte der Teufel getrost auf andere Künste sinnen. Ihn zur Selbsthilfe zu verleiten und zum Abwerfen dessen, was er als Bürge tragen und leiden musste, um das Verbrechen Adams zu büßen, dazu war alle Aussicht mit einemmale ganz und gar verschwunden. Denn Jesus glaubte dem göttlichen Worte, dass Gott ihn auch in der bittersten Darbezeit ohne Speise speisen, ohne Trank tränken und durch ein bloßes Wort seines Mundes ernähren und erhalten könne. An dem Glauben mussten alle Lanzen des Teufels splittern wie an einer eisernen Schanze.

Die Worte, mit denen Jesus die Versuchung überwand, stehen, wie gesagt, im fünften Buche Mosis, Kap. 8 v. 3. Moses hält daselbst, an der Grenze des gelobten Landes, dem Volke Israel vor, im Auftrage Gottes, wie der Herr sie so treu und gnädig die 40 Jahre hindurch geleitet habe. „Er demütigte dich,“ spricht er, „und ließ dich hungern und speiste dich mit Manna, das du und deine Väter nie erkannt hattest; auf dass er dir kund täte, dass der Mensch nicht lebe vom Brot allein, sondern von allem, das aus dem Munde des Herrn geht.“ Ja, der Herr bedarf nicht der Mühlen, noch des Bäckerofens, um seine Kinder zu erhalten, er kann ihnen auch das Brot aus den Wolken regnen lassen, wie er in der Wüste tat; er kann es ihnen geben über Nacht, wenn die Kindlein schlafen; so hat er's ja getan am Krith, so zu Zarpath bei der Witwe, so an vielen andern Orten. Es ist ihm ein Leichtes. Und das äußerliche, leibliche Brot, das er uns gibt, das ist es auch nicht, was uns nährt und woran unser Leben hängt, sondern das eigentlich Nährende, Stärkende und Erhaltende, das ist allezeit sein Wort, sein Wille, sein Segen und seine verborgene Kraft, die er dem äußeren Mittel beifügt. Weil er will, dass es uns nähre, darum nährt uns das Brot, das wir essen, und sobald er das nicht mehr will, so können wir kneten, würzen, backen, wie wir wollen; es ist kein Gedeihen dabei; wir werden elend und unsere Kräfte schwinden mitten im Überfluss. Weil nun also die ernährende Kraft nicht im Brote liegt, sondern allein in Gottes Wort und Willen, so ist es denn auch zu begreifen, wie er mit fünf Broten und zwei Fischen 5000 Mann vollkommen sättigen konnte, wie er den Elias durch die Kraft eines Gerstenbrotes vierzig Tage und vierzig Nächte zu erhalten vermochte, ja, wie er so manche arme Familie sättigt und imstande hält, die außer einem Stücklein trockenen Brots des Morgens und des Abends kaum etwas anderes zu sehen bekommt. Der Herr braucht gar kein Brot zu unserer Erhaltung, wenn er's nicht will. Sein bloßes Wort: „Er soll leben!“ ist genug, so leben wir. Ohne Brot ist Moses erhalten auf Sinai, Jesus in der Wüste und viele, viele andere. Er brauchte nur zu sprechen, so würde uns die Luft, die wir einatmen, zu Milch und Wein, und wir äßen das Köstlichste und tränken lauter Kraft und Stärke, ohne den Mund aufzutun, ohne uns an einen Tisch zu setzen und ohne eine Hand zu regen. Das heißt: „Der Mensch lebt nicht vom Brote allein, sondern von einem jeglichen Worte, das aus dem Munde Gottes geht.“ In Verfolgungszeiten haben das Tausende von Kindern Gottes im allerbuchstäblichsten Sinne erfahren; gläubige Arme erfahren es noch immer, und es ist wahr, so wahr ein lebendiger Gott im Himmel wohnt.

Darum alles, was Not leidet unter uns, ergreife diese Wahrheit, dass sie ihn bewahre vor der Furcht und der ganzen Verzagtheit und ihn beschilde und bepanzere gegen die Anläufe und Versuchungen des Bösewichts. Es hat dem lieben Gott gefallen, viele seiner teuren Kinder unter uns in große Verlegenheit zu führen. Es beginnt an allem zu fehlen, an Brot und Brand, an Arbeit und Erwerb und vielleicht gar auch an Aussicht und an Kredit. Sie sind recht in der Wüste zwischen den Steinen, und des Seufzens ist viel bei Tag und Nacht. Stehlen und betrügen werden sie nicht. Gott wird sie in Gnaden davor bewahren. Aber dem Teufel wäre schon viel gelungen, wenn nur der Gedanke in ihnen Raum fände: „Gott hat uns fahren lassen; nun müssen wir sehen, wie wir uns selber durchschlagen.“ Dem Teufel wäre schon viel gelungen, wenn sie nur in ein misstrauisches Überlegen und Sorgen hineingerieten: „Was werden wir essen, was werden wir trinken oder womit werden wir uns kleiden?“ oder wenn sie auf die Idee verfielen, Gott wolle ihnen durch die Not hier einen Wink geben, dass sie hier durch eine gewagte Spekulation, dort durch ein Spiel oder durch eine List oder durch welches ungebührliche Mittel es sei, sich selber helfen möchten. Ja, dann wäre dem Versucher schon vieles geglückt. Gönnt dem Widersacher solche Triumphe nicht, meine verlegenen Brüder. Begegnet ihm mit der Waffe, die euer Meister wider ihn führte, welche dadurch ja eine besondere Weihe, Heiligkeit und Kraft empfing, und sprecht im Glauben: „Es steht geschrieben, der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Worte, das aus dem Munde Gottes geht.“ Das ist Wahrheit. Daran haltet euch fest, darauf baut und wartet, wartet nur ein wenig in der Wüste, wahrhaftig, Gott wird euch nicht im Stich lassen. Ihr habt Brüder unter euch, ich könnte sie euch mit Namen nennen, die waren in größerer Not als ihr. Sie haben ohne Misstrauen jenem Wort geglaubt, sie haben in diesem Glauben dem Teufel, so oft er mit seinen verfluchten Ratschlägen kam, resolut und ohne Komplimente die Türe gewiesen und auf den Herrn gehofft. Jetzt ist ihr Mund voll Lachens. Um Berge von Gold und Silber gäben sie die Erfahrungen nicht hin, die sie während ihrer Darbezeit in der Wüste eingesammelt haben. Sie haben die Herrlichkeit des Herrn gesehen, und sind selber lebendige Zeugnisse geworden, dass der Mensch nicht lebt vom Brote allein, sondern von einem jeglichen Worte, das aus dem Munde Gottes geht. „Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.“ So der Teufel. Er forderte, dass Jesus seine Sohnschaft beweisen sollte. Jesus aber wollte diese Beweisführung lieber seinem himmlischen Vater überlassen. O, meine Brüder, möchtet so auch ihr in allen Fällen die Beweisführung von eurer Kindschaft stille dem Herrn überlassen, er wird es kund tun, dass ihr seine Kinder seid; vielleicht nicht dadurch, dass er euch in Häusern des Überflusses leben lässt, aber dadurch dann ganz sicherlich, dass er euch mitten in der Wüste erhält, zwischen den Steinen und Wacholdersträuchen euch singen macht und euch ohne Brot ernährt mit dem bloßen Worte, das aus seinem Munde geht.

9. Der zweite Anfall.

Der erste Versuch des Teufels gegen Jesum war missglückt. Ob Jesus der Sohn Gottes sei, konnte er noch nicht wissen, und war er's, so hatte ihn die Anfechtung keinen Fingerbreit aus seiner Mittlerbahn herausgeworfen. Der Satan macht Anstalt zu einem zweiten Angriff. Er führt Jesum in die heilige Stadt und stellt ihn auf die Zinne des Tempels. Vielleicht in einem Gesichte nur? Nein, körperlich, wie es der Buchstabe der Geschichte anzunehmen zwingt. Jesus wurde auf eine übernatürliche Weise fortgerafft, durch die Lust in einem Moment in die heilige Stadt hinübergezaubert und dann blitzschnell emporgeflügelt auf das platte Dach einer am Bergesabhange hinausstehenden Seitenhalle des Tempels. Dieselbe Gewalt, die einst der Heilige Geist in der Wüste an Philippo ausübte, war hier dem bösen Geiste von Gott geliehen. Wie ein Adler mit seinem Raub, so fuhr der Fürst der Finsternis mit dem Herrn der Herrlichkeit davon. Das ist schauerlich und furchtbar; aber das Schauerlichste wollte er ja empfinden und erfahren, dem Fürchterlichsten sich hingeben, um so den Kelch unseres Fluches rein auszutrinken und keinen Scherf noch Heller unserer Schulden unbezahlt zu lassen. Er wollte ein Spielball sein der höllischen Geister, damit uns Verfluchte die Engel Gottes auf sanfteren Händen in Abrahams Schoß tragen könnten. Wusste Jesus jetzt, dass es der böse Engel sei, mit dem er's zu tun habe? Ich glaube nein; nach einem heiligen Ratschlusse Gottes war es ihm noch immer verborgen, auf dass die Versuchung desto schwerer würde, aber auch der Sieg einen umso größeren Wert und Glanz gewinnen möchte.

Jesus steht auf der hohen Tempelzinne, der Satan zu seiner Seite. Ein schwindelnder Abgrund zu ihren Füßen. Tief unter ihnen liegt die Stadt, noch tiefer im Talgrund, wie ein Streiflein, fließt, fast verschwindend, der Bach Kidron. Der Satan gibt sich nun ganz das Ansehen des wohlmeinendsten Freundes, der es von Herzen mit Jesu halte, und falls er der Sohn Gottes sei, einen und denselben Zweck mit ihm verfolge, und nichts so sehnlich wünsche, als dass das Erlösungswerk so schnell als möglich zur Vollendung kommen möge. Er weist hinunter in die fürchterliche Tiefe und spricht: „Bist du Gottes Sohn, so lass dich da hinab.“ Vielleicht setzt er noch mehreres hinzu: „Sieh', ich wüsst es gern, ob du der Sohn Gottes seist, ich warte nur auf die Gewissheit, um dir dann sofort meine Knie zu beugen und meine Dienste anzubieten. Ich bin nicht der einzige, der auf solche Enthüllung deiner Person und Würde sehnlichst harrt. Du wirst König sein und Gebieter über ein großes Volk, sobald es dir gefallen wird, deine königliche Herrlichkeit zu entfalten. Siehe, hier ist Gelegenheit; lass dich hinab von dieser Höhe; dies Wunder wird die Welt in Erstaunen setzen, über deine Majestät keinen Zweifel mehr übrig lassen und alle Knie in den Staub zwingen. Du wirst wie Gott sein. Und nicht bloß andere, auch du selbst wirst alsdann zur völligen Gewissheit kommen, dass du der Messias wirklich seist und Gott dich nicht verlassen habe, wie es seit Anbeginn deiner Darbezeit in der Wüste doch den Anschein hat.“ Der Art etwas mochte der Teufel hinzusetzen; um noch sicherer zu seinem Zweck zu kommen, hält er ihm die herrliche Verheißung des 91. Psalms vor, die ihm ja vorzugsweise gegeben sei: „Er wird seinen Engeln über dir Befehl tun, und sie werden dich auf den Händen tragen, auf dass du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“ In der Tat, der Plan war sein ersonnen und die Versuchung hart. Ja, der Verführer schien ein wohlmeinender Engel zu sein und sein Vorschlag fromm und gut und zweckgemäß. Da steht der Herr am schwindelnden Abhange, was wird er tun? Ein Schritt vorwärts und er ist erhöht, die Engel tragen ihn sanft zur Tiefe, das Volk jauchzt ihm Hosianna und er ist der Bewunderte, der Angestaunte und der Angebetete; aber das Werk der Versöhnung ist ewig, ewig gescheitert, denn der Priester hat alsdann die Opferstraße der Armut und Entäußerung verlassen, der Mittler hat dem Plan und Ratschlusse Gottes entgegen gehandelt, das Lamm trägt einen Fehl an sich, es ist befleckt mit der Sünde des Gottversuchens, darum untauglich zum sühnenden Opferlamme. O verhängnisvoller Moment! Doch gottlob! Jesus durchschaut das satanische Gewebe. Das wusste er freilich wohl, dass die Engel ihn tragen würden. Aber sollte er auf einem selbsterwählten Wege die Macht und Treue Gottes in Anspruch nehmen? Nein, nein! um alles nicht. Seine heilige Seele schauderte vor dem satanischen Vorschlage zurück. Ein Bibelwort soll ihn fangen und stürzen, ein anderes wird ihm zum Halt, zu Schild und Lanze. Wiederum steht auch geschrieben: „Du sollst Gott deinen Herrn nicht versuchen.“ Er ruft es, und der Teufel ist zum zweiten Mal geschlagen.

10. Geistliche Höhen.

In der heiligen Stadt, im geistlichen Jerusalem, offenbart der Satan noch immer seine schlauesten Künste und listigsten Anschläge, und seine glänzendsten Siege, mögen sie auch nur von kurzer Dauer sein, pflegt er in der heiligen Stadt davon zu tragen. Es gibt noch immer Versuchungen und durch des Teufels List, veranlasst, geistliche Zustände, die jener schauerlichen Entführung unseres Herrn auf die Tempelzinne ganz ähnlich sehen; es sind die geistlichen Höhen. Der beste und glückseligste Stand auf Erden ist unbestritten der, als ein Wurm zu Jesu Füßen sich zu halten, bettelarm am Geiste mit Lazarus an der Tür des reichen Mannes zu wohnen, und mit der Kanaanäerin einem Hündlein gleich nur die Brosamlein zu begehren, die von des Herrn Tische fallen. So steht man sich wohl, so wird man reich, so liegt man sicher. Aber freilich, das heißt dem Teufel sein Spiel verderben. Kein Wunder drum, dass der Bösewicht auf nichts so sehr bedacht ist, als wie er die Kinder Gottes aus diesem Stande der Kleinheit und geistlichen Armut herauslocke. Auf mancherlei Weise sucht er das zuwege zu bringen. Lasst mich euch das eine und andere davon sagen. Verkleidet in die Gestalt eines Lichtengels tritt er zu dir und führt dich in die heilige Stadt, das heißt, er breitet vor deinen inneren Augen alle die Gaben und Gnaden, Rechte und Vorzüge aus, deren du als Mitgenosse des Himmelreichs teilhaftig worden seist, so dass du meinst, ein guter Engel gebe dir diese freudigen Blicke. Nun hebt der Verschlagene eine von diesen Gaben heraus, z. B. die Gabe des Heiligen Geistes, und fängt an, dir auseinander zu setzen, was du an dieser Gabe alles hättest, wie der Heilige Geist dich heilige und erleuchte, wie er dich in alle Wahrheit führe, die Tiefen der Gottheit erforsche, dich leite und bewege, in dir spreche und zeuge, und allerdings, so verhält sich's auch. Aber der Teufel geht weiter und sucht dich nun zu überzeugen, dass der Geist dir auch wohl Neues müsse offenbaren können, was die Bibel stückweise nur oder gar nicht enthalte. Der Teufel geht weiter und lehrt dich eigene Gedanken für Gedanken des Geistes ansehen. Der Teufel geht weiter und erklärt dich für einen Inspirierten, der des äußeren Lichts im Buchstaben nicht mehr bedürfe, weil er das innere habe, und, ach Gott, ehe du dich's versiehst, bist du hinaufgezaubert auf die Zinne des Tempels, fühlst dich über Gottes Wort und Zeugnis, Kirche und Predigt hoch erhaben; siehst dies alles samt dem ganzen Jerusalem der andern Gläubigen tief unter deinen Füßen liegen, und wenn du nicht schwindlig wirst auf dieser Turmesspike und ein Ende nimmst mit Schrecken im schauerlichen Abgrunde des Wahnsinns, so hast du es allein der allmächtigen Gnade zu verdanken, die dich gehalten. Solche Teufelsstricke waren es, in welche vor kurzem unsere Brüder zu S… gerieten, die sich in keine Ordnung mehr fügen, noch durch das Wort Gottes sich mehr wollten zurechtweisen lassen, indem sie sich auf den Geist beriefen, der ihnen Anderes und Höheres gezeugt habe. Es mochten wahre Kinder Gottes unter ihnen sein, die denn auch schon wieder zurecht kommen werden; aber immer bleibt es doch eine traurige und schaurige Verirrung. Gott bewahre uns vor solchem Zauber! Zum Wort gegriffen, meine Brüder: „Verflucht, wer Evangelium anders predigt, als gepredigt ist;“ es steht geschrieben: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte.“ Solch ein: „Es steht geschrieben!“ im Glauben ausgesprochen, verjagt den Teufel.

Will es dem Satan in der einen Weise mit uns nicht gelingen, probiert er's in einer andern, und bevor er nicht alles versucht hat, macht er nicht Feierabend. Man hat schon allerlei Leute auf der schwindelnden Tempelzinne stehen sehen; der eine war auf dem, der andere auf jenem Wege hinaufgezaubert. Der erhob sich in dem süßen Wahne, als gebe es für ihn kein Geheimnis mehr, als sei er ein Erleuchteter Gottes wie wenige, und trage den Schlüssel Davids in der Tasche. Bei seinem Erkenntnisreichtum hatte ihn der Teufel angefasst und ihm, nach seiner Höllen-Exegese, das Sprüchlein ausgelegt: „Ihr habt die Salbung und wisst alles.“ Ein anderer hielt sich für den Mann, der mit dem Schwerte seines Mundes den Erdboden schlage, mit dem Zepter seiner Worte die Gemüter beherrsche und nach welchem niemand reden dürfe. Seine Lehr- und Predigtgaben waren ihm durch des Teufels List zu Strick und Falle geworden. Ein dritter stolzierte in dem Gedanken umher, als habe es mit seiner Stellung zu Gott wohl ganz was Absonderliches auf sich, als sei er im Reiche Christi wohl um ein paar Stühle höher gesessen als andere Sünder; vielleicht waren es die Gebetserhörungen, die er erfuhr, aus denen der Teufel ihm ein süßes Gift bereitete. Bei einem vierten hatte sich die Idee fixiert, ohne ihn könne das Reich Gottes nicht bestehen; er sei ein Pfeiler drunter sondergleichen, ein Apostel, ein Elias seiner Tage. Der Segen, den Gott auf sein Wort und Zeugnis legte, war ihm durch des Teufels Kunst zur Leimrute geworden, daran er gefangen ward. Einem fünften hatte der Teufel vorgespiegelt, seine Träume und Phantasien seien eitel göttliche Gesichte und Offenbarungen, und nun hielt sich der arme Mensch für einen Visionär, für einen Seher und Propheten. Einem sechsten hielt der Satan einen Zauberspiegel vor die Augen, in welchem der arme Mensch mit einem Heiligenscheine ums Haupt sich erblickte, oder der Teufel schickte ihm Freunde, die seine Sanftmut, Geduld, seinen Glauben oder seine Liebe rühmen, bewundern und vergöttern mussten, und da kam denn die berückte Seele nach und nach auf den Gedanken, Gott müsse sie wohl als ein Exempel der Heiligkeit unter den Menschen haben hinstellen wollen. Seht, das sind Höhen, das heißt geführt werden auf die Tempelzinne. Und wenn es immer dabei nur bliebe, dass sich diese armen, betrogenen Menschen für Apostel, Heilige und Propheten ansähen; aber stehen sie erst auf solcher Höhe, so geht's nicht selten noch höher hinauf. Nicht alle werden langsam, ohne Schaden genommen zu haben, zur Treppe wieder herunter geführt; ach, manche stürzen von diesen schwindelnden Spitzen in die Tiefen des Irrsinns hinunter. Solcher Unglücklichen, die sich endlich gar für Gott gehalten haben, für den Herrn Christum selber, für den Heiligen Geist, hat es zu allen Zeiten gegeben und das sogar inmitten der heiligen Stadt. Brüder, haltet euch in eurer Burg und bleibt am Staube, vor allem, wer reich ist an Gaben und geschickt zum Unterweisen, wer in Ansehen steht bei den Brüdern und öffentlich redet in ihren Versammlungen, wer fromme Vereine leitet und wessen Licht mit besonderer Helle in Zion leuchtet. Bei solchen findet der Drache leicht eine Handhabe, daran er sie fassen und mit sich in die Höhe raffen kann. Gürtet als Panzer um euere Brust das Sprüchlein: „Selig sind, die geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr.“ Setzt als Helm auf euer Haupt die Wahrheit: „Wer das Reich Gottes nicht empfängt als ein Kindlein, der kann nicht hineinkommen.“ Nehmt als Schwert in die Hand das Wort: „Gott widersteht den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade;“ und haltet den Gedanken fest: dass die goldene Rose Jesus nicht auf der Höhe, sondern in tiefen Tälern blühe. Und will der Teufel euch hineintreiben in ein vermessenes und verwirrendes Spekulieren über unerforschliche Geheimnisse, reizt er euch zu einem eitlen Grübeln, sei es über die Dreieinheit, sei es über den Begriff der Ewigkeit, sei es über die zwei Naturen in Christo, oder über was für Schwindeltiefen es sein mag, so nehmt euch zusammen und schreit ihm zu: „Es steht geschrieben: Unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk, wenn aber das Vollkommene kommen wird, so wird das Stückwerk aufhören.“ Bedeutet ihm im Namen Jesu, ihr begehrtet nicht mehr zu wissen, als was zu eurer Seligkeit zu wissen nötig sei, so werdet ihr den Teufel bannen.

11. „Bist du Gottes Kind, so lass dich hinab.“

Dass der Teufel gerne unsere Kindschaft benutzt, um uns desto sicherer zu allerhand gottwidrigen Schritten zu bewegen, ist eine bekannte Sache. Da hat der Teufel z. B. in Erfahrung gebracht, dass dir noch irgendeine Schoßsünde in den Gliedern steckt, deren du noch nicht Meister werden kannst. Nun führt er dich in eine Umgebung oder Lage, welche diese Begierde nicht nur in dir aufregt, sondern dir auch Gelegenheit bietet, sie zu befriedigen. Da stehst du am Rande einer Tiefe. „Lass dich hinab!“ flüstert der Teufel. Du willst entfliehen. „Weile, weile!“ heißt es wieder, „es ist so angenehm da unten.“ Du sträubst dich. „Lass dich hinab!“ schreit er noch lauter. Du zitterst vor der Gefahr, und dennoch kannst du nicht von dannen kommen und bist wie festgezaubert. „Lass dich hinab!“ fährt der Satan fort, „du bist ja Gottes Kind, du kannst ja wieder Gnade finden!“ Er spricht's und wenn dich Gott nicht hält, so ist der Sturz geschehen. Du bist zornmütig von Natur, da legen dir deine Hausgenossen was in den Weg und dein Herz ist am Brausen. Du übtest gern Rache, aber du weißt nicht, ob du darfst; du stehst an einem Abgrund. „Lass dich hinab!“ ruft der Teufel, „du bist ja Gottes Kind, und zwischen Gottes Kindern und der Welt soll ja nicht Friede sein, sondern Schwert und Scheidung; gib deinem Eifer Raum!“ Er spricht's und ehe er noch ausgeredet, tobst du vielleicht mit Wut und Schnauben schon daher und häufst Sünde auf Sünde. Du steckst in bitteren Nöten. und bist des Lebens satt. Da stellt dich der Teufel auf das Dach deines Hauses, oder auf eine jähe Felsenwand oder ans Ufer eines tiefen Wassers. Ach Gott! ein schauerlicher Abhang, an dem du stehst. „Lass dich hinab!“ flüstert der Arge. doch graut dich's noch vor solchem Sprunge. Du möchtest gerne, „Was zögerst du,“ fährt der Versucher fort, „lass dich hinab! im Arm des Todes schläft sich's süß, und alle Not ist da zu Ende. Lass dich hinab, du stehst ja in Gnaden, und Gnade bleibt und Gnade weicht nicht, wenn auch Berge wichen; lass dich hinab und eile in die Heimat.“ So die Schlange. O fürchterlich! Du schwankst, du schaust hinunter, ja die Lust ist groß, der Drang ist stark, die Willigkeit vorhanden, und großer Gott! wenn nun die Hand der göttlichen Erbarmung nicht schnell dazwischen fährt, so ist der Sprung geschehen.

Der Satan machte dem Herrn Jesus den Vorschlag, er möge auf einem gottwidrigen Wege, nämlich durch einen selbsterwählten Sprung von der Tempelzinne, die Menschen überzeugen, dass er der Sohn Gottes sei. Mit ähnlichen Vorschlägen schleicht er sich auch wohl zu den Gläubigen. „Man zweifelt an deinem Gnadenstande,“ flüstert er uns zu, „man trägt Bedenken, dich unter die Kinder des Reichs zu zählen; beweise ihnen, wer du bist!“ Und nun ist's hohe Zeit zum Schwerte zu greifen gegen den Versucher, mit dem Worte ihm zu begegnen: „Der Herr kennt die Seinen“ und daran uns genügen zu lassen. Aber auch die teuersten Seelen geraten oft in solchem Falle in entsetzliche Irrwege: der in schändliche Lügen, indem er sich geistlicher Erfahrungen rühmt, die er wirklich nicht machte; jener in frevelhafte Geistestreibereien, indem er Stimmungen in sich erzeugen will, die der Herr alleine geben kann; dieser in lästerliche Verstellungen, indem er Gesalbtheit erheuchelt, die ihm für den Augenblick doch nicht geschenkt ist; jener in fatale Unlauterkeiten, indem er Taten tut im eigenen Geiste und dieselben doch als solche will angesehen wissen, die Gottes Geist durch ihn verrichtet habe. Und welche Gräuel könnten größer sein in Gottes Augen, als diese! Wie mag der Teufel höhnisch lachen, wenn es ihm gelungen ist, Kinder Gottes in solchen Unflat zu versenken.

„Lass dich hinab,“ sprach der Satan und mochte als Grund beifügen, dass er dadurch die Ausführung der göttlichen Ratschlüsse beschleunigen könne. Gar zu lieb wäre es ihm gewesen, wenn er im Herzen Jesu eine Ungeduld über das langsame Vorwärtsschreiten seines Erlösungswerkes hätte rege machen können. Und o wie gerne mag er auch die Gläubigen zu solcher Ungeduld reizen; wie gerne spornt er sie an, in selbsterwählten Übungen ihre Heiligkeit rasch zu vollenden und in schnellen Schritten hohe Stufen und Staffeln in der persönlichen Herrlichkeit ersteigen zu wollen. Wie gerne ruft er auch in dieser Beziehung ihnen zu: „Springt hinab und wählt den kürzesten Weg!“ denn es ist dem schlauen Gesellen wohl bewusst, dass solch ein Vorwärtslaufen nur ein Zurückgehen sei, weil es ein Abweichen ist vom Throne der Gnade und vom Blute des Lammes, und dass uns auf solcher selbsterwählten Straße keine Engel auf den Händen tragen, sondern dass unser Fuß an lauter Steine stoßen und wir in nichts als Lüge, Dünkel, Stolz und Selbstgefälligkeit hineingeraten werden. Sind es Zeugen und Prediger, o, wie gerne sieht er's, wenn ihnen die Zeit zu lange wird, bis Gott ihre Arbeit kröne, und wie gern nährt er diese Ungeduld in ihrem Herzen, wie gern ruft er ihnen zu: „Lass dich hinab von der Tempelzinne.“ Und welche Freude für ihn, wenn sie folgen und mit eigenem wilden Feuer die Bekehrung der Gemeine nun erzwingen wollen, wenn sie mit fleischlichem Rumoren danach trachten, die Leute sozusagen, im Sturm zum Himmelreiche hineinzutreiben, und weil es Gott nicht tut, sich selbst zu gürten, zu salben, und auszurüsten. Das ist dem Teufel ein Fest; denn er weiß, dass es nun am wenigsten gelinge und dass zu solchem dünkelhaften und selbstischem Treiben der Heilige Geist sich nicht bekennen werde. Leute, durch welche der Herr etwas ausrichten will, sind zerbrochene Werkzeuge, liegen still in ihres Gottes Händen und lassen sich von Jesu leiten, treiben, führen und regieren, und so gerät es besser; das Stürmen tut es nicht.

12. Gottes Wort als Satans Waffe.

„Bist du Gottes Sohn, so lass dich hinab!“ So der Teufel zu Jesu. In der Tat eine schwere Aufgabe. Aber Kinder Gottes, geschweige denn der Sohn Gottes selber, dürfen noch Größeres wagen. Petrus durfte getrost aus dem Nachen auf die brausenden Meereswogen treten, die drei Männer bei Daniel in die Flammen des Feuerofens; es war keine Gefahr dabei. Unsere Verheißungen gehen sehr weit, darauf kann man schon etwas unternehmen, und die göttliche Zusage, welche der Satan mit frommer Miene hervorhob, um Jesus damit zum Sprunge zu bewegen, ist noch lange nicht die stärkste. Allerdings ist den Engeln Gottes Befehl getan, dass sie uns auf den Händen tragen; als eine Leibwache und sichere Hut, auf deren Begleitung und Schutz wir in allen Wegen, die Gott uns gehen heißt, fröhlich zählen dürfen, sind sie uns zugesellt. Auf jene Verheißung hin hätte sich der Herr getrost in die Tiefe stürzen dürfen, aber er tat es nicht. Warum nicht? Er zog es vor, diesmal den natürlichen Weg zu wählen und die Treppe hinunterzugehen. Aus welchem Grunde? Weil der andere ihm von Gott nicht gewiesen war. Kaum war der satanische Vorschlag heraus, da trat gleich das göttliche Gebot vor Jesu Seele: „Nein, dachte das reine Lamm, für solche selbsterwählte Wege ist die Verheißung nicht gegeben,“ und sprach der Satan: „Es steht geschrieben: Der Herr wird seinen Engeln über dir Befehl tun,“ so begegnet Jesus dem Versucher mit gleicher Waffe aus der Rüstkammer des göttlichen Wortes. Er spricht: „Hinwiederum steht auch geschrieben, du sollst den Herrn deinen Gott nicht versuchen;“ und der Teufel war abermals geschlagen.

Was heißt denn Gott versuchen? Zuvörderst, wie wir gesehen, sich eigenwählerisch in Gefahr begeben, dass Gott uns rette. Zu solchen nichtswürdigen Schritten mag der Teufel uns gern verleiten, und hat zu diesem Zwecke die kräftigsten Gottesverheißungen auswendig gelernt, ob er damit uns überrumpele. Darum, wo irgendein Wort Gottes uns vorgehalten wird, um uns dadurch zu irgendeinem kühnen Schritte zu locken, so lasst uns fragen, ob dieses Wort auf diesen Fall auch passe und ob wir auch Befugnis haben, unter diesen Umständen desselben uns zu trösten. So wird uns bald klar werden, wer uns das Wort vorhält, und der Teufel wird uns so leicht nicht überlisten. Kommt einer, und spricht: „Steuere hinaus in diese tosende Brandung und rette den Bruder aus den Willen; denn es steht geschrieben: „So du durchs Wasser gehst, sollen dich die Ströme nicht ersäufen.“ Heißt es zu dir: „Steige in dieses brennende Haus und entreiße das schreiende Kind den Flammen,“ denn Gott hat gesagt: „Wenn du durchs Feuer gehst, so bin ich bei dir.“ Ruft es in deinem Herzen: „Gib diesen verhungernden Menschen nur deinen letzten Groschen, denn es steht geschrieben „Was ihr einem dieser Geringsten tut, das habt ihr mir getan:“ dann, Freund, lichte in Gottes Namen die Anker und tue also! Ein guter Engel redet mit dir und du darfst auf alle Hilfe hoffen. Tritt aber einer zu dir und spricht: „Komm, Freund, in diese lustige Gesellschaft; denn es steht geschrieben: „Der Herr bewahrt die Seelen seiner Heiligen.“ Heißt es zu dir: „geh' nur, wag's einmal und gib die Arbeit dran und feiere; denn es steht geschrieben: „Seinen Freunden gibt er's schlafend,“ so wisse, es ist der listige Teufel, mit dem du's zu tun hast. Antworte ihm: „Wiederum steht auch geschrieben, versuche Gott nicht!“ Und: „Wer sich mutwillig in Gefahr begibt, wird drin verderben.“

Teufelsschlingen, wie jene, aus dem Worte Gottes selbst zusammengedreht, gibt es noch manche. Dahin gehört denn auch jene verfluchte Anfechtung, wodurch er uns reizt, Versuche zu machen, ob dieser oder jener göttliche Ausspruch sich auch bewähre und also die Treue und Wahrhaftigkeit des Herrn gleichsam zu probieren, und ins Examen zu bringen. So soll ihm z. B. einmal ein abscheuliches Bubenstück gelungen sein mit drei Predigern. Denen hielt er Matth. 18 v. 20 vor die Augen: „Wo Zwei oder Drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen;“ und dann das andere Wort: „Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, warum es ist, dass sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel;“ und fragte dann: „Sollte dem wohl also sein?“ Da dachten die Prediger leider: „wir wollen's probieren!“ und setzten eine Stunde fest, da wollten sie zusammen sein und beten, dass der Herr persönlich erscheinen möge. Daran wollten sie erproben, ob er wahr geredet. Und sie fanden sich bei einander ein und huben an zu beten: „Erscheine Herr!“ Aber der Herr erschien nicht. Da schrie Der Teufel „Triumph!“ Der schwere Frevel war vollbracht. Hinterdrein ist der Herr ihnen freilich erschienen; aber in gar anderer Weise, als sie's erwartet hatten. Er ward ihnen wie eine Motte und Made, und ist hinfort kein Segen mehr, noch Licht, nicht Friede noch Freude gewesen bei jenen Männern bis an ihr Ende und ein geistlich Herunterkommen und Verfallen, dem nicht zu steuern war. Behüt uns Gott in Gnaden vor einem solchen Probierenwollen. Das leiseste Gelüste der Art, das sich in uns regt, sei uns ein sicheres Merkzeichen, dass es nicht geheuer um uns sei, und so laut und kräftig als wir können, lasst uns schreien: „Satan! es steht geschrieben: Du sollst den Herrn deinen Gott nicht versuche!“ Einer der gewöhnlichsten Satansstreiche ist der, dass er mit dem Worte Gottes selbst uns Misstrauen gegen dasselbe einzuflößen sucht. Wunderliche Dinge muss man da erleben. Da stellt er uns z. B. in einem Augenblick eine Menge unbedeutender Umstände aus der Bibel in den Blick: als, dass Paulus dem Timotheus schreibt, er möge ihm seinen Mantel, den er zu Troas gelassen, mitbringen, und der Art noch manche andere. Und indem er sie uns vorhält, fragt er hämisch: „Sind diese Worte auch vom Geiste eingegeben?“ Und dann schnell drauf: „So ist mithin nicht die ganze Bibel inspiriert.“ Und dann gleich weiter: „Was ist vom Geiste nun, was nicht?“ Und drauf zum Schluss: „Die Bibel ist ein loser Grund.“ Und in der Tat gelingt's ihm je und dann, mit solchen Gauklerkünsten auf Augenblicke wenigstens das ganze Bibelhaus uns über dem Kopfe in einander zu reißen, dass uns alles ungewiss und wankend wird, bis wir uns wieder besinnen können. Um das Wort Gottes uns zu verdächtigen, schlägt er nicht selten auch den Weg ein, dass er den einen und andern Ausspruch gerade dann blitzschnell uns vor Augen rückt, wenn in unserm Leben eben etwas sich ereignet, welches jene Sprüche zur Lüge zu machen scheint. Liegst du zum Beispiel der Verzweiflung nahe, in großen Nöten und bitteren Prüfungsleiden, und bleibt die Hilfe aus, so ist es vielleicht das Sprüchlein: „Wie sich ein Vater über seine Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, so ihn fürchten,“ an das er dich erinnert, und nun fragt er spöttisch grinsend: „Wo doch der Vater bleibe und sein Erbarmen, und die gerühmte Hilfe, wo sie doch stecke;“ und was sähe der Bösewicht lieber, als dass er die Seele dir mit Zweifelmut, Missglauben und Ungeduld besudeln könnte. Wenn du lange um etwas gefleht und mit Gott gerungen hast, sei es um Brot für deine hungernden Kinder, sei es um Rat in bitteren Verlegenheiten, sei es um ein wenig Linderung und Ruhe in deinen Schmerzen, oder um ein Tröpflein Trost in schweren Ängsten, und kannst es nicht erhalten, gleich ist der Teufel wieder da. „Sieh', spricht er, steht's nicht geschrieben: Alles, was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, wird er euch geben? Nun, frommer Beter, hast du den Schoß bald voll von Gottes Gaben?“ So spöttelt der Verruchte, und fürwahr! so der Herr nicht seine Hand hat über deinem Glauben, so wirst du diesen Feuerpfeilen unverwundet nicht entrinnen können.

Die gefährlichste Art, in welcher der Teufel das Wort Gottes als Waffe gegen uns handhaben kann, ist diese. Er reißt einzelne Aussprüche der Schrift aus dem Zusammenhange heraus, und statt sie nach der Regel des Glaubens zu deuten, gibt er sie abgerissen für sich, verdreht ihren Sinn, und sucht sie also den Leuten einzureden. Wenn nun irgendwo, so gilt es hier, mit gleicher Waffe ihm zu begegnen und gleichfalls mit dem Schwerte des Wortes wider ihn den Streit zu führen. Spricht er: „Es steht geschrieben: „Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden:“ darum lass die Zügel schießen, den Kessel überkochen;“ so heiße es dagegen: Und wiederum steht auch geschrieben: „Sollen wir in der Sünde beharren, auf dass die Gnade desto mächtiger werde? Das sei ferne! Wie sollten wir in der Sünde wollen leben, der wir abgestorben sind.“ Ruft der Teufel: Es steht geschrieben: „So tue nun nicht ich das Böse, sondern die Sünde, die in mir wohnt:“ darum beruhige dich, und sei nicht so mühselig um deiner Fehler willen; so heiße es dawider: „Und wiederum steht auch geschrieben: Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes?“ Gottes Kinder seufzen unter ihren Sünden. Spricht der Satan: „Es steht geschrieben: „So liegt es nun nicht an jemandes Nennen oder Laufen, dass er selig werde, sondern an Gottes Erbarmen.“ Drum bleib' nur in der Welt und in dem Taumel, bis Gott dich ruft; so heiße die Antwort: „Ich weiß es; aber wiederum steht geschrieben: „Schafft mit Furcht und Zittern, dass ihr selig werdet; denn Gott ist's, der in euch wirkt das Wollen und Vollbringen nach seinem Wohlgefallen.“ Ruft der Verschlagene: Es steht geschrieben: „Gott sind alle seine Werke bewusst von der Welt her;“ darum lasst ab zu flehen und zu beten, dein Teil ist dir beschieden. Was du empfangen sollst, empfängst du sicher;“ so heiße die Entgegnung: „Und wiederum steht auch geschrieben: „Bittet, so wird euch gegeben; denn wer da bittet, der empfängt.“ Spricht der Drache: Es steht geschrieben: „Das ist der Wille des Vaters, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, das er mir gegeben hat, sondern dass ich es auferwecke am jüngsten Tage;“ drum lebe wie du kannst, und tue, was dein Herz gelüstet. Was geht dich Moses an, du wirst bewahrt zur Seligkeit.“ So schreie du dagegen: „Hinwiederum steht auch geschrieben: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“ Siehe mein Bruder, so wirst du den Teufel entwaffnen und in der Stärke deines Gottes einen Triumph aus ihm machen und ihn zur Schau tragen öffentlich.

13. Das Zaubergesicht.

Der Kampfplatz verwandelt sich. Mit Blitzesschnelle wird der Sohn Gottes durch die Gewalt, die dem Satan über ihm gestattet war, von der Zinne des Tempels wieder hinweggerückt und auf den Gipfel eines hohen Berges hinübergezaubert. Doch nicht bloß dem Leibe nach, auch geistlicher Weise sah er sich plötzlich wie auf eine schwindelnde Turmspitze gestellt, und eine unendliche Aussicht voller Reiz und blendender Schönheit tat sich vor seinen inneren Augen auf, im Zauberspiegel eines wunderbaren Gesichtes. Was begibt sich. Schnell, wie man eine Hand umdreht, treten in der glänzendsten Beleuchtung alle Reiche der Welt in seinen Gesichtskreis, und alle Herrlichkeit, Pracht, Lust und Zierde derselben wird in den lockendsten Bildern und hinreißendsten Szenen an seinen Augen vorübergeführt. Die Schranken des Raumes und der Zeit weichen zurück, das Entfernte tritt nahe, das Verschlossene tut sich auf, das Verdeckte wird entschleiert, und zwar, wie Lukas sagt, in einem Augenblick. Ein unerhörtes Gaukelspiel. Einem glänzenden Gemälde vergleichbar, liegen die schönsten Gebiete der Erde vor ihm ausgebreitet, und um ihn her das reizende Panorama ihrer prachtvollsten Städte und herrlichsten Fürstensitze. Hier die stolze Roma, die sieggewohnte Herrin der Welt und die Herrscherin über Hunderte von Königen. Dort die Würzberge des Orients und Persiens liebliche Rosengärten; hier Ophir mit seinen reichen Goldgruben und Demantschachten, dort Indien, das Wunderland, glühend im Farbenschmucke eines unvergänglichen Lenzes, durchströmt von Milch- und Honigflüssen. Doch nicht Reiche bloß und Städte, noch andere Dinge traten vor Jesu Augen. Der Teufel zeigte ihm neben den Reichen der Welt auch der Welt Herrlichkeit. Was diese Welt nur Reizendes und Lockendes hat, was die Sinne vergnügt und entzückt, und was die Kinder dieser Welt ihr Paradies und ihren Himmel nennen, das alles sieht er vor sich liegen. Hier glänzende Lustschlösser, von den anmutigsten Gärten und Gefilden umgeben, dort Wagen und Rosse, Hofstaat und Dienerschaften; hier Galerien der Kunst und Tempel blendender Weisheit, dort Lorbeerkränze des Ruhms und Denkmäler der Ehre; prächtige Gelage hier in goldenen Prunkgemächern, dort festliches Gedränge unter bezaubernden Symphonien unter hinreißenden Musikchören; kurz alles, alles, was den Kindern dieser Welt das Herz im Busen hüpfen, das Blut in den Adern sieden und die Augen glühen macht in Freude und Verlangen, das rauscht in den anschaulichsten Bildern an seinen Blicken vorüber, und Gott weiß, was alles die reinen Augen Jesu da haben sehen müssen. Kein Schauspiel der Lust, kein sinnberauschend Bild wird der Satan vor ihm verschleiert gelassen haben.

Dem Ähnliches, was Jesu erfuhr auf der Spike des hohen Berges, erfahren auch wir zuweilen. Diejenigen namentlich unter unseren Brüdern, die von Natur ein lebhaftes Temperament besitzen, ein leicht entzündetes Gemüt und eine regsame Phantasie, werden ohne Zweifel von solchen Zaubergesichten etwas nachzusagen wissen. Leute dieser Art pflegt der Teufel am liebsten mit solchen Schlingen anzugehen, weil eben die reizbare Natur derselben und ihre lebhafte Sinnlichkeit ihm schon den gewissen Sieg zu versprechen scheinen; wenigstens gelingt es ihm, Leute von dieser Gattung weit leichter als andere auf seine Zauberberge hinauszuflügeln. Zur Erreichung dieses Zweckes bedient er sich gewöhnlich irgendeines äußern Mittels. Solche Mittel findet er z. B. im Gebiete der schönen Künste, insofern dieselben in den Dienst der Welt und der Sünde getreten sind, und da ist es bald ein anziehendes Gemälde, bald eine reizende Poesie, bald ein süßes Getön, oder eine bewegende Musik, vermittelst deren er sein magisches Wesen treibt.

So bedarf es oft nur etlicher Akkorde oder vereinzelter Töne, z. B. einer Flöte, die aus der Entfernung in zarten Schwingungen kaum vernehmbar in die Einsamkeit unserer stillen Kammer herüberschweben, und die Bezauberung ist sofort geschehen. Wie auf ein „Werde!“ der Allmacht liegt urplötzlich in einem Momente ein ganzes Paradies voll berauschender Glückseligkeit vor uns ausgebreitet, und wie durch den Riss eines verdeckenden Vorhangs streicht unser Auge in ein irdisches Himmelreich hinüber. Freuden unserer Jugend, denen wir längst Valet gegeben, treten uns mit einem Mal wieder in den entzückendsten Bildern nahe, und Genüsse, denen wir vielleicht seit Jahren schon durch die Gnade gekreuzigt und abgestorben waren, erscheinen uns wieder in der begehrenswertesten Gestalt, im reizendsten Lichte. Hier hängen Kränze vergänglicher Ehre; aber wie sind sie lieblich wieder, wie sind sie lockend; dort eröffnen sich uns Tummelplätze weltlicher Geselligkeit und eitler Unterhaltung; aber wie gefallen sie uns wieder, diese Zirkel; wie fühlt das arme Herz sich wieder hingezogen! Hier erschließen sich vor uns die leuchtenden Versammlungssäle der vornehmen Welt, erfüllt mit Klang und Sang, mit Saitenspiel und Reigen, und dort durcheilt der Blick die trügerischen Rosenauen weltlicher Kunst und süßer Dichterträume; kurz alles, was Schönes und Köstliches die Welt nur hat, wie auf einen Zauberschlag strahlt's plötzlich in den lebendigsten Bildern, Szenen und Gestalten in den Spiegel unserer Phantasie hinein; und wie eitel es an sich auch immer sei, wie nichtig und erbärmlich, es liegt ein Zauber darauf, ein Farbenspiel, ein Schmuck und Schmelz, als sähe man wirklich in ein Paradies hinüber, und das Meer der Sinnlichkeit, der Sehnsucht und der Begierden beginnt im Anblick solcher reizenden Gesichte zu wogen und zu wallen, als ob ein Sturm in seinen Tiefen wühlte. Siehe, in solchen Augenblicken stehst du auf den hohen Zauberbergen, und der Teufel zeigt dir die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit in einem Augenblick.

Und eben darum ist's um die weltliche Musik, wie sie sich heutzutage gestaltet hat, ein so gefährliches Ding, weil der Teufel sie so gern und glücklich zu benutzen weiß, um solche Augenblicke sinnlicher Berauschung herbeizuführen. In den Opern und Arien, Symphonien und Konzerten dieser Welt findet der Teufel ein mächtiges Zaubermittel, um uns die nichtige Erdenherrlichkeit zum Himmelreiche zu verklären. Erfahrene Christen haben es bekannt, dass sie, auf Momente wenigstens, vermittelst solcher von Gott gefallenen und vom Weltgeist eingegebenen Musik so mächtig und so unwiderstehlich vom Teufel seien bezaubert worden, dass sie, wie die Trunkenen, auf Augenblicke ihren Ausgang aus Ägypten hätten bedauern, und die Kinder dieser Welt, wenn auch nicht um seine Trinkstuben und Taumelkammern, doch um ihre feineren Genüsse und Freuden beneiden können. Ja, nicht selten ist diese gewaltigste aller Künste einer von den Fittichen, die uns durch Wirkung des Versuchers auf jene Zauberberge flügeln, wo die Reiche dieser Welt und ihre Herrlichkeit vor den Augen unserer Phantasie in ein Verklärungslicht, in einen goldenen Duft und Glanz sich hüllen, der alle Sinne in Traum, in Rausch und Taumel bringt, und der uns auf der Stelle überwältigen würde, wenn die allmächtige Gnade, unsere Mutter, uns nicht mit ihrem Schilde deckte.

14. Die satanische Zumutung.

In demselben Momente, da im Blendspiegel jenes Zaubergesichts, die Reiche dieser Welt vor Jesu Augen standen, wirft sich der Teufel in die Brust, und spricht, die Haltung schon verlierend, und trotz aller Affektionen von Majestät und Würde schon aus der Rolle fallend und sich selbst verratend: „Dieses alles ist mein, ich gebe es, welchem ich will; dir will ich's geben, so du niederfällst und mich anbetest.“ „Dies alles ist mein!“ Großer Gott, wie hört sich das so schrecklich an! Und leider! hier hat der Lügenvater wahr geredet. Durch einen heiligen Rechtsspruch Gottes ist sie sein geworden, die Welt, für welche einst der große Hohepriester nicht beten wollte. Er ist ihr Fürst, ihr Haupt, ihr Gott und Großherr. Das größte Volk auf Erden ist sein, und die meisten Seelen ziehen an seinem Joche. Die meisten Länder zahlen ihm den Zins und auf den Mauern der meisten Städte wehen seine schwarzen Fahnen. Wer kann sie zählen, die Hunderte von Millionen, deren Seelen er in tausendfachen Ketten und Banden der Sünde und Finsternis und in zahllosen geistlichen Kerkern und Klausen, sei es des Islam oder des Heidentums, der kräftigen Irrtümer des Talmud, oder der Satzungen der sieben Hügel, des himmelstürmenden Nationalismus oder der Pan- und Atheisterei verschlossen, verrammelt und gefangen hält. Ja, ohne prahlerische Anmaßung darf er es sagen: „Es ist alles mein!“ Denn das Wenige, das nicht sein ist, sondern Gottes, Diese Hütte in den Kürbisgärten, dieses Würmlein Jakob, dieser verachtete Hause Israel, verliert sich wie ein Nichts im Riesenstaate des gefallenen Engelfürsten, und verschwimmt in demselben wie ein Tropfen im unermesslichen Ozean! und was wäre in der Welt, das der Teufel nicht zur Erweiterung und Befestigung seines Reiches gewaltsam in Beschlag genommen und seinen satanischen Plänen Dienstbar gemacht hätte, zumal in diesen unsren Tagen. Sind nicht sein schon die meisten Kanzeln und Katheder, sein die Zeitungen und Tagesblätter, sein die Gesellschaften, sein die Wissenschaften und schönen Künste? Das alles hat er ja allmählig in den Dienst seiner Sache hinein zu ziehen gewusst. Wer handhabt die Poesie in jener Flut von Romanen und Komödien, die mit tausenden von Lügen und gottlosen Gedanken die Welt überschwemmen? Wer spielt und musiziert in jenen sinnlichen Opern und leichtfertigen Arien, in welchem die Tonkunst, die den Namen des Herrn preisen sollte, als eine gefährliche Seelenmörderin auftritt, und ein raffiniertes Gift in die Herzen hauchet? Wer hat sein Lager in den hochfahrenden Lehrgebäuden der neueren Philosophien, und führt von diesen Schanzen und Bastionen aus die verzweifelt bösen Streiche wider das Evangelium des Friedens? Wer hat ausgeheckt und auf den Markt gebracht die Modereligion der heutigen Zeit, dies süße, aus weichlicher Ästhetik und schlaffer, fauler, von Gott entfremdeter Moral gemischte Zaubertränklein, von dem die Leute in einen Schlummer fallen, aus welchem erst die Donner des Gerichts zu spät sie wecken werden? Ist es nicht der Lügenvater, die alte Schlange, der Drache aus dem Abgrund? Und verwundere sich nur keiner, dass der Teufel sogar von einem Geben spricht, welches in seiner Macht stehe: „Dies alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest.“ Es gibt auch satanische Schenkungen, wie es göttliche gibt, und es wimmelt die Welt von Menschen, die für ihre Genüsse, Schätze, Ehren, Titel und Würden dem Teufel den Dank schuldig sind. Ja, auch er hat seinen Sold und seine Prämien für die, so seiner Fahne folgen, und weiß ihren Eifer in seinen Diensten wohl zu vergelten, in mancherlei Weise, und nicht selten wird es ihm von Gott gestattet, verworfene Menschen so überschwänglich mit der Lust und Herrlichkeit dieser Welt zu überschütten und sie dergestalt auf den Fettweiden des fleischlichen Genusses herumzuführen, dass endlich selbst die letzte Spur der Menschlichkeit an diesen Gefäßen des Zorns sich verwischt und sie, wie das Vieh, zur Hölle fahren.

„Dieses alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest.“ So der Versucher zu unserm Herrn. Man denke, der Sohn des lebendigen Gottes soll anbetend der alten Schlange seine Knie beugen. Das ist die frechste und entsetzlichste Zumutung, die je in der Welt einem Wesen ist gemacht worden. Freilich erscheint sie als ein völliges aus der Rolle fallen, und mit der Verschlagenheit und List jenes größten Zauberers und Tausendkünstlers und eines so gigantischen Genies, wie der Satan ist, kaum vereinbar; aber man veranschauliche sich die missliche, fatale Lage, in welcher sich der Satan in jenem Momente befand, und sein unverschämtes, verfluchtes Ansinnen wird uns nicht länger befremden können. Die Schleier sind am Fallen, und der Teufel ahnt mit steigender Gewissheit, wen er vor sich habe. Die glänzenden Triumphe, die der Herr bis dahin über ihn und seine feinsten Künste davon getragen, lassen ihm kaum mehr einen leisen Zweifel übrig, dass Jesus der Christ sei. Auf das Äußerste verstimmt durch die missglückten Operationen gegen diesen großen Widersacher seines Reiches, und nicht minder bestürzt über die Gefahren, die seiner Herrschaft drohen, sinnt er mit Hass und Ungestüm auf einen letzten entscheidenden Streich; aber schon liegt die Reflexion in den Fesseln des Affekts gefangen, und alle Fassung und Besonnenheit ist in den Feuerwogen verzweiflungsvoller Wut, die sich wild und grässlich durch seine Seele wälzen, untergegangen.

Zwar tritt ihm jetzt erst, nachdem er über die Person seines Gegners gewiss geworden, der ganze Ernst und die verhängnisvolle Bedeutung des Kampfes ins Bewusstsein, und es ist ihm nicht verborgen, wie einer von ihnen fallen müsse. „Du,“ denkt er, „oder ich; entweder ich fange dich oder ich bin gefangen.“ Dem unerachtet aber ist sein letzter Anfall, wie viel Kunst und Macht er auch entwickle, von allen der ungeschickteste und wie der Sturm eines verzweifelnden Kämpfers, der seine Sache verloren gibt, und das Äußerste wagend, wild und blindlings in die Glieder der Feinde hineinbricht und sich selbst in ihre Schwerter stürzt. Der letzte Streich, den der Teufel wider Jesum führte, war ein Verzweiflungsversuch, bei welchem es im Grunde weniger darauf abgesehen war, den Sohn Gottes zu überlisten und aus dem Felde zu schlagen, wozu ja nicht viel Hoffnung mehr übrig war, als zu guter Letzt ihm noch eine empfindliche Schmähung und Beleidigung zuzufügen, und ihm wie mit einem verächtlichen Fußtritt zu verstehen zu geben, er müsse nicht denken, dass es ihm gelungen sei, seinem Feinde den Nacken zu beugen. In solcher verzweifelten Gemütsverfassung und vor Ingrimm schäumend, beginnt der Teufel sein magisches Gaukelspiel, rückt seinem Gegner seinen Zauberspiegel vor die Augen, eröffnet ihm eine Aussicht nach der andern in die reizendsten Lustgebiete der Welt und ihre Herrlichkeit und schreit ihn an mit grinsendem Hohn und wilder teuflischer Verachtung: „Sieh da, das alles dort, den ganzen Schmaus, die lustigen Sachen alle, die dir ja munden werden, die sollst du haben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Auf denn, erraffe die süße Beute! Nieder in den Staub und huldige deinem Herrn und Monarchen!“

Es ließe sich allerdings auch annehmen, der Teufel habe aus dem Umstande, dass Jesus die von ihm begehrten Wunderbeweise verweigerte, den Schluss gezogen, er sei der Gottmensch nicht, sondern nur irgendein großer Heiliger, aber immer doch ein Mensch, dem er als solchen wohl schon ein Mehreres zumuten, und unverlarvter, gröber und derber kommen dürfe; indessen scheint die oben angedeutete Erklärung näher zu liegen. Die satanische Zumutung war, wie gesagt, ein Akt der Verzweiflung, und mehr nur ein Ausbruch lästernder Wut und teuflischen Hohnes, als eigentliche Versuchung. Auch die Gläubigen haben oft vom Teufel ganz dasselbe zu erleiden, was ihr Meister erlitt in der Wüste, indem der Arge auch sie mit den gräulichsten, gottlosesten Zumutungen verfolgt und ihnen Gedanken durch die Seele jagt, so lästerlich und abscheulich, dass sie schaudernd davor zusammenbeben. Aber nur getrost und unverzagt, ihr angefochtenen Seelen! Dass der Teufel mit solchen Faustschlägen und Fußtritten euch zusetzt, geschieht aus purem Verdruss und Ärger, dass es ihm nicht gelingen will, euch zu verschlingen. Seht diese Anfechtungen an als das Wutschnauben eines ohnmächtigen Feindes, der, weil er mit Schwert und Schlinge euch nicht beikommen kann, mit Kot und Unflat nach euch wirst, um euch wenigstens zu ärgern, und, weil es in einer andern Art nicht gehen will, in dieser Weise seinen Ingrimm an euch zu kühlen.

15. Des Kampfes Ausgang.

Kaum hatte Jesus die lästernde Zumutung vernommen, kaum einen Blick in das Schauspiel der Herrlichkeit und Lust getan, die der Teufel ihm anzubieten die Frechheit hatte, da ist es ihm völlig klar, mit wem er es zu tun habe. „Das sind deine Güter, deine Reiche,“ denkt er, „und Anbetung forderst du? Du bist verraten, schlauer Geist, die Larve ist gefallen, ich kenne dich.“ Mit Abscheu und Verachtung wendet sich die heilige Seele des unbefleckten Hohenpriesters hinweg von den Bildern der Eitelkeit und Lust, die der Satan ihm vorgezaubert. Er greift zum ehernen Schilde des Wortes Gottes, an welchem alle Feuerpfeile des Bösewichts auslöschen, und spricht mit der Majestät des Eingebornen, dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden: „Hebe dich weg von mir, Satan! denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn deinen Gott, und ihm allein dienen.“ Da wagte der Teufel nicht zum zweiten Male von Anbetung zu sprechen, er war geschlagen, der Kampf geendet und das Lamm Gottes rein, ohne Fehl, siegreich und mit Triumph hervorgegangen. Im Gehorsam des Glaubens, mit dem Geistesschwerte des geschriebenen Worts hatte er den Drachen völlig in den Staub gelegt.

Die Anfechtung, die Jesus hier so siegreich bestand, kommt nicht selten auch im Leben seiner Kinder vor. Wir redeten vorhin davon, wie der Teufel auch uns zuweilen in seinem Zauberspiegel die Reiche dieser Welt und ihre Herrlichkeit in einem Augenblicke zeigen könne. Ach ja, auch die Heiligsten auf Erden werden es bekennen müssen, dass auch im Leben der Kinder Gottes mitunter wieder Stunden und Momente kommen können, da tausenderlei Freuden und Genüsse, Güter und Verhältnisse, denen sie durch Gottes Gnade schon längst sich völlig abgestorben glaubten, plötzlich wieder, vom reizendsten Zauberlichte umflossen, den Augen ihrer Phantasie sich darstellen. Da wird's denn wieder ungestüm und stürmisch auf dem Meer der Sinne und Begierden, und der Teufel lässt alsdann nichts unversucht, um in diesen Fluten die arme Seele vollends zu ersäufen. In solchen Augenblicken heißt's dann auch zu uns rasch, unversehens, ehe wir uns besinnen können: „Dieses alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest.“ Und siehe! nur um ein Kleines ist's da oft zu tun, um alle jene Herrlichkeiten und goldene Berge zu gewinnen, nur um ein geringes Vergehen, das vielleicht niemand je erfährt, nur um einen schnellen Fußfall vor dem Argen, nur um eine flüchtige Huldigung und alles ist unser. Und ach, ihr Lieben, David und Salomo sind nicht die einzigen unter den Gotteskindern geblieben, die diesen Fußfall taten, um einmal wieder aus dem Taumelkelch der Weltlust einen Trunk zu tun. Doch in welcher Weise dieser Fußfall geschehen möge, wir haben Mitleid mit diesen unterliegenden Brüdern und verachten sie nicht. Nein! wir verachten sie nicht; denn wir kennen unser Herz, wir wissen, was wir sind, wie der Arge einem so schön die Welt vor die Augen malen und ihre Eitelkeiten so reizend färben kann. Wir wissen das und seufzen alle Stunden: „Herr, führe uns nicht in Versuchung!“

Freilich, zu verkennen ist der Arge nicht, wenn er mit solchen Zaubergesichten und unverschämten Zumutungen wider uns anrückt. Die Genüsse und Schätze, die er lobrednerisch uns anbeut, die Mittel und Wege, die er zur Erlangung derselben uns vorschlägt, verraten ihn. In Versuchungen dieser Art kommt er nicht in Lichtengelsgestalt, sondern ohne Maske und unverkleidet, plump und offen, keck und derbe. Da weiß man schnell, mit wem man es zu tun hat, und das macht den Streit schon leichter. Unverwundet, wie Jesus, werden wir den Kampfplay freilich wohl nie verlassen, ohne alle Regung einer sündlichen Lüsternheit werden wir wohl selten den Blick von jenen reizenden Zauberbildern zurückwenden. Aber wohl uns, wenn wir nur entrinnen, ehe die Lust empfängt und gebiert und ungeschlagen und unzertreten den Plan verlassen.

Die Waffe, mit welcher Jesus den letzten Sturm des Versuchers ohne Mühe zurückschlug, sei in ähnlichen Anfällen auch die unsrige: „Es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn deinen Gott und ihm allein dienen.“ An diesem Worte, wo es als ein Wort Gottes umfasst und im Glauben wider den Bösewicht ausgesprochen wird, werden seine stärksten Lanzen zersplittern, wie Halme, und so oft er diesen Panzer um unsre Brust wird blitzen sehen, wird ihm sofort die Hoffnung schwinden, auch nur zur geringsten Huldigung und zum flüchtigsten Fußfall uns bewegen zu können.

„Da verließ ihn der Teufel, und siehe, es traten Engel zu ihm und dienten ihm!“ das war der endliche Ausgang des großen verhängnisvollen Kampfes; und fürwahr, wohl nie möchte der Teufel in unglückseligerer Stimmung einen Kampfplatz geräumt, wohl nie mit so zerrissener und ergrimmter Seele einen Gegner verlassen haben, als er damals den furchtbarsten Widersacher seines Reichs verlassen musste. So gar aufs Haupt geschlagen und mit solcher Schande bedeckt, die Waffen strecken zu müssen, das war ihm ebenso unerträglich, als ungewohnt. Wie eine finstere Wolke der Nacht, die der Sturmwind treibt, stürzt er davon, die Augen feurig rollend und verzweifelnd mit den Zähnen knirschend, und zu den Bergen und Hügeln hätte er schreien mögen, dass sie über ihn herfielen und ihn bedeckten vor dem Angesicht der Höhe und des Abgrunds, dass er nur nicht vernähme den Triumph der Engel über ihn, noch hören möchte das dumpfe Gemurr und Klagegeheul der höllischen Geister über solche Schmach und Niederlage.

Unserem Herrn aber ist wohl. wie wohl mag ihm gewesen sein, da er nach einer vierzigtägigen schauerlichen Verlassenheit nicht in der Wüste bloß, nein mitten in der Obrigkeit der Finsternis (denn 40 Tage, sagt Lukas, ward er versucht) nun plötzlich wieder in sein Element zurückversetzt unter den lieben Gottesengeln sich wiederfand, die gekommen waren, dem großen Überwinder zu huldigen und zu dienen. Da war erfüllt, was einst im prophetischen Geiste der sterbende Jakob ausrief: „Juda ist ein junger Löwe. Du bist hoch kommen, mein Sohn, durch große Siege. Er hat niedergekniet und sich gelagert wie ein Löwe, und wie eine Löwin; wer will sich wider ihn auflehnen?“ Diese Ruhe war indes noch nicht des Kampfes Ende, sondern nur ein kurzer Waffenstillstand. Der Satan, bemerkt Lukas, wich von ihm eine Zeitlang. Es währte nicht lange, so stand er wieder in voller Rüstung gegen Jesum auf dem Plane, und er hat ihn verfolgt mit seinen Schlingen und Geschossen, bis ihn der große Simson auf Golgatha mit seinem eigenen Fall erschlug und ihm für ewig das Zepter aus den Händen riss. Als das Blut des Lämmleins Gottes das Holz des Fluches färbte, da war der Schlange völlig erst der Kopf zertreten.

Auch unser Leben, ihr lieben Kreuzgenossen, es wird ein Streiten sein bis an das Ende. An Rasttagen und Feierstunden wird es auch uns nicht fehlen in der Wüste; aber der volle ununterbrochene Sabbat harrt unsrer jenseits. So lange wir in diesen Pilgerhütten wohnen, wird der Teufel sein Schwert nicht in die Scheide stecken, und der brüllende Löwe nicht aufhören, umherzugehen und zu suchen, welchen er verschlinge. Und wenn er es auch aufgeben müsste, uns zu überwältigen, so wird er's darum nicht unterlassen, seinen Ingrimm an uns zu kühlen und durch Fußtritte und Faustschläge mancherlei Art seinen Hass und seine Verachtung uns fühlbar zu machen. Wir aber fürchten uns nicht; „Gott sei gedankt,“ frohlocken wir mit Paulus, „der uns allezeit Sieg gibt durch unseren Herrn Jesum Christum.“ Die Siege unsers Bürgen sind alle unser durch den Glauben. Wir haben schon gesiegt vor dem Kampfe, wir triumphieren schon, wenn auch das Feld noch stäubt vom Streite, und die Feuerpfeile zu tausenden noch unser Haupt umschwirren, und auch im Unterliegen sind und bleiben wir die Sieger und überwinden weit in dem, der uns geliebt hat. Glückselige Wahrheit, teuerwerter Glaube! Wo dieser Glaube lebt, da kann's auch an Mut nicht fehlen, wenn die Schlachttrompeten schmettern; und sänke man im Streit, in diesem Glauben sind die Knie bald wieder aufgerichtet. O wohl dir denn, Israel, wer ist dir gleich? Volk, das du durch den Herrn selig wirst, der deiner Hilfe Schild und das Schwert deines Sieges ist. Deinen Feinden wird's fehlen an dir; du aber wirst auf ihren Höhen einhertreten.

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