Krummacher, Friedrich Adolph - Der Hauptmann Cornelius - IV.

Krummacher, Friedrich Adolph - Der Hauptmann Cornelius - IV.

„Die Geschichten des Volkes Gottes“ - so schreibt unser Kirchenvater Luther - „sind von den Historien und Geschichten aller Heiden also fern zu scheiden, wie fern der Himmel vom Erdreich abgeschieden ist. In den Geschichten der Heiden mag man sehen die Größe oder Kleinheit der Werke; aber in dieser Geschichte ist das einige zu verwundern und zu ehren, nämlich das Wort Gottes, durch welches Leitung und Willen alle Dinge vollendet werden und geschehen. Darum sie auch mit Recht heilige Historien genannt werden, nicht dass sie von heiligen Menschen geschehen, sondern dass sie nach dem heiligen Wort Gottes, welches alle Dinge heilig macht, und durch seinen heiligen Namen, und anstatt Gottes vollbracht werden.“ Darauf müssen wir besonders merken, um zu erkennen, welchen großen Schatz uns der Evangelist Lukas in seiner Apostelgeschichte hinterlassen hat. Sie ist nicht sowohl Geschichte der Apostel, als vielmehr des Wortes Gottes, des Evangeliums, wie es nun an der Hand dessen, der es gesendet hat, seinen Gang zu aller Kreatur beginnt, um sie durch den Glauben, ohne Zutun des Gesetzes und der Werke, gerecht und selig zu machen. „So finden wir in diesem Buch bei einander, beide die Lehre vom Glauben, und auch die Exempel des Glaubens.“ Zugleich sehen wir in diesen Geschichten die menschliche Herablassung und Zutätigkeit Gottes unsers Heilandes zu den Menschen, um in ihnen das neue Leben zu wecken und zu befestigen. Wie sanft und wie mütterlich nimmt er in unserer Geschichte seines treuen widerstrebenden Dieners und Boten, und derer sich an, die nach ihm verlangten, und zu welchen er jenen sandte, und erfüllt also an seinen Auserwählten die zärtliche Verheißung: „Ich will es tun; Ich will euch heben, tragen und erretten.1)

Apostelgeschichte X, 17-23.
Als aber Petrus sich in ihm selbst bekümmerte, was das Gesicht wäre, das er gesehen hatte, siehe, da fragten die Männer, von Cornelio gesandt, nach dem Hause Simons, und standen an der Thür; riefen und forschten, ob Simon mit dem Zunamen Petrus allda zur Herberge wäre? Indem aber Petrus sich besinnt über dem Gesichte, sprach der Geist zu ihm: Siehe, drei Männer suchen dich: Aber stehe auf, steige hinab, und ziehe mit ihnen, und zweifle nichts; denn ich habe sie gesandt. Da stieg Petrus hinab zu den Männern, die von Cornelio zu ihm gesandt waren, und sprach: Siehe, ich bin es, den ihr sucht: was ist die Sache, darum ihr hier seid? Sie aber sprachen: Cornelius, der Hauptmann, ein frommer gottesfürchtiger Mann, und gutes Gerüchts bei dem ganzen Volk der Juden, hat einen Befehl empfangen vom heiligen Engel, dass er dich sollte fordern lassen in sein Haus, und Worte von dir hören. Da rief er sie hinein, und beherbergte sie.

In dem letzten Abschnitt unserer Geschichte haben wir gesehen: wie der Ratschluss und das Geheimnis Gottes von der Berufung der Heiden und von der Beseligung der ganzen Menschheit durch das Evangelium, dem Apostel Petrus in einem Gesicht vom Himmel offenbart wurde, und wie also dieses große Gnadenwerk, diese neue Schöpfung, gleich der Erschaffung des ersten Menschen, oben, im Himmel begann, um auf Erden bei den Menschenkindern vollbracht zu werden. Diesen Anfang und den Fortgang des göttlichen Werkes auf Erden haben wir nun zu betrachten.

1) Petrus war in ihm selbst bekümmert, was das Gesicht wäre;

er befand sich in Ungewissheit und Zweifel über dessen Bedeutung. Das Gesicht war eine sichtbare sinnbildliche Offenbarung, oder Darstellung, Abbildung einer Tatsache, die noch geschehen, und wozu Petrus den Anfang machen sollte. Vor Gott ist das Zeitlich entfernte schon da, wie vor Ihm das Zeitlich vergangene noch da ist; bei Ihm ist nicht Gestern noch Heute, sondern Tausend Jahre, sei es der Vergangenheit oder Zukunft, sind vor Ihm wie Ein Tag.

„Aber der Herr, spricht Amos, tut nichts, er offenbare denn sein Geheimnis, seinen Knechten, den Propheten.“ Und diese sind deshalb, wie sie genannt werden, Seher, Schauer, ehe sie als Propheten, d. h. Sprecher Gottes auftreten. Er lässt sie sehen, was vor den Augen anderer Menschen geheim ist, d. i. gleichsam in dem Hause Gottes verborgen, daheim gehalten wurde.

Jedoch ohne Dunkel pflegt sich die Herrlichkeit Gottes nicht zu offenbaren. Wie könnt es anders sein. Bei unserer menschlichen natürlichen Schwachheit, die an sich nicht begreift, was des Geistes Gottes ist, und bei der Tiefe der Gedanken und Offenbarungen Gottes! Ja, fürwahr, seine Gedanken sind tief, sehr tief, tiefer denn die Hölle, sagt die Schrift2) - tief und umfassend, und zugleich einfach, wie das Meer. Wie einfach und groß, zugleich wie tief und umfassend ist jenes Gesicht Jakobs von der Himmelsleiter, die von der Erde bis zum Himmel reichte, und bei deren Anschauen der Erzvater ausrief: „Fürwahr, diese Stätte ist heilig! Hier ist Gottes Haus! Hier ist des Himmels Pforte!“ Denn hier war das irdische Kanaan, das zeitliche Zion, der Weg zu dem himmlischen - hier die Stätte, wo der Sohn Gottes, das Licht und Leben der Welt zur Erde kam, und die Engel Gottes auf ihn herab und hinauffuhren3). - Wie tief und erhaben, wie einfach und umfassend war jene Offenbarung, welche dem Elias auf dem Berg Horeb geschah, da erstlich der Sturm, der die Felsen zerriss, dann Erdbeben und Feuerflammen vor dem Herrn hergingen, und nun Er selbst kam in sanftem Sausen, und so dem eifernden Propheten den Gang seiner eigenen verborgenen wunderbaren Weltregierung, und zugleich den Weg, den Elias sein Knecht wandeln sollte, kund tat.

Die Gesichte, in welchem Gott zur Zeit des Neuen Bundes seine Wege und Ratschlüsse offenbarte, sind einfacher und minder verhüllt, als die des Alten Bundes; sie gleichen an Einfalt und Klarheit den freundlichen Gleichnisreden Jesu. So gleicht das Gesicht des Petrus dem Netz voll allerlei Fische, womit der Herr sein Himmelreich auf Erden verglich, und das mit Tieren von allerlei Art angefüllte, vom Himmel herab und wieder hinaufschwebende Tuch bedeutete die große Veranstaltung der Gnade Gottes, wodurch alles, was im Himmel und auf Erden ist, unter Ein Haupt, zu Einer Familie Gottes im Geist versammelt und verfasst werden sollte4).

2) Petrus war bekümmert um das Gesicht, das er gesehen hatte.

Zwar er erkannte es wohl für eine Offenbarung des Herrn; aber dessen Bedeutung war ihm verborgen. Es war etwas in ihm, das dem Licht Gottes und der vollen Erkenntnis der Wahrheit entgegenstand, in ähnlicher Weise, wie vormals bei dem Fußwaschen. Hier war es das, von Kind auf in ihm genährte, Vorurteil seines Volkes und für sein Volk. Dies fesselte ihn noch zu sehr an den heimatlichen Boden, auf welchem er geboren und erzogen war. Er hielt sich fest an das, was er hatte, an das Gesetz, oder, welches hier auf eins hinauskommt, an seine menschliche, in Hinsicht des Gesetzes und der Gnadenanstalt Gottes jetzt poch beschränkte Einsicht. Keineswegs aber können wir die Bedenken des Apostels in Vergleichung stellen mit den Vernunftweisen, welche, von Stolz und Selbstsucht verblendet, die menschliche Vernunft und die göttliche Offenbarung, als ob sich gegenseitig aufhebend, einander entgegensetzen, weil sie sich dem Gehorsam des die Vernunft läuternden und verklärenden Glaubens nicht unterwerfen wollen. Nein, Petrus meinte hier nicht, was menschlich ist; sondern die göttlichen Offenbarungen und das Gesetz des Alten Bundes standen in ihrer Majestät vor seiner Seele, also dass er die allumfassende Gnade und Leutseligkeit Gottes nur noch nicht in ihrer vollen Klarheit erblickte.

Und in der Tat, es war auch nichts geringes, die Breite und die Länge, die Tiefe und die Höhe des unausforschlichen Reichtums Christi zu begreifen, wodurch alles neu werden sollte. Freilich hatten alle Propheten die neue Zeit geweissagt, und Petrus selbst in seiner Pfingstrede, getrieben von dem heiligen Geiste, es ausgesprochen. Aber, so wie die Jünger die Auferstehung des Herrn, obwohl er sie ihnen oftmals vorhergesagt, als sie geschah, nicht zu glauben vermochten, so konnten sie es nicht fassen, als es nun geschah, dass er auch der Heiden Licht und Leben werden sollte. Und so müssen selbst die Apostel von unserer armen Menschlichkeit Zeugnis geben!

Petrus war ein wiedergeborener Zögling des Heiligen Geistes, ein treuer Jünger des Herrn; aber darum noch nicht der Mann nach dem Maße des vollkommenen Alters Jesu Christi, und die Geburt des neuen nach Gott erschaffenen Menschen deshalb noch nicht in ihm vollendet. Das ewige Leben, welches nach dem Ausspruch Jesu5) in der Erkenntnis des allein wahren Gottes und dessen, den er gesandt hat, besteht, kann in einem endlichen Wesen, wie jedes andere Leben, sich nur stufenweise, in fortwährender Buße und Glauben, entwickeln. Also auch bei Petrus. Noch war die Decke Mosis nicht ganz von seinen Augen hinweggetan, und mit Gewalt sollte sie nicht zerrissen werden; eben weil Petrus ein gläubiger Jünger des Herrn und ein Kind Gottes war. Darum bedurfte es bei ihm nicht, wie bei dem schnaubenden und drohenden Pharisäerschüler Saulus, eines blendenden und zermalmenden Lichtstrahls vom Himmel, sondern nur eines, das Licht verhüllenden Gleichnisses von oben. Wo ein Anfang ist, da findet sich auch der Fortgang; wie im Reiche der Natur, also auch in dem Reich der Gnade. Wie das keimende Samenkorn sich, vom Lichte belebt, durch die harte Schule hindurchdrängt, um an das Licht zu kommen; so war in Petrus ein Bekümmertsein, ein Zweifeln und Verlangen: was das Gesicht wäre, das er gesehen hatte.

3)

Indem er nun also fortfuhr, zu denken und nachzusinnen über das Gesicht - siehe, da fragten die Männer, die von Cornelius gesandt waren, nach dem Hause Simonis und standen an der Türe, riefen und forschten, ob Simon, mit dem Zunamen Petrus, allda zur Herberge wäre?

In dem Wort Gottes, und in den einfachen Erzählungen der Evangelisten, die sich, mit einigen Ausnahmen bei Johannes, alles eigenen Zusatzes enthalten, kann auch kein Wörtlein: Siehe! vergeblich stehen. Hier erkennen wir leicht das Bedeutsame. Diese Männer, die beiden Hausknechte und der Kriegsknecht, waren die Werkzeuge in der Hand des Herrn, die wider ihr Wissen und Wollen den Apostel zu der höheren Lebens- und Glaubensstufe (denn beides ist eins) führen sollten. Eben zu rechter Zeit, da Petrus bekümmert war und sich hin und her besann, kommen sie und fragen nach ihm. Zufällig, würden wir sagen in der Sprache des gemeinen natürlichen Lebens. Aber einen ganz andern Sinn empfängt dieses Wort, wenn wir dabei auf den Mund des Herrn sehen, welcher spricht: es falle kein Sperling auf die Erde ohne den Willen des Vaters im Himmel, und kein Haar vom Haupt, oder, wenn er sagt, dass denen, die zuerst nach dem Reich Gottes trachten, alles andere, dessen sie bedürfen, zufallen werde. Zufällig heißt also entweder: „ohne allen Zusammenhang“ und dann sagt das Wort nichts; oder es heißt: im unsichtbaren Zusammenhang mit dem Oben, von wannen alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe herabkommt, und Laub und Gras, Regen und Dürre, fruchtbare und unfruchtbare Jahre, Gesundheit und Krankheit, nicht von ohngefähr, sondern aus väterlicher Hand uns zufällt. Der Christ kennt keinen andern Zufall, als diesen.

Die drei Männer kamen. Der Herr hat in seinem Reiche mancherlei Boten und Diener; am liebsten bedient er sich der nächsten, natürlichen und unscheinbaren. Denkt nur an Abraham, an Joseph in Ägypten, an David, den er von den Schafen herbeirief. Seine meisten Apostel berief er aus Galiläa von den Fischernetzen, und machte sie zu Menschenfischern und Engeln seiner Gemeinen. Die Bekehrung Samariens begann mit einem Weib bei einem Wasserkrug am Jakobsbrunnen.

Warum wollen wir denn törichter Weise die menschlichen, kaum halb verstandenen Wörter: natürlich und übernatürlich einander entgegensetzen in dem Reich, wo beides eins ist - in dem Reich des Gottes, von welchem, durch welchen und zu welchem alle Dinge sind, und der sowohl den Regen und Schnee, als das Wort sendet, das von seinem Munde ausgeht. Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen, und umgekehrt, Feuerflammen zu seinen Dienern und Stürme zu seinen Boten.

Hier sind es zwei heidnische Hausknechte und ein römischer Soldat, die zu einem erleuchteten Apostel gesandt werden, um dessen Zweifel zu lösen, und ihm den Weg zu öffnen, den er gehen soll. Der Herr gibt einfältig und rückt es niemand auf. So waren es oft in dem Leben der Gläubigen, die unscheinbarsten Fügungen, oder ein - wir sagen zufälliges Zusammentreffen - mit andern Menschen, die ihnen zuerst die Augen und das Herz auftaten zum neuen Licht und Leben. So erscheint uns das ganze Leben und Wirken des Sohnes Gottes auf Erden, und das Zusammentreffen mit denen, die bei ihm ihr Heil fanden, ja selbst die Wahl seiner meisten Apostel, als ein Werk des Zufalls. Denn warum muss eben der blinde Bartimäus am Wege fitzen und Matthäus in der Zollbude, während der Herr vorübergeht; und die Samariterin zum Jakobsbrunnen kommen, während Jesus da sitzt und auf seine Jünger wartet?

Ach, das Heidentum hat sich auch in unsere Sprache eingeschlichen - ober vielmehr denn die Heiden haben nie die Offenbarung des Göttlichen geleugnet, weil die Gnade Gottes erschienen ist, hat die Welt, die ihn nicht kennt, ihr die Natur entgegengesetzt.

4)

Die Erscheinung und der Zuruf der drei Männer machte vorerst einen Stillstand in der Bekümmernis und dem Besinnen des Apostels. Sie nannten seinen Namen, er sah sie von der Zinne des Hauses; sie wurden gleichsam ein ergänzender Teil des Gesichts, das er gesehen hatte. Petrus besann sich von neuem. Da sprach der Geist zu ihm. Welcher Geist? Der Geist, welchen der Herr seinen Jüngern, als den Ratgeber, Lehrer und Tröster an seiner Statt verheißen hatte, der Geist der Weisheit und Offenbarung zu seiner Selbsterkenntnis, der da gibt erleuchtete Augen des Verständnisses, um zu erkennen, welches da sei die Hoffnung unsers Berufs, und der Reichtum seines herrlichen Erbes an den Heiligen!6) Der Heilige Geist, der nun, als der unsichtbare Stellvertreter des Herrn, die Apostel leitete, wie er selbst sie sichtbarlich geleitet hatte; dieser sprach zu Petrus: „Siehe, drei Männer suchen dich. Wohlan, stehe auf, und ziehe mit ihnen, und zweifle nichts; denn ich habe sie gesandt.“: Das war ein Nachklang von dem, was der Herr nach seiner Auferstehung zu Petrus gesagt hatte: „Weide meine Lämmer! Weide meine Schafe!“

Welch ein wichtiger Beruf, des Evangeliums Bote zu werden! Das Wort des Friedens und der Freude heilsbegierigen Seelen zu verkündigen! Wie lieblich sind die Füße derer, die da Frieden, die Gutes verkündigen! Der Heilige Geist hat dieses Amt, das die Versöhnung predigt, gestiftet; der Heilige Geist, der da Zeugnis gibt unserm Geist, kann auch allein die Kraft dazu geben. In den einfachen Worten, welche der Geist zu dem Apostel redet, liegt, wenn wir sie, wie jenes Gesicht, geistlich deuten und verstehen, die ganze Bestimmung des Amts, dass die Versöhnung predigt. „Siehe, Männer suchen dich“ es ist ein Verlangen nach dir, nach dem Worte deines Mundes, als eines berufenen Zeugen der Wahrheit. Dir ist vertraut, wodurch du das Sehnen und Seufzen nach der Freiheit der Kinder Gottes stillen, und den Elenden helfen kannst. So stehe auf! als fertig zu treiben das Evangelium, erhebe dich zum Dienst des Herrn, so wird Christus dich erleuchten, auf dass du Andere erleuchten und von den Banden der Finsternis erlösen könnest. Steige hinab zu denen, die nach dem Licht der Wahrheit und dem Wort des Lebens verlangen, zu den Mühseligen und Beladenen, zu den zerknirschten und zerschlagenen Herzen, zu dem glimmenden Tocht und zu dem zerstoßenen Rohr. Da sollst du mit dem Balsam aus Gilead, der dir anvertraut ist, helfen, lindern, Schmerzen stillen, verbinden, heilen. Ziehe mit ihnen! Diene ihnen mit der Gabe, die du empfangen hast, opfere ihnen dein Leben und alles, was du hast, wie dein Herr und Meister getan hat. Ziehe mit ihnen, wie ein Moses vorne an, durch die Wüste der Sünde und des Todes zu dem himmlischen Kanaan, dem Kleinod entgegen, welches uns vorhält die himmlische Berufung in Christo Jesu; mit ihnen durch die enge Pforte auf dem schmalen Weg, der zum Leben führt und zu der Krone des Lebens! Und zweifle nichts. „Ein Zweifler ist unbeständig in seinem Wesen, gleich der Woge des Meers, die vom Wind getrieben und geweht wird. Solcher denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen wird.“ Zweifle nichts, fürchte nichts, glaube nur. - Zweifle nichts, auch dann nicht, wenn sie spotten und die Nase über dich rümpfen, und des Wortes ihren Spott haben, und dich von einer Stadt in die andere treiben! Zweifle nicht, wenn du auch scheinst ganz vergeblich zu arbeiten, und auch kein einzig Samenkörnlein ein grünend Hälmlein keimt. Zweifle nichts, glaube nur. Der Glaube ist es, der die Welt überwindet.

So liegt in diesen Worten, die dem Apostel befehlen, was er zunächst tun solle, zugleich die ganze Bestimmung des evangelischen Lehr- und Predigtamts. Wie groß und wichtig ist der Umfang und das Ziel des Berufs, ein Bote des Herrn zu sein, und ihm den Weg zu den Herzen derer zu bereiten, die er gekommen ist zu suchen und selig zu machen. Nur der Geist, der dazu beruft und aussendet, kann auch die Kraft und das Vermögen dazu geben. Wie tröstlich ist darum die Verheißung: So ihr, die ihr arg seid, euern Kindern könnt gute Gaben geben, wie viel mehr wird euer himmlischer Vater seinen heiligen Geist geben denen, die ihn darum bitten!

5)

Nun stieg Petrus hinab zu den Männern, die von Cornelio zu ihm gesandt waren, und sprach: Siehe, ich bin es, den ihr sucht: Was ist die Sache, darum ihr hier seid? Und die Männer erzählen ihm von ihrem Herrn, Cornelius, dem Hauptmann, wie er ein frommer und gottesfürchtiger Mann sei, gutes Gerüchts bei dem ganzen Volk der Juden, und wie er einen Befehl empfangen habe vom heiligen Engel, dass er Petrus solle fordern lassen in sein Haus, und, Worte von ihm hören- Worte, „dadurch du selig werdest mit Ihm, unserm Herrn und Haupt, und dein ganzes Haus“ setzt der Apostel selbst in seiner Erzählung Kap. 11,14 hinzu. Nachdem Petrus das Anliegen der Männer vernommen hatte, führte er sie hinein und beherbergte sie. Ihren Auftrag hatten sie folglich vor dem Hause des Gerbers Simon ausgerichtet. Wahrscheinlich waren sie aus Bescheidenheit vor dem Haus geblieben und nicht hineingegangen, weil es ein jüdisches Haus, sie selbst aber Heiden waren, welchen, die Juden damaliger Zeit nicht gern den Eintritt in ihre Wohnung gestatteten, weil sie nach ihrer Meinung dadurch verunreinigt wurden. So machten die Juden, von welchen das Heil zu allen kommen sollte, in dem stolzen Wahn, dass sie von Geburt der Adel der Menschheit seien, die trennenden Schranken desto enger, je mehr diese ihrer Auflösung sich nahten.

Petrus ladet sie in das Haus und beherbergt sie, bereitwillig, ihren Wunsch zu erfüllen und des andern Tages mit ihnen zu reisen. So ward also der Bund geschlossen, und so vereinigt das Wort Gottes und das Verlangen nach demselben die Menschen unter einander, und führt die, so bisher sich fern standen, zusammen. Vereinigung aller Menschen zu einer Gemeine des Herrn und Hauptes Jesus Christus, zu einer großen Familie und Hausgenossenschaft Gottes des Vaters, Vereinigung aller Kinder Gottes unter einander in einem Geist durch das Band des Friedens und der Liebe - endlich, Vereinigung der Gemeine, die auf Erden ist mit der Gemeine der vollendeten Seligen im Himmel kurz: Vereinigung aller, bis in dem Namen Jesu alle Knie sich beugen und alle Zungen bekennen, dass er der Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters: das ist das hohe Ziel des Evangeliums. Dazu kam der Herr vom Himmel, das Wort, das vom Anfang war, zur Erde hinab, entäußerte sich selbst seiner göttlichen Gestalt, ward Fleisch und wohnte unter uns; dazu ward er erhöht und ihm ein Name gegeben, der über alle Namen ist. Dazu erfüllte der Heilige Geist die Apostel mit Kraft aus der Höhe und allerlei Gottesfülle, und wirkt immerdar, dass die Zeit der Erquickung herbeikomme. Dazu halfen und helfen die himmlischen Boten Gottes, ausgesandt zum Dienst derer, die die Seligkeit ererben sollen. Dazu wird das Evangelium bis an die Enden der Erde verkündigt, und das Wort Gottes macht seinen Weg um die Welt, und da ist keine Stimme noch Rede, wo man seinen Schall nicht höre. Darauf deuten die einfachen sichtbaren Siegel des ewigen Bundes, die heilige Taufe und das Abendmahl; und - O große Würde! es ist jedes Christen Beruf, als Gehilfen der Wahrheit zu beten und zu arbeiten: dass der Name Gottes geheiligt werde, sein Reich komme und sein Wille geschehe auf Erden, wie im Himmel!

1)
Jes. 46,4
2)
Psalm 92,6; Hiob 11,8
3)
Joh. 1,51
4)
Eph. 1,10
5)
Joh. 17
6)
Eph. 1,17.18
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