Körber, Emil - Ölblatt - Des Täufers Adventspredigt am Ufer des Jordans.

Körber, Emil - Ölblatt - Des Täufers Adventspredigt am Ufer des Jordans.

(Dritter Advent 1872.)

Lest: Luk. 3, 1-17.
In dem fünfzehnten Jahr des Kaisertums Kaisers Tiberii, da Pontius Pilatus Landpfleger in Judäa war, und Herodes ein Vierfürst in Galiläa, und sein Bruder Philippus ein Vierfürst in Ituräa, und in der Gegend Trachonitis, und Lysanias ein Vierfürst in Abilene; da Hannas und Kaiphas Hohepriester waren: da geschah der Befehl Gottes zu Johannes, Sachariä Sohn, in der Wüste. Und er kam in alle Gegend um den Jordan, und predigte die Taufe der Buße, zur Vergebung der Sünden; wie geschrieben steht in dem Buch der Rede Jesajas, des Propheten, der da sagt: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, und macht seine Steige richtig. Alle Täler sollen voll werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was krumm ist, soll richtig werden, und was uneben ist, soll schlichter Weg werden. Und alles Fleisch wird den Heiland Gottes sehen. Da sprach er zu dem Volk, das hinaus ging, dass es sich von ihm taufen ließe: Ihr Otterngezüchte, wer hat denn euch gewiesen, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; welcher Baum nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und in das Feuer geworfen. Und das Volk fragte ihn, und sprach: Was sollen wir denn tun? Er antwortete, und sprach zu ihnen: Wer zwei Röcke hat, der gebe dem, der keinen hat; und wer Speise hat, tue auch also. Es kamen auch die Zöllner, dass sie sich taufen ließen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, denn gesetzt ist. Da fragten ihn auch die Kriegsleute, und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut Niemand Gewalt noch Unrecht, und lasst euch begnügen an eurem Solde. Als aber das Volk im Wahn war und dachten Alle in ihren Herzen von Johanne, ob er vielleicht Christus wäre; antwortete Johannes, und sprach zu Allen: Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber ein Stärkerer nach mir, dem ich nicht genugsam bin, dass ich die Riemen seiner Schuhe auflöse. Der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen; in desselben Hand ist die Wurfschaufel, und er wird seine Tenne fegen, und wird den Weizen in seine Scheune sammeln, und die Spreu wird er mit ewigem Feuer verbrennen.

Wie ist es euch zu Mute, im Herrn Geliebte, bei diesem heutigen Adventstext? Mir ist es bange zu Mute, das will ich offen und ehrlich bekennen gleich zum Eingang. Denn das sind heilig-ernste Worte, ja das ist eine harte Rede, wer kann sie hören? Und ihr könntet mich vielleicht fragen: warum hast du auch einen so ernsten Text gewählt, da doch die liebliche, fröhliche, selige Weihnachtszeit im Anzug ist? Darauf kann ich getrost antworten, dass der eben verlesene Text sonst in der evangelischen Kirche auf den heutigen dritten Adventssonntag vorgeschrieben ist, und dieser Vorschrift der Kirche habe ich gerne Gehorsam geleistet. Denn die Adventszeit ist eine heilige, ernste Zeit, sie ruft alle Herzen zur Buße und Bekehrung, damit uns ein frieden- und freudenreiches Weihnachten zu Teil werde; damit, wenn die Weihnachtssonne lieblich und freundlich am Himmel erglänzt, wir nicht mit unreinen Lippen, sondern aus bekehrtem Herzen mit Grund der Wahrheit singen können:

Fröhlich soll meine Herze springen
Dieser Zeit,
Da vor Freud
Alle Engel singen.
Erd und Himmel, nehmts zu Ohren!
Jauchzend ruft
Alle Luft:
Christus ist geboren.

Aber diese edle Weihnachtsfreude kann in den Herzen nicht entstehen und Raum gewinnen, wenn nicht zuvor die göttliche Traurigkeit in ernster Buße und Bekehrung eingezogen ist. Darum darf ein evangelischer Prediger nicht nur Liebes und Gutes, Süßes und Freundliches seiner Gemeinde verkünden; er darf nicht immer nur predigen: Friede, Friede! und ist doch kein Friede. O was wäre das ein Unglück für die Gemeinde und den Prediger! Wie könnten einst die eingeschläferten, verlorenen Seelen am Tage des Gerichtes auftreten und ihren Prediger verdammen: Du hast uns immer nur Gutes und Schönes und Freundliches gesagt, einen süßen Trost und Gnadenspruch um den andern gegeben; du hast immer geredet, als ob wir Alle Kinder Gottes wären und Keinem der Himmel fehlen könnte; darum sind wir im Schlafe liegen geblieben und nun ist der Ort der Qual und Verdammnis unser Los. Davor bewahre uns Gott in Gnaden! Ach, wie mancher Prediger, der Gottes heiligen Ernst, die Buße und Bekehrung zu Gott nicht verkündigt hat, wird einst mit Schanden bestehen und zu spät erkennen, dass er mit lauter Güte und Freundlichkeit, Gleichgültigkeit und Schläfrigkeit sich und Andere ins Verderben gestürzt hat. O meine Lieben, ich möchte euch, so gut ich kann, den ganzen Heilsrat Gottes verkündigen, vor allem die Leutseligkeit unseres Gottes und Heilandes Jesu Christi. Aber ich muss aus der Rüstkammer des göttlichen Wortes auch das zweischneidige Schwert hervorholen, den Hammer, der Felsen zerschmeißt, das heilige Feuer, das die Sünde verzehrt. In dem Sinn redet und predigt der heutige Adventstext; ja Gott selbst, der Heilige in Israel, redet heute mit uns durch den Mund des gewaltigsten Bußpredigers, der je gelebt hat, Johannis des Täufers, und ruft alle Sünder zur Buße. So lasst uns denn hören

die Adventspredigt des Täufers Johannes am Ufer des Jordans.

Wir betrachten:

I. den Predigttext aus dem Propheten Jesaja.
II. die Erklärung des Textes aus Johannis Mund und seine Anwendung auf das Volk.

O großer Gott und Heiland aller Welt! Du willst nicht, dass Jemand verloren gehe; du willst nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Lass diesen deinen heiligen Liebeswillen an uns Allen, an jeder einzelnen Seele in dieser Gemeinde in Erfüllung gehen. Lass dazu die ernste Adventszeit uns gesegnet sein, rede du selbst mit einem Jeden von uns und lass uns Alle wohl bedenken, dass ohne Buße und Bekehrung kein Leben und keine Seligkeit zu finden ist. O Herr, rette unsere Seelen! o Herr, mach uns selig! Amen.

I.

Wir betrachten die Adventspredigt des Täufers Johannes am Ufer des Jordans, und fassen zuerst den Predigttext. ins Auge. Ein jeder Prediger hat einen Text zu seiner Predigt, und zwar einen Bibeltext, um sich vor der Gemeinde zu legitimieren als Diener und Bote seines Gottes, und seinen Worten die rechte Weihe, den rechten Nachdruck, den rechten Geistesgehalt zu geben. Aus dem Texte schöpft und trinkt der Prediger selbst Wasser des Lebens, das er wiederum der Gemeinde gibt. So hat auch Johannes, der gewaltige Bußprediger in Israel, einen Text. Er predigt nicht nach den Einfällen seiner eigenen Vernunft und Phantasie, sondern wie es geschrieben. steht im Buch der Rede Jesajas, des Propheten. Die Stelle lautet also: „Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige richtig. Alle Täler sollen voll werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was krumm ist, soll richtig werden, und was uneben ist, soll schlichter Weg werden. Und alles Fleisch wird den Heiland Gottes sehen“. Diese Worte bilden für Johannes den Text, nicht bloß seines Predigens, sondern seines ganzen Lebens; diese Worte sind der feste Grund und Boden, auf welchem Johannes steht, von welchem aus er ins Volk hinein ruft und zeugt und lockt zur Buße und Bekehrung. Nun ich will jetzt auch diese Worte als festen Grund und Boden unter meine Füße nehmen und in die Gemeinde hinein rufen: Bereitet den Weg des Herrn in euren Herzen, macht seine Steige richtig. Alle Täler sollen voll werden!

Was heißt denn das? fragst du, mein lieber Zuhörer. Ein Tal liegt nicht auf der Höhe, sondern in der Tiefe. So gibt es viele Seelen, die liegen in der Tiefe, im Tal der Traurigkeit, des Kleinmuts, der Verzagtheit, der Verzweiflung. Der Himmel wölbt sich über ihrem Haupte nicht freundlich und klar, sondern trübe und traurig und hängt schwer voll Wolken der Sorgen und des nagenden Seelenkummers. Ja manche Seele liegt so tief drunten im Tal der Verzagtheit, dass man nicht mehr von einem Tale reden kann, sondern es ist ein wahrer Abgrund der Schwermut und tiefen Seelenbekümmernis; und die Wände an diesem Abgrund sind so hoch und so steil, dass an ein Herauf- und Herauskommen fast gar nicht mehr zu denken ist. Aber merke, liebe Seele, des Propheten Wort, und vergiss es nicht: Alle Täler sollen voll werden. Auch dein Tal, dein Abgrund der Verzagtheit und Schwermut soll und kann ausgefüllt und voll werden durch den Glauben an den Sohn Gottes, durch den Herrn, der in jedem Herzen Einzug halten will. Halte dich nur recht fest an den Herrn, auch wenn du ihn eine Zeitlang nicht fühlen und sehen kannst! Halte dich und klammere dich an Ihn mit Händen des Glaubens, so wirst du allmählich, oder wenn es dem Herrn gefällt, mit einem Ruck aus dem Tal der tiefen Traurigkeit und Verzagtheit herausgehoben und auf die lichten, freudenvollen Sonnenhöhen des Glaubens gestellt werden, dass du loben und danken, singen und jubilieren lernst. Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Auf, auf, gib deinem Schmerze
Und Sorgen gute Nacht!
Lass fahren, was dein Herze
Betrübt und traurig macht.

Bist du doch nicht Regente,
Der Alles führen soll.
Gott sitzt im Regimente
Und führt Alles wohl.

Alle Täler sollen voll werden, so hebt der Predigttext des Täufers lieblich an. Aber gar ernst heißt es weiter: alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden! Nichts steht dem Kommen des Heilandes in die Herzen so sehr entgegen als die Berge des Hochmuts, der Eigenliebe, der Selbstgerechtigkeit, des Selbstvertrauens. Wo diese Berge und Hügel im Herzen sich erheben, ach da ist kein Raum mehr für Jesum Christum, den Herrn der Herrlichkeit. Darum müssen sie erniedrigt werden. Und zwar alle Berge! Es darf kein Berg, kein Hügel der eigenen Herrlichkeit in dir stehen bleiben, er mag heißen, wie er will, sonst kann Christi Herrlichkeit und Gnade in dir nicht Wohnung machen. Erniedrigt muss werden vor Allem dein geistlicher Hochmut, da du dir so viel einbildest auf deine Frömmigkeit, deine Heiligkeit, auf dein Beten und Bibellesen, auf deine guten und christlichen Werke. Erniedrigt muss werden die falsche Höhe deiner Weltehrbarkeit, da du dich bespiegelst und beschaust in dem schönen Bilde deiner Tugend und Rechtschaffenheit und meinst keines Heilandes zu bedürfen. Erniedrigt muss werden dein weltlicher Hochmut, da du so hohe Gedanken hast von deinem Namen, deiner Würde, deinem Amt, deinem Geld, deiner Schönheit, deinen körperlichen und geistigen Reizen. Erniedrigt müssen werden die Berge und Hügel deiner Eitelkeit und Kleiderpracht, da du mit Kleideranlegen und Goldumhängen und Haarflechten dich schmückst und zierst und auftürmst, und die natürliche gottgefällige Schönheit in Unnatur verzerrst. Oder meinst du etwa, dass solcher elende Putz und Tand zum Kreuz des Heilandes passe? Ich kann es nimmer glauben! Erniedrig muss werden der Berg deines Adelsstolzes and Standeshochmuts, da du meinst, hoch- und wohlgeboren zu sein und gleichsam ein anderes Blut und Fleisch herumzutragen als gewöhnliche Menschenkinder. Erniedrigt muss werden dein eitler Wissens- und Gelehrsamkeitsdünkel, da dir vor lauter Bildung und Aufklärung das schlichte, einfache Evangelium von dem gekreuzigten Heiland als Torheit erscheint. Was soll ich weiter sagen? Ich will euch und mir zurufen:

Hinab, mein Herz, hinab!
So wird Gott in dir wohnen.
Die Demut lohnet er
Mit gold'nen Himmelskronen.
Im Demutstale liegt
Des Heil'gen Geistes Gab.
O wohl dem, der sie sucht,
Hinab, mein Herz, hinab!

Alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist in den Herzen, verdreht, verkehrt und lügenhaft, soll richtig werden; und was uneben ist, holperig, rau und roh, soll ebener, schlichter Weg werden. So allein wird alles Fleisch den Heiland Gottes sehen; einen andern Weg als den Weg aufrichtiger, ehrlicher Sinnesänderung, gründlicher Buße und Bekehrung, gibt es nicht. So allein kannst du des Heilands Jesu Christi teilhaftig werden, schmecken und sehen, wie freundlich der Herr ist.

II.

Wie hat nun der Täufer Johannes den gewaltigen Predigttext aus dem Propheten Jesaja selbst erklärt und auf das Volk angewendet? Da sprach er zu dem Volk, das hinausging, dass es sich von ihm taufen ließe: „Ihr Ottern-gezüchte! wer hat denn euch gewiesen, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet?“ Was kommt ihr zu mir mit so selbstgerechten, frommen und heiligen Gesichtern, als ob ihr den Himmel gepachtet und die Seligkeit in der Tasche hättet? Wer hat denn euch innerlich so sicher gemacht, wer hat denn euch die Überzeugung beigebracht, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet? Ihr wähnt Abrahams Kinder zu sein, aber ihr seid in Wahrheit Otterngezüchte, Schlangenbrut, Kinder der alten Schlange, des Satans, dessen Grundwesen Lüge, Falschheit, Verstellung und Hochmut ist!

O meine Lieben, was ist das für eine Anrede an das Volk! Unsere Seele entsetzt sich darob, es möchten einem die Haare darüber zu Berge stehen! Ja wir in unserer feinen und gebildeten Zeit möchten versucht sein, dem Manne Gottes zu sagen: du redest unverschämt und grob. So wird es auch in den Herzen mancher Zuhörer des Johannes gelautet haben, absonderlich in den Herzen der Pharisäer und Sadduzäer. Aber ist es wahr, was Johannes sagt? das ist eine andere wichtige Frage, auf die wir mit Beschämung antworten müssen: Ja freilich ist es wahr, nur zu wahr! Wir gehören von Natur auch zu dem Volk, das Johannes mit Otterngezüchte angeredet hat; wir sind von Natur, ohne die Gnade des Herrn, ein arges und böses Geschlecht; unser Herz ist von Natur schlangenartig, unlauter, verdreht und verkehrt, lügenhaft, und wir sind zu geneigt, diese Unlauterkeit und Unredlichkeit sogar ins Christentum, in den Stand der Gnade hinüberzunehmen. Was kann da helfen? Nichts anderes als Buße und Bekehrung zum Herrn! „Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße!“ fährt Johannes in seiner Predigt fort; so wollen auch wir fortfahren in unserer Predigt. Johannes, der ernste Prediger der Gerechtigkeit, verlangt Buße; der Herr selbst, unser Heiland, die ewige Liebe, verlangt Buße; die Apostel, die Botschafter an Christi Statt und Zeugen der Versöhnung, verlangen Buße; die ganze heilige Schrift Alten und Neuen Testaments verlangt Buße; denn durch die Sünde ist die Erde aus einem Paradies ein Bußplatz geworden. Nicht äußerliche Tränen sucht unser Gott; nicht schöne Rührungen und gute Empfindungen, die wie Rauch vergehen, wie Wolken am Himmel dahinfliegen, ohne einen befruchtenden Regen zurückzulassen; nicht gute Vorsätze, mit denen der Weg zur Hölle gepflastert ist. Nein Buße und abermals Buße verlangt Gott der Herr von allen Menschenkindern. Und wenn du fragst, mein lieber Freund: Was ist denn das, die Buße? was heißt Buße tun? so will ich dir kurz und bündig. antworten: Buße tun heißt: seinen Sinn ändern, ein neuer Mensch werden. Buße tun heißt: die Sünden herzlich erkennen, vor Gott und auch in gewissen Fällen vor Menschen bekennen, bereuen, hassen und lassen, an Jesum Christum glauben und der Besserung des Lebens sich befleißen. Du sprichst: Nun weiß ich, was Buße tun heißt; aber mit dem Wissen ist es eben nicht getan. Ach, das steht nicht in meiner Macht; schon lange wollte ich ein anderer Mensch werden, aber es geht nicht. Wollen habe ich wohl, aber vollbringen das Gute finde ich nicht. Ich kann meine Natur nicht anders machen, ich komme nicht aus meinen Sünden und Fehlern heraus. Was soll ich dir sagen, lieber Bruder? Du kannst freilich deine Natur nicht ändern, so wenig als ein Mohr seine Haut wandeln kann, oder ein Parder seine Flecken; aus dir selbst und durch dich selbst kannst du keine gründliche Buße finden, kein neuer Mensch werden, diese Erfahrung hat ein Paulus gemacht und nach ihm viele Hunderte und Tausende von Christen. Aber ich will dir einen Mann nennen, der aus dir eine neue Kreatur schafft, wenn du mit Sehnsucht nach Hilfe und Heil betend und bittend zu ihm kommst. Es ist der Mann, dem du schon als Kind ans treue Hirten- und Heilandsherz gelegt worden bist, auf dessen Namen du getauft bist. Jesus Christus heißt Er, unser Herr und Gott, der Heiland aller Welt, hochgelobt in Ewigkeit! In Ihm haben schon Millionen von Menschen Buße und Belehrung, Vergebung der Sünden, neues Leben und Kraft zur Gottseligkeit gefunden.

Er gibt Buße, Er gibt Glauben,
Hilft den Lahmen, Blinden, Tauben.
Wer sich nur will retten lassen,
Der soll das Vertrauen fassen:
Gnade strömt aus Jesu Wunden,
Gnad ist auch für mich gefunden.

O, lasst uns Alle ein rechtes Vertrauen fassen zu diesem Jesus. Er kann uns in der heiligen Adventszeit zu einer wahren Buße und Bekehrung helfen, dass wir ein frohes Weihnachten erleben. Er ist der Stärkere, der nach Johannes. kommt; wer diesem Starken in die Arme läuft, und ans Herz sich legt, der kann in seiner Kraft auch die stärksten Bande der Sünde zerreißen, seine Lieblings- und Schoßsünden überwinden. Denn Er tauft mit dem heiligen Geist und mit Feuer.

Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße! Es ist nicht genug, Buße tun; es handelt sich auch um rechtschaffene Früchte der Buße. Wenn der himmlische Gärtner, Jesus Christus, am Baum deines Lebens keine Früchte findet, so ist auch keine Buße des Herzens vorhanden. Nicht Blätter der Buße, nicht Blüten der Buße, die am Ende taube Blüten sind und abfallen, sondern Früchte der Buße sucht und verlangt der Herr. Und zwar rechtschaffene Früchte, edle und gesunde Früchte. Ihr wisst, meine Lieben, gar manche Frucht hängt an den Bäumen, von außen ist sie ganz hübsch und schön anzuschauen, dass einem das Herz im Leibe lacht, aber innen sitzt der Wurm, die Frucht ist angefressen und faul. Solche kranke und faule, durch den äußern Schein täuschende Früchte sucht und verlangt unser Herr nicht, sondern rechtschaffene Früchte der Buße, das ist des Herrn Lust und Freude. dass wir doch Alle mit dem Volke sprechen möchten von Herzensgrund: Was sollen wir denn tun? Welche Früchte der Buße sollen wir denn hervorbringen? Johannes antwortete dem Volk: „Wer zwei Röcke hat, der gebe dem, der keinen hat; und wer Speise hat, tue auch also.“ Und den Zöllnern antwortete Johannes: „Fordert nicht mehr, denn gesetzt ist.“ Und zu den Kriegsleuten spricht er: „Tut Niemand Gewalt noch Unrecht, und lasst euch begnügen an eurem Solde.“ Damit will Johannes sagen: Es handelt sich bei den Früchten der Buße nicht um außerordentliche, außergewöhnliche, besondere Werke, sondern ein Jeder beweise und bewähre sich in dem Stand und Beruf, in der Lebensstellung, in die ihn Gott gesetzt hat, als einen Menschen, der vor Gott aufrichtige Buße getan hat. Ja, Geliebte, die Buße darf nicht bloß eine Sache des Gemüts und Herzens sein, sondern sie muss eine Sache des Lebens und Wandels werden. Das Christentum muss ins Herz und Haus, in Amt und Beruf, in Handel und Wandel, in das alltägliche, gewöhnliche Leben hinein, dass Alles ordentlich und ehrlich, aufrichtig und redlich, im Frieden und in der Liebe geschieht. Wenn du nur in der Kirche bußfertig und fromm bist, wenn du nicht in deinem Haus, in deinem Beruf, in deinem Geschäft, in deiner Küche, in deiner Werkstätte, auf deinem Felde oder wo du sonst bist und was du sonst tun magst, dich als einen bußfertigen Menschen, als Christen beweist, so ist deine Buße eine Heuchelbuße, dein Glaube eitel, dein Christentum ein Geschwätz. Und wenn du zehnmal sagst: Ich habe Abraham zum Vater, ich bin auf Christum getauft, ich bin christlich unterwiesen und konfirmiert, ich glaube die Lehre des Evangeliums und der Kirche, ich besuche alle Sonntage Gottes Haus und gehe auch zum Abendmahl des Herrn; ich sage dir im Namen des Herrn, auf den du dich berufst: Gott erkennt dich ohne rechtschaffene Früchte der Buße nicht als sein Kind an. Solche Leute will Gott nicht zu Kindern haben. Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen, aus den Steinen des Jordans, aus den Steinen dieses Münsters Kinder erwecken. Was sollen wir denn nun tun? Tut rechtschaffene Früchte der Buße! Ihr Armen sollt nicht mehr mit Gott hadern, murren und klagen über euer Los, nicht mehr mit neidischen Augen auf die wohlhabenden, reichen Brüder schauen, sondern ihr sollt reich werden im Glauben, reich in Gott, reich an geistlichen, himmlischen Gütern, ihr sollt arbeiten mit euren Händen treu und redlich im Aufblick zu Gott, dem Herrn; so wird Gott euch nie verlassen noch versäumen und das ewige Erbe wird euer Los sein. Und ihr Reichen, ihr sollt euch nicht fort und fort Schätze sammeln, nicht Zins auf Zins häufen; ihr sollt vor allem arm werden am Geist; ihr sollt reichlich mitteilen von euren Gütern, um das Elend, das allenthalben herrscht, zu mildern und mit eurem Gold und Silber dem Reiche Gottes zu dienen. Ihr Hausväter, ihr sollt Hauspriester sein, eure Hausgenossen nicht nur mit Nahrung und Kleidung, sondern auch mit Gottes Wort versorgen und sie auf betendem Herzen tragen. Ihr Männer, ihr sollt eure Weiber lieben, ihr sollt kein hartes, raues und rohes Regiment über sie führen, sondern ihr sollt sie lieben, gleichwie Christus die Gemeinde liebt, mit aufopfernder, selbstvergessender und zarter Liebe. Und ihr Frauen, ihr sollt untertan sein euren Männern als dem Herrn, ihr sollt nicht widersprechen. im Eigensinn und dadurch, Streit und Zank erregen; auch sollt ihr euren Wandel zieren nicht mit Putz und Eitelkeit der Welt, sondern mit Gottseligkeit und Reinheit, mit sanftem und stillem Geist, das ist köstlich vor Gott. Und ihr Kinder sollt euren Eltern gehorsam sein in dem Herrn. Ihr Knechte und Mägde sollt euren Dienst verrichten nicht vor den Augen der Menschen, sondern vor Gottes Augen als Knechte und Mägde Christi. O meine Lieben, was sollen wir denn tun? Wir sollen rechtschaffene Früchte der Buße tun, wir Alle, wer wir auch seien und was wir auch seien.

Zum Schluss weist Johannes auf den großen Tag des Gerichts, und das sei auch unser Schluss. Es herrscht gegenwärtig ein Leichtsinnsgeist in der Welt. Die Menschen leben in den Tag hinein, als ob es keinen Gott, keine Ewigkeit, kein Gericht, keine Vergeltung gäbe. Sie essen und trinken, sie arbeiten und schlafen, sie treiben Sünde und Schande; sie lachen und scherzen, sie tanzen und spielen, sie laufen in die Gesellschaften, in die Wirtshäuser, in die Tanzsäle und Theater. Aber Gottes Haus ist für Viele eine unbekannte Stätte, Gottes Wort ein altes Fabelbuch, Gott und die Ewigkeit haben Viele vergessen. Meinet ihr, dass Gott ewig schweigen werde auf dieses leichtsinnige, gottlose Treiben der Welt? Mitnichten! Er wird zuletzt eine furchtbare, deutliche Antwort geben mit Gericht. Der Mann, der für das Zeugnis der Wahrheit das Haupt auf den Block legte, Johannes, wird Recht behalten mit seinem Zeugnis vom Gericht. Ja, was sage ich? - Gott selbst, dessen treuer Zeuge Johannes war, wird Recht behalten und die Welt richten. Es ist schon die Art den Bäumen an die Wurzel gelegt, nicht an die Blätter, nicht an die Zweige, sondern an die Wurzel. Welcher Baum nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. In des Herrn Hand ist die Wurfschaufel, und er wird seine Tenne, die Welt, die Kirche, fegen; und wird den Weizen in seine Scheunen sammeln, und die Spreu wird er mit ewigem Feuer verbrennen. Wer Ohren hat, zu hören, der höre!

Ach, mache du mich Armen
In dieser Gnadenzeit
Aus Güte und Erbarmen,
Herr Jesu, selbst bereit!
Zeuch in mein Herz hinein,
Und wohn auf immer drinnen,
So werden Herz und Sinnen
Dir ewig dankbar sein.

Amen.

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