Kleinschmidt, Friedrich Emanuel - Der Brief an die Römer - Röm. 4, 18-5, 11.
Wir fahren fort in der Betrachtung dessen, was der Apostel Paulus von Abraham sagt, an dessen Beispiel er zu beweisen sucht, dass die Rechtfertigung aus dem Glauben, ohne Zutun der Werke, schon zur Zeit vor der Gesetzgebung Moses, so wie ja nach derselben bei David, stattgefunden habe. Er hat geglaubt auf Hoffnung, schreibt er von Abraham, da nichts zu hoffen war. Alle Aussicht auf Nachkommen nach dem, wie es gewöhnlich zu gehen pflegt, war abgeschnitten, aber dennoch glaubte Abraham der ihm gegebenen Verheißung Gottes, es werde ihm ein Sohn geboren werden, gegen allen Anschein hoffte er es, auf dass er würde ein Vater vieler Heiden (Völker), wie denn zu ihm gesagt ist: Also soll dein Same sein (1 Mos. 15, 5). Gott hat ihm diesen unverrückten Glauben geschenkt, damit ein solcher Segen geistlicher Nachkommenschaft ihm zuteilwerden könne. Nun noch eine nähere, leicht verständliche Ausführung des Glaubens Abrahams. Er ward nicht schwach im Glauben (V. 19), sah auch nicht an seinen eigenen Leib, welcher schon erstorben war, weil er fast hundertjährig war, auch nicht den erstorbenen Leib der Sarah, denn er zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben (V. 20), sondern ward stark im Glauben und gab Gott die Ehre, d. h. er bekannte sich durch seine Zuversicht, die er auf ihn setzte, zu ihm als zu dem, der gnädig ist, und alles, auch das unwahrscheinlichste vermag. Er wusste auf das allergewisseste, dass, was Gott verheißt, das kann er auch tun (V. 21). Darum (V. 21) ist es ihm auch zur Gerechtigkeit gerechnet (V. 22). Abraham war ein Sünder, er hatte keine wahre Gerechtigkeit, so wenig wie wir, aber sein festes Vertrauen, seine feste Zuversicht, sein Glaube an die Macht und an die Gnade Gottes ward ihm angerechnet zur Gerechtigkeit, nicht wegen der Festigkeit dieses Glaubens, denn er hatte oft gezweifelt, sondern weil es Gottes Wille ist, er hat's so beschlossen, aus dem Glauben gerecht zu machen. Das ist aber nicht geschrieben allein um seinetwillen, dass es ihm zugerechnet ist (V. 23), sondern auch um unsertwillen, welchen es soll zugerechnet werden, so wir glauben an den, der unsern Herrn Jesum auferweckt hat von den Toten (V. 24); Jesus ist unser Herr, beides, der Juden und der Griechen, der Lebendigen und der Toten, und zwar sollen wir glauben, dass dies zu unserm Besten geschehen ist. Es ist also auch ein Glaube an Gottes Allmacht und Gnade, wie bei Abraham, nur dass die Allmacht sich auf eine Sache bezieht, die schon vorüber ist, die Auferweckung Jesu von den Toten, doch aber auch auf die große Macht Jesu, als unsers Herrn, der mit uns tun kann, was er will. Die Gnade Gottes liegt aber darin, dass Christus dahingegeben ist um unsrer Sünden willen (V. 25), d. h. gestorben zur Tilgung unsrer Schuld, nach dem Willen des Vaters, und auferweckt um unsrer Gerechtigkeit willen, damit wir, von der Tilgung unsrer Strafe und Christi Gerechtigkeit durch seine Auferstehung überzeugt, nun darauf vertrauend, auch durch diesen Glauben, gleichsam aus ihm heraus, gerechtfertigt werden könnten. Wie einfach ist doch der Weg zu dieser Rechtfertigung, sobald ein Sünder nur verlegen ist um seine Seligkeit, um Frieden mit Gott, um Vergebung, nicht viel Wissen wird verlangt, sondern nur ein einfaches Vertrauen auf die Tat Gottes an Jesu, unserm Herrn.
Nachdem nun der Apostel auseinandergesetzt, was es heiße, gerechtfertigt werden aus dem Glauben, weist er nun darauf hin, was für herrliche Früchte diese Rechtfertigung für unser Herz trägt. Wir geben nun die ersten Worte (Kap. 5, 1 c.) in einer genaueren Übersetzung: Nun wir sind gerechtfertigt durch den Glauben (aus dem Glauben), so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christ, durch welchen wir auch den Zugang erlangt haben zu der Gnade, in der wir stehen (V 1. 2). Ein Gerechtfertigter hat Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christ; indem er sein Vertrauen setzt auf diesen Herrn, Heiland (Jesus) und König des Reiches Gottes (Christ), der für ihn gestorben und auferstanden ist, verschwindet die bange Furcht vor Gott aus seinem Herzen, denn Friede heißt Freiheit vor Furcht, er erwartet weder Strafe, noch auch, was ja Strafe wäre, Verdammnis in jener Welt; wo ein solcher Friede in einem Herzen nicht herrscht, da ist auch der betreffende noch nicht gerechtfertigt, er hat noch keine völlige Vergebung aller seiner Sünden. Den Frieden hat er durch Jesum, durch den er auch, indem er auf denselben vertraut, Eingang erlangt hat zu dieser Gnade, dieser Freundlichkeit Gottes, in und unter der er steht, die fort und fort gleichsam auf ihn herabströmt und sein Herz mit Frieden erfüllt. Wir rühmen uns auch der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes, deren wir früher ermangelt hatten (Kap. 3, 23), wir sind getrosten Mutes und zweifeln nicht daran, dass uns diese Herrlichkeit wird zuteilwerden. Das ist noch eine Zugabe zu unserm Herzensfrieden, dieses Rühmen, dies getroste, freudige Bekennen, dass uns einmal die Herrlichkeit Gottes zuteilwerden soll. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsal, der Leiden, die wir jetzt zu tragen haben, ehe uns jene göttliche Herrlichkeit, wie sie Jesus auf dem Verklärungsberge hatte, zuteilwird. Die Trübsal, das Leiden dieser Zeit tut uns weh, wir müssten ja sonst kein menschliches Gefühl haben, hat doch auch dem Heiland sein Leiden wehe getan, aber dennoch rühmen wir uns der Trübsal, wir sprechen es, wenn auch unter Tränen aus, dass dieselbe nicht kann böse gemeint sein, dass sie gute Früchte tragen muss, wovon wir auch schon Beweise haben; wir wissen, dass die Trübsal Geduld bringt (V. 3), ausharrende Geduld, die still und ruhig wartet, bis das Leiden ein Ende nimmt, und die Freude wieder eintritt. Und ist eine solche Geduld als Frucht des Leidens, nicht ein köstliches Gut, so dass man getrost auf das Leiden hinweisen kann und sagen: Dies ist es, was durch Gottes Gnade etwas so Schönes in meinem Herzen zustande bringt. Geduld aber bringet Bewährung (V. 4 genauer übersetzt), es zeigt sich, dass das Haus unsrer Frömmigkeit nicht auf Sand gebaut ist, dass wir Grund gefunden haben in Christo, dass wir gediegene Christen sind, und dies Ergebnis der durch Leiden gewirkten Geduld, die Läuterung unsers Glaubens, wie des Goldes durchs Feuer, ist wie der etwas, das wir mit Dank hinnehmen, ein neuer Grund, weswegen wir uns der Trübsal rühmen, zumal eine solche Bewährung Hoffnung wirkt, und zwar eine Hoffnung, die nicht zuschanden werden lässt, woran wir keinen Zweifel haben. Hoffnung ist die Frucht eines im Leiden durch die Geduld bewährten Glaubens. Wir wissen, dass uns die Herrlichkeit Gottes soll zuteilwerden, wir rühmen uns der Hoffnung derselben, diese Hoffnung wird aber lebendiger, beständiger, je mehr und je länger wir zu leiden haben, denn da wir versöhnt sind mit Gott und gerecht gesprochen durch ihn, also nicht Strafe, sondern Segen zu erwarten haben, jetzt aber leiden, so bleibt uns nichts übrig, als unser Glück in der Zukunft zu suchen, d. h. zu hoffen, immer lebendiger, immer unverrückter zu hoffen, je mehr uns Trübsal umgeben; diese Hoffnung lässt aber nicht zuschanden werden, sie ist kein leerer Wahn, sie betrügt uns nicht. Dass uns die Hoffnung nicht zuschanden werden lässt, ist aber keine unbegründete Annahme von uns, es ist uns eine ausgemachte Sache, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen, (genauer als: in unser Herz) durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist (V. 5). Dies ist der Grund der Gewissheit, die wir haben; dadurch, dass wir unser Vertrauen auf Jesum setzten, empfingen wir den heiligen Geist, und zwar durch die Predigt vom Glauben (Gal. 3, 2), dieser Heilige Geist hat die Liebe Gottes ausgegossen in unsere Herzen, nicht unsre Liebe zu Gott, die immer eine sehr unvollkommene bleibt, sondern Gottes Liebe zu uns. Dass Gott uns nicht hasst, sondern dass er uns in Christo geliebt hat, mit der Wahrheit hat der Heilige Geist unser ganzes Herz erfüllt. Wie ein Strom, der überschwemmt hat, das ganze ihn umgebende Land mit Wasser bedeckt, so bedeckt der Heilige Geist unsre Gedanken mit der Liebe Gottes, er lässt uns nichts anderes sehen, als diese eine Wahrheit, dass wir in Christo einen freundlichen, uns über alle Maße liebenden Gott haben; wir sind, wie man zu sagen pflegt, ganz voll von diesem Gedanken, der Heilige Geist entfernt alles, was uns könnte daran zweifeln machen. Er entfernt es aber dadurch, dass er uns darauf hinweist, wie Christus, da wir noch schwach waren, zu seiner Zeit (nach dem Grundtext) für uns Gottlose gestorben ist. Christus hat nicht gewartet, dass wir erst sollten uns bessern, etwas Gutes und Heiliges zustande bringen, und dann für uns zu sterben, sondern er ist zu seiner Zeit, als die Zeit erfüllet war (Gal. 4, 4), für uns Schwache gestorben, uns, die wir nicht imstande waren, die Sünde aus unserm Herzen und Wandel wegzuschaffen, ja wenn wir uns selbst überlassen waren, kam nichts als Gottloses in uns zustande, in unserm Fleische wohnte nur Gottlosigkeit, wir waren, ohne Gottes Gnade, eitel gottlos. Welche Liebe muss das also sein, dass Gott solche Leute in Christo geliebt hat, dass er seinen Sohn für sie dahingegeben hat, und welche Liebe auch des Sohnes Gottes, der für uns schwache, gottlose Sünder in den Tod gegangen ist! Nun (V. 7) stirbt wohl niemand für einen Gerechten, um eines Guten willen dürfte vielleicht jemand sterben, aber Gott (V. 8) preist seine Liebe gegen uns, dass Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren. Den Inhalt dieser zwei Verse werden wir recht fassen, wenn wir nicht vergessen, dass der Apostel durchweg von der Liebe Gottes redet, die der Heilige Geist uns ausschließt, indem er unverrückt hinweist auf die Liebe Gottes, die sich in dem Tode Christi für uns Sünder offenbart, durch den er uns mit sich selbst versöhnt hat. Für einen Gerechten, d. h. sündlosen Mann stirbt wohl niemand, weil derselbe keiner Versöhnung bedarf, so wie ja unser Heiland, Jesus Christus, uns versöhnte, aber selbst keiner Versöhnung bedurfte; um eines Guten willen dürfte aber vielleicht jemand sterben. Ein Guter ist ein solcher, dem es wohl nicht an Sünden fehlt, der aber doch auch allerhand Gutes an sich hat, weswegen man ihn lieben kann, und deswegen bereit wäre, für seine Sünden zu sterben, damit dieselben versöhnt würden, und ihn, den liebewerten Mann nicht zu Grunde richteten, da Gott nicht bloß Güte, sondern eine untadelhafte Gerechtigkeit verlangt; aber auch eine solche, gleichsam begreifliche Liebe wird überboten durch die Liebe Gottes gegen uns. Gott preist, bekennt, stellt gleichsam hin vor aller Welt als etwas Neues, Unerhörtes seine Liebe gegen uns, dass Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren, da wir nicht gerecht, ja nicht einmal gut waren, so dass man uns hätte lieben können, wie Menschen zu lieben pflegen, sondern da nichts Liebenswürdiges an uns war, denn wir waren schwach, sündig, gottlos. Ist nun Christus, von Gott dazu gesandt, für uns gestorben, da wir noch gottlose Sünder waren, wie wäre nun daran zu denken, dass er uns verwerfen sollte, nachdem er uns gerechtfertigt, nachdem er uns um Christi willen unsre Sünden vergeben hat? nun (V. 9) werden wir noch viel mehr vor dem Zorn bewahrt bleiben. Zur Zeit des zukünftigen Zornes, am Tag der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes (Röm. 2, 5), haben wir nichts zu fürchten, denn uns sind unsre Sünden vergeben, wir sind für gerecht erklärt worden durch das Blut Christi, d. h. das Opferblut Christi, das geflossen ist an unsrer Stelle, durch das er die Todesstrafe abgebüßt hat, die wir verdient hatten, das unsre Sünden zugedeckt hat, so dass sie uns nicht mehr verklagen dürfen. Um dieses Opferbluts willen hat uns Gott für gerecht erklärt; hat er nun gottlose Sünder rechtfertigen können, wie könnte er seine Liebe und Gerechtigkeit so verleugnen, dass er Gerechte verdammen sollte? Warum sollten wir daher, nachdem wir gerechtfertigt worden sind, irgend Bangigkeit vor der Verdammnis haben? Wir sind versöhnt mit Gott durch den Tod seines Sohnes, da wir noch Feinde waren (V. 10), d. h. da wir, mit Sünde behaftet, noch ein Abscheu für seine Heiligkeit waren, da er uns wie Verhasste, wie Feinde behandelte, damals war doch seine Liebe so groß, dass er seinen Sohn für uns hingab, um diesem unglücklichen Verhältnis ein Ende zu machen, und durch den Tod dieses seines Sohnes sind wir versöhnt, sind wir ihm wohlgefällig geworden; vielmehr werden wir nun durch seinen Sohn, da derselbe lebt, also für uns bittet, uns seinen Geist schenkt, und uns losreißt aus allem Elend, selig, d. h. errettet werden. Nicht genug kann der Apostel einen Sünder, dem Gnade zuteil geworden, darauf hinweisen, wie ungereimt es ist, wenn derselbe an seiner künftigen Seligkeit zweifelt. Wir werden nicht nur gerettet werden, etwa mit genauer Not, nein, sagt er, wir rühmen uns auch Gottes durch unsern Herrn Jesum Christum (V. 11), durch welchen wir nun die Versöhnung empfangen haben. Ohne Bangigkeit, ohne Zweifeln mit voller Gewissheit sprechen wir es freudig den Menschen gegenüber aus, dass wir, um der nun vollbrachten Versöhnung Jesu willen, Gott, den heiligen, allmächtigen auf unsrer Seite haben, und gar nichts mehr von ihm zu fürchten haben. Vertraue auf Jesum als verlorener Sünder, so kannst du auch so sprechen.