Kapff, Sixtus Carl von - Am Ostermontag.

Kapff, Sixtus Carl von - Am Ostermontag.

Text: Apostelgesch. 10,34-41.
Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich mit der Wahrheit, dass GOtt die Person nicht ansieht; sondern in allerlei Volk, wer Ihn fürchtet und recht tut, der ist Ihm angenehm. Ihr wisst wohl von der Predigt, die GOtt zu den Kindern Israel gesandt hat, und verkündigen lassen den Frieden durch JEsum Christum (welcher ist ein HErr über alles), die durch das ganze jüdische Land geschehen ist, und angegangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes predigte: wie GOtt denselben JEsum von Nazareth gesalbt hat mit dem heiligen Geist und Kraft; der umhergezogen ist, und hat wohlgetan und gesund gemacht alle, die vom Teufel überwältigt waren, denn GOtt war mit Ihm. Und wir sind Zeugen alles des, das er getan hat im jüdischen Land, und zu Jerusalem. Den haben sie getötet und an ein Holz gehängt. Denselbigen hat GOtt auferweckt am dritten Tag, und Ihn lassen offenbar werden, nicht allem Volk, sondern uns den vorerwählten Zeugen von GOtt, die wir mit Ihm gegessen und getrunken haben, nachdem Er auferstanden ist von den Toten.

„Die Elenden sollen essen, dass sie satt werden, und die nach dem HErrn fragen, werden Ihn preisen, euer Herz soll ewiglich leben; es werde gedacht aller Welt Ende, dass sie sich zum HErrn bekehren, und vor Ihm anbeten alle Geschlechte der Heiden.“ Diese Worte sprach der Geist JEsu im 22sten Psalm, nachdem er zuvor sein tiefes Todesleiden geschildert, dann aber über seine Errettung daraus ein Loblied angestimmt hatte. Die Frucht der Errettung Christi, wie wir sie in seiner Auferstehung sehen, soll die sein, dass alle Elenden, alle über ihre Sünde bekümmerten und leidtragenden Seelen von den reichen Gütern seines Hauses essen und satt werden, und dass sich zu Ihm dem von GOtt Verherrlichten alle bekehren sollen bis an der Welt Ende.

Ist das auch bei uns die Frucht gewesen von unserer Betrachtung des Leidens und der Auferstehung JEsu? Hat die Feier des Karfreitags und Osterfestes unsere Seelen gesättigt mit Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist, und ist es dadurch auch bei uns zu einer wahren Bekehrung und zu Erneuerung in der Bekehrung gekommen? oder haben wir bloß viel gehört, viel gesungen, viel Formchristentum geübt, aber sind innerlich geblieben wie wir vorher waren, die Einen im alten unbekehrten Zustand, in der alten Stumpfheit und Fleischlichkeit, die Anderen im gewohnheitsmäßigen schläfrigen, das Fleisch möglichst schonenden Gnadenstand? Ist Christi Auferstehung auch uns zu einer Auferstehung geworden, zu einer Erneuerung im Geist, zur Neubelebung unseres Glaubens, unserer Liebe, unseres Eifers in der Heiligung? Und ist uns so auch eine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens und unserer einstigen Auferstehung innerlich lebendig geworden?

Diese ernsten Fragen an unser Herz zu machen, veranlasst uns die Rede des Apostels Petrus in unserem Text. Er sagt: „GOtt hat Christum auferweckt am dritten Tag und ihn lassen offenbar werden nicht allem Volk, sondern uns, den vorerwählten Zeugen.“ Da hören wir, dass Christi Auferstehung und also auch ihre Kraft und ihr Segen Vielen verborgen bleibt und nur die von GOtt erwählten Seelen derselben teilhaftig werden. Hierüber wollen wir weiter nachdenken, indem wir uns mit der Frage beschäftigen:

Wem wird der auferstandene JEsus offenbar?

  1. Nicht allem Volk,
  2. sondern nur denen, die GOtt fürchten, suchen und lieben.

Freundlichster JEsu, ich hoff' auf Erbarmen,
Neige Dein gnädiges Antlitz zu mir,
Edelster Reichtum der geistlichen Armen,
Füll' die bedürftige Seele mit Dir!
Bring' in mir Alles zur Kraft und zum Wesen,
Dass ich nicht etwa von Außen nur schein',
Rein'ge mein Herz und lass mich genesen,
Dass ich in Wahrheit mich nennen kann Dein. Amen.

I.

Wem wird der auferstandene JEsus offenbar? nämlich innerlich offenbar, so dass er die Kraft und den Segen der Auferstehung an seinem Herzen erfährt? Äußerlich ist uns Allen die Geschichte von der Auferstehung offenbar und jedes Kind kann es uns sagen, was das Osterfest zu bedeuten hat. Aber Tausende feiern dieses Fest und es bleibt Alles in ihnen beim Alten; an vielen Orten geht es heute, wie beim Volk Israel, da Mose vom Berg herabkam und hörte, von ferne das Getümmel und Geschrei des Volkes, das Geschrei des Singetanzes und des Reigens um das gegossene Kalb. Tausende vertreiben am Ostermontag alle Eindrücke des Osterfestes durch Tanzen, Fressen und Saufen und durch allerlei leichtsinnige Gesellschaften, in denen auch keine Spur mehr vom Gekreuzigten und Auferstandenen zu sehen ist. Bei Unzähligen ist es, als wären sie froh, dass die ernsten Tage, an denen sie der Sitte wegen auch zur Kirche und zum Abendmahl gingen, wieder vorüber sind.

Von solchen an die Weltlust hingegebenen Seelen müssen wir sagen, dass ihnen vom auferstandenen Heiland Nichts offenbar geworden ist. Wes bleibt ihnen eine tote Geschichte ohne Kraft und Leben, Sind unter uns keine solche Seelen? Ach ich fürchte, dass auch unter uns Manche sind, die zwar Alles glauben, was sie vom Tod und der Auferstehung Christi hören: aber sie denken nicht einmal daran, dass die Hauptfeier dieser heiligsten aller Geschichten die ist, dass was vor 1800 Jahren geschehen ist äußerlich, heute innerlich geschehe in unseren Herzen, dass wir mit Christo sterben, absterben der Sünde und mit Christo auferstehen, um als Geistes- und Gottes-Menschen zu wandeln in einem neuen Leben. Und viele, denen das gesagt wird, ärgern sich daran und sagen: das ist eine harte, eine übertriebene, überspannte Rede; wer kann sie hören?

Deswegen sagt Petrus in unserem Text: „GOtt hat Christum lassen offenbar werden nicht allem Volk.“ Das sah man freilich damals besonders auffallend. Von seiner Auferstehung an zeigte sich der HErr JEsus durchaus Niemand als seinen nächsten Freunden und solchen, die an Ihn glauben. Auch die 500 Brüder, von denen wir gestern gehört haben, waren zwar nicht wie die Apostel, aber doch Brüder, Jünger, Gläubige, Seelen, die durch das, was unser Text vom Leben Christi rühmt, getrieben worden waren, sich Ihm zu ergeben und Ihn als den Gesalbten GOttes anzubeten. Sie hatten gesehen, wie JEsus nach unserem Text umhergezogen war im ganzen Land und hatte wohl getan und gesund gemacht Alle, die vom Teufel überwältigt waren. Daraus hatten sie erkannt, dass GOtt mit Christo war, und hatten Christum angenommen als ihren HErrn und Heiland. Solchen Seelen konnte der Auferstandene sich offenbaren. In ihrem gläubigen Sinn war ein Auge, das den Auferstandenen sehen, und ein Ohr, das Ihn vernehmen konnte. Sonst aber erschien Er Niemand.

Wir hätten gedacht, es wäre gut gewesen, wenn Er sich öffentlich gezeigt hätte, es wäre das der herrlichste und beschämenste Triumph über seine Feinde gewesen und es hätten so Unzählige überzeugt werden müssen, dass Er GOttes Sohn und dass seine ganze Sache göttlich sei und dass man also an Ihn glauben und sich zu Ihm bekehren müsse. Aber JEsus wollte durchaus keinen bloß äußerlichen Glauben, weswegen Er auch seine Wunder nur da verrichtete, wo ein innerliches Bedürfnis und ein tieferer Glaube Ihm entgegen kam oder durch das Wunder erregt werden konnte. Hätte Er auf des Teufels Ansinnen sich von des Tempels Zinne herabgelassen, so hätte ganz Jerusalem mit Bewunderung von Ihm gesprochen: aber bekehrt hätte sich darum kein Mensch. Und so wenn Er nach seiner Auferstehung sich öffentlich in Jerusalem gezeigt hätte, so würden Tausende Ihm zugefallen sein, aber sie hätten bloß das äußere Wunder angestaunt, das innere Wunder der Bekehrung und Wiedergeburt, um das es dem Heiland vor Allem zu tun ist, das hätten sie doch nicht in sich wirken lassen. Und so wäre Alles beim Alten geblieben; die Pharisäer und Sadduzäer hätten die Auferstehung, wie die Wunder Christi, für einen Teufelsspuk erklärt und die Verschuldung des Volks wäre nur schrecklicher geworden.

Der HErr will überhaupt Niemand zum Glauben zwingen; denn was nicht von Innen heraus geboren wird, das hat keinen Bestand, und alle äußere Bewunderung Christi, bei der das Herz nicht erneuert und GOtt geheiligt wird, hat vor GOtt keinen Wert. Deswegen hat JEsus sich nach seiner Auferstehung verborgen gehalten vor der Welt, wie Er es jetzt noch tut. Viele meinen, sie wollten gern an JEsum glauben und sich zu Ihm bekehren, wenn sie nur auch einmal ein Wunder oder Zeichen von Ihm zu sehen bekämen. Würde der HErr es für gut finden, so könnte Er gar wohl Wunder genug alle Tage tun; Er tut auch deren genug, jedoch verborgen, besonders im Geistlichen, aber auch in der Regierung unserer Schicksale und in der Weltregierung. Aber nur die Ihn kennen, verstehen seine Wunder; die ins Irdische Versunkenen müssen vorher innerlich das tiefe Bedürfnis eines Heilandes erfahren, müssen erkennen, dass sie ohne Ihn verloren sind: dann erst haben sie ein Auge und ein Ohr für seine Geistesoffenbarungen und Wunder.

So lange eine Seele ihren Schatz und ihre Freude in der Welt und in sich selbst sucht, so lange hat sie für GOtt kein Herz; da könnten vor ihren Augen die größten Wunder geschehen, ja der Auferstandene selbst sich zeigen, es ginge, wie beim Volk Israel, das die zehn Plagen in Ägypten, die aufgetürmten Wogen des Meeres, durch die sie hindurchgingen, während sie Pharao begruben - ferner das Wasser aus dem Felsen, das Manna vom Himmel herab vierzig Jahre und die Herrlichkeit GOttes vom Sinai gesehen und gehört hatte, und doch immer wieder gegen GOtt murrte und sich empörte. In unserer Zeit hat man schon manches Wunderbare von Somnambulen, Sehern und Besessenen erzählt, aber die Leute haben sich deswegen nicht bekehrt.

Es kommt alles darauf an, auf was die Grundrichtung des Herzens geht. Ist in dem fleischlichen, eigenliebigen, weltlichen Herzen kein inneres Sehnen nach GOtt und nach seiner Gerechtigkeit und nach seinem Leben, so bleibt ihm alles Göttliche äußerlich; das Wort vom Kreuz ist ihm da eine Torheit und die Auferstehung Christi vielleicht eine große Merkwürdigkeit, aber nicht ein Trieb und Zug zu neuem Geistesleben, weil der alte Mensch sich nicht um seine Herrschaft bringen lässt. Da kann der auferstandene JEsus sich nicht im Herzen offenbaren. Ach liebe Seelen, prüfe sich doch ein Jedes, ob es nicht in diesem traurigen inneren Zustand oder doch in Gefahr desselben sich befinde. Prüfe dich, ob ein solches Gottverlangen in dir ist, dass du lieber die Welt fahren lassen willst, als das Heil deiner unsterblichen Seele; prüfe dich, ob deine fürnehmste Sorge die sei, dass du haben möchtest eine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens! Dann nur kann der auferstandene JEsus sich dir offenbaren, denn

II.

nur denen, die GOtt fürchten, suchen und lieben, wird JEsus offenbar. Solche Leute sehen wir in unserem Text. Die Versammlung, zu welcher Petrus sprach, war die Familie des Cornelius, eines römischen, also heidnischen Hauptmanns. Diesen Heiden offenbarte Petrus den auferstandenen Heiland, während Er dem Volk Israel verborgen blieb. Petrus selbst hatte geglaubt, die Heiden müssen zum wenigsten vorher Juden werden, ehe sie zu Jüngern JEsu aufgenommen werden können. Aber ein Gesicht vom Himmel und die Erzählung des Cornelius von der Art, wie ein Engel ihn zu Petro wies, das überzeugte den Apostel, dass, wie er in unserem Text sagt, GOtt die Person nicht ansteht, nicht aufs Äußere, auf Volks-, Religions- und Standes-Unterschied sieht, sondern in allerlei Volk, wer GOtt fürchtet und recht tut, der ist Ihm angenehm.

Die letzteren Worte des Apostels: „wer GOtt fürchtet und recht tut, ist Ihm angenehm“ sind schon gar oft missbraucht worden von Rationalisten, Ungläubigen und anderen Leuten, die sich nicht zu Christo bekehren wollen. Sie sagen, aus dieser Stelle sehe man, dass es nicht nötig sei, an alle die Wahrheiten von Christo zu glauben; wenn einer nur brav sei und rechtschaffen lebe, so sei er GOtt angenehm, ob er dann Alles, was in der Bibel stehe, glaube oder nicht. Das ist die unglaublich verbreitete Ausflucht fast aller Unbekehrten. Selbst auf dem Totenbett berufen sie sich darauf, und wenn man sie fragt, ob sie auch einen Heiland haben und glauben können, dass um seinetwillen ihnen ihre Sünden vergeben werden, so denken oder sagen sie: ich habe das nicht nötig, ich habe rechtschaffen gelebt, habe GOtt gefürchtet und recht getan, folglich bin ich Ihm angenehm. Dabei werden dann alle Sünden als Schwachheitssünden entschuldigt und leichtsinnig übersehen, und GOtt denkt man sich als einen nachsichtigen Eli, der Alle, die es nur nicht gar zu arg gemacht haben, in sein großes Vaterhaus aufnehme.

Das ist das kurze Glaubenssystem der meisten Leute dieser Welt. Dabei braucht man natürlich keinen Heiland, man bewundert seine Tugend, man preist seine Lehren, aber man befolgt sie nicht einmal, sondern obgleich man nichts will als Tugendlehre oder Moral, so schlüpft man bei jeder einzelnen Tugendlehre hindurch mit der Fleischeslehre, es sei nicht so genau zu nehmen, wie GOtt es auch nicht so genau nehme. Bei solchem Glauben oder vielmehr Unglauben ist es gleichgültig, ob JEsus gestorben und auferstanden ist. Solche Seelen haben von der Auferstehung, auch wenn sie äußerlich noch glauben, keine Kraft und keinen Segen; der Auferstandene bleibt ihnen so verborgen, wie den selbstgerechten Pharisäern und den leichtsinnigen Sadduzäern.

Aber nun fragt es sich: haben solche Leute Recht? Woher wissen sie, dass es GOtt mit der Sünde nicht genau nehme? Was predigt die Sintflut? was Sodom? was die Gerichte über Israel? was die Kreuzesmarter Christi als unseres Stellvertreters? Und was zeugt die Unruhe des Gewissens tief im Innersten, wenn du es nur recht hören und nicht durchs Fleisch übertäuben willst? Alles predigt, dass GOttes Zorn vom Himmel geoffenbart wird über alles Gottlose, d. h. von GOtt lose, ohne GOtt dahin lebende Wesen und über alle Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit in Ungerechtigkeit aufhalten (Röm. 1,18.)

Doch du sagst: „wer GOtt fürchtet und recht tut, der ist Ihm angenehm.“ Und daraus soll hervorgehen, dass man sich nicht zu bekehren brauche. Warum hat aber dann Cornelius sich bekehren müssen? Er war gewiss frömmer als unsere Halbchristen, die sich mit ihrer Rechtschaffenheit begnügen. Es wird ihm das herrliche Zeugnis gegeben: „gottselig, gottesfürchtig, samt seinem ganzen Haus, gab dem Volk viele Almosen und betete immer zu GOtt.“ Unsere Vernunftgläubigen würden sagen: dem Mann fehlte nichts, er war eher zu fromm. Aber warum musste ein Engel vom Himmel herabkommen und dem Cornelius sagen, er soll Petrum holen lassen, der werde ihm erst recht sagen, was er tun soll, oder werde ihm Worte sagen, dadurch er selig werde und sein Haus? Ohne diese Predigt des Petrus, also ohne die Predigt von Christo und seiner Auferstehung hätte Cornelius bei aller seiner Rechtschaffenheit und Frömmigkeit, ja bei all seinem Almosen doch nicht selig werden können. Daher liegt in den Worten „wer GOtt fürchtet und recht tut, der ist Ihm angenehm“ bloß der Sinn: wer nicht an der Sünde Lust und Gefallen hat, sondern GOtt die Ehre gibt und sich bemüht um die Gerechtigkeit, die er GOtt schuldig ist, der ist Ihm angenehm. Das Wort angenehm heißt aber nach dem Griechischen nicht das, was wir unter angenehm verstehen, wohlgefällig oder gar gerecht vor GOtt; es heißt wörtlich: er ist annehmbar vor GOtt, er kann von GOtt angenommen werden, d. h. er wird nicht, wie die Juden es von den Heiden glaubten, verworfen von GOtt, sondern GOtt will ihm, er mag äußerlich sein, wer er will, seine Gnade in Christo JEsu zu Teil werden lassen.

So sagt uns diese Rede des Petrus, wer die sind, denen Christus offenbar wird als der für uns Geborene, für uns Gekreuzigte und für uns Auferstandene. Es sind die Seelen, die GOtt fürchten und das Heil in Ihm suchen. Wenn eine Seele GOtt fürchtet, in innerer Ehrfurcht, Scheue und Respekt vor GOtt steht, so bemüht sie sich, auch sein Gesetz zu befolgen, um nicht in seine Strafen und Gerichte zu fallen und um sein Wohlgefallen zu erlangen. Je mehr eines so GOtt fürchtet und recht tut, um Gerechtigkeit, wie sie GOtt gefallen kann sich bemüht, desto gewisser wird es erfahren, wie mangelhaft all unsere Gesetzeserfüllung ist und wie so viele Sünden, Übertretungen und Versäumnisse uns aller Gnade GOttes unwert machen. Daher wird ein gottesfürchtiger Mensch, je mehr er das ist, desto mehr einsehen, dass er aus eigener Kraft und eigenem Verdienst nicht selig werden kann, dass er weder seine Sünden sich selbst vergeben oder gut machen, noch eine wahrhaft vor GOtt gültige Gerechtigkeit in seinem Leben leisten kann.

Vor Menschen gerecht werden, das ist keine Kunst, da darf einer nur grobe Sünden meiden und hie und da etwas Gutes tun und in seinem Beruf und Geschäft fleißig sein, dann lobt ihn alle Welt als rechtschaffenen Menschen, dem Niemand etwas nachsagen könne. Das kann jeder leicht aus eigener Kraft, wie es der Heide Cornelius besser tat als die meisten Namenchristen. Aber eben solche Ehrbarkeit ist nicht die Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt. Diesen Ruhm vor GOtt hätte nur der, der alle Gebote GOttes vollkommen erfüllte, und zwar aus reiner Liebe GOtt es und des Nächsten, so dass er GOtt von ganzem Herzen und aus allen Kräften und seinen Nächsten als sich selbst liebte und Alles täte zu GOttes Ehre und im Licht der Gegenwart GOttes.

Wer nun diese allein vor GOtt gültige Gerechtigkeit sucht, der erkennt sich selbst als solchen Sünder vor GOtt, der auch nicht Eines seiner Gebote wahrhaft befolgt und auch nicht in Einem Punkt sich der Gnade GOttes weich gemacht, vielmehr nach unserem Konfirmationsbüchlein durchaus GOttes Zorn und Ungnade und daher allerlei zeitliche Strafen und die ewige höllische Verdammnis verschuldet hat. Wer so sein Sündenelend erkennt, der sehnt sich nach dem Heil GOttes in Christo JEsu; er weiß, dass in der ganzen Welt und in ihm selbst ewig kein Heil ist, sondern nur in Christo, und dass er so ohne JEsum ewig verloren wäre. Solchen heilsbegierigen Seelen, die so GOtt fürchten und GOttes Gnade in Christo suchen, denen kann der Heilige Geist JEsum verklären als den, der um ihrer Sünden willen dahin gegeben und um ihrer Gerechtigkeit willen auferweckt ist.

Und wer dann in lebendigem Glauben die Kraft des Todes und der Auferstehung JEsu an seinem Herzen erfahren hat, in den wird die Liebe GOttes ausgegossen durch den Heiligen Geist, und je mehr er GOtt und JEsum liebt und je mehr er der Sünde absterben und der Gerechtigkeit leben will, desto mehr wird ihm der auferstandene JEsus innerlich offenbar mit seiner ganzen, rechtfertigenden, erneuenden und durch und durch selig machenden Gnade. Welche GOtteskraft aber der Auferstandene mitteilt, davon will ich besonders unseren Kindern noch ein Beispiel erzählen. Ein armer Negerknabe von zehn Jahren hörte die christlichen Lehren aus dem Mund eines Missionars und wurde gläubig an Christum. Sein Herr aber, ein ins Irdische versunkener Pflanzer, verbot, obwohl er Christ hieß, dem Heidenknaben den ferneren Besuch der Predigten des Missionars, und wenn er wieder dahin gehe, so werde er ihn auspeitschen lassen. Der Knabe war zuerst über die Drohung erschrocken, aber die Liebe JEsu siegte über die Furcht und er ging wieder in die Predigt. Als er nach Hause kam, ließ ihm sein grausamer Herr 25 Peitschenhiebe geben, und fragte ihn dann: „was kann dir nun dein JEsus Christus helfen?“ Der Knabe sagte gelassen: „Er hilft mir dieses Leiden geduldig ertragen.“ Wild vor Zorn befahl der Bösewicht, dem armen Kind noch einmal 25 Peitschenhiebe zu geben. Auch diese hielt der Knabe mit wunderbarer Standhaftigkeit aus. Der gottlose Herr fragte ihn wieder: „was kann dir nun dein JEsus helfen?“ Da sagte der edle Märtyrer: „Er hilft mir an eine künftige Vergeltung denken.“ Darüber kam der unmenschliche Tyrann außer sich vor Wut und befahl, dem Knaben noch 25 Peitschenhiebe zu geben. Die Diener zauderten, aber sie mussten endlich den schrecklichen Befehl vollziehen. Der Knabe erlitt die Strafe, unter der seine Natur zusammenbrach mit Wehklagen und Stöhnen. Aber der Wüterich weidete sich an seinen Jammertönen und als der 75ste Streich vorüber war, schrie er: „was kann dir jetzt dein JEsus helfen?“ Da nahm der Knabe seine letzte Kraft zusammen und sagte: „Er hilft mir für euch, Herr, zu beten.“ Dann starb er.

Da sehen wir, wohin ein Mensch, der keinen Heiland hat, kommen kann, aber auch wie herrlich der Auferstandene mit Kraft und Leben erfüllen und in seine Ähnlichkeit verklären kann.

Solche gläubige Seelen sind die vorerwählten Zeugen, von denen unser Text sagt, dass GOtt ihnen den Auferstandenen habe offenbar werden lassen. Zunächst waren das die Apostel als Augen- und Ohrenzeugen, die mit Ihm selbst noch nach seiner Auferstehung gegessen und getrunken hatten. Aber was hätte auch sie dieser äußerliche Umgang mit Christo genützt, wenn sie nicht Zeugen der inneren Wunder gewesen wären, die der HErr JEsus in ihren Herzen getan hat, weil sie in kindlichem Glauben und in herzlicher Liebe sich Ihm hingegeben hatten? Solche innere Wunder der Gnade wirkt der Heilige Geist fortwährend, und Paulus sagt: „wir kennen Christum nicht mehr nach dem Fleisch.“ Aber wir kennen Ihn innerlich aus dem Frieden und der Seligkeit, die Er durch die Vergebung der Sünden uns gegeben hat und aus den neuen Lebenskräften, die Er mitteilt. Und so sind auch wir Zeugen seiner Herrlichkeit, und alle bußfertige und gläubige Seelen sind solche von GOtt vorerwählte, von Ewigkeit zur Seligkeit in Christo ersehene Seelen, in denen sich die ganze Auferstehungsherrlichkeit JEsu offenbaren soll.

Dass das immer mehr in uns geschehe, dazu wollen wir den Heiligen Geist mächtig in uns wirken lassen. Der Geist allein macht die ganze Geschichte JEsu in uns innerlich lebendig, dass Christi Geburt unsere Neugeburt, Christi Leben unser Leben, Christi Tod unser Tod, Christi Auferstehung unsere Auferstehung wird und so der große Liebesvorsatz GOttes an uns ausgeführt wird, dass wir Eins sein sollen mit Christo und in Ihm Eins mit GOtt. Der HErr gebe, dass das die Frucht auch von dieser Osterfeier sei, und was wir haben mangeln lassen, wolle Er gnädiglich erstatten und uns in sich vollenden, bis wir ganz mit Ihm erfüllt und ganz zu GOttes Ebenbild erneuert werden. Amen.

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