Kapff, Sixtus Carl von - Am Sonntag Oculi.
Text: Ephes. 5,1-10.
So seid nun GOttes Nachfolger, als die lieben Kinder, und wandelt in der Liebe, gleichwie Christus uns hat geliebt, und sich selbst dargegeben für uns, zur Gabe und Opfer, GOtt zu einem süßen Geruch. Hurerei aber und alle Unreinigkeit oder Geiz lasst nicht von euch gesagt werden, wie den Heiligen zusteht; auch schandbare Worte und Narrenteidinge oder Scherz, welche euch nicht ziemen, sondern vielmehr Danksagung. Denn das sollt ihr wissen, dass kein Hurer, oder Unreiner, oder Geiziger (welcher ist ein Götzendiener), Erbe hat an dem Reich Christi und GOttes. Lasst euch Niemand verführen mit vergeblichen Worten; denn um dieser willen kommt der Zorn GOttes über die Kinder des Unglaubens. Darum seid nicht ihre Mitgenossen. Denn ihr wart weiland Finsternis, nun aber seid ihr ein Licht in dem HErrn., Wandelt wie die Kinder des Lichts. Die Frucht des Geistes ist allerlei Gütigkeit, und Gerechtigkeit, und Wahrheit. Und prüft, was da sei wohlgefällig dem HErrn.
„Selig sind, die GOttes Wort hören und bewahren.“ In diesen Worten des heutigen Evangeliums zeigt der Heiland, was zur Seligkeit nötig sei. Ein Weib aus dem Volk, das seine Rede gegen den Satan gehört hatte, und gesehen, wie Er einen Teufel austrieb, pries die Mutter selig, die einen solchen Sohn geboren habe. Der HErr aber gab ihr zu verstehen, dass nicht eine solche äußerliche, wenn auch noch so enge Verbindung mit Ihm zur Seligkeit helfe, sondern allein die innere Gemeinschaft mit Ihm, bei der man das in Ihm und von Ihm geoffenbarte Wort GOttes höre und bewahre.
Was zu diesem Bewahren und Halten des Wortes GOttes gehöre, sagt unsere Epistel, nämlich nichts Geringeres, als dass wir GOttes Nachfolger werden und im Licht wandeln sollen als Kinder des Lichts, als solche, welche aus der Finsternis der satanischen und fleischlichen Art übergegangen seien in das Lichtleben GOttes.
Dabei spricht unsere Epistel sehr ernstlich von dem Zorn GOttes und von dem Ausschluss aus dem Reich GOttes. Wer nicht im Licht ist, der ist in der Finsternis, und die Finsternis ist der Tod und ewiges Verderben. Wer wollte in solcher Finsternis bleiben? wer verloren gehen als eine Beute des Satans, von dem der HErr im Evangelio sagt, dass er als ein starker Gewappneter das Herz eines unbußfertigen Menschen wie sein Haus bewohne. Wer erschrickt nicht vor solcher Verwüstung des Herzens, das zu einem Tempel GOttes bestimmt ist! Und wer wendet sich nicht sehnsuchtsvoll dem Licht zu, das allein Friede und Freude, Ruhe und Seligkeit ins Herz bringt. Freut es uns doch, wenn nach trüben Winter- und Regentagen die Sonne wieder freundlich leuchtet, und wenn aus dunkler Nacht das helle Tageslicht hervorbricht; wie viel teurer muss uns das Licht sein, das die geistliche, seelentötende Finsternis zerstreut und uns ewig helle macht, helle, selig, herrlich. Zu solchem Lichtleben wollen wir uns auch heute durch unsere Epistel ermuntern lassen, indem wir betrachten:
Was zum Wandel im Licht gehöre.
- Gemeinschaft mit GOtt in Christo, - Ablegung alles ungöttlichen Wesens, - Leben nach GOttes Wohlgefallen.
O heil'ger Geist, kehr' bei uns ein
Und lass uns deine Wohnung sein,
O komm, du Herzenssonne.
Du Himmelslicht, lass deinen Schein
Bei uns und in uns kräftig sein
Zu steter Freud' und Wonne.
Sonne, Wonne, himmlisch Leben
Willst Du geben,
Wann wir beten,
Zu Dir kommen wir getreten.
Deine Kraft sei mächtig in unserer Schwachheit. Amen.
I.
Das erste Erfordernis und der Grund eines rechten Wandels im Licht ist innige Gemeinschaft mit GOtt in Christo JEsu. Unsere Epistel beginnt mit den Worten: „So seid nun GOttes Nachfolger als die lieben Kinder.“ GOttes Nachfolger - das ist das Höchste, was man einem Menschen gebieten kann, es fasst alle Gebote und Regeln in sich, und ist der kürzeste und treffendste Ausdruck für die ganze Moral oder Sittenlehre. Aber ist es denn möglich, dass ein Mensch GOttes Nachfolger, wörtlich Nachahmer oder GOtt ähnlich werde? Würde uns dieses hohe Gebot nur so gegeben, wie die Moral oder das Gesetz Alles gebietet, von außen: als strenges „Du sollst,“ so wäre es uns unmöglich, danach zu leben. Unserer Vernunft könnte die Aufgabe der Gottähnlichkeit als eine herrliche erscheinen: aber unser Herz würde gegen die Möglichkeit einer solchen Verähnlichung mit GOtt sich unaufhörlich sträuben, und könnte die Selbst- und Weltverleugnung, die dazu gehört, sich nie gefallen lassen. Deswegen aber ist die neutestamentliche Moral oder Sittenlehre durchaus auf die großen Heilswahrheiten unseres allerheiligsten Glaubens gegründet, und alles Gesetz wurzelt im Evangelio, wie die Frucht im Baum, und der Baum in der Wurzel und die Wurzel in der Erde.
So gründet auch unser Text seine hohen und außerordentlichen Ermahnungen auf das, was wir in Christo sind, und durch Gemeinschaft mit Ihm und dem Vater immer mehr werden sollen. Als die geliebten Kinder sollen wir GOttes Nachfolger werden, wie Kinder gerne und leicht sich nach ihren Eltern bilden; wir sollen in der Liebe wandeln, gleichwie Christus uns geliebt hat und sich selbst dargegeben für uns zur Gabe und Opfer, GOtt zu einem süßen Geruch; im Licht sollen wir wandeln als Kinder des Lichts, als Heilige, die in dem HErrn schon durch den Glauben ein Licht geworden sind, und in deren Leben die Früchte des Geistes als Wirkungen des Heiligen Geistes sich offenbaren. Das Alles zeigt uns, wie der Wandel im Licht mit allen seinen Erfordernissen wie der Baum aus dem Kern herauswächst aus der Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe mit JEsu und durch Ihn mit dem Vater.
Diese Gemeinschaft gründet sich darauf, dass JEsus nach unserem Text uns geliebt hat bis in den Tod, da Er sich selbst dargegeben hat für uns zur Gabe und Opfer, GOtt zu einem süßen Geruch. Wie die Opfer des alten Bundes dem HErrn angenehm waren, wenn mit dem Räuchwerk auch die Herzen in Buße und Gebet zum Himmel emporstiegen, so ruhte das höchste Wohlgefallen GOttes auf dem Opfer, das die Vollendung und der Segen aller alttestamentlichen Opfer war, auf dem großen Versöhnungsopfer JEsu Christi. An unserer Statt hat Er sich dahingegeben in den bittersten Martertod, weil wir solches Todes Qualen für alle Ewigkeit verschuldet hatten mit unzähligen Sünden. Statt dass unser ganzes Geschlecht ewig verdammt und verloren gewesen wäre, hat JEsus die Rechte der göttlichen Gerechtigkeit erfüllt, unsere Schuld und Strafe auf sich genommen und sein Leben zum Lösegeld gegeben für uns. Und die ewige Liebe des Vaters, die nicht will, dass Jemand verloren werde, hat das Opfer Christi angenommen, als ob wir Alle die Schuld der Sünde gebüßt hätten, und jetzt sieht der Vater die in Christo versöhnten Seelen an als fromm und gerecht, als seine lieben Kinder, als Heilige, wie unser Text sagt. Durch Zurechnung der Gerechtigkeit Christi empfängt unser Glaube die Kraft der wesentlichen Gerechtigkeit. Denn der wahre Glaube ist eine Vereinigung mit JEsu, ein Anziehen Christi, wodurch wir seines Wesens teilhaftig werden. Dadurch geht das Wort unseres Textes in Erfüllung: „Ihr wart weiland Finsternis - nun aber seid ihr ein Licht in dem HErrn.“ Wer die Versöhnung in JEsu noch nicht gesucht und gefunden, der ist noch in der Finsternis. Sünde ist Finsternis vor GOtt, und wenn auch ein Mensch in seinem Sündenzustand noch so sehr glänzt durch Reichtum, Ehre, Verstand, Witz, Gelehrsamkeit, Geschicklichkeit, Hoffart und durch Alles, was es in der Welt Großes und Prächtiges gibt, so ist er doch um der Sünde willen finster vor dem HErrn.
O hört doch das, alle Unwiedergeborenen, ohne Leben aus GOtt, aus Christo seid ihr finster vor GOtt, schwarz wie die Nacht. So oft ihr euch des lieben Tages freut und der hellen Sonne, so tut einen Blick in euer Herz, und seht, ob auch zu euch gesagt werden kann: „Ihr wart weiland Finsternis: aber jetzt nicht mehr,“ ob jetzt bei euch die Sonne scheint, die Sonne der Gerechtigkeit, durch die allein wir hell und klar, oder wie unser Text sagt, „ein Licht in dem HErrn“ werden. GOtt ist ein Licht und in Ihm ist keine Finsternis. JEsus ist das Licht der Welt; wer Ihm nachfolgt, der wandelt nicht in Finsternis, sondern hat das Licht des Lebens. Wer im Glauben an JEsum versöhnt und durch Liebe mit Ihm vereinigt ist, in dem verklärt der Heilige Geist die Lichtnatur des HErrn, und treibt ihn innerlich, ein Nachfolger GOttes zu werden. Denn die Liebe tut, was dem Geliebten gefällt; die Liebe will sich ganz nach dem bilden, dem sie sich gegeben hat, und so ist die wahre Glaubens- und Liebesgemeinschaft mit dem HErrn der Grund zu einem GOtt ähnlichen Wandel im Licht. Denn wie die Sonne im Spiegel sich abbildet, so dass der Spiegel wie eine Sonne leuchtet, so wird eine mit GOtt vereinigte Seele so vom Licht GOttes angestrahlt, ja durchleuchtet, dass sie selbst als Kind GOttes ein Licht wird in Ihm. Solcher Wandel im Licht offenbart sich
II.
durch Ablegung alles ungöttlichen Wesens. Davon spricht unser Text mit sehr ernstlichen Worten, die sich an das anschließen, was wir vor acht Tagen betrachtet haben. „Hurerei und alle Unreinigkeit oder Geiz,“ nach dem Griechischen Gewinnsucht, „lasst nicht von euch gesagt werden,“ wörtlich: solches soll unter euch nicht einmal genannt werden; von solchen Sünden soll in der Gemeinde des HErrn gar nicht die Rede sein. Denn „das sollt ihr wissen, dass kein Hurer oder Unreiner, der überhaupt Unkeuschheit liebt, sei es mit Anderen oder für sich allein, in Werken, Worten oder Gedanken, kein Unkeuscher oder Geiziger, welcher ist ein Götzendiener, Erbe hat an dem Reich Christi und GOttes.“ Wie ernstlich lauten diese Worte! Wie gewaltig straft das Licht die Finsternis! Trifft diese Strafe Keines unter uns? Sind wir Alle frei von den Befleckungen des Fleisches und des Geistes, die als Werke der Finsternis das Gemüt verdunkeln, und durch böse, unreine, eitle, geld- und gewinnsüchtige Gedanken das Herz verwüsten, dass es keine Lust zum Umgang mit GOtt, keine Liebe zu seinem Wort, keine Freude auf die Ewigkeit haben kann? O lasst uns doch recht wachen über das Fleisch, das allezeit gelüstet wider den Geist. Fleischlich gesinnt sein ist eine Feindschaft wider GOtt und bringt Finsternis und Tod.
Davon habe ich kürzlich ein schauerliches Exempel gelesen. Ein Bauer, Namens Georg, legte es nur darauf an, recht viel Geld zu erwerben. Diese Gewinnsucht, vor der unser Text warnt, nahm seine Gedanken so ein, dass er sich um das Wort GOttes nicht bekümmerte, in der Kirche schlief oder rechnete, und das Gebet ganz unterließ. Gelang ihm ein Gewinn nicht, so war er voll Unwille und Zorn. Sechs Jahre hatte er schon so im Ehestand gelebt, als eine schwere Krankheit ihn niederwarf. Er fühlte sich dem Tod nahe, und gedachte, durch das Abendmahl noch Alles gut zu machen. Aber als es ihm gereicht wurde, sprach's in seinem Herzen: „Das nützt mir Nichts.“ Die Ermahnungen des Geistlichen waren ihm widerlich. Als aber die Krankheit zunahm, machte ihm sein Gewissen schreckliche Vorwürfe über sein bisheriges Leben, und es war ihm, als stehe er am Rand der Hölle. Sein selbstgerechtes Weib suchte ihm seine Einbildungen, wie sie es nannte, auszureden; er ließ sich einschläfern und ergab sich wieder einer völligen Sicherheit. Bald aber brachen die Wunden des Gewissens wieder auf, und seine Unruhe stieg bis zur Verzweiflung. Das Leben schien ihm unerträglich. Um sich zu töten, verschlang er Stücke einer irdenen Schüssel; als das ihn nicht tötete, sprang er aus dem Bett und zerschlug sich die Hirnschale mit einer Axt. Aber der Gedanke: „Was werden die Leute sagen?“ quälte ihn, und reuevoll legte er sich wieder zu Bett. Bald aber sprang er im Hemd aus dem Hause und lief dem Fluss zu. Unterwegs stürzte er mehrmals: aber er ließ sich nicht warnen. Schnell lag er im Fluss, gab sich alle Mühe, zu ertrinken, wurde aber von den Leuten herausgezogen und zu Bett gebracht. Der Arzt erklärte die Verwundung seiner Hirnschale für tödlich: aber wunderbar genas er wieder, nachdem er noch einige Versuche gemacht hatte, sich das Leben zu nehmen. Da auch sie vereitelt wurden, brach endlich sein harter Sinn, und das stolze Herz lernte sich beugen vor GOtt, und beten. Aber was er beten solle, wusste der Mensch, der so lange ins Irdische versunken gewesen war, nicht. Er seufzte um Erbarmung, er betete aus Büchern, und bat Andere, mit ihm zu beten. Wo er ging und stand, in der Scheune, auf dem Feld, unter der Arbeit, rief er oft laut aus: „Ach, du lieber himmlischer Vater, was muss ich tun, dass ich selig werde!“ Dies Rufen wurde erhört. Er wurde auf einen benachbarten Geistlichen aufmerksam gemacht, der Christum treulich predigte. Diesem schloss er sein Herz auf, und ließ sich mit Freuden hinweisen zu dem Lamm GOttes, das der Welt Sünde trägt. Er konnte glauben an JEsum, und fand in Ihm Vergebung der Sünde und so Friede für sein zerschlagenes Herz. Von nun an war das Wort GOttes seine liebste Speise, und sein ganzes Wesen wurde ein neues. Voll Demut und Liebe, voll Treue in der Gottseligkeit und in seinem irdischen Beruf wandelte er bis an sein Ende. Nächst der Sorge für sein Seelenheil lag ihm nichts so sehr am Herzen, als das seines Weibes und seiner drei Kinder. Wer ihn sah, wurde durch die Kraft seines Glaubens, seiner Liebe und Demut gegen GOtt und gegen die Menschen erbaut. Dieses Beispiel zeigt, wohin das fleischliche Leben und der irdische Sinn führt, wie es Finsternis und Tod im Herzen ausbreitet, Licht und Leben aber allein in GOtt ist durch JEsum Christum.
Deswegen warnt unser Text vor allen den Verführungen, durch welche so Viele sich einschläfern lassen, als ob es mit der Sünde nicht so genau zu nehmen wäre. Paulus sagt: „Lasst euch Niemand verführen mit vergeblichen Worten, mit eitlen, leeren Reden, wie sie zwar in Jedermanns Mund, aber doch völlig gegen GOttes Wort sind.“ Schon Jesajas sagt: „Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse heißen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen.“ Das sind die Leute dieser Welt, die beinahe zu allem sündlichen, unreinen, leichtsinnigen Wesen sagen: „Es tut Nichts,“ nach deren Sündentaxe bloß die groben Sünden, Mord, Ehebruch, Diebstahl, großer, auffallender Betrug, Meineid und Empörung Sünde sind, wiewohl selbst diese Sünden vielfach entschuldigt werden. Es ist schauderhaft, wie weit auch unsere Zeit wieder es in der Entschuldigung und Beschönigung der Sünde gebracht hat. Deswegen hält es auch bei den meisten Menschen so schwer, bis sie sich als Sünder erkennen, und einen Heiland suchen, der ihnen helfe vom Tod. Wer Finsternis Licht nennt, der sucht das wahre Licht nicht, das allein in Christo ist; wer sauer süß nennt, wer die sauerlohnende, schrecklich leer und elend machende Weltlust süß nennt, dem bleibt die Süßigkeit des Evangeliums ewig verborgen und er hat kein Herz für Christum. Aber es fragt sich doch wahrhaftig nicht, wie elende Menschen über die Sünde denken, sondern wie GOtt, der Weltrichter denkt, und was sein Geist zeugt wider alles ungöttliche Wesen; danach müssen wir uns richten, und da zeigt unser Text, dass es der HErr doch sehr genau nimmt. Da heißt der Geizige ein Götzendiener, der so wenig als der Unkeusche sich eine Hoffnung auf den Himmel machen dürfe. Was Menschen oft als Sparsamkeit, als rechtmäßigen Erwerb und Gewinn entschuldigen, das nennt GOttes Wort Abgötterei, da das Herz dem Mammon dient, und so verschlossen und unfähig wird für die Liebe GOttes und den Umgang mit ihm. Ach, Geliebte, wie manche Lüste und Begierden nehmen das Herz ein, dass fleischliche Gedanken wie Dornen den guten Samen göttlicher Gedanken ersticken! Je mehr wir solchem Weltgötzendienst das Herz öffnen, desto mehr schließt die Himmelstür sich uns zu. Der Apostel geht aber noch weiter in unserem Text: „Nicht bloß schandbare Worte und überhaupt alles Schlechte, Schändliche, Gemeine verwirft der Apostel; auch Narrenteidinge oder Scherz, sagt er, zieme sich nicht für Kinder GOttes.“ Narrenteidinge sind törichte, alberne Reden und Possen, leichtsinnige Gespräche, Spöttereien über Andere, überhaupt alle die Zungensünden, bei denen man dem Natursinn, der Eitelkeit, der Fleischeslust, dem Neid, der Eifersucht, der Feindschaft freien Lauf lässt, und sich ergießt in Worte, die man vor vielen Menschen nicht zu sagen wagte, und die man also am wenigsten vor GOttes Angesicht aussprechen würde.
Dahin gehört auch das, was Luther mit Scherz übersetzt, griechisch Eutrapelia, d. h. die witzige Unterhaltungskunst und Gewandtheit, die sich im Gespräch leicht dreht und wendet, das spaßhafte Wesen, das die Welt mit dem Namen Gesellschaftlichkeit aufs Höchste lobt. Auch diese Eigenschaft verwirft der Apostel. Nicht als ob man nicht heiter und fröhlich sein dürfte: aber die weltförmige Lustigkeit, das schalkhafte Witzmachen taugt zu dem, was wir der Gegenwart GOttes schuldig sind, nicht. Und wie vieler Zungensünden machen solche lustigen und witzigen Leute sich schuldig! Wie oft geben sie einem Schwachen Ärgernis, wie oft verleiten sie Andere zum Leichtsinn, wie oft hängen sie durch einen, wie sie meinen, unschuldigen Witz einem Nebenmenschen einen Flecken an, der ihm zum Schaden gereicht, ihm das Zutrauen und die Liebe gegen den Witzling raubt oder doch stört, und so oft auf lange hinaus üble Folgen hat. Brüder, die von Natur viele Anlage und Neigung zum Witzmachen in sich tragen, müssen oft darüber Buße tun, und manch vorschnelles, unvorsichtiges Wort, manchen törichten Scherz bereuen. Der eitlen Natur ist es, als ob sie keinen Witz unterdrücken könnte, und so fährt sie oft im Leichtsinn zu, wie man es gewiss nicht täte, wenn man z. B. nur vor einem vorgesetzten Menschen stünde, wie viel weniger, wenn man GOtt vor Augen und im Herzen hätte.
Solche Bewegungen der Natur gehören nach unserem Text zu dem, was sich für ein Kind des Lichts nicht ziemt; darauf hat also Jeder zu sehen, ob sich Etwas ziemt, schickt oder nicht. Darüber lässt sich freilich keine allgemeine Regel aufstellen, aber der Geist GOttes sagt innerlich, was ziemend ist und was nicht. Wie oft wird man über einer scheinbar ganz unschuldigen Rede alsbald innerlich gestraft; da zeugt der Geist, dass sie nicht geziemend gewesen, und daran lernt man für die Zukunft eine Regel. Das Reich GOttes hat sein eigenes Dekorum oder Anstandsgesetz (Etikette) verschieden von der Welt, über gleichgültige Formen sich erhebend, im Wesentlichen aber strenger und ernster; gewiss aber so, dass auch die Welt den Anstand und die Bescheidenheit, die Artigkeit und Freundlichkeit eines Kindes GOttes loben muss. Demut, Liebe, Wahrheit - das sind die drei Grundeigenschaften eines Lichtkindes und auf ihnen ruht alle wahre Bildung, alles wohlanständige, geziemende, GOtt ehrende und die Welt gewinnende Wesen. Dies führt uns auf unseren
III.
Teil, nach welchem zum Wandel im Licht ein Leben nach GOttes Wohlgefallen gehört. „Prüft, was da sei wohlgefällig dem HErrn, „ das ist die Hauptregel, in der der letzte Vers unseres Textes alle Ermahnungen zusammenfasst. Wenn man einem Menschen auch tausend Regeln gäbe, die ihm jeden Schritt seines Lebens genau verzeichnen würden, so hälfe das doch Nichts, wenn nicht innerlich in sein Herz der Grund gepflanzt ist, aus dem alle Sittlichkeit und Schicklichkeit und aller Wandel im Licht fließt. Das ist die Liebe zu GOtt, die in Allem nicht an sich denkt, sondern an GOtt, nicht auf sich sieht, sondern auf GOtt und seinen heiligen Willen. Wo kein Licht innerlich ist im Herzen, da kann keines strahlen im Wandel. Das Licht innerlich aber ist die Liebe zu GOtt und zu JEsu Christo, und in solcher Liebe die Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Ein Herz, das in solcher Gemeinschaft mit GOtt steht, darf nicht lange fragen: „Was habe ich jetzt zu tun? vor was mich zu hüten?“ Der Geist zeugt und lehrt innerlich, was wohlgefällig sei vor dem HErrn; er wirkt eine Unruhe über das, was nicht ins Licht taugt, und er ruft und zieht und treibt zu dem, was GOttes Willen und Ordnung gemäß ist.
Deswegen nennt unser Text die Haupteigenschaften des Lichtwandels Früchte des Geistes. Die Frucht des Geistes ist allerlei Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit. Gütigkeit oder wie es im Anfang des Textes heißt, Wandel in der Liebe, das ist ein Haupterfordernis zu einem Wandel im Licht. Alles, was gegen die Liebe ist, das macht finster, was sich ja sogar auf dem Gesicht ausprägt. Und wer den Hass oder auch nur die Widrigkeit eines Anderen zu tragen hat, dem ist es, als ob eine dicke Finsternis auf ihm lastete. Dagegen wo die Liebe herrscht, da ist es hell. Die Liebe ist wie eine Sonne, die Alles freundlich bestrahlt, erleuchtet und erwärmt. Sie ist, wie wir neulich von ihr gehört haben, langmütig und freundlich; sie eifert nicht, sie treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie stellt sich nicht ungebärdig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie trachtet nicht nach Schaden. Sie freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber der Wahrheit, sie verträgt Alles, sie glaubt Alles, sie hofft Alles, sie duldet Alles. Das ist ein Wandel im Licht.
Das ist auch die andere Eigenschaft, die unser Text als Frucht des Geistes nennt, die Gerechtigkeit, die gerne Jedem das Seine gibt, Keinen übervorteilt, den Nutzen des Nächsten im Auge hat, wie den eigenen, sich vor allem betrüglichen Wesen hütet, und sich so beträgt, dass alle Menschen und GOttes Augen selbst in Alles Hineinsehen dürfen. Ach, Geliebte, wie viel gehört dazu! Denke doch einmal Jedes von uns: dürften alle Leute in dein Herz hineinsehen? und in dein Geschäft, in deinen Handel und Wandel, in deine Bücher und Rechnungen, in deine Briefe, in deine Haushaltung und Verwaltung, in dein eheliches Leben, in dein Dienstbotenverhältnis, in all deinen Umgang und Verkehr? Ist in dem Allem Nichts, das das Licht zu scheuen hat? Stehst du auch in der Wahrheit, die unser Text besonders verlangt? in der Aufrichtigkeit und Redlichkeit, die sich keine krummen Schleichwege, keine unerlaubten Überredungskünste und keine vergeblichen Worte erlaubt? Kann man auf dein Wort sich verlassen, sind deine Grundabsichten lauter, ehrlich, aufs Beste des Ganzen, auf GOttes Ehre und des Nächsten Nutzen bedacht, oder leitet dich Selbstsucht, Interesse, Gewinnsucht, Eifersucht, Ehr- und Ruhmbegierde, und dergleichen unedle und schlechte Triebfedern?
O liebe Seelen, lasst uns ernstlich unseren Herzensgrund prüfen, dass wir nicht verborgene Tücke und Feinde in uns beherbergen. Es liegt so viel an einem lauteren Wandel im Licht. Denn wo noch geheime Werke der Finsternis sind, Unwahrheit, Ungerechtigkeit, Lieblosigkeit, Zorn, Hass, Neid, Geiz, Hab- und Gewinnsucht, Unkeuschheit, Narrenteidinge, schandbare Worte oder Werke, da ist das Christentum ein Geschwätz, und auch das Licht, das da ist, wird wieder verfinstert, wie JEsus im Evangelio sagt: „Der böse Geist kehrt durch Rückfälle der Gläubigen wieder um in das Herz, aus dem er gegangen war, und nimmt vielleicht zu sich sieben andere Geister, die ärger sind, denn er selbst, und wann sie hineinkommen, wohnen sie da, und wird hernach mit demselbigen Menschen ärger, denn vorhin.“ Gegen solche seelenmörderische Gefahr gilt es, ernstlich zu wachen, damit unser Wandel im Licht sich nicht verkehre in Finsternis. Nur im vollen Licht ist volle Freude und Seligkeit. In diesem Licht sind wir, wenn es bei uns ist, wie bei David nach den Worten, die dem heutigen Sonntag seinen Namen gegeben haben. „Oculi,“ meine Augen sehen allezeit zu dem HErrn. Sind unsere Augen stets auf Ihn gerichtet, und sehen wir sein allsehendes Auge stets als offen über uns, dann sind und dann wandeln wir im Licht. Und vom Vater der Lichter strömt dann täglich neue Kraft und neues Leben wie aus dem offenen Himmel heraus uns zu. So soll das Licht unser Element sein und unser Vorsatz der:
Wir entsagen völlig allen Eitelkeiten,
Aller Ehre, Lust und Freuden;
Da liegt unser Wille, Seele, Leib und Leben
Dir zum Eigentum ergeben.
Du allein
Sollst es sein,
Großer GOtt und HErre,
Dir gebührt die Ehre! Amen.