Kapff, Sixtus Carl von - Am sechsten Trinitatis-Sonntag.

Kapff, Sixtus Carl von - Am sechsten Trinitatis-Sonntag.

Text: Röm. 6, 1-11.

Was wollen wir hierzu sagen? Sollen wir denn in der Sünde beharren, auf dass die Gnade desto mächtiger werde? Das sei ferne! Wie sollten wir in der Sünde wollen leben, der wir abgestorben sind? Wisst ihr nicht, dass Alle, die wir in JEsum Christ getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir je mit Ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, gleichwie Christus ist auferweckt von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln. So wir aber samt Ihm gepflanzt werden zu gleichem Tode: so werden wir auch der Auferstehung gleich sein; dieweil wir wissen, dass unser alter Mensch samt Ihm gekreuzigt ist, auf dass der sündige Leib aufhöre, dass wir hinfort der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist gerechtfertigt von der Sünde.

Sind wir aber mit Christo gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit Ihm leben werden; und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod wird hinfort über Ihn nicht herrschen. Denn das Er gestorben ist, das ist Er der Sünde gestorben zu Einem Mal; das Er aber lebt, das lebt Er GOtt. Also auch ihr, haltet euch dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid, und lebt GOtt in Christo JEsu, unserem HErrn.

Unsere letzten Episteln enthielten mancherlei Vorschriften und Gebote, deren Erfüllung erst unser Leben zu einem wahrhaft christlichen macht. Wir hörten von Johannes, dass wir in der Liebe bleiben, aus Liebe sogar das Leben für die Brüder lassen sollen; von Petrus, dass wir festhalten sollen an der Demut, und in Liebe und Demut gleich gesinnt sein, mitleidig, brüderlich, barmherzig, freundlich, nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern willig leiden, lieber schweigen, als viel reden, dem Frieden nachjagen gegen Jedermann, überhaupt in der Furcht und Gegenwart GOttes leben und dabei uns vor Niemand fürchten, da wir auch beim Leiden um der Gerechtigkeit willen doch selig sein, selig besonders in der Hoffnung auf die zukünftige Herrlichkeit und die einstige Erlösung aller seufzenden Kreatur, um welcher willen Paulus alle Leiden dieser Zeit klein und erträglich nennt. Zur Erfüllung aller dieser Gebote zeigt unsere heutige Epistel uns den Weg. Unsere Natur führt zum geraden Gegenteil jener göttlichen Gesinnungen. Da ist Lieblosigkeit statt Liebe, Hochmut statt Demut, Ungeduld statt Geduld, Trachten nach Recht, Ehre und irdischem Glück, statt stillem Leidenssinn, kurz Leben im Fleisch und in der Welt, statt Leben in GOtt und im Himmel. Da zeigt uns nun unsere Epistel, dass wir nur dann in einem neuen und seligen Leben wandeln können, wenn unser alter Mensch mit Christo gekreuzigt ist, da dann der sündliche Leib aufhört und wir der Sünde hinfort nicht dienen.

Fragen wir aber: wie kommen wir dazu, so mit Christo zu sterben unserem alten Naturleben und unser in Selbst- und Weltliebe verflochtenes Ich aufzugeben, so weist uns der Apostel hin auf eine große Tatsache, durch welche der HErr selbst den Keim des neuen Geisteslebens in uns gelegt und so die Kraft zu dem, was wir nicht leisten können, uns geschenkt hat. Diese große Tatsache ist etwas, an das wir viel zu wenig denken, nämlich die heilige Taufe. Von ihr sagt unser Text: „Alle, die wir in JEsum Christ getauft sind, die sind in seinem Tod getauft, dass wir, als mit Ihm Gestorbene, auch mit Ihm in einem neuen Leben wandeln.“ Nach dieser Stelle ist die Taufe nicht, wie Viele meinen, bloß die Aufnahme in die christliche Kirche oder Einweihung zum Christentum, sondern sie ist eine wesentliche Mitteilung göttlicher Lebenskräfte, denn sie ist Einpflanzung in Christum und so eine Heiligung unseres ganzen Lebens. Deswegen sagt Paulus Tit. 3: „Nach seiner Barmherzigkeit macht uns GOtt selig durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung des Heiligen Geistes.“ Diese Wahrheiten wollen wir näher erwägen, indem wir unserem Texte gemäß betrachten:

Die Taufe - das Bad der Wiedergeburt.

1) Wir sind in JEsum Christ getauft,
2) dadurch sind wir mit Ihm begraben durch die Taufe in den Tod,
3) auf dass wir auch in einem neuen Leben wandeln.1)

HErr JEsu! öffne uns das Verständnis in das hohe Sakrament der heiligen Taufe, und gib uns einen tiefen Eindruck von der unaussprechlichen Gnade, die Du uns dadurch schon in unserer frühesten Kindheit erzeigt hast. Hilf uns aber auch unseren Taufbund treulich bewahren, dass wir täglich mit Dir sterben, aber auch täglich mit Dir wandeln in einem neuen Leben. Amen.

I.

Dass die Taufe ein Bad der Wiedergeburt sei, liegt schon in den Worten: „die wir in JEsum Christ getauft sind,“ oder wörtlich: „die wir eingetaucht sind in JEsum Christum.“ Wie bei der Taufhandlung nach ihrer damaligen Art der Leib ganz untergetaucht wurde unter das Wasser, so wurde unsichtbarer Weise der Geist eingetaucht in das Wesen und Leben Christi und so des dreieinigen GOttes; daher der eigentliche Taufbefehl JEsu also lautet: „Tauft sie in den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,“ wörtlich: taucht sie ein in den Namen, d. h. in das Wesen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Nach diesen Worten war die Taufe die Versetzung in ein ganz neues Lebenselement. Wie der Leib aus dem Element der Luft in das reinigende und erfrischende Element des Wassers versetzt wurde, so der Geist aus dem unreinen Element des natürlichen, sündlichen Lebens in das reine, heilige des göttlichen Lebens. Geister können ineinander sein, GOtt in uns und wir in Ihm. Daher sagt JEsus so oft. wir sollen bleiben in Ihm, Er wolle bleiben in uns; wie die Reben im Weinstock, wie die Glieder am Leib, so sollen wir bleiben in Ihm, und durch Ihn auch Eins sein mit dem Vater.

Solches Bleiben in Ihm können wir nicht machen, es muss von Ihm ausgehen. So wenig ein vom Leib getrenntes Glied sich selbst wieder mit dem Leib vereinigen kann, so wenig können wir - durch die Sünde von Ihm getrennt - uns wieder mit Ihm vereinigen, wenn Er es nicht tut. Er hat es für Alle getan in seiner Menschwerdung, in der die menschliche Natur mit der göttlichen vereinigt wurde, noch mehr in seinem Tod, in seiner Auferstehung und Himmelfahrt, wodurch unsere unreine Menschheit von der Sünde gereinigt, versöhnt, neu belebt und in die Herrlichkeit der göttlichen Natur verklärt worden ist. Was JEsus da für die Gesamtheit unseres Geschlechtes als unerschöpflichen Himmelsschatz erworben, das teilt Er den einzelnen Seelen zu durch die heilige Taufe. Der Ewigkeitssegen des Lebens und Leidens, des Todes und der Verklärung JEsu ist so unendlich groß, dass ein seine Sünde tief fühlendes Herz es nicht wagen könnte, sich solchen Segen zuzueignen, wenn nicht JEsus selbst ihn unmittelbar uns zuteilte. Das tut Er durch die Taufe. Da wird unser armer, des göttlichen Ebenbildes beraubter, durch die Sünde entstellter Geist in die Segensflut eingetaucht, die von JEsu ausströmt; ja er wird eingetaucht in das Wesen des dreieinigen GOttes, zur Gemeinschaft mit Ihm, zum Leben in Ihm.

Dazu war ja unser Geist ursprünglich geschaffen, dazu trägt er die Fähigkeit und die Sehnsucht selbst im Sündenleben in sich: aber sollen wir dazu gelangen, so muss GOtt selbst uns in sich aufnehmen. So wenig ein dem Tod verfallener Verbrecher sich selbst das Leben schenken kann, so wenig darf ein Sünder von Vereinigung mit GOtt träumen, wenn GOtt nicht ihn mit sich vereinigt. Das tut GOtt in der Taufe. Sie ist das heilige Sakrament oder Wortzeichen, in dem schon das von JEsu verordnete Zeichen des Wassergebrauchs, noch mehr aber das göttliche Wort seines Befehls und seiner Verheißung uns in Gemeinschaft mit Ihm bringt, auch wenn außer dem sichtbaren Zeichen und hörbaren Wort nichts vorginge. Die Hauptsache aber geht im Unsichtbaren vor. Wie beim Abendmahl in, mit und unter Brot und Wein der unsichtbare, verklärte Leib und das verklärte Blut Christi uns mitgeteilt wird, so verbindet sich mit dem Wasser der Taufe die unsichtbare Wirkung des Heiligen Geistes. Wie der Geist GOttes einst schwebte auf dem Chaos-Wasser der Weltschöpfung, und wie Er da ordnend und gestaltend die Elemente zubereitete, dass auf den Ruf des Allmächtigen Alles in harmonischem Leben hervortrat und sehr gut war, so schafft der Geist in dem Täufling die Anfänge neuen Lebens, bereitet seinen Geist zu für die Gemeinschaft mit GOtt und senkt in ihn, als göttlichen Lebenskeim, die Kraft des Segens, den JEsus von seiner Geburt bis zum Kreuze und bis auf den Thron seiner Herrlichkeit uns erworben hat.

Deswegen heißt die Taufe auch ein Mittel zur Vergebung der Sünden. Petrus sagte am ersten Pfingstfest: „Ein Jeglicher lasse sich taufen auf den Namen JEsu Christi zur Vergebung der Sünden.“

So hat also unsere Kirche Recht, wenn sie lehrt, die Taufe versichere uns der Gnade GOttes, der Vergebung der Sünden, der Kindschaft GOttes und Erbschaft des ewigen Lebens. Um dieser hohen Segnungen willen heißt die Taufe mit Recht ein Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung durch den heiligen Geist. Wiedergeboren wird ja unser Geist dadurch, dass der Heilige Geist ihn aus dem sündlichen Naturleben erhebt in die Gemeinschaft mit GOtt, und so Alles uns zueignet, was JEsus für uns getan hat.

Diesen Segen bringt die Taufe schon bei unseren Kindern. Das lassen freilich auch in unserer Zeit wieder Manche nicht gelten, und sagen: nur da könne die Taufe solche Wirkungen haben, wo vorher lebendiger Glaube sei; die Taufe sei nur das Siegel der Wiedergeburt und daher sollen nur Erwachsene getauft werden, und nur dann, wenn man sichere Zeichen der Wiedergeburt oder doch des lebendigen Glaubens, was im Grund schon Wiedergeburt ist, bei ihnen finde.2) Was wollen wir hierzu sagen? Nach dem neuen Testament erscheint die Taufe überall nicht als Siegel, sondern als Mittel der Wiedergeburt, nicht als Bestätigung oder Verstärkung, sondern als Anfang und Grund der Wiedergeburt. So sagt JEsus: „Wer in das Reich GOttes kommen wolle, der müsse geboren sein aus Wasser und Geist, „ d. h. wiedergeboren durch das Wasser der Taufe und den mit ihr verbundenen Geist. Und Paulus sagt Ephes. 5: „Christus hat die Gemeine gereinigt durch das Wasserbad im Wort, „ und Tit. 3, nachdem er das Sündenleben der Natur geschildert hatte, sagt er: „Da erschien die Freundlichkeit GOttes, nicht um unserer Gerechtigkeit willen, sondern nach seiner Barmherzigkeit macht Er uns selig durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes“ d. h. durch das Wasser der Taufe, das uns hilft zur Wiedergeburt und zur Erneuerung durch den heiligen Geist, welchen Geist GOtt in der Taufe ausgegossen hat über uns reichlich durch JEsum Christum, auf dass wir durch desselben Gnade gerecht und Erben seien des ewigen Lebens. In diesen und anderen Stellen ist die Taufe durchaus als der Anfang des geistlichen Lebens hingestellt; durch sie erst wird Vergebung der Sünde, Gemeinschaft des Heiligen Geistes und so Gerechtigkeit und Hoffnung uns zu Teil.

Aber wenigstens Glaube muss ihr vorangehen, sagen die Verächter der Kindertaufe, und wer nicht lebendig glaubt, der kann nicht getauft werden. Wo steht das? Es soll liegen in den Worten: „lehrt alle Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie halten Alles, was ich euch befohlen habe.“ Hier sei zuerst das Lehren, dann erst das Taufen befohlen. Aber nach dem Griechischen lauten die Worte so: „Macht zu Jüngern alle Völker, indem ihr sie tauft und indem ihr sie lehrt.“ Demnach sollen sie zuerst taufen und dann lehren, und so durch Taufen und Lehren zu Jüngern machen. Wir finden auch nirgends, dass die Apostel bloß Gläubige getauft haben. Von Juden und Heiden verlangten sie bloß, dass sie im Allgemeinen geneigt seien, ihr bisheriges Sündenleben zu lassen und JEsu sich zu ergeben. So wurden die drei Tausend am ersten Pfingstfest getauft, obgleich sie nur Eine Predigt von Christo gehört und in einigen Stunden sich nicht eigentlich hatten bekehren können; es heißt auch bloß von ihnen:- „die ließen sich taufen, die Petri Worte gerne annahmen,“ nicht die gläubig waren oder gar die bekehrt waren. Ja, in Samaria wurde sogar Simon, der Magier, getauft, dem doch Petrus kurz darauf sagen musste: „Dein Herz ist nicht rechtschaffen vor GOtt; du bist voll bitterer Galle und verstrickt in Ungerechtigkeit.“

Konnten so Leute, die noch keineswegs gläubig waren, getauft werden, so noch viel mehr Kinder, die noch nicht so viel zu verlernen und abzulegen haben, wie Alte, deren zarter Geist noch viel empfänglicher ist für die Wirkungen des Heiligen Geistes. Dass der Geist auch auf Kinder wirken könne, sehen wir an Johannes, der schon im Mutterleibe erfüllt wurde mit dem heiligen Geist. Wer will bestimmen, wie weit ein Geist entwickelt sein müsse, damit der Heilige Geist auf ihn wirken könne? Lange, ehe ein Kind zu hellerem Bewusstsein gekommen ist, hat es schon tausend Eindrücke von außen erhalten, und die wichtigsten Eindrücke, die am wenigsten von uns selbst abhängen, die des Heiligen Geistes, sollen nicht möglich sein, ehe unser armes Bewusstsein und unsere doch nichts wirkende Mitwirkung dazu kommt! Warum hat denn GOtt im ganzen alten Bund die achttägigen Kinder durch die Beschneidung in seinen Gnadenbund aufgenommen? Warum sagt JEsus von den Kindern: „ihrer ist das Himmelreich,“ und Paulus 1 Kor. 7: „die Kinder von den gläubigen Eltern seien heilig.“ Und warum taufte er Lydia und den Kerkermeister von Philippi und Stephan mit ihrem ganzen Haus, d. h. mit ihrer ganzen Familie, also gewiss auch mit den Kindern? Kann GOtt nur dann uns seine Gnade erteilen, wenn wir vorher gewisse Bedingungen erfüllt haben?

Nach Röm. 5 ist JEsus für uns gestorben, da wir noch Sünder, Gottlose, ja Feinde waren. So kann Er auch die Taufgnade uns erteilen, ehe unser armer Verstand entwickelt ist. Ja, je weniger dabei von uns abhängt, desto größer und desto sicherer wird uns die Gnade. Könnte der Taufsegen uns nur bei einem gewissen Maß unseres Glaubens oder unserer Bekehrung zu Teil werden, so könnten wir nie ruhig sein, ob wir dieses Maß des Geistes haben, oder früher gehabt haben, und so könnten wir nie einen freudigen Glauben, nie Trost in Anfechtung haben. Dagegen kann nichts uns so starken Trost geben, wie das, dass GOtt schon im „Anfang unseres Lebens“ einen so unendlich reichen Schatz und eine Königskronen übertreffende Würde uns wie mit Brief und Siegel zugesichert und den festen Grund eines göttlichen und ewigen Lebens in uns gelegt hat. Und wenn die Sünde uns das Alles streitig machen will, so halten wir uns an das, was unser Text uns

II.

versichert, dass wir mit Christo begraben sind durch die Taufe in den Tod - weil Alle, die in JEsum Christ getauft sind, die sind getauft in seinen Tod. Das Untertauchen bei der Taufhandlung war ein Begraben des Leibes unter das Wasser. So wurde JEsus begraben in die Erde, nachdem Er zuvor unter die Leidensflut, die über Ihn erging, wie untergetaucht war. Unsere Kinderlehre sagt: JEsus habe unsere Sünden in sein Grab verscharrt, d. h. durch seinen Tod und sein Begräbnis ist der ganze Fluch der Sünde getilgt und vollkommene Erlösung von den Schrecken des Todes, der der Sünden Sold ist, und von allen Feinden uns erworben. Aber im Tod JEsu liegt für uns auch die Wahrheit, dass es etwas Erschreckliches ist um die Sünde, da um ihretwillen der heilige Sohn GOttes so entsetzliches Leiden und so bitteren Tod erdulden musste. Und deswegen soll nicht bloß zurechnungsweise unsere Sünde und ihr Fluch in Christi Tod getilgt sein, sondern es muss auch durch den Glauben an den für uns Gekreuzigten unser alter Mensch, wie unser Text sagt, samt ihm gekreuzigt werden, auf dass der sündliche Leib, d. h. des Fleisches Herrschaft in uns aufhöre, dass wir hinfort der Sünde nicht dienen.

Dass das die Wirkung unseres Glaubens sein solle, das will Paulus in dem Abschnitt, woraus unser Text genommen ist, hauptsächlich zeigen. Er hatte in den fünf ersten Kapiteln des Briefs an die Römer gelehrt, dass alle Menschen, als grundverdorbene Sünder bloß durch das Verdienst JEsu gerecht und selig werden und dass der Glaube an JEsum allein uns Friede mit GOtt, Zugang zu seinem Gnadenthron und gewisse Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit gebe. Damit nun ja Niemand fleischlich denke, bei solchen Segnungen des Glaubens dürfe man in der Sünde ruhig bleiben, so sagt er im Anfang unseres Textes: „Sollen wir in der Sünde beharren, auf dass die Gnade desto mächtiger werde?“ Mit Abscheu wendet er sich ab von diesem fleischlichen Sinn, der die Gnade so auf Mutwillen ziehen möchte, und sagt: „Das sei ferne? Wie sollten wir in der Sünde wollen leben, der wir abgestorben sind?“ Und als Beweis, dass wir der Sünde bereits abgestorben seien, führt er die Taufe an, durch die wir mit Christo begraben seien in seinen Tod.

Weil in der Taufe uns Alles zugeeignet wird, was JEsus für uns getan hat, ja weil wir durch die Taufe in JEsum eingepflanzt werden, so werden wir durch sie samt Ihm gepflanzt zu gleichem Tode, d. h. wie JEsus um der Sünde willen sein Leben geopfert hat, so bringen auch die, die in der Taufe in Ihn eingetaucht werden, ihr eigen Leben Ihm zum Opfer dar, indem sie ihr Fleisch kreuzigen mit seinen Lüsten und Begierden, indem sie ihren Eigenwillen und ihre Selbst- und Weltliebe nichts mehr gelten lassen und so nicht mehr ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist. So den alten Menschen sterben lassen, kostet freilich Schmerzen, daher es auch ein Tod heißt, und es ist ein Tod, den die allermeisten Menschen so fürchten, dass es bei ihnen nie zur Bekehrung und auch bei so vielen Gläubigen nie zu einer gründlichen Bekehrung kommt. Stille, sein in allem Leiden, Unrecht und Beleidigungen geduldig tragen, Böses mit Gutem vergelten, in Zeiten der Not und Sorge, wie jetzt auch in der großen Dürre sich ohne Murren demütigen unter GOttes gewaltige Hand, Ihn über Alles lieben, den Nächsten als sich selbst, so manches dem Fleisch Angenehme sich versagen, so manchen Genuss und so manchen Nutzen verleugnen - das Alles kostet einen Tod unserer Ichheit, gegen den unsere ganze Natur sich sträubt.

Da ist es nun tröstlich, dass Paulus uns zeigt, wie dieser Tod in der Taufe eigentlich bei uns schon vorgegangen ist, so dass, wenn wir recht in der Kraft und im Gebrauch der Taufgnade leben, uns jenes Absterben der Sünde nicht mehr so schwer werden kann. Wir sind in unserer Taufe schon mit Christo für die Sünde wie begraben. Da er in der Taufe uns in sich einpflanzt, so wird unser Naturleben aufgenommen in sein Leben und so unser Wesen geheiligt. Er eignet uns ja in der Taufe den Segen seines Todes zu, wäscht uns also von unseren Sünden und versetzt uns aus dem unreinen Element unserer Natur in sein Leben, so dass unser Geist in Ihm wie eine neue Person wird, daher äußerlich schon gesagt wird, dass wir durch die Taufe Christen werden.

Ich fühle, dass meine Worte wieder viel zu schwach sind, dieses Geheimnis auszudrücken und die verborgenen Wirkungen zu beschreiben, durch die der Heilige Geist in der Taufe unserem alten Menschen sein Recht und seine Macht nimmt und JEsu zu neuem Leben uns einverleibt. Die Verächter der Kindertaufe werden freilich sagen, man sehe ja doch auch in getauften Kindern die Unarten der Natur und sie haben, je älter sie werden, desto mehr mit ihrem alten Menschen zu kämpfen. Haben denn aber die, die als Erwachsene getauft werden, nicht mehr zu kämpfen und zeigt sich nicht auch bei ihnen der alte Mensch, wie bei anderen? So lange wir im Fleische leben, stirbt unser alter Mensch nie im eigentlichen Sinn, d. h. er hört nicht auf, da zu sein, aber er hört auf zu herrschen; er lebt noch, aber er gilt nichts mehr. Und da dürfen wir nun sagen: je mehr ein Mensch in der Taufgnade lebt, desto mehr wird er den alten Menschen oder das Fleisch zwar fühlen, aber nicht herrschen lassen, wird dagegen kämpfen müssen, aber wird Kraft haben zum Siege, während ohne Taufe bloß ein unkräftiges Seufzen und Ringen und ein Ruf nach Hilfe, vielleicht auch Besserung auf einige Zeit möglich ist, nicht aber Wiedergeburt und neues Leben und seliger GOttesfriede. Wie viel wir der Taufe zu verdanken haben, wissen wir bloß deswegen nicht recht, weil wir gewöhnlich viel zu wenig erkennen, was die Taufe ist, und weil wir die in ihr uns erteilten Kräfte und Segnungen nicht zu gebrauchen wissen. Durch die Taufe sind wir aus dem ganzen Reich des Teufels ausgetreten; wir haben ihm abgesagt mit all seinen Werken und Wesen und GOtt hat uns angenommen als seine lieben Kinder. So oft nun etwas Satanisches, also auch etwas vom alten Menschen sich bei uns meldet, so dürfen und können wir es abweisen in Kraft unserer Taufe und dürfen, sagen:

Weich', weich', du Fürst der Finsternissen,
Ich bleibe mit dir unvermengt;
Hier ist zwar ein befleckt Gewissen,
Jedoch mit JEsu Blut besprengt.
Weich', eitle Welt, du Sünde, weich',
GOtt hört es; ich entsage euch!

Die in der Taufe empfangene Gnade ist wie eine feste Burg, in die wir uns gegen den Feind und seine Anläufe verschließen, und wer sein Taufrecht zu gebrauchen weiß, der wird's täglich mehr erfahren, was unser Text sagt: „wir sind der Sünde begraben durch die Taufe in den Tod.“ Seht die an, die aus der Taufgnade nie gefallen sind. In ihrem Leben findet ihr nicht den Unglauben, der von GOtt abfällt, nicht die grobe Fleischeslust, die das Herz verwüstet, nicht die Ausbrüche der Sünde, die selbst die Welt richtet. Schon in Kindern zeigt sich oft frühe eine ganz besondere Liebe zum Heiland, eine Lust zum Beten, eine Sehnsucht nach dem Himmel. Das sind Wirkungen der Taufe. Und warum wird es uns leichter, unsere Kinder zu erziehen, wenn wir das in der Taufe Empfangene in ihnen pflegen und sie oft erinnern, dass sie der Sünde abgesagt, JEsu aber Treue und Gehorsam zugesagt haben? O wer kann die Wirkungen des Heiligen Geistes ermessen, die in Folge der Taufe auf unsere Kinder und auf uns übergehen? Und wie viele Gnadenzüge, die auch an den leichtsinnigen Sünder kommen, mögen in der Taufgnade ihren Grund haben! Dass oft eine Seele mitten aus der Sünde und Lust heraus einen Ekel an der Welt und einen Abscheu vor sich selbst und eine Sehnsucht nach dem verlorenen Paradiese empfindet, das hat gewiss mit seinen Grund in dem, was in der Taufe der Heilige Geist in unseren Geist gelegt hat.

Wir müssen nur nicht glauben, die Taufe sei bloß etwas Vorübergehendes; sie trägt den Ewigkeitscharakter an sich, der alle Geisteswerke GOttes auszeichnet. Wie JEsu Tod eine in alle Ewigkeit gültige Tat war, so reicht auch die Tatsache unserer Taufe mit ihren Wirkungen in die Ewigkeit hinein, und deswegen dürfen wir jeden Tag von unserer Taufgnade gleichsam zehren, ohne dass sie je verzehrt würde, wie ein menschliches Kapital aufgezehrt wird. Jeden Tag dürfen wir es glauben: ich bin in meiner Taufe der Sünde abgestorben, ich bin damals schon in JEsu gerecht geworden, absolviert von meinen Sünden und geschmückt mit dem Schmuck der Gerechtigkeit JEsu. Nun komme der Fürst dieser Welt, aber er hat nichts an mich. Seit meiner Taufe ist mir der Name des HErrn ein festes Schloss, eine Burg, dahin ich laufe und beschirmt werde. Und wollen tausend Feinde mir meine Krone streitig machen, ich halte mich fest an dem Glauben, der die Welt überwinden kann, an dem Glauben:

Ich bin getauft auf Deinen Namen,
GOtt, Vater, Sohn und heil'ger Geist;
Ich bin gezählt zu Deinem Samen,
Zum Volk, das Dir geheiligt heißt.
Ich bin in Christum eingesenkt,
Ich bin mit seinem Geist beschenkt.

Als in der Taufe mit Christo Gestorbene dürfen wir glauben, was unser Text sagt: „wer gestorben ist, der ist gerechtfertigt von der Sünde,“ an unserer Statt ist Christus Einmal für allemal um der Sünde willen gestorben; sind wir in der Gemeinschaft des Glaubens mit Ihm gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit Ihm leben werden, und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, nicht stirbt. Der Tod wird hinfort über Ihn nicht herrschen, also auch nicht über uns, so wir mit Ihm der Sünde abgestorben sind. Dabei aber dürfen wir nicht vergessen,

III.

dass wir auch mit Christo in einem neuen Leben wandeln sollen. Unser Text sagt: „wir sind mit Christo begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, gleichwie Christus ist auferweckt von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln, „ in einem frommen, heiligen Leben nach GOttes Willen, in GOttes Liebe und Gegenwart; wie unser Text von JEsu sagt: „was Er lebt, das lebt Er GOtt,“ so sollen auch wir GOtt leben in Christo JEsu, unserem HErrn. Wie viel dazu gehöre, davon will ich jetzt nicht genauer reden. Ihr wisst selbst und wir hören es sonst oft genug aus GOttes Wort, was zu einem heiligen Wandel gehört, wie da GOttes Wille unser Wille sein muss und dagegen unser Eigenwille nichts mehr gelten darf, wie da die Liebe GOttes uns erfüllen muss, dass wir Ihn mehr lieben als alle Schätze, Ehren und Freuden dieser Welt, ja mehr als die teuersten Menschen, Eltern, Gatten, Kinder, Freunde; das Alles sollen wir um GOttes Willen verlassen und verleugnen können, so dass keine Lust und keine Regung der Natur Macht in uns gewinnen darf, dass das Fleisch durchaus beherrscht ist von dem Geist und unser Leben, in himmlischem Sinn geführt, immer reifer werde für die Ewigkeit, für das Sein bei JEsu, für das Anschauen GOttes. Solch' hohe Aufgabe zu erfüllen, haben wir in der Taufe versprochen und in der Konfirmation, als der Bestärkung in dem, was in der Taufe geschah, mit den Worten gelobt: „ich habe abgesagt dem Teufel und allen seinen Werken und Wesen, der Pracht und Eitelkeit der gottlosen Welt und allen sündlichen Lüsten des Fleisches, hingegen habe ich mich verpflichtet, GOtt und meinem HErrn JEsu zu dienen mein Leben lang.“

Eine ewige, kindliche Treue fordert unser Taufbund von uns. Aber dazu gibt er uns auch die Kraft. Paulus sagt: „wie viel euer getauft sind, die haben Christum angezogen.“ Durch die Taufe ist unser Wesen der Macht des Naturlebens enthoben und zu der Gemeinschaft des dreieinigen GOttes geheiligt, so dass fortgehend solche Wirkungen des Heiligen Geistes auf unseren Geist ergehen, dass wir im Geiste leben können, nicht im Fleische, wenn wir nur in der Taufgnade bleiben und den Taufsegen recht gebrauchen. Der Geist wirkt in uns je nach der Stufe unseres geistlichen Alters, er wirkt schon im Kind göttliche Gesinnungen und würde unser Leben vor dem Abfall in die Sünde bewahren, wenn wir stets im Geiste blieben.

Der gesunde Entwicklungsgang einer getauften Seele sollte daher so sein, dass keine eigentliche Wiedergeburt mehr nötig wäre, sondern bloß Erneuerung in der einmal in der Taufe begonnenen Wiedergeburt, tägliche Erneuerung durch innigen Gebetsumgang mit GOtt, durch Stärkung des Glaubens aus seinem Wort, durch Ernst der Heiligung; dabei können zwar auch Regungen und selbst Werke des Fleisches vorkommen, aber sie werden alsbald mit Schmerzen und Reue erkannt und durch Buße abgelegt. Solche Lebensgänge gibt es manche und sie zeigen, was die Taufgnade wirkt, wo sie bewahrt wird. Nur wer aus der Gemeinschaft mit GOtt im Gebet und im Glauben fällt und ohne Buße der Sünde sich überlässt, der bedarf einer Hauptwiedergeburt, um die verlorene Taufgnade wieder zu erlangen. Aber für Alle liegt täglich in dem, was schon die Taufe uns gegeben, eine reiche Kraft göttlichen Lebens. Wie in dem Kern der Baum schon enthalten ist, der allmählig daraus hervorwächst, so ist in der Taufgnade das neue Geistesleben schon dem Keime nach enthalten und wir dürfen es nur täglich erneuern, so wächst es immer mehr zu einem göttlichen Lebensbaum in den Himmel hinein. Daher sagt Luther in seinem großen Katechismus: „des Christen Leben ist nichts anderes als eine tägliche Taufe, tägliches Sterben des alten Adam, tägliches Auferstehen des neuen Menschen in Glaube, Liebe und Hoffnung.“

Nach diesem Allem wundem wir uns nicht, dass Hiller in seinem Lied sagt:

Meine Taufe freut mich
Mehr als mein natürlich Leben.

Und wenn ich heute euch erinnere, dass ihr Alle getauft seid in dem Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, so sage ich mehr, als wenn ich sagen würde: ihr seid Millionäre, oder ihr seid Prinzen und Prinzessinnen. Aber so hohe Würde treibt auch, der Würde gemäß zu leben, und so wollen wir über unseren Taufbund fleißiger, als bisher, nachdenken und dem Worte unseres Textes nachkommen: „haltet euch dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid, also nichts mehr mit ihr zu schaffen habt, und lebt GOtt, in Christo JEsu, unserem HErrn.“

Wie es auch jetzt euch sein mag, wie sehr ihr aller Gnade euch unwürdig achten mögt, haltet fest an der Tatsache eurer Taufe und haltet euch für solche, die bereits und in Wirklichkeit durch die Taufe, als eine feste Tatsache, der Sünde abgestorben sind und Kraft haben, GOtt zu leben in Christo JEsu. Das sei auch heute unser fester Vorsatz, und Du

Lass diesen Vorsatz nimmer wanken,
GOtt Vater, Sohn und heil'ger Geist;
Halt mich in Deines Bundes Schranken,
Bis mich Dein Wille sterben heißt:
So leb' ich Dir, so sterb' ich Dir,
So lob' ich Dich dort für und für. Amen.

1)
Kürzer: Wir sind getauft 1) in JEsum Christ, 2) in seinen Tod, 3) zu neuem Leben.
2)
Auch verlangen sie Untertauchung und verwerfen die Besprengung, die von der Kirche mit Recht für unsere kälteren Gegenden und für unsere Kinder als allein passend eingeführt wurde. Daran darf Niemand sich stoßen. Nicht am Maß des Wassers liegt es, so wenig als beim Abendmahl am Maß des Brots und Weins, und im ganzen alten Bund war die nicht reichlichere Besprengung das von GOtt verordnete Reinigungs- und Versöhnungsmittel.
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