Kapff, Sixtus Carl von - Am sechsten Epiphanien-Sonntag.

Kapff, Sixtus Carl von - Am sechsten Epiphanien-Sonntag.

Text: 2 Petr. 1,16-21.
Wir haben nicht den klugen Fabeln gefolgt, da wir euch kund getan haben die Kraft und Zukunft unseres HErrn JEsu Christi, sondern wir haben seine Herrlichkeit selbst gesehen. Da Er empfing von GOtt dem Vater Ehre und Preis, durch eine Stimme, die zu Ihm geschah von der großen Herrlichkeit dermaßen: dies ist mein lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe. Und die Stimme haben wir gehört vom Himmel gebracht, da wir mit Ihm waren auf dem heiligen Berg. Wir haben ein festes prophetisches Wort; und ihr tut wohl, dass ihr darauf achtet, als auf ein Licht, das da scheint in einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen. Und das sollt ihr für das erste wissen, dass keine Weissagung in der Schrift geschieht aus eigener Auslegung; denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht, sondern die heiligen Menschen GOttes haben geredet, getrieben von dem heiligen Geist.

„Das Zeugnis des HErrn ist gewiss und macht die Albernen weise. Die Befehle des HErrn sind richtig und erfreuen das Herz. Dein Wort, HErr, ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege; dein Wort ist nichts, denn Wahrheit; alle Rechte deiner Gerechtigkeit währen ewiglich.“ Diese Worte des 19ten und 119ten Psalm bestätigt unser Text, der sich mit dem Beweis beschäftigt, dass unser Glaube an die Offenbarung GOttes in Christo und sein Wort auf gutem Grund beruhe, und dass die Geschichten und Wahrheiten unseres Glaubens keineswegs zu vergleichen seien mit den fabelhaften Erzählungen der heidnischen Götterlehre. Mit diesen Fabeln oder nach unserem Grundtext „Mythen“ will man auch in unserer Zeit wieder das Christentum zusammenwerfen, und es sind schon jetzt der Philosophen und Theologen gar viele, die frech behaupten, die ganze evangelische Geschichte sei ein großer Mythos, eine durch die dichtende Sage ausgeschmückte Erzählung, von der wir Alles das, was irgend wunderbar laute, nicht glauben können. Darüber sollte sich Niemand wundern. Schon die Schlange im Paradies sagte: „Ja, sollte GOtt gesagt haben?“ Und Pharao sagte zu Mose: „Wer ist der HErr, des Stimme ich hören müsse? ich weiß nichts von dem HErrn.“ Ebenso wollten die Pharisäer und Sadduzäer nicht glauben, dass JEsus GOttes Sohn sei, und damit das Wunder der Auferstehung geleugnet werde, gaben sie der Wache Geld. Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist GOttes, es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen. Entweder glaubt er gar nicht, was der Geist durchs Wort geoffenbart hat, oder ist es ihm eine tote Geschichte. Gar nichts glauben, als was man sieht, das scheint den Leuten, die im Irdischen allein leben wollen, das Kürzeste.

Aber warum bleiben wir beim Glauben, warum hören wir nicht auf alle die Stimmen und Schriften von Gelehrten und Ungelehrten, die alle Menschenweisheit aufbieten, um dem Glauben sein Recht zu nehmen? Darüber müssen wir im Reinen sein. Petrus sagt kurz vor unserem Text in seinem ersten Brief: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung Jedermann, der Grund fordert der Hoffnung, die in euch ist.“ Zu einer solchen Rechenschaft über die Gründe, warum wir glauben, gibt unser Text einen Beitrag. Petrus versichert, er und die andern Apostel seien Augenzeugen der Herrlichkeit JEsu gewesen, wie sie aus seiner Verklärung auf dem Berg hervorstrahlte und wie sie aus seinen Wundern und seinem ganzen Leben noch weiter zu sehen war. Dann aber legt Petrus das Hauptgewicht darauf, dass das feste prophetische Wort für JEsum zeuge, das durch den heiligen Geist eingegeben sei. Diese göttliche Eingebung des prophetischen und apostolischen Wortes muss aber den Seelen innerlich offenbar werden, dadurch, dass nach unserem Text der Morgenstern ihnen aufgeht, Christus, und das Leben in Ihm. Das innere Geistesleben ist der stärkste Beweis für das äußere Geisteswort. Diese verschiedenen Gründe unseres Glaubens wollen wir genauer erwägen, indem wir unter göttlichem Beistand betrachten:

Den festen Grund unseres Glaubens.

Dieser Grund beruht

  1. auf den äußeren Zeugnissen der Apostel und auf den Wunderwerken JEsu,
  2. auf den inneren Zeugnissen des heiligen Geistes.

Dein Wort ist unsers Herzens Trutz
Und deiner Kirche wahrer Schutz, \\
Dabei erhalt' uns, lieber HErr,
Dass wir nichts Andres suchen mehr.

Gib, dass wir leben nach dem Wort
Und dass wir ferner fahren fort
Von binnen aus dem Jammertal
Zu Dir in deinen Freudensaal.

Amen.

I.

Der feste Grund unseres Glaubens beruht nach unserem Text zunächst auf den äußeren Zeugnissen der Apostel, als der Augen- und Ohrenzeugen alles dessen, das JEsus tat und lehrte. Petrus sagt in unserer Epistel: „Wir haben nicht den klugen Fabeln (durch Klügeleien ausgesponnenen Mythen) gefolgt, da wir euch kund getan haben die Kraft und Zukunft unseres HErrn JEsu Christi.“ In jenen Mythen über die griechischen Götter war keine Kraft des Lebens; es leuchtete nicht die Erscheinung göttlicher Herrlichkeit daraus hervor, denn sie stellten die Götter mit allen menschlichen Schwachheiten und Sünden dar, und es waren Geschichten einer nebelhaften Vorzeit, ohne Kraft und Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft. Christi Zukunft aber, und zwar seine erste im Fleisch und seine andere in der Herrlichkeit, konnte Petrus ankündigen als etwas Kraft- und Lebensvolles für alle Zeit, als Grund und Anfang der Vereinigung mit GOtt, in der wir, wie er vor unserem Text sagt, der göttlichen Natur sollen teilhaftig werden.

Dass es so sei, beweist Petrus mit den Worten: „Wir haben seine Herrlichkeit selbst gesehen, da Er empfing von GOtt dem Vater Ehre und Preis.“ Über die Mythen und Geschichten der heidnischen Religionen konnte kein Mensch einen Augen- und Ohrenzeugen, der irgend einen Glauben verdient hätte, anführen, so wie die Behauptungen unserer Philosophen keinen tieferen Grund haben, sondern eben menschliche Einfälle sind, von denen der eine dem andern widerspricht. Die Apostel aber konnten vor aller Welt sich darauf berufen, dass sie die Herrlichkeit des Sohnes GOttes selbst gesehen haben. Wie Petrus, so versichert das Johannes mit den Worten: „Das da von Anfang war, das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit unsern Augen, das wir beschaut haben und unsere Hände betastet haben, vom Wort des Lebens, das verkündigen wir euch.“ So sagt auch Lukas, er erzähle die Geschichte JEsu so, wie er sie erkundet habe von denen, die vom Anfang an Alles selbst gesehen haben und Diener des Worts gewesen seien, damit man so gewissen Grund der christlichen Lehre erfahre. Demnach ist der gewisse Grund unseres Glaubens das Zeugnis der Apostel, die alle Worte JEsu selbst gehört und alle seine Werke und seinen ganzen Wandel mit angesehen haben. Zwölf Augen- und Ohrenzeugen bürgen in vollkommener Übereinstimmung für die Wahrheit dessen, was das geschriebene Wort des neuen Testaments von JEsu berichtet.

Dass diese Zeugen alle mit einander übereinstimmen, wissen Alle, die mit der Bibel genauer vertraut sind. Alles, was die Ungläubigen von Widersprüchen sagen, betrifft unbedeutende Kleinigkeiten oder beruht es auf Entstellung und Verdrehung. Darüber ist unter den gelehrtesten Bibelforschern nur Eine Stimme, und wenn je einer Seele ein Zweifel hierüber beigebracht wird, dass sie in der Bibel eins mit dem andern nicht ganz zusammenräumen kann, so ist zu bedenken, dass oberflächliche Ansicht und Mangel an tieferem Verständnis oft einen Widerspruch sieht, wo ernsteres Nachdenken Alles in schönster Harmonie erkennt. Wer den Wunsch hat, es möchte mit dem Wort GOttes nichts sein, damit er sich nicht bekehren dürfe, der sieht freilich überall Widersprüche, weil der größte aller Widersprüche, der des Fleisches gegen den Geist, in ihm noch nicht gelöst ist. Solche irdisch gesinnte Seelen sind innerlich gegen die Lebens- und Geistesworte JEsu verschlossen und entschuldigenden Unglauben des Herzens, das sich nicht bekehren will, mit allerlei Zweifeln des Verstandes, der der schlechte Advokat des Fleisches ist und die Sache des Fleisches geschickt zu verteidigen weiß. Da sagt Mancher auch, wie die Muhamedaner, die Bibel sei verfälscht, es seien menschliche Zutaten darin, man wisse nicht, ob wir die Schriften der Apostel noch so haben, wie sie von ihnen geschrieben worden seien. Und doch bezeugt es die ganze alte Kirche in allen ihren Lehrern, in deren Büchern wir die Schriften der Apostel, so wie wir sie noch lesen, angeführt finden, es bezeugen es alle alten Übersetzungen der Schrift in verschiedenen Sprachen, es bezeugen es alle die uralten Handschriften derselben, die man noch lesen kann, ja, es bezeugen es selbst Feinde der Bibel in der ältesten Zeit, dass der Inhalt der heiligen Schrift kein anderer geworden ist, als wie er von Anfang war.

Über kein Buch der Welt haben wir so viele Zeugnisse, dass es echt und unverfälscht auf uns gekommen sei, wie über die Bibel. Wer diese Zeugnisse nicht annehmen wollte, der müsste eben so gut über alle Bücher alter und neuer Zeit zweifeln, ob sie wirklich von den Verfassern seien, denen sie zugeschrieben werden. Eine so unbändige Zweifelsucht findet sich daher fast nur bei solchen Menschen, die gar nichts mehr glauben, auch keinen GOtt und keine Ewigkeit, ja, die sogar die sichtbare Außenwelt nur für einen Schein erklären.

Wer in solche bodenlose, unglückselige Tiefe nicht versinken will, der darf ruhig als das Ergebnis der gelehrtesten Forschungen und als das Zeugnis aller Jahrhunderte der ganzen christlichen Kirche es glauben, dass wir in unserem neuen Testament nichts Anderes lesen, als die untrüglichen Worte von Männern, die nach dem Ausdruck unseres Textes als heilige Menschen GOttes geredet und geschrieben haben, getrieben von dem heiligen Geist. Sie redeten, was sie sahen und hörten, und teilten Dinge mit, auf die kein menschlicher Verstand je gekommen wäre, Alles so einfach und ungekünstelt, dass jedes wahrheitsliebende Herz ein inneres Gefühl hat, diese Worte seien nicht menschlich gemacht, sondern göttlich gegeben.

Auch ist sehr auffallend, wie redlich und offen die Apostel ihre eigenen Fehler und Torheiten bekennen, und durchaus nicht ihre eigene Ehre, sondern nur die des HErrn suchen, wie sie auch durch die Verkündigung ihres Wortes keinerlei Ehre oder Nutzen erlangten, sondern Schmach, Verfolgung und Tod. Das Alles zeigt uns, dass sie die Wahrheit sagen wollten, wie sie als Augen- und Ohrenzeugen sie sagen konnten. Und was sie da berichten, das ist Alles so wunderbar herrlich und göttlich, dass das felsenfesteste Fundament eines Hauses nicht fester sein kann, als der Grund unseres Glaubens, da er sich stützt auf die Wunderwerke JEsu und seine ganze Erscheinung. Darauf weist unser Text uns hin, indem er erinnert an die wunderbare Verklärung JEsu auf dem Berg, bei welcher die majestätische Stimme GOttes aus dem hohen Himmel heraus die Worte sprach: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.“ Durch dieses herrliche Zeugnis erklärte GOtt, dass Er an dem ganzen Leben JEsu das vollkommenste Wohlgefallen habe, dass keine Sünde und kein Tadel an Ihm sei und Er deswegen allen Glauben verdiene. Denn weil keine Sünde in Ihm war, so war auch kein Irrtum in Ihm. Diese sündlose Heiligkeit JEsu ist das größte Wunder seines Lebens und eine mächtige Stärkung unseres Glaubens. Daher sagt JEsus zu den Juden: „Welcher unter euch kann mich einer Sünde zeihen? So ich euch aber die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht?“ Als der Sündlose sagte er nur Wahrheit, und darum sollen wir an Ihn glauben.

Als der Sündlose war Er auch der HErr der Natur, wie Adam als das reine Ebenbild GOttes die Herrschaft hatte über alle Kreaturen. Der reine Geist ist erhaben über die Natur. Wie daher JEsus bei der Verklärung auf dem Berg nur das innere Licht seiner Heiligkeit herausleuchten ließ, so waren alle andern wunderbaren Erscheinungen seines Lebens ein Strahl dieser inneren Herrlichkeit, die Er als der heilige Gottmensch in sich trug, und immer mehr bekam, je mehr Er unter allen Versuchungen sich als Überwinder des Satans und der Welt bewährte. Wie Er in seiner Verklärung nach unserem Text von GOtt dem Vater Ehre und Preis empfing, so sind nach Joh. 10,38. „alle seine Werke, besonders seine Wunder, ein Beweis, dass der Vater in Ihm war und Er im Vater,“ daher Er auch dem Johannes, als er Ihn fragen ließ, ob Er der Messias sei, sagen ließ: „Die Blinden sehen, die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein, die Tauben hören, die Toten stehen auf und den Armen wird das Evangelium gepredigt.“ Aus seinen Wundern also sollte der Täufer festen Glauben an Ihn fassen.

Andere aber wies Er auf die Wunder hin, die an Ihm geschahen, auf das Abbrechen seines Leibes und auf den Wiederaufbau desselben am dritten Tag, auf seine Auferstehung und einige Mal auf seine Himmelfahrt. Diese außerordentlichen Wunder zeugen laut, dass Er mit vollkommenster Wahrheit sagte: „Ich und der Vater sind Eins. Niemand fährt gen Himmel, denn der vom Himmel herniedergekommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist,“ der aus eigener Anschauung alle himmlischen Dinge kannte und mit seinem Geist nicht im Irdischen, sondern fortwährend im Himmel lebte. Wer dürfte einem solchen Geist den Glauben verweigern! Er durfte sagen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, Niemand kommt zum Vater, denn durch mich. Ja, wer mich sieht, der sieht den Vater. Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, der hat das Licht des Lebens.“

Als das hat JEsus sich erwiesen durch Wunder, die größer sind, als die nur mehr in die Augen fallenden seines Lebens. Was da im Leiblichen geschah, das hat Er seit der Ausgießung des heiligen Geistes im Geistlichen getan. Geistlich Blinde sind durch Ihn sehend, geistlich Taube hörend, geistlich Aussätzige von Sünden rein, geistlich Tote zu göttlichem Leben auferweckt worden. Wie oft hat Er einen Feind wie Saulus verwandelt in einen Freund wie Paulus, wie oft ein Lamm gemacht aus einem Wolf, einen Garten GOttes aus einer Wüste! Tausendfach hat Er die Ketten der Sündensklaven zerbrochen, die Finsternisse des Unglaubens und Aberglaubens durch das Licht seiner Erkenntnis erhellt, in die schwärzesten Nächte trostlosen Unglücks und hoffnungsloser Verzweiflung hat Er die Sonne seiner Freude hineinscheinen lassen, dass Seelen, die vorher durch Furcht des Todes im ganzen Leben Knechte sein mussten, freudig leben, mutig leiden und selig sterben konnten.

Die ganze Kirche Christi zeigt, wo sie nicht durch Menschen verunstaltet wurde, die wunderbarsten Wirkungen Christi und seines Wortes, so dass jetzt auch äußerlich die christlichen Völker, je mehr sie das sind, desto mehr hervorragen durch Bildung, Macht und Herrlichkeit, ja, dass nur zwei oder drei Völker unseres Weltteils alle unchristlichen Völker der Erde bezwingen könnten. Die mächtigsten Reiche des Altertums sanken in Staub, weil nur in Christo Halt und Kraft ist, wie für Einzelne, so für Völker, und in unserer Zeit sehen wir die größten Reiche der Heiden und Muhamedaner als schwache Schatten ein sieches Leben dahinschleppen, weil keine menschliche Religion das Leben der Völker zu fristen vermag. Dagegen das Christentum macht die Staaten stark und lebenskräftig, und würde es nur ganz herrschen können, so würde jedes wahrhaft christliche Land ein Paradies, wie jedes echt christliche Herz ein Tempel GOttes und ein Himmel voll Seligkeit werden muss.

Diese wunderbaren Wirkungen Christi sind die Erfüllung des prophetischen Wortes, das unser Text besonders als festen Grund unseres Glaubens hervorhebt in den Worten: „Wir haben ein festes prophetisches Wort, und ihr tut wohl, dass ihr darauf achtet.“ Die Weissagungen des alten Bundes kündigten JEsum an als das Licht der Heiden und als das Heil GOttes bis an der Welt Ende, als den Wiederbringer des Friedens auf die verwirrte Erde, als den ewigen Hohepriester und König der Welt, durch dessen Wunden wir heil werden und unter dessen Szepter einst noch alle Nationen der Erde GOtt dienen sollen. Alles das ist im Leben JEsu bis auf die kleinsten Züge, die geweissagt waren, erfüllt worden und wird noch täglich erfüllt. Und diese wunderbare Erfüllung des vor Jahrtausenden Geweissagten macht das prophetische Wort, wie der Grundtext sagt, fester, als es vor der Erfüllung war, und macht es so zu einem Grund des Glaubens an das apostolische Wort, da Der, auf den alle Zeiten blickten, und dessen Leben die wunderbarste Erfüllung der heiligsten Verheißungen GOttes war, das Licht aller Zeiten und das einzige Heil der Welt sein muss. Wie so die Weissagungen des alten Bundes Christum als das Licht aller Zeiten darstellen, so erwies Er sich auch selbst als dasselbe durch die Weissagungen, in denen Er selbst die Zukunft enthüllte, nicht bloß seine eigene, sondern auch die ganze Zukunft Israels und der ganzen Welt bis zum großen Gerichtstag, wovon die Offenbarung Johannis das deutlichste Zeugnis enthält. Diese Weissagungen mit ihrer Erfüllung, mit den alle menschliche Kraft übersteigenden Wunderwirkungen JEsu zeugen, dass Er als der wahrhaftige Sohn GOttes das Licht und Heil der Welt sei, von dem allein Gerechtigkeit, Wahrheit, Friede und Ruhe, Leben und Seligkeit uns gegeben wird.

Aber was helfen alle diese äußeren Beweise für unseren Glauben, obwohl die ganze Geschichte der Welt und der Kirche sie uns zuruft, was helfen sie, wenn das Äußere nicht innerlich wird in uns? Daher sagt unser Text: „Wir sollen auf das Wort achten, bis oder eigentlich damit durch das Wort der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in unsern Herzen.“ Der Morgenstern ist Christus selbst, und erst wenn Christus im Herzen aufgeht, erst dann ist der festeste, allein unerschütterliche Grund des Glaubens in uns gelegt. Dies geschieht aber nur durch den heiligen Geist. Daher betrachten wir

II.

als den festesten Grund unseres Glaubens die inneren Zeugnisse und Wirkungen des heiligen Geistes. Auch das äußere Wort, auf dem unser Glaube ruht, verdankt seine ganze Kraft der inneren Wirkung des heiligen Geistes. So wie nach unserem Text keine Weissagung, so ist überhaupt keine Schrift des neuen Testaments bloß aus menschlichem Willen hervorgebracht, sondern die heiligen Menschen GOttes, Propheten und Apostel, haben geredet und geschrieben, getrieben von dem heiligen Geist. Das Menschliche trat dabei so weit zurück, dass Petrus sagt: „Das sollt ihr für's Erste, d. h. vornehmlich, wissen, dass keine Weissagung in der Schrift geschieht aus eigener Auslegung,“ d. h. die Männer GOttes haben nicht ihre eigenen Ansichten eröffnet, ja die Propheten hätten manche ihrer Weissagungen nicht einmal genauer auslegen können, da erst die Erfüllung das ganze Verständnis brachte. Um so mehr sehen wir, wie die Geistesoffenbarung nicht aus menschlichem Verstand und Willen herrührt, sondern was wir von Propheten und Aposteln lesen, das ist GOttes Eröffnung, GOttes Wort. Daher JEsus zu seinen Aposteln sagte: „Ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet.“ Und von diesem Geist verheißt Er ihnen, er werde sie leiten in alle Wahrheit, sie erinnern alles des, das Er ihnen gesagt habe; daher auch Paulus, über den später der Geist ausgegossen ward, wie über die andern, bezeugen konnte: „Das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, ist nicht menschlich, denn ich habe es von keinem Menschen empfangen, noch gelernt, sondern durch die Offenbarung JEsu Christi, „ und 1. Kor. 2,13.: „Was GOtt uns gegeben, reden wir nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der heilige Geist lehrt.“ Was JEsus zu Petro über die Erkenntnis seiner GOttheit sagte, das gilt für alle Apostel über ihre ganze Erkenntnis der christlichen Wahrheit: „Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Und solche innerliche Offenbarungen verkündigten und schrieben sie dann nach unserem Text, getrieben vom heiligen Geist, getragen, fortgerissen vom Geist, wobei ihr menschliches Wesen zwar mitwirkte, aber mehr leidend sich verhielt.

Aber ebenso, wie die Verkündigungen der Propheten und Apostel nicht aus eigener Auslegung, aus menschlichem Verstand und Willen herrührten, so können sie auch von uns nicht durch eigene Auslegung aufgefasst und erklärt werden, sondern damit wir sie recht verstehen, muss auch in uns derselbige Geist wirken, der die Apostel trieb, und nur der Geist ist der Schlüssel des Geistes. Petrus nennt das prophetische Wort ein Licht, wörtlich: Lampe, Kerze, das da scheint in einem dunklen Ort. Dieser dunkle Ort ist das menschliche Herz mit den Finsternissen des Fleisches und der im Dienst des Fleisches stehenden Vernunft. Dieses dunkle Herz des natürlichen Menschen vernimmt nichts vom Geist GOttes, es ist ihm eine Torheit und kann es nicht erkennen, denn es muss geistlich gerichtet sein, d. h. nur durch Erleuchtung und Eingebung des Geistes kann es verstanden und beurteilt werden. Wer aber das Wort GOttes aufmerksam liest, mit Nachdenken und Verlangen nach Wahrheit und nach dem Heil GOttes, dem wird auch die Wirkung des heiligen Geistes zu Teil, die es hell macht im dunklen Herzen, bis nicht mehr bloß das Kerzenlicht des äußeren Wortes im Herzen scheint, sondern durch Wiedergeburt aus dem heiligen Geist der Tag innerlich anbricht, da dann erst das volle Licht des Wortes GOttes das Herz erleuchtet, weil der Morgenstern darin aufgegangen, d. h. Christus, das selbstständige, wesentliche Wort GOttes, dem Herzen innerlich als einziges Licht und Leben offenbar geworden ist, ja darin eine Gestalt gewonnen, durch Inwohnung im Herzen sich mit demselben vereinigt hat. Da erst ist dann der Grund des Glaubens gelegt, den keine Macht der Welt und der Hölle mehr umzustoßen vermag.

Fragen wir näher, wie dieses Werk des heiligen Geistes im Herzen vorgehe, so ist der Punkt, von dem Alles ausgehen muss, dass wir recht erkennen, wie unser Herz wirklich der dunkle Ort ist, als den es unser Text bezeichnet. Ohne tiefe, demütige Erkenntnis unserer Sünde gibt es keine rechte Erkenntnis des Wortes GOttes, also auch keinen rechten Glauben und keine wahre Theologie und kein seliges Leben. Nur dann kann JEsus und sein Wort uns Licht, Heil und Leben sein, wenn wir erkennen und glauben, was die tägliche Erfahrung im Licht des Wortes GOttes lehrt, dass wir allzumal Sünder sind und mangeln des Ruhmes, den wir vor GOtt haben sollten, und nur ohne alles eigene Verdienst gerecht und selig werden allein durch die Gnade GOttes in Christo JEsu. Das Wort GOttes kann Niemand recht verstehen, als wer seine eigene Weisheit und Gerechtigkeit aufgibt, das aber kann Niemand, als wer sich so kennt wie Paulus, der den Zustand des natürlichen Menschen so schildert: „Ich bin fleischlich, unter die Sünde verkauft; das Gute, das ich will, tue ich nicht, sondern das Böse, das ich hasse, das tue ich. Das Gesetz in meinen Gliedern widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und nimmt mich gefangen in der Sünden Gesetz. O ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leib dieses Todes!“ Dieser Seufzer schließt das Wort GOttes auf und legt im Herzen den Grund des Glaubens.

Daher findet man, dass alle ungläubigen Zweifler gering von der Sünde denken, und das, was nach dem Worte GOttes und dem innersten Zeugnis des Gewissens Sünde ist, nicht als Sünde ansehen, sondern mit etlichen Tugenden, die vor Menschen gelten, aber nicht vor GOtt, ausreichen und selig zu werden meinen, oder sind es Leute, die um Himmel und Hölle sich gar nichts bekümmern. Je mehr aber eine Seele verlangt, eine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens zu haben, je mehr sie erkennt, dass sie dazu in der ganzen Welt und in sich selbst nichts findet, je tiefer sie ihr Sündenelend erkennt und sich des Zornes GOttes schuldig gibt, desto mehr werden ihr alle Worte GOttes aufgeschlossen, und was sie vorher nur wie beim Kerzenlicht erkannte, das sieht sie im vollen Tageslicht, weil JEsus mit der Vergebung der Sünde ihr Gerechtigkeit und Friede und selige Hoffnung und himmlische Lebenskräfte mitteilt. Dieser selige Friede GOttes in einem versöhnten Herzen - dies ist der festeste Grund des Glaubens, daher der gelehrte Professor der Philosophie, Baumgarten, gestorben 1762, auf seinem Totenbett ausrief: „Ruhe des Gemüts ist der Beweis über alle Beweise, die hat allein der wahre Christ, die Vernunft hat nichts davon. Sagt mir nichts mehr von Gelehrsamkeit. Hier hilft nicht der Philosoph, nicht der Theologe, sondern allein der Glaube. Mein Herz traut auf GOtt durch JEsum Christum. Weil Er die strafende Gerechtigkeit ausgesöhnt hat, darum bin ich so freudig.“ Als ihm schon die Sprache entgangen war, zeichnete er mit großer Munterkeit ein Kreuz und bezeugte so im Angesicht des Todes, was seine Hoffnung sei.

Solche innere Versicherung unseres Gnadenstandes ist das Werk des heiligen Geistes. Der Geist scheint zuerst in den dunklen Ort, in das fleischlich gesinnte Herz hinein, entleidet ihm die Welt, weckt eine Sehnsucht nach GOtt und nach gewisser, unentreißbarer Seligkeit, schließt dann GOttes Wort je mehr und mehr auf, und treibt durch Erkenntnis der Sünde und Buße zum Glauben an JEsum, und gläubigen Seelen ruft Er vom Kreuz JEsu herab zu: „Sei getrost, deine Sünden sind dir vergeben.“ Dann tritt hohe Freude und Seligkeit an die Stelle der vorherigen Unruhe und Gewissensangst, und wo vorher keine Kraft zum Guten, keine wahre Liebe GOttes und des Nächsten war, da wird durch den heiligen Geist die Liebe GOttes ausgegossen, und die Liebe wird des Gesetzes Erfüllung. Da lösen sich alle inneren Widersprüche, da schwinden die Schatten des Todes, da schließt sich die Hölle der Sündennot, und es tut sich auf der Himmel der Gerechtigkeit und des Friedens in GOtt, da der Geist zeugt, dass wir Kinder GOttes sind und Erben der Herrlichkeit, die einst an uns soll offenbart werden. Da kann man auch der Trübsale sich rühmen und freudig und selig sein im Leben, Leiden und Sterben. Das Alles sind innere Zeugnisse des heiligen Geistes, durch die immer herrlicher der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht im Herzen. Und wer das innerlich erfahren, wer so aus den tiefsten Sündennöten durch JEsum ein neuer Mensch geworden ist, der kann sagen: „Ich weiß, an wen ich glaube.“ Er hat innere Tatsachen der Erlösung und Heiligung oder der Neuschöpfung erlebt, die ihm so fest sind, wie die äußeren Werke der Schöpfung. Ein solcher Geistesmensch lässt durch keine Macht der Welt und der Hölle sich seinen Glauben rauben, und wenn hunderttausend Gelehrte mit den stärksten Waffen ihrer Wissenschaft seinen Glauben angreifen, er hört nicht auf sie und bleibt unerschütterlich in seiner Glaubensburg, weil er da Leben und Seligkeit jetzt schon gefunden hat.

Diesen allein festen Glaubensgrund lege der HErr in uns Allen, besonders in unserer lieben Jugend, vor deren Zukunft uns bange werden könnte im Blick auf so viele Feinde, die sie um ihren Glauben betrügen wollen, wie jenen Studenten, der auf seinem Totenbett mit tiefem Schmerz rief: „Ach, sie haben mir meinen Glauben genommen!“ Dass solcher Jammer uns nicht treffe, wollen wir unser Herz dem HErrn hingeben, dass Er als der helle Morgenstern uns durchleuchten und mit Kräften der zukünftigen Welt erfüllen könne. Dann können wir fröhlich mit unserem Liede sagen:

Nun, ich leb' und sterbe drauf,
Diese Lehre zu bekennen,
Keine Schande hält mich auf,
Dieses meinen Ruhm zu nennen,
JEsus bleibt mein Eigentum
Und sein Evangelium. Amen.

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