Kannel, Eustasius - Euangelisch gesatz, wie es von Christo predigt, vo[n] Sant Mattheo, Marco, vnd Luca beschriben

Kannel, Eustasius - Euangelisch gesatz, wie es von Christo predigt, vo[n] Sant Mattheo, Marco, vnd Luca beschriben

1524, Straßburg

Allen Christlichen brüdern vnd liebhabern des Euangelii wunscht Eustasius Kannel genad von Gott vnd zuonemung in der waren erkantnuß Christi Jesu, vnsers Herren.

WIewol Christus Jesus, der lebendig brunn aller genaden, in seinem gantzen leben gegen jederman, auch gegen seinen feynden vnd seym verreter Juda, gütig vnd milt gewesen, wie es die heyligen Euangelisten klarlich anzeigen, hat er doch sunderlich grosse vnd hertzliche früntlicheit erzeigt gegen den iungen kindern. Dann da seine iunger anschnauwten die, so zuo im die kinder brachten, das er die hend vff sy leget vnd bettet, ward er vnwillig vber sy vnd sprach, Laßt die kindlin zuo mir kummen vnd weret in nicht, dann das himelrich ist ir. Darzuo leget er sein heiligen hend vff sy, vmbfing vnd küsset sy vnd sprach, Es möcht niemant in gottes reich kommen, er bekeret sich dan vnd würt den kindlin glich. Er sagt auch zuo seinen iungern, Sehet zuo, das ir nit verachten yemant vß disen kindern, dann ich sag euch, ire Engel sehen allzeit das angesicht meins vatters im hymel. Wann solches christliche eelüt zuo hertzen nemen, würden sy filleicht grössere sorg haben für ire kinder, für die Christus so sorgfeltig ist, dz er auch spricht, dz der hymelisch vatter eynem yeglichen vß inen ein eygnen Engel verordnet, der es beware, Sy wurden auch (als ich glaub) mit grösserm ernst jre kinder nit allein zuo zuocht vnd erbarkeit zihen, das dann auch die heyden gethan haben vnd davon schöne bücher geschriben, sunder auch mit höchstem fleiß darnach trachten, wie sy dz gesatz jres seligmachers Christi Jesu, der da schreyet, Laßt die kindlin zuo mir kommen, von iuget vff den reinen unbefleckten hertzen inbildeten vnd gleich mit der milch ingüssen, vff dz dz göttlich wort, also in sy gepflantzt, von tag zuo tag ye mer vnd mer zuoneme vnd wüchse, dadurch sy dann, in rechtem Christlichen verstand vnd erkantnis götlicher warheit befestiget vnd gegrundt, wan sy zuo iren tagen kömen, iren elteren dester gehorsamer würden, leichtigklich möchten widerstan den verfürischen leeren der falschen propheten (ich mein münch und nonnen), die, als Christus vorgesagt, manch frumb vnschuldig bluot wider seiner eltren wissen vnd willen verfürt vnd sampt inen, mit zwyfältiger verdamniß verstrickt, zuo der hellen zogen, so diser dahyn, der ander darthyn weyset, vnd zuo dem vnerfarenen kind spricht, Ey kumm härin, hie findest Christum, oder gang dorthyn, daselbst findestu Christum, zihe dise oder jhene kutten an, schliff in disen oder jhenen winckel, sust magstu nit selig werden, als ob Christus vnser seligkeit an zeit, kleider oder stet gebunden het, vnd sein gesetz wer nit volkomen vnd genuogsam zuo der seligkeit, müst durch ir menschentandt vnd lugen erst volkomen werden, so doch nichts guots ist (es gleysse, wie schön es wöll, es sey wie groß, schwer, hoch oder herlich es wöl), den allein, das Got geheissen hat, auch nichts sünd ist (es sey, wie scheüwlich es wöll in achtung der menschen), dan das got verbotten hat, gott geb, es plerr oder schrey darwider, wer do wöll, Bapst, Bischoff oder bader, vnd ob auch ein Engel vom hymel witerpredigt oder anders leeret, dann die göttlich geschrifft inhalt, der sey verfluocht, Gal. 1. Kurtzumb Christus mag nit liegen, der sagt zuo den phariseern Luc. am 16. Ir rechtfertigt euch selbs vor den menschen, aber gott erkent eüwer hertzen, dann das die menschen fur groß achten, das ist ein greuwel vor gott. Wo bleiben nun die grossen titel etlicher münch vnd nonnen, die sich Obseruantes vnd halter des Euangelij nennen? sich besser duncken, dann ander leut, den andern jre guotte werck huffecht verkouffen, sich des Euangelij hoch berümen, wenig gedencken, das Christus vnd sin heyligen aposteln (deren nachfolger sy sich selbs meinen zuo syn) arbeitsam volck gewesen ist, kein sunder kleider tragen, nit müssig gangen vnd dz bluot vnd schweiß der armen vnder dem schein der geistlicheit fressen vnd versoffen, sunder sy haben gearbeit vnd von jrer eroberten narung andern armen jr notturfft mitgeteilt. Wo blibt nun aller schyn der münchischen heyligkeit? die gantz vnd gar (als klar am tag ligt) kein grundt hat in der geschrifft, sunder allein vff den sandt menschlichs guottdunckens gebuwen ist, vnd im grund nit, dan menschengebot ist, damit man gott vergeblich eeret. Matt. 15. Marci. 7. Warlich sy mag keinen bestandt haben, muoß zuonicht werden und vor der hitz der Sonnen göttlicher warheit wie der schne zerschmeltzen vnd vergeen, wie auch Christus sagt, Matt. 15. Ein yegliche pflantzung, die mein hymelischer vatter nit gepflantzt hat, würt vßgerüt. Darumb so in diser genadenricher zeit das göttlich wort als der klar morgenstern mit gewalt härfürbricht vnd mit sinem glantz die verdunckelten hertzen erleüchtet, hat mich guott bedunckt, das ich dz Euangelisch gesatz vü den drey ersten Euangelisten, nemlich Mattheo, Marco und Luca, in ein kurtze Sum verfaßt vnd zamenzüg fur die iungen kinder, den man etwan fablen, heydische hystorien vnd sunst lichtfertige gedicht fürgibt, vff dz so das götlich wort, das nit allweg in den alten fassen will, doch der iungen ritterschafft Christi ingebildet würd, dadurch wir von tag zuo tag (besunder in diser loblichen stat Straßburg, da gottes wort redlich zuonimpt) in ein christlicher wesen kummen möchten, vnd also vnser hymelischer vatter geprysen vnd gelöbt würde. Darumb bit ich euch, jr vätter vnd mütter, durch euwer seelenheyl, willen nit weren eüwerm bluot vnd fleisch, euweren lieben kinderen, zuo kommen zuo Christo, der sy haben will, vnd mit so holdseligen worten sy zuo im ladet, nit vffhört zuo schreyen, Laßt die kindlin zuo mir kommen, laßt die kindlin zuo mir kommen vnd verhineren sy nicht, er wil sy allein haben, will sich inen zuo eygen geben, vertruwt sy keym andern, dan im selbs, wölt auch inen das göttlich gesatz inbilden, das allein not ist vnd genuogsam zuor seligkeit, vnd ander fabeln vnd merlin, die man etwan die kinder für gotts gesatz leret, hyndansetzen, sy vor allen dingen in der waren leer vnsers Herren Gottes vnderweysen, dadurch ir mit inen die ewige seligkeit erlangen möcht. Gott hat euch eynen grossen schatz zuo behalten geben, ich mein euwere kinder, bewaren ir disen schatz wol, wurdt euwer lon on zwiffel groß syn vor got, werden ir aber hynlessig vnd seümig syn, so wee euch. Daneben ziehen euwer kinder zuo handarbeit, das auch vor ziten sant Hieronymus geraten hatt, dz sy nit, wenn sy groß würden und keiner arbeit gewont hetten, in klöster vnderstunden zuo lauffen, ander lüt das ir abzuogülen, dann Christus sagt, es sey vil seliger, ander lüt geben, denn von andern nemen. Mit göttlichem gesatz haben wir gnuog zuo schaffen vnser leben lang, durffen vns nit weiter verbinden oder verstricken. Bit darbey, jr wöllt diß kurtz stücklin vnd vßzug des Euangelij nit verschmähen, das ich allein für die kinder jetzt laß vßgeen, hoff mit der zeit, wils gott, das gantz leben vnsers seligmachers Jesu Christi, vß den vier Euangelisten zammenzogen, eüch mitzuoteilen. Hiemit empfiel ich mich in euwer gebet.

Zuo Straßburg.
1524

Das man erkennen mög, welch eines
ieden Euangelisten wort sien,
so merck, wo ein .m. steet,
bedeut die volgend
wort auß Mattheo getzo-
gen syn, ein .r. bedeutet Mar-
cum, aber das .l. bedeutet Lucam.

1)

Es (l) begab sich aber zuo der zeit, (m) do Jesus dz volck sahe, (l) steig er vff ein berg zuo betten, und er beharret übernacht in dem gebet zuo got, vnd do es tag ward, (m) satzt er sich, (l) ruofft etlichen seiner jungern, ® welche er wolt, vnd die tratten zuo im. (l) Vnd er erwelt ir zwölff, welche er auch apostel nennet, ® das sy bey im sein solten, vnd das er sy außsendte zuo predigen, vnd dz sy macht hetten, zuo heilen die kranckheiten, vnd vßzuotreiben die teüfel.

(m) Die namen aber der zwölff aposteln seind dise, Der erst Simon, (l) welchen er Petron nennet, (m) und Andres sin bruoder, Jacobus, Zebedej suon, vnd Joannes, ® Jacobs bruoder, vnd gab in den namen Bnehargem, dz ist gsagt donners kinder, (m) Philippus vnd Bartholomeus, Thomas vnd Mattheus der zolner, Jacobus, Alphei suon, vnd Lebbeus, (l) Judas, Jacobs suon, (m) mit dem zuonamen Thaddeus, Simon von Cana, (l) genant Zelotes, (m) vnd Judas Iscarioth, welcher in verriet.

(l) Vnd er steyg herab mit in, vnd trat vff ein platz im feld, vnd der haff syner iünger, vnd ein grosse menge des volcks von allem Judischen land und Hierusalem, vnd Tyro vnd Sidon, am mer gelegen, die da kummen waren, in zuo hören vnd geheilt zuo werden von iren kranckheitten, vnd die von vnsaubern geisten vmbtriben wurden, die wurden gesuondt, vnd alles volck suocht, dz sy in anrüren möchten, den es ging ein krafft von im vnd macht sy all gesundt.

(l) Vnd er huob seine ougen vff vber syne iunger, (m)that seinen mund vff, leret sy vnd sprach, Selich sind, die geistlich arm sind, den das hymelreich ist jr. Selig sind die senfftmütigen, denn sy werden das erdtrich besitzen. Selig sind die (l) hie (m) leid tragen, den sy werden getröst werden. Selig sind, die da (l) hie (m) hungert vnd dürstet nach der grechtigkeit, den sie erden gesettigt werden. Selig sind die barmhertzigen, den sy werden barmhertzigkeit erlangen. Selig sind, die von hertzen rein sind, den sy werden gott schawen. Selig sind die fridfertigen, denn sy werden gottes kinder genennet werden. Selig sind, die vmb grechtigkeit willen verfolgt werden, denn das hymelreich ist ir. Selig sind ir, so euch die menschen hassen, und absönderen euch, vnd schelten euch, (m) vnd verfolgen, (l) vnd verwerffen euwern namen als einen boßhafftigen (m) vnd reden allerley args wider euch, so sy doran liegen, (l) vmb des menschensuons willen, vff den tag frewel euch vnd hupffent, den sehet, Euwer belonung ist groß im hymel, Desgleichen tatten ire vätter den propheten auch. Aber dargegen, Wee euch rychen, den ir habt euwern trost dohin, Wee euch, die ir vol sindt, denn euch wirdt hungeren, wee euch, die ir hie lachent, den ir werden weynen vnd heülen, Wee euch, wen euch alle menschen loben, deßgleichen tatten ire vätter den falschen propheten auch.

(m)Ir sind das saltz der erden, wo nun dz saltz thuom wirt, ® womit wirt man wirtzen? (m) es ist zuo nicht hinfürt nütz (l) weder vff das land, noch in dem mist, sunder man wirts hynweg werffen, (m) das es die leüt zertretten. (m) Ir sind dz liecht der welt, Es mag die statt, die vff eine berg ligt, nit verborgen sin, Man zündt auch nicht ein liecht an, (l) vnd deckts mit eym gefeß oder setzt es vnder ein fister oder vnder ein banck, (m) sunder man stelt es vff ein leuchter, das dann, so es leuchtet allen, die im hauß sindt, (l) auch die hyningeen, das liecht sehen. (m) Also laßt euwer liecht leuchten vor den leuten, das sy euwere guote werck sehen, vnd preysen euweren vatter, der im hymel ist.

(m) Ir solt nit wenen, das ich kummen sey, das gesetz oder die propheten vffzuolösen, ich bin nit kommen vffzuolösen, sunder zuo erfüllen. Denn ich sag vch warlich, biß das hymel vnd erden zergee, wirt nit zergeen der kleinst buochstab, noch ein tittel vom gesetz. biß das es alles geschehe. (l) Es ist aber lichter, das hymel vnd erden zergeen, denn das eyn tittel ab dem gesetz fall. (m) Darumb wer eins von disen kleinsten gebotten vfflöset vnd leret die leut also, der wirt der kleinst heissen im hymelreich, Wer es aber thuot vnd leret, der wirt groß genant werden im hymelreich. Denn ich sag vch, es sey denn vwer gerechtigkeyt besser, denn der schrifftgelerten vnd phariseer, so werden ir nit in das hymelreich kummen.

(m) Ir habt gehört, das zuo den alten gesagt ist, Du solt nit tödten, wer aber tödtet, der sol des gerichts schuldig syn. Aber ich sag vch, wer mit sinem bruoder zürnet, der ist des gerichts schuldig. Wer aber zuo sinem bruoder sagt Racha, der ist des radts schuldig, wer aber sagt, du narr, der ist des hellischen feürs schuldig. Darumb wann du din gab vff den altar opferst vnd gedenkest do, das din bruoder etwas wider dich hab, so laß do vor dem altar din gab vnd gee hyn vnd versünd dich vor mit dinem bruoder, vnd kum dann vnd opffer din gabe. (l) So du aber mit dinem widersächer für den fürsten geest, so thuo flyß, (m) diewil du noch mit im vff dem weg bist, (l) das du syn loß werdest, (m) vff dz dich der widersächer nit dermaleins überantwort dem richter, (l) vnd der richter überantwort dich dem stockmeister, vnd der stockmeister werff dich in kerker, (m) warlich ich sag dir, du wirst von dannen nicht herußkummen, biß du auch den allerletsten heller bezalest.

(m) Ir habt gehöret, das zuo den alten gesagt ist, du solt nit eebrechen. Ich aber sag vch, wer ein weyb ansiht, ir zuo begeren, der hat schon mit ir die ee brochen in seinem hertzen. Ergert dich aber dein rechtes oug, so reyß es vß vnd wirffs von dir. Es ist dir besser, das eins deiner glid verderb, vnd nicht der gantz leib in die hell geworffen werd. Es ist wol gesagt, Wer sich von seinem weib scheydet, der soll ir geben einen scheidbrieff. Aber ich sag vch, wer sich von seinem weib scheydet (es sey dan vmb des eebruchs willen), der macht, das sy die ee bricht, vnd wer ein abgescheydete freyet, der bricht die ee. Ir habt weyter gehört, das zuo den alten gesagt ist, du solt kein falschen eyd thuon und solt Gott deinen eyd halten. Ich aber sag eüch, das ir allerding nicht schweren sölt, weder bey dem hymel, dann er ist Gottes stuol, noch bey der erden, dann sy ist seiner füß schemel, noch bey Hierusalem, dann sy ist eins grossen künigs statt, auch soltu nit bey deinem haubt schweren, dann du vermagst nit ein eynigs har weyß oder schwartz zuo machen. Eüwer red aber sey ia, ia, neyn, neyn, was darüber ist, das ist vom argen. Ir habt gehört, das gesagt ist, ein aug vmb ein aug, ein zan vmb ein zan. Ich aber sag euch, das ir nit widerstreben solt dem übel, sunder so dir jemant ein streich gibt vff dein rechten backen, dem beüt den andern auch dar. Vnd so yemant mit dir rechten wil vnd deinen rock nemen, dem laß auch den mantel. (l) Wer dich bittet, dem gib, (m) und wend dich nit von dem, der von dir borgen wil, (l) vnd wer dir nimpt das dein, so forder es nit wider, (m) vnd so dich yemant nötiget ein meyl, so gang mit jm zwo. (m)(l) Darumb alles, das ir wöllet, dz eüch die leüt thuon sollen, das thuot jn auch, (m) dann das ist das gesetz und die propheten.

(m) Ir habt gehört, das gesagt ist, Du solt dein nechsten lieben vnd deinen fynd hassen. (l) Aber ich sag eüch, die ir zuohörent, liebet eüwer feynd, Benedeyet, die euch vermaledeyen, thuot wol denen, die eüch hassen, (m) und bittet für die, so eüch beleydigen und verfolgen, vff das ir kinder seyt eüwers vatters im hymel, dann er last sein sonn vffgeen über die bösen vnd über die guoten, und laßt regnen über die gerechten und ungerechten. Dann so ir liebet, die eüch lieben, was werden ir für lon haben? Thuon nit dasselb auch die zölner? (l) Dann die sünder lieben auch ire liebhaber, (m) Vnd so ir eüch nur zuo eüweren brüderen freüntlich thuot, was thuon ir sonderlichs? thuon nit die zolner auch also? (l) Vnd wenn ir eüwern wolthettern wolthuot, was dancks habt ir daruon? Dann die sünder thuon dasselb auch. Vnd wann jr leyhent, von den jr hoffen zuo nemen, was dancks habt ihr daruon? Dann die sünder leyhen den sünderen auch, vff dz sy gleichs widernemen. Doch aber liebent eüwer feynd, thuont wol vnd leyhent, da ir nichts dafür hoffent, so wirt eüwer lon groß sein, vnd werdet kinder des allerhöchsten sein, dann er ist gütig über die vndanckbaren vnd boßhafftigen. (m) Darumb solt ir volkommen sein, gleichwie eüwer vatter im hymel volkommen ist.

(m)Habt acht vff eüwer almuosen, dz ir die nit gebt vor den leüten, das jr von jn gesehen werdet, jr habt anders keinen lon bey eüwerm vatter im hymel. Wann du nuon almuosen gibst, soltu nit lassen vor dir pusaunen, wie die gleißner thuon in iren schuolen vnd vff den gassen, vff das sy von den leüten gepreyset werden. Warlich ich sag eüch, sy haben iren lon dahin. Wann du aber almuosen gibst, so laß dein linck handt nit wissen, was die recht thuot, vff das dein almuosen verborgen sey, vnd dein vatter, der in dz verborgen sihet, wirt dirs vergelten offentlich.

(m)Vnd wann du bettest, soltu nit sein wie die gleißner, die da gern steen vnd betten in den schuolen vnd an den ecken vff den gassen, vff das sye von den leüten gesehen werden. Warlich ich sag euch, sy haben jren lon dahyn. Wann aber du bettest, so gee in dein kämerlin, vnd schleüß die thür zuo, vnd bett zuo deinem vatter verborgen, vnd dein vatter, der in dz verborgen sihet, wirt dirs vergelten offentlich. Vnd wann ir betten, solt ir nit vil klaperen, wie die heyden, dann sy meynen, sy werden erhöret, wann sy vil wort machen, darumb solt ir euch jn nit vergleichen. E+wer vatter weißt, was ir bedürfft, ee dann ir jn bitten. (l) Vnd es sprach seiner iunger einer zuo jm, Herr, lere vns betten, wie auch Johannes seine iunger lerete. Er aber sprach, Wann ir bettet, (m) so solt ir also betten. (m, l) Vnser vatter im hymel. Dein nam sey heylig. Dein reych kumm. Dein wil geschehe vff erden, wie in dem hymel. (m) Vnser teglich brott gib vns heüt, vnd vergib vns vnsere schuld, (l) dann auch wir vergeben allen, die vns schuldig seind, vnd für vns nit in versuochung, sunder erlöß vns von dem übel, (m) dann dein ist das reich, vnd die krafft, vnd die herligkeyt in ewigkeit, Amen. ® Vnd wann ir steel vnd bettent, so vergebt, wo ir etwas wider yemandt habet, vff das auch eüwer vatter im hymmel euch vergeb eüwer missethat. (m) Dann so ir vergebt den menschen jre sünde, so wirt euch eüwer himlischer vatter auch vergeben. Wo jr aber den menschen nit vergebt ire sünde, so wirt euch eüwer vatter auch nitt vergeben eüwer sünde. (l) Vnd er sprach zuo in, Welicher ist vnder euch, der einen freünd hat, vnd gieng zuo jm zuo mitternacht vnd sprech zuo im, Lieber freünd, leyh mir drey brot, dann mein freünd ist zuo mir kummen von der strassen, vnd ich hab nicht, das ich im fürlege, vnd er drinnen wirt antworten vnd sprechen, mach mir kein vnruow, die thür ist schon zuogeschlossen, vnd mein kindlin seind bey mir in der kamer, ich kan nit vffsteen vnd dir geben, Ich sag euch, vnd ob er nit vffsteet vnd gibt jm darumb, das er sein freünd ist, so wirt er doch vmb seines vnuerschampten geylens willen vffsteen vnd im geben, wie vil er bedarff. Vnd ich sag euch auch, (m)(l) Bittet, so wirt euch gebne, Suochent, so werdt ir finden, Klopfft an, so wirt euch vffgethan, Dann wer do bittet, der empfahet, vnd wer do suocht, der findet, vnd wer do anklopfft, dem wirt vffgethan. (m) Welicher ist vnder euch menschen, so jn sein suon bittet vms brot, der im einen stein dafür bütte? oder so er jn bittet vmb einen fisch, (l) der im ein schlangen für den fisch büte? oder so er jn vmb ein eyh bittet, der im ein scorpion dafür büte? So denn jr, die ir doch arg seyt, kündt dennocht guot gaben euweren kinderen geben, wie vil meer wirt der vatter im hymel den heyligen geyst geben denen, die jn bitten?

(m) Wann ir fasten, so solt ir nit sawr sehen wie die gleißner, dann sy verstellen ir angesicht, vff das sy für den leüten scheynen mit irem fasten. Warlich ich sag euch, sy haben iren lon dahyn, wann du aber fastest, so salb dein haubt, vnd wäsch dein angesicht, vff das du nit scheynest vor den leüten mit deinem fasten, sunder vor deinem vatter, welcher verborgen ist, vnd dein vatter, der da in das verborgen sihet, wirt dirs vergelten offentlich.

(l) Das aug ist des leibs liecht, Wann nun dein aug einfeltig sein wird, (m) so wirt dein gantzer leib liecht sein, (l) So aber dein aug wirt ein schalck sein, (m) so wirt dein gantzer leib finster sein. Wann aber das liecht, das in dir ist, finsternis ist, wie groß wirt dann die finsterniß selber sein? (l) So schaw darauf, das nit das liecht in dir ein finsternis sey. Wann nun dein leib gantz liecht ist, das er kein stuck von der finsternis hatt, so wirt er gantz liecht sein, vnd wirt dich erleüchten, wie ein heller blitz.

(l) Kein hußknecht kan zweyen herren dienen, Entweder er wirt einen hassen vnd den andern lieben, oder wirt einem anhangen vnd den andern verachten. Ir kündt nit Gott dienen sampt dem Mammon. (m) Darumb sag ich euch, sorget nit für eüwer leben, was ir essen vnd trincken werden, auch nit für eüwer leib, was ir anthuon werdet, ist nit dz leben mer, dann die speyß, vnd der leyb mer, dann die kleydung? Sehet an die vögel vnder dem hymel, die do keinen keller noch scheüren haben, vnd nempt war, sy seen nit, sy erndten nit, sy samlen auch nit in die scheüren, (l) vnd Got, (m) eüwer hymlischer vatter, neret sy doch, wie vil aber seyt ir besser, dann die vögel? Wer ist aber vnder euch, der seiner größ ein elle lang zuosetzen mög, ob er schon drauf sorget? So ir dann das geringst nit vermüget, (m) warumb sorget ir denn für die kleydung? Nempt war der lilien vff dem feld, wie sy wachsen, sy arbeiten nicht, so spinnen sie nit. Doch sag ich euch, dz auch Salomon in aller seiner herligkeit nit ist bekleydt gewesen als derselbigen eines. So dann Gott das graß, das heüt vff dem feld stedt vnd morgen in den ofen geworffen wirdt, also kleydet, solt er dann nit vil meer euch kleiden,, o ir kleingleubigen? Darumb solt ir nit sorgen vnd sagen, was werden wir essen, was werden wir trincken, womit werden wir vns kleyden? (l) vnd faret nit hoch her, Nach solchem allen trachten die heyden in der welt, (m) Denn eüwer hymelischer vatter weyßt wohl, das ir des alles bedürffet. (l)Doch trachtet (m) am ersten nach dem reych Gottes vnd nach seiner gerechtigkeit, so wirt euch solichs alles zuofallen. Drumb sorget nit für den andern morgen, denn der mornig tag wirt für das seyn sorgen. Es ist genuog, das ein yeglischer tag sein eygen übel hab. (l) Förcht dich nit, du kleine herd, dann es ist eüwers vatters wolgefallen, euch das reich zuo geben. Verkaufft, was ir habt, vnd gebt almuosen.(m) Ir solt euch nit schätz samlen vff erden, da sy der rost vnd die schaben fressen, vnd da die dieb nach graben vnd stelen, (l) macht euch aber seckel, die nit veralten, vnd (m) samlet euch (l) einen Schatz, der nymer abnimpt im hymel, (m) da jn weder rost noch schaben fressen, da die dieb (l) nit darzuo kummen, (m) auch nit nach graben noch stelen, Dann wo eüwer schatz ist, (l) da wirdt auch eüwer hertz sein. Das alles horten die phariseer, die waren geytzig vnd vermassen sich selbs, das sy frumb weren vnd verachten die andern, die spotteten sein, vnd er sprach zuo jnen. Ir seyts, die ir euch selbs rechtfertiget vor den menschen, aber Gott kennt euwer hertzen. Dann was hoch ist vnder den menschen, das ist ein gruwel vor Gott. (l) Er saget aber zuo jnen ein solche gleichniß. Es giengen zween menschen hynuff in den tempel, zuo betten, einer ein phariseer, der ander ein zolner. Der phariseer stuond vnd bettet bey im selbs also, Ich danck dir, Gott, das ich nit bin wie ander leüt, rauber, vngerechte, eebrecher, oder auch wie diser zölner, Ich fast zwyr in der wochen, vnd gib den zehenden von allem, das ich hab. Vnd der zölner stuond von ferren, wolt auch sein augen nit vffheben geen hymel, sunder schluog an sein brust vnd sprach, Gott, sey mir sünder genädig. Ich sag euch, diser gieng hynab gerechtfertiget in sein hauß vor jhenem. Dann wer sich selbs erhöhet, der wirt ernidert werden, vnd wer sich selbs ernidert, der wirt erhöhet werden.

® Vnd er sprach zuo jnen, Sehet zuo, was ir höret, (l) Richtet nit, so werdet ir nicht gerichtet. Verdampt nicht, so werdet ir nit verdampt, (m) den mit welcherley gericht ir richtet, wirdt euch gerichtet werden. (l) Vergebt, so wirdt euch vergeben, Gebt, so wirdt euch geben. Ein vol, gedruckt, gerüttelt vnd überflüssig maß wirdt man in euwere schoß geben. Denn eben mit der maß, da ir mit messent, wirt man euch wider messen, ® vnd man wirdt noch zuogeben euch, das ir diß höret. (m) Was sichstu aber den spreyssen in deins bruoders aug (l) vnd wirst nit gewar des balckens in deinem aug? Oder wie tarstu sagen zuo deinem bruoder, halt sil, bruoder, (m) ich wil dir den spreysen vß dem aug ziehen, (l) vnd du sichst selbs nit den balcken in deinem aug? Du gleißner, (m) zeuch am ersten den balcken vß deinem aug, vnd besihe dann, wie du den spryssen vß deins bruoders auch zihest.

(m) Ir solt das heyltum nit den hunden geben vnd eüwer perlen solt ir nit für die sew werffen, vff das sy dieselbigen nit zurtretten mit iren füssen vnd sich wenden vnd euch zerreyssen.

(l) Es sprach aber einer zuo im, Herr, meinstu, das wenig selig werden? Er aber sprach zuo jnen, Ringet darnach, das ir durch die engen porten jngeet, (m) denn die port ist weyt, vnd der weg ist breyt, der do abfüret zuor verdamnis, vnd ir seind vil, die da durch geen, vnd der weg ist schmal, der do zuom leben füret, vnd wenig ist ir, die jn finden, vnd die port ist eng, (l) denn ich sag euch, es werden vil darnach trachten, wie sy hynein kommen, vnd werdens nicht thuon künden.

(m) Sehet euch für vor den falschen propheten, die zuo euch kummen in schaffskleidern, inwendig aber seind sy reyssende wölff. An iren früchten solt ir sy erkennen. (l) Denn man samlet nit weyndrauben von den dornen, auch so liset man nit feygen von den distelen oder hecken. (m) Also ein ydglicher guoter baum bringt guot frucht, aber ein fauler baum bringt böse frucht. Denn es ist kein guoter baum, der do mög faule frucht tragen, und kein fauler baum, der do kün guot frücht bringen, (l) Ein yeglicher baum wirt an seiner eygnen frucht erkannt. (m) Ein yeglicher baum, der nit guote frucht bringet, wirt abgehawen vnd ins feür geworffen, darumb an iren früchten solt ir sy erkennen.

(l) Warumb heyssent ir mich aber Herr, herr, vnd thuond nit, was ich euch sag? (m) Es werden nit alle, die zuo mir sagen, Herr, herr, in das hymelreych kummen, sunder, die do thuon den willen meins vatters im hymel. Aber an yenem tag, (l) wann der hußwirt vffgestanden ist, vnd die thür verschlossen hat, wann ir werdet anfahen draussen zuo steen, vnd an die thür klopffen, vnd sagen, Herr, herr, thuo vns vff, vnd er wirt antworten vnd sagen, ich weyß nicht, wo ir her seyt, so werdet ir dann anfahen zuo sagen, (m) Herr, herr, (l) Haben wir nit vor dir gessen vnd truncken, vnd vff vnsern gassen hastu vns geleret? (m) Haben wir nit in deinem namen weyssaget? Haben wir nit in deinem namen teüfel vßtriben? Haben wir nit in deinem namen vil thaten than? Dann (l) wirt er sagen, ich sag euch, ich weyß nit, wo ir her seyt, (m) ich hab euch noch nye erkant, (l) weychet all von mir, ir übelthetter, da wirdt sein heulen vnd zeenklappen, wenn ir sehen werden Abraham, vnd Isaac, vnd Jacob, vnd alle propheten im reych Gottes, euch aber hynaussen gestossen.

(m) Darumb (l) wer zuo mir kumpt, vnd hört von mir dise meine red, vnd thuot sye, den wil ich euch malen, wem er gleich ist. Er ist gleich (m) einem kluogen man, (l) der gruob tieff, vnd legt die grundtfest seines hauß vff den felßen. (m) Da aber ein platzrege fiel, vnd ein gewesser kam, we´heten die wind, (l) vnd der strom ryß zuo dem huß zuo vnd mochts nicht bewegen, denn es war vff den felsen gegründt. (m) Wer aber von mir höret dise meine red vnd thuot sy nit, der ist einem thorechten man gleich, der sein hauß vff den sandt bauwet, da nun ein platzrege fiel, vnd ein gewesser kam, vnd weheten die windet vnd stiessen an dz huß, (l) da fiel es bald, vnd dz huß gewan einen grossen risß.

(m) Vnd es begab sich, da Jesus dise lere vollendet hat (l) vor dem volck, (m) entsatzte sich das volck über seiner leere, dann er predigt gewaltiglich, vnd nit wie die schrifftgelerten.

Das walt Gott.

Quelle: Cohrs, Ferdinand - Die Evangelischen Katechismusversuche vor Luthers Enchiridion - Band 1

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Aus softwaretechnischen Gründen habe ich die Kennzeichnung geändert - statt der Punkte vorne und hinten habe ich die Buchstaben in Klammern gesetzt. Anmerkung des Abschreibers
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