Kähler, Carl Nikolaus - Moses in Christo - Vorwort.
Denke Keiner, der dieser Predigtsammlung ansichtig wird, dass der Verfasser mit denen, die vor ihm Predigten über denselben Text in den Druck gegeben, auf der homiletischen Bahn habe rennen und den Ehrenkranz an oder auf sich bringen wollen. Es sind ja so viele Autoren, die über Einen Text vor dem großen Publikum sich vernehmen lassen, dass, wenn man glauben wollte, sie alle nährten ehrgeizige Pläne, die Autorschaft von tugendhaften Seelen eher zu fliehen, als zu suchen, und Keinem anzuraten wäre, über irgend etwas seine Gedanken zu veröffentlichen, da nach gerade kein Gegenstand aufzutreiben ist, über den nicht bereits Viele oder doch Einige geschrieben haben. Statt also mit meinen Vorgängern in einen Wettlauf mich einlassen zu wollen, dank' ich ihnen vielmehr für heilsame Gedanken, auf die sie mich durch ihre Werke gebracht, besonders Einem unter ihnen, dem längstverstorbenen Rieger, aus dem ich Vieles genommen und in meine Predigten hineingewebt habe. Die Neueren hab' ich, ohne ihre Verdienste zu verkennen, weniger benutzt, teils weil ich nur mit einigen von ihnen bekannt geworden bin, teils aber, und zwar besonders darum, weil ich weit lieber mit den alten Asketikern verkehre als mit den neueren. Die Gründe, warum, nämlich die Vorzüge jener vor diesen, setz' ich vielleicht einmal im Kirchenblatte auseinander, weil dies Vorwort mir dazu so wenig Raum gestattet, dass es, außer dem Vorstehenden, nicht mehr zulassen will, als den Wunsch, es möge das Nachstehende mir Freunde in der Leser-Welt erwerben, und jene Ungunst, in die ich mich bei Vielen durch frühere Schriften gesetzt, in Gunst verwandeln, wenigstens bei ihnen die Anerkennung mir zu Wege bringen, dass ich nicht zu denen gehöre, die man früher geradezu Ketzer nannte. In necessariis unitas!
Flemhude, den 17. Mai 1844.
Der Verfasser.