Kähler, Carl Nikolaus - Auslegung der Epistel Pauli an die Kolosser in 36 Betrachtungen - 34. Betrachtung

Die Menschen sind auf allerlei Weise bemüht, sich einen unsterblichen Namen zu machen in der Welt. Die Babylonier bauten einen Turm, und Nebukadnezar sprach: Dies ist die große Babel, die ich erbaut habe, zu Ehren meiner Herrlichkeit (Dan. 4.). Aber wisst, liebe Christen, der beste und beständigste Nachruhm ist der, den sich jemand durch Glauben und Tugend erwirbt, wie die Schrift sagt: des Gerechten wird nimmermehr vergessen (Psalm 112.). So hören wir heute von zwei Männern, deren Name durch das Lob, das Paulus ihnen gibt, unvergesslich geworden ist.

Kol. 4, 7. 8. 9: Wie es um mich steht, wird euch alles kundtun Tychikus, der liebe Bruder und treue Diener und Mitknecht in dem Herrn, welchen ich habe darum zu euch gesandt, dass er erfahre, wie es sich mit euch hält, und dass er eure Herzen ermahne, samt Onesimo, dem freuen und lieben Bruder, welcher von den Euren ist; alles, wie es hier zusteht, werden sie euch kundtun.

Lob und Auftrag zweier Brüder.

1.

Hören wir zunächst ihr Lob. Zwei Personen nennt uns Paulus: Tychikus und Onesimus. Selbst wenn bloße Eigennamen genannt werden in der Schrift, so sind sie nicht zu übersehen. Der Kirchenlehrer Origenes sagt: „Wie wenn jemand dürre Kräuter, die weder Geruch noch Farbe haben, in einem Arzneiladen vorfindet, wie gering auch ihr äußeres Aussehen sei, dennoch wird er vermuten, dass ein Vorzug und eine Heilkraft in ihnen verborgen sei. So dürfen auch wir, wenn im Arzneiladen der Heiligen Schrift etwas vorkommt, was uns auf den ersten Blick geringfügig erscheint, dennoch sicher annehmen, dass darin ein geistlicher Nutzen verborgen sei, weil von Christo, dem Seelenarzte, anzunehmen ist, dass er nichts. Müßiges oder Unnützes in seine Offizin gelegt habe.“ Paulus nennt zuerst den Tychikus. Dieser war aus Asien gebürtig und ein treuer Gefährte des Apostels, als er durch Makedonien reiste (Apg. 20.) Der Apostel nennt ihn einen lieben Bruder. Alle Christen pflegten sich untereinander Brüder zu nennen, nach dem Worte des Herrn: Einer ist euer Meister, ihr aber seid alle Brüder (Matth. 23.), dem Tychikus aber war Paulus mit besonderer Liebe zugetan. Warum? Weil er ein treuer Diener war, nicht des Apostels, sondern Christi, und Pauli Mitknecht in dem Herrn. Es kann einem Menschen kein größeres Lob gegeben werden, als wenn es heißt: was er ist, das ist er in dem Herrn. Diener und Knecht sein, ist das Allerniedrigste, aber es sein in dem Herrn, das ist das Allerhöchste, und geht weit über eine Königskrone.

Der zweite, den Paulus nennt, ist Onesimus. Es ist derselbe, der früher dem Philemon als Knecht zu Kolossä gedient hatte, dann aber ihm entlaufen war, nachdem er ihm Verschiedenes entwand hatte, und endlich nach Rom gekommen und durch eine besondere Fügung Gottes dort mit dem gebundenen Paulus bekannt geworden war, der ihn, wie es heißt Philemon V. 10, in seinen Banden gezeugt, mittelst der Predigt des Evangelii, und ihn dann, als einen bekehrten Bruder in Christo, seinem Herrn, dem Philemon, wieder zugesandt hatte, mit dem Briefe, den wir noch unter den Briefen Pauli haben. Eine so große Veränderung kann das Evangelium von Christo wirken, wenn es im Glauben angenommen wird, dass es aus einem untreuen, diebischen und verlaufenen Knechte einen treuen und geliebten Bruder in Christo und ein wahrhaftiges Kind Gottes macht. Auch dem Apostel Paulus, der früher in seiner pharisäischen Raserei dem Evangelium so sehr geschadet, hatte ja Gott Barmherzigkeit widerfahren lassen. Wenn nun aber Gott die Sünder zu Gnaden annimmt: warum wollen denn wir unsern Mitknecht so hart richten, wie die Welt tut, die auch den bußfertigsten Sündern ihre frühere Missetat nicht vergeben kann!

2.

Es folgt nun der Auftrag, den die beiden genannten Brüder von Paulus hatten. Sie wurden von Rom nach Asien gesandt, wo Tychikus, den Onesimus begleitete, nicht nur den Brief an die Kolosser, sondern auch den an die Epheser überbringen, und zugleich mündliche Nachricht von Rom nach Asien und wiederum von Asien zurück nach Rom bringen sollte. „Wie es um mich steht, wird euch alles Tychikus kund tun.“ Also zugleich um seinetwillen sandte Paulus sie, damit die Christen in Asien erführen, wie es um ihn stände und nun desto mehr für ihn beten möchten. Sie sollten alles wissen, da mit sie alles in ihre Fürbitte brächten. Die Gemeinschaft der Heiligen fordert es, dass sie über ihren Zustand sich einander Mitteilungen machen, wie der Herr selbst, da er auferstanden war, dem Petrus Nachricht von sich gab. Wiederum verlangte den Apostel nach Nachricht über die Kolosser, deretwegen er bekümmert war, zumal da er von Irrlehrern gehört hatte, die dort ihr Wesen trieben. Sollte es dem Teufel gelingen, durch seine wilden Säue auch dort den Weinberg des Herrn zu zerwühlen? Darüber begehrte er Nachricht, und er hebt dies als Zweck der Sendung ganz besonders hervor. „Eben darum habe ich den Tychikus zu euch gesandt, dass er erfahre, wie es sich mit euch hält.“ Und wenn es etwa übel stand, so sollte er dem Übel abhelfen, er wurde gesandt, dass er ihre Herzen ermahne, das heißt, nicht nur sie tröste und aufrichte, sondern auch im Guten sie befestige wider Zweifel und Verführung. Man sieht, wie der treueste Vater sorgt Paulus für alle Gemeinden. Lehrer, Prediger, spiegelt euch in seinem Beispiel. Auf eure Schafe habt Acht und nehmt euch eurer Herden an (Sprichw. 27.), wie auch Christus von einem Hirten fordert, dass er seine Schafe mit Namen kenne (Joh. 10, 14.). Du Menschenkind - spricht Gott (Hesek. 3.) - du Menschenkind, ich habe dich zum Wächter über das Haus Israel gesetzt, du sollst aus meinem Munde das Wort hören, und sie von meinetwegen warnen.

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autoren/k/kaehler_c/kaehler_kolosserbrief_34_betrachtung.txt · Zuletzt geändert: von aj
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