Kähler, Carl Nikolaus - Auslegung der Epistel Pauli an die Epheser in 34 Predigten - Neunundzwanzigste Predigt.

Kähler, Carl Nikolaus - Auslegung der Epistel Pauli an die Epheser in 34 Predigten - Neunundzwanzigste Predigt.

Lasst in der Liebe Harmonie
Uns unsern Weg durchs Leben wandern;
Der Eintracht Band zerreiße nie,
Und Einer sei der Stab des Andern.
Der Liebe Acker prangt und grünt
Am schönsten, wenn sie andern dient.

„Seid einander untertan in der Furcht Christi“ so lautet das Wort, über das als über eine Schwelle der Apostel Paulus zu seinen Vermahnungen an die verschiedenen Stände in der christlichen Gemeinde übergeht. Es gilt schon ganz im Allgemeinen, dass wir einer dem andern uns unterordnen sollen, wie Petrus spricht (1 Petri 1, 5): Allesamt seid unter einander untertan seid es als Glieder Eines Leibes, der nicht bestehen kann, wenn nicht eine Hand der andern diene, das Auge dem Ohr, der Fuß dem Auge sich unterordnen will. Wenn wir nun aber vollends die besonderen Stände in der Christenheit erblicken wollen, den Ehe-, den Familien-, den Herrenstand: wie könnten diese von Gott gefügten Ordnungen bestehen, wenn nicht das Weib dem Manne, das Kind den Eltern, der Knecht dem Herrn sich unterordnen wollte? Der Geist dieser Welt hat freilich von jeher daran gearbeitet, dies göttliche Band der Unterwerfung zu zerreißen; er hat gestrebt, das Weib dem Manne gleichzustellen, das Kind der häuslichen Zucht der Eltern zu entziehen, die Arbeiter wider ihre Herren aufzureizen: aber haben wir Christum lieb, so werden wir uns scheuen, die göttliche Ordnung zu zerstören, die in seinem Reiche besteht; diese mit der Liebe des Herrn verbundene zarte Scheu, die Nichts tut, was Ihm missfällig ist, wird uns lehren, dass wir unsern Willen einem andern unterordnen sollen.

Hört jetzt, was Paulus uns über den Ehestand sagt.

Ephes. 5, V. 21 bis 33: Seid unter einander untertan in der Furcht Gottes. Die Weiber seien untertan ihren Männern, als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde, und er ist seines Leibes Heiland. Aber wie nun die Gemeinde ist Christo untertan, also auch die Weiber ihren Männern in allen Dingen. Ihr Männer, liebt eure Weiber, gleichwie Christus auch geliebt hat die Gemeinde, und hat sich selbst für sie gegeben, auf dass er sie heiligte, und hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, auf dass er sie ihm selbst darstellte eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas, sondern dass sie heilig sei und unsträflich. Also sollen auch die Männer ihre Weiber lieben, als ihre eigenen Leiber. Wer sein Weiß liebt, der liebt sich selbst. Denn Niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst; sondern er nährt es, und pflegt sein, gleich wie auch der Herr die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebeine. Um deswillen wird ein Mensch verlassen Vater und Mutter, und seinem Weibe anhangen, und werden zwei Ein Fleisch sein. Das Geheimnis ist groß, ich sage aber von Christo und der Gemeinde. Doch auch ihr, ja ein Jeglicher habe lieb sein Weib, als sich selbst; das Weib aber fürchte den Mann.

Wie fein und schön malt uns der Apostel hier das Bild der christlichen Ehe! Von den Eheleuten redet er zuerst, dann von den Kindern und Eltern, endlich von Knechten und Herren. Ruht doch auch auf der Ehe als auf ihrem Fundament alle übrige Ordnung in der Welt! Im Himmelreiche verhält sich's geistlicher Weise ebenso. Die Ehe voran - welche Ehe? Den schönen, ewigen Bund zwischen Christus und der Kirche fasst der Apostel unter dieses Bild. Schon im Alten Testament wird Israel die Braut oder das Weib Jehovas genannt. Wie eine Braut steht Israel zu seiner Rechten (Psalm 45). Ich warb um dich, spricht der Herr, und begab mich mit dir in einen Bund, dass du solltest mein sein (Hesek. 16). Dein Erlöser, der Heilige in Israel, ist dein Mann, der dich nicht verlassen hat, wie ein Weib, das verstoßen ist (Jes. 54). Doch die Zeit des Alten Testaments war gleichsam nur die Zeit der Werbung und des Brautstandes; erst in Christo hat Gott den rechten Ehebund geschlossen mit dem geistlichen Israel. Aus diesem Bunde sind hervorgegangen und gehen noch immer hervor die lieben Kinder Gottes, durch des unvergänglichen Samens, nämlich des lebendigen Wortes Gottes (1 Petri 1, 23). Also kommt aus dem geistlichen Ehestande der geistliche Vaterstand, und aus diesem wiederum der Herrenstand und der Stand der Dienenden. Denn die Kinder wohnen beisammen in der Kirche als dem Hause Gottes, wo Christus ihr Herr ist, dem sie dienen sollen, indem sie sich unter einander dienen. Vor diese geistliche, göttliche Ordnung im Himmelreiche nun stellt der Apostel als vor einen Spiegel Alles, was Mann oder Weib, Vater oder Kind, Herr oder Knecht auf Erden heißt. Heute hält er uns den

evangelischen Ehespiegel

vor, darin die Eheleute blicken sollen, auf dass

1. das Weib erkenne, wie es sich gegen den Mann, und
2. der Mann, wie er sich gegen das Weib verhalten soll.

Blickt denn hinein, ihr lieben Eheleute, und Gott gebe, dass ihr in diesem evangelischen Spiegel erkennt, wie ihr eure Ehe führen sollt.

1.

An die Weiber wendet der Apostel sich zunächst mit seiner Ermahnung, wie auch nachher zunächst an die Kinder und an die Dienenden, weil es die Schicklichkeit fordert, dass zunächst der abhängige Teil ermahnt werde, daher zuerst das Weib, dann der Mann. So ist denn nun die Frage: wie selbst du, liebes Weib, deinen Ehemann ansehen und dich gegen ihn verhalten? Antwort: wie die Kirche gegen Christum, so du gegen deinen Mann. Die Kirche aber ist Christo unterworfen, als ihrem Herrn, ihrem Haupt, ihrem Heiland oder Retter. Tretet nur nicht erschrocken vor diesen Namen zurück, denn „Herr“ bedeutet hier nicht „Tyrann“ oder „Löwe“. Ihr wisst, wie Christus unser Herr geworden ist, und wie er seine Herrschaft führt. Er kam in großer Liebe und warb um unsere Seele, wie ein Bräutigam um die Braut. Ob er gleich der Gemeinden viele hat im Himmel und in der großen Welt, die ihm zugetan und ergeben sind in treuer Liebe, so vergaß er doch der 99 um der Einen willen, die als die Verlassene auf Erden lebte. Er suchte sie, er begab sich in ihren niedrigen Stand, er brachte für sie die größten Opfer, ob er durch seine Liebe ihre Liebe gewinnen möchte. Und als sie nun den Reichtum seiner Herrlichkeit erkannte, da neigte sich ihr Herz zu ihm, und sie schlossen den Bund, den herrlichen Bund, den auch der Tod nicht zerreißen kann. Von da an war er ihr Herr, dem sie in Allem unterworfen ist. Denn ihr Wille gebietet nicht über ihn, sondern sein Wille über sie, aber kein Joch ist sanfter und keine Last leichter, als das Joch unsers Herrn. Er droht nicht, er befiehlt nicht einmal, sondern was er sagt, das spricht die Liebe zur Liebe, darum wird es willig gehört und gern getan. Der Bund, geschlossen zwischen Christo und der Gemeinde, ist der innigste Herzensbund, ebenso innig wie das Band zwischen dem Haupt und den Gliedern des Leibes. Das Haupt braucht nicht zu gebieten: Hand, rege dich! Fuß, gehe! sondern des Hauptes und der Glieder Willen sind Eins, und steht nicht ein Gesetz zwischen ihnen als ein Fronvogt, der erst des Hauptes Willen kundtun und den Stab Wehe aufheben müsste, um diesem Willen Gehorsam zu verschaffen. Wie die Blätter im Walde sich regen und rauschen, so oft ein sanfter Hauch des Windes durch sie hingeht: also regen wir uns, wenn unser teurer Heiland mit dem Hauch seines Heiligen Geistes unsere Herzen berührt; wir horchen auf sein Wort, blicken auf seine Mienen, und tun Alles, was er will, mit Lust und Freudigkeit. Das ist nun der evangelische Ehespiegel, den der Apostel zunächst euch Frauen vorhält, dass ihr hineinblicken sollt. Der Bund zwischen Christus und der Gemeinde ist das herrliche Urbild, dessen Nachbild die christliche Ehe ist. Darum wird zu den Weibern gesagt, dass sie ihren Männern sich unterwerfen sollen ganz auf dieselbe Weise, wie wir als Christen dem Herrn der Kirche uns unterwerfen.

Ist doch auch der Mann gleich Christo ausgegangen, und hat geworben um die Jungfrau, die er lieb hatte, und hat, ob er sie fand, die Einsame hingeführt auf seinen Weg, wo sie neben und mit einander gehen, eng und innig verbunden, wie das Immergrün um den Baum sich rankt. So soll denn nun das Weib dem Willen des Mannes sich unterwerfen, und zwar in Allem, wie der Apostel sagt. Die Ehe ist nicht christlich, wo die Gattin ihren Gatten, ihr Haus und Alles regieren will, so dass sie die Herrin ist und der Mann der Dienende; solche Unnatur gehört nicht hinein ins Himmelreich. Die Ehe ist nicht christlich, wo Beider Willen getrennt sind, so dass erst Befehl und Drohung das Weib dem Manne unterwerfen muss. Ach, wie viele Häuser gibt es, wo täglich Zank und Streit ist zwischen den Eheleuten, bei dem Gatten Zorn und bei der Gattin rote Augen; wie viele Häuser, wo Erbitterung, Hass, Feindschaft den Mann wider das Weib, das Weib wider den Mann empört! Fürwahr, solche Gatten leben nicht mit einander im Himmelreiche unter Christo, sondern gehören zu denen, die draußen sind. Nur das ist eine recht christliche Ehe, wo der Mann in seinem ganzen Verhalten gegen das Weib ein Abbild Christi ist, dessen heiliger Liebeswille uns ohne Zorn und Zwang regiert, und wo wiederum die Gattin mit aller Lieb' und Treue an dem Gatten hängt, nach dessen Willen zu leben ihre Lust und Freude ist. Aber ist's nicht zu viel gefordert, dass sie ihm in Allem sich unterwerfen soll? Nun, das meint der Apostel nicht, dass das Weib folgen soll, auch wenn der Mann Böses begehrt. Er redet zu christlichen Eheleuten, die beide ihren Willen Christo unterwerfen. Tun sie das, so kann der Gatte Nichts wollen, und die Gattin kann Nichts tun, das böse ist. Doch soll die Gattin, selbst wenn ihr Mann unbillig und wunderlich ist, sich in ihn schicken und sanft und nachgebend sein, soweit es sich mit Christi Willen und Wort verträgt; und nur wo Böses von ihr begehrt wird, soll sie sprechen mit dem Apostel: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Nun, ihr lieben Frauen, habt denn immer in eurer Ehe den schönen, evangelischen Spiegel zur Hand, den euch der Apostel Paulus zeigt. Habt ihr seither euch versündigt gegen eure Männer, so tut die Sünden ab, und das sei euer Bestreben, dass ihr künftig mit aller Liebe euren Männern ergeben seid, wie die Gemeinde ihrem himmlischen Haupt ergeben ist.

2.

Nun wendet sich der Apostel an die Ehemänner, und hält auch ihnen jenen Spiegel vor. Ihr Bestreben soll es sein, dass sie allezeit gegen ihre Weiber sich verhalten, wie Christus sich gegen die Gemeinde verhält. Tun sie das, so fehlt es zunächst an der sich hingebenden, aufopfernden Liebe nicht. Ihr Männer, liebt eure Weiber, gleichwie auch Christus geliebt hat die Gemeinde, und hat sich selbst für sie gegeben. Ja, solch eine Liebe hat er uns erwiesen, dass er nicht nur arm geworden ist um unsertwillen, sondern sogar Alles für uns aufgeopfert und sein Leben für uns gelassen hat. Nun kann zwar der Mann solches Blut nicht für sein Weib vergießen, wie Christus vergossen, und solches Werk nicht tun, wie Christus getan; sie mit Gott versöhnen und als ein unschuldig Lamm sie bei Gott vertreten kann er nicht. Aber das kann er und das soll er auch: sie lieben, und zwar mit einer Liebe, die keiner Arbeit, keiner Schmach achtet um der teuren Gattin willen; die mit Freuden den Schweiß des Angesichts vergießt, worin das tägliche Brot erworben wird; ja, die sogar fähig und bereit wäre, für die Gattin zu sterben, wenn die Not es forderte. O, welch eine herrliche Ehe, wo der Mann, auch wenn sein Beruf ein hartes Joch auf seine Schulter legt, dennoch um der Gattin willen, die er liebt, ohne Klagen, ohne Murren, mit aller Freudigkeit dies Joch trägt, und stets der Gattin ein freundlich Angesicht zeigt. Ich weiß von einem Gatten, der auf einer Karre, die er selber schob, seine gelähmte Gattin nach einem fernen Badeort fuhr, und nicht des viele Meilen langen Weges achtete, noch des Schweißes, den er in Strömen vergoss. Solche zu jedem Opfer fähige Liebe bist du deiner Gattin schuldig. Schaue nur die Liebe Christi an. Und warum hat sich Christus für die Gemeinde gegeben? Damit er sie heiligte, nachdem er sie gereinigt durch das Bad des Wassers samt dem Worte, damit er sich selbst die Kirche herrlich darstellte, keinen Flecken habend oder Runzel oder etwas dergleichen, sondern dass sie rein und tadellos wäre. Dies Bild hat der Apostel aus dem Propheten Hesekiel genommen (Kap. 16, V. 1 bis 14). Dort redet Gott mit Israel als mit seinem Eheweibe, und erinnert es an seine Jugendzeit. Warst du nicht wie ein armes, verlassenes Kind, das man ausgesetzt auf ein ödes Feld, wo du alleine lagst und Niemand deiner jammerte? Ich aber suchte dich, fand dich, und sprach: Lebe! Ich nahm dich an als mein Kind, und ließ dich aufwachsen in meinem Hause, und zog dich auf. Da du nun herangewachsen warst, badete ich dich mit Wasser, schmückte dich aufs Herrlichste, und schloss einen ewigen Bund mit dir. Christen, das deutet nun Paulus auf das christliche Israel, auf die Kirche, mit der der Heiland sich verbunden hat. Nicht wahr? ohne ihn wären wir das verlassene Weib, welches umherirrte in der Welt, im Schmutz der Sünde, preisgegeben allen Mächten der Finsternis. Aber er hat uns gereinigt durch das Bad der Taufe, das wahrlich! nicht schlecht Wasser ist, sondern ein Wasser verbunden mit dem Worte der Verheißung: Wer da glaubt und getauft wird, der soll leben und selig werden. Wenn kommt das Wort zum Element, so wird daraus ein Sakrament, und dies heilige Sakrament der Taufe ist gleichsam der Brautring, den der Herr an unsern Finger getan. Dadurch hat er uns abgesondert von der Welt und uns sich zu eigen gemacht, dass wir ganz ihm angehörten, ihm allein, oder wie unser Text sagt, er hat uns geheiligt. Nun sind wir nicht mehr unrein, nicht mehr arm, bloß und verlassen; nein! wie eine schön geschmückte, fehlerlose Braut des Herrn stehen wir da, angetan mit den Kleidern seines Heils. Mag auch die Sünde noch in und an uns sein, so wissen wir doch, dass wir Gerechtigkeit haben, Frieden und Freude im Heiligen Geist, und täglich einen freudigen Zutritt zu dem Herrn. Ohne Christum schimmern unsere Sünden wie die Sterne in der Nacht, und unsere Schuld steht da, wie der Mond gleich einem roten Kessel steht am Horizont. Aber die Sonne der Gnade ist über uns aufgegangen, und unsere Sünden sind erloschen, wie Mond und Sterne im Morgenlicht. So gehören wir nun Christo an, der auch nicht ruht, sondern allezeit arbeitet an unserer Heiligung, dass er mehr und mehr alle Bande löse zwischen uns und der Welt, bis wir, erlöst von allem Übel und von aller Sünde, einst prangen im Brautkleide der himmlischen Heiligkeit. Nun, Ehemänner, blickt in diesen Spiegel hinein! Ihr sollt eure Weiber lieben, aber wohin sollt ihr mit dieser eurer Liebe trachten? Dahin, dass ihr eure Weiber immer mehr euch und samt euch Christo zu eigen macht. Ja, auf Heiligung kommt es vor Allem in der Ehe an. Das Evangelium will von einer Ehe nichts wissen, mit der es bloß auf Freude, auf Genuss, auf ein angenehmes Leben oder auf Broterwerb abgesehen ist. Das gehört für die Vögel unter dem Himmel und für die Tiere auf dem Felde; du aber, lieber christlicher Ehemann, sollst streben, das aus deinem Weibe zu machen, was Christus gemacht hat aus der Kirche. Zwar sollen auch die Weiber ihre Männer heiligen ach, wie oft kehrt sich in der Wirklichkeit die Ordnung um! - aber den Männern kommt doch das Werk des Heiligens vor Allem zu. Wie der Herr die Gemeinde liebt mit einer heiligen Liebe, die uns immerdar mit Gerechtigkeit, Gottesfrieden und Tugend schmückt, so sollen die Männer ihre Weiber lieben als ihre Leiber, fährt der Apostel fort. Wie? sind sie denn so ganz und gar Eins, dass das Weib ein Teil des Mannes heißen kann? Ja, wie nahe auch Bruder und Schwester, Kind und Vater einander stehen mögen: selbst die innigsten Bande auf Erden verknüpfen nicht so sehr, wie das Eheband. Wie zwei Bäumchen, die sich um einander schlingen, ganz zusammen wachsen, dass, wollte man sie trennen, sie beide sterben müssten: also Eins soll mit dir die Gattin sein. Ich weiß wohl, dass es selten in der Welt so gefunden wird; aber es handelt sich nicht darum, was ist, sondern was sein soll nach Gottes Ordnung. Blickt doch nur wieder in den evangelischen Ehespiegel, den uns Paulus zeigt. Wie nahe steht die Gemeinde Christo? -

Sind wir nicht Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebein? Gedenke deines Ursprungs, liebe Gemeinde. Wie Adam, da er erwachte und das Weib vor sich stehen sah, darin ein Wesen seiner Art und Natur erkannte, und freudig ausrief: Das ist doch Bein von meinem Bein, und Fleisch von meinem Fleisch (1 Mos. 2, 23), siehe, so sind auch wir genommen von Christo, durch welchen Gott alle Dinge und auch uns geschaffen hat. Wir haben ja nichts in uns, auch nichts an uns, das nicht von ihm wäre; sei es Seele, sei es Leib - alles, alles haben wir von ihm. Freilich hat nun die Sünde eine Scheidung gemacht zwischen ihm und den Menschen auf Erden; und ist eine große Kluft entstanden zwischen ihm und uns: aber Er hat nicht vergessen können, dass wir zu Anfang Eins mit ihm gewesen sind, und die Sehnsucht seiner Liebe hat ihn vom Himmel in die Welt, und aus der Welt in den Tod gezogen, dass er nur wieder- Eins mit uns würde. Also kann von ihm gesagt werden, was geschrieben ist vom Ehemann: Um deswillen wird ein Mensch verlassen Vater und Mutter, und seinem Weibe anhangen, und werden die Zwei Ein Fleisch sein. So ist's geschehen. Vom Vater ist er ausgegangen und aus der Herrlichkeit des Himmels, weil die Liebe ihn dazu drang, und hat unser Fleisch und Blut an sich genommen, hat Armut, Not, Tod über sich ergehen lassen; hat gesucht, bis er uns fand, und er und wir nun wieder Ein Fleisch geworden sind. Dieses Geheimnis ist groß und wichtig; es heiße ein Geheimnis, weil nicht jeder Verstand es fassen kann, mancher vielleicht auch es nicht fassen will. Mögen denn Andere das Wort im Moses bloß von der menschlichen Ehe deuten; ich aber, spricht Paulus, sage es zugleich in Beziehung auf Christum. Derselbige hat das Vaterhaus verlassen, wie schön und mächtig auch die Bande waren, die ihn an dasselbe fesselten, und hat gesucht die Einsame, die Verlassene, dass sie wieder Eins mit ihm würde, wie sie es zu Anfang gewesen ist. Nun gibt's kein engeres, kein festeres Band, als das zwischen ihm und seiner lieben Gemeinde. Er ist geworden zu ihr, und sie geworden zu ihm, und als sein Fleisch und Blut nährt und pflegt er sie. Womit? Nicht nur mit seinem Wort, davon er sagt (Joh. 6); Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen. Wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Nein, außer diesem Wort von ihm, dem Gekreuzigten, das Vergebung, Leben und Frieden der ihm teuren Gemeinde bringt, hat er noch ein anderes, das Brot, den Kelch im heiligen Abendmahl, davon er spricht: Das ist mein Leib, das ist mein Blut. Da wird ja nicht die Seele bloß genährt, sondern die Verklärung durchdringt sogar den Leib, und wird der Keim gepflanzt zu der Herrlichkeit, darin wir einst ihm ähnlich sein werden auch nach seiner verklärten Leiblichkeit.

Doch ich kehre nun, nachdem ich den evangelischen Ehespiegel hingestellt, zu euch zurück: auch ihr sollt ein Jeder also sein Weib lieben, nämlich wie sich selbst. Seht ihr nun nicht, ihr lieben Ehemänner, wie das Band zwischen euch und euren Gattinnen unter allen Banden in der Welt das engste und unauflöslichste ist? Seht ihr nicht, wer sein Weib liebt, dass der nicht etwa einen fremden Menschen, sondern sich selber liebt? Und folgt nicht daraus, dass ihr euren Weibern die treueste Fürsorge schuldig seid? Denn Niemand hat ja sein Fleisch gehasst, sondern nährt und pflegt es. So wäre es ja denn Hass und Lieblosigkeit gegen euch selbst, wenn ihr gegen eure Weiber lieblos wäret. Seid ihr der Eltern Stütze und Stab, wenn sie eurer Hilfe bedürftig sind: o, so wendet eure fürsorgende Liebe noch viel mehr den Gattinnen zu, um derentwillen ihr Vater und Mutter verlassen habt. Euer Fleisch heißen sie, weil sie euer Teil sind, euer schwächerer Teil: nehmt dieses eures Teils euch an mit Allem, was ihr Gutes und Bestes habt. Das Gute ist, was zu des Leibes, das Beste, was zu der Seele Nahrung und Notdurft gehört. Das schafft herbei, das reicht in treuer Liebe dar! Doch was bedarf's noch vieler Ermahnungen? Auch Paulus ermahnt in unserem Texte nur kurz. Sein Hauptwerk ist, dass er den lieben Eheleuten einen geistlichen, göttlichen Spiegel schaffe, in den sie hineinblicken sollen Tag für Tag. Den Spiegel haben wir nun, es ist der schöne Bund zwischen Christus und der Kirche. Den Spiegel nehmt mit euch nach Haus, da blickt fleißig hinein. Und nun kurz und gut: Wie Christus die Gemeinde liebt, so sollt ihr eure Weiber lieben; das Weib aber, fürchten soll es den Mann, nicht mägdisch, sondern mit jener ebenso liebevollen als heiligen Ehrfurcht, womit die Gemeinde auf ihren Heiland blickt.

Tut so, dann blüht das Eheglück;
Dann weicht der Zwietracht Ach und Wehe;
Dann kehren Fried' und Freud' zurück,
Dann ist der Himmel in der Ehe.
Gott sendet Engel dann für sie,
Die treu und sorgsam ihrer warten,
Und Mann und Weib, sie blühen wie
Zwei Lilien in dem schönen Garten.

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