Zuletzt angesehen: Hus, Jan - An Johannes von Chlum

Hus, Jan - An Johannes von Chlum

Hus, Jan - An Johannes von Chlum

Constanz im J. 1415.

Mein gnädigster, geliebtester Wohlthäter in Christo Jesu! Ich freue mich über die Maßen, seitdem ich durch Gottes Gnade Eurer Gnaden schreiben kann. Aus Eurem gestrigen Briefe habe ich vernommen: erstlich, wie sich die Ungunst der großen Hure, das ist der boshaft handelnden Versammlung, von welcher in der Apocalypse die Rede ist, offenbart und offenbaren wir, mit welcher huren die Könige auf Erden, wie eben dort gesagt ist, sie treiben geistliche Hurerei mit Christus, fallen von seiner Wahrheit ab, und stimmen mit der Lüge des Antichrists überein aus Verführung, aus Furcht, oder aus Hoffnung auf Bündniß, um die Ehre der Welt zu erlangen. Zweitens vernahm ich aus Eurem Briefe, wie die Feinde der Wahrheit bereits anfangen verwirrt zu werden. Drittens ersah ich daraus die feurige Standhaftigkeit Eurer Liebe, womit Ihr die Wahrheit bekennt. Viertens erkannte ich mit Freuden, daß Ihr nun der Eitelkeit und dem mühsamen Dienste der Welt entsagen und zu Hause dem Herrn Jesu Christo dienen wollt, welchem dienen regieren heißt, wie Gregorius sagt. Wer diesem treulich dient, der wird Jesum Christum selbst im himmlischen Vaterlande zum Diener haben; der selbst sagt: „selig ist der Knecht, welchen der Herr, wenn er kommt, wachend und also thun findet. Wahrlich ich sage euch: er wird sich aufschürzen und ihm dienen.“ Das thun die weltlichen Könige ihren Dienern nicht, welche sie nur so lange lieben, als sie ihnen nützlich und nothwendig sind. Nicht also Christus, der König der Herrlichkeit, der heute die Apostel Petrus und Paulus krönte, den Petrus durch Kreuzigung, und den Paulus durch Enthauptung, da er sie ins Reich des himmlischen Vaterlandes einführte, nachdem Petrus viermal eingekerkert und durch einen Engel befreit, und Paulus dreimal gegeißelt, einmal gesteinigt, vielfach geschlagen, zweimal durch Schiffbruch, und zwei Jahre lang gefesselt worden, weßhalb er schreibt: ich ward über die Maßen beschwert, so daß ich des Lebens überdrüssig wurde. Nun ist aller Ueberdruß und alle Plage vorüber, und erquicken sie unendliche Freuden und selige Ruhe. Nun herrschen sie mit dem obersten König, nun befinden sie sich unter dem Chore der Engel, nun sehen sie ihren König in der Herrlichkeit, nun befällt sie kein Ueberdruß mehr, sondern sie sind voll unaussprechlicher Freude. So mögen denn diese ruhmvollen Märtyrer, die nun mit dem König der Herrlichkeit vereinigt sind, für uns ins Mittel treten, daß wir durch ihre Hülfe ermuthigt durch demüthiges Leiden ihrer Glorie auch theilhaftig werden, obwohl der allmächtige Herr zu unsrem Besten verordnet hat, daß wir hier leiden sollen. Gegeben am Tage der heiligen Apostel Petrus und Paulus. Noch bitte ich um Gotteswillen, schreibet mir wo möglich noch. Auch bitte ich Euch, die Königin besonders zu grüßen und sie zu ermahnen, daß sie feststehe in der Wahrheit, und sich nicht an mir stoße, als wäre ich ein Ketzer. Ebenso wünsche ich, Eure Frau Gemahlin zu grüßen, die Ihr, ich bitte Euch, in Christo Jesu lieben wollet, weil ich hoffe, daß sie ein Kind Gottes sei durch Erfüllung seiner Gebote. Grüßet alle Freunde der Wahrheit um Gotteswillen.

Quelle: Renner, C. E. - Auserlesene geistvolle Briefe der Reformatoren

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/h/hus/hus-an_johannes.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain