Hollaz, David - Die gebahnte Pilgerstraße - Eine Aufweckung an alle Leser, ihre Seelen zu erretten.
1 Mos. 19,22. Eile, errette deine Seele, und siehe nicht hinter dich, auch stehe nicht in dieser ganzen Gegend, auf dem Berge errette Dich, daß du nicht umkommest.
Ihr armen Seelen, die ihr wohl noch niemals mit Ernst bedacht, wie ihr euch durch eine rechtschaffene Bekehrung auf die gebahnte Pilgerstraße nach Zion aufmachen und eure Seelen erretten möchtet, die ihr in dem geistlichen Sodom Offenb. 11,8 so sicher lebet; da der Tag des HErrn HErrn eilet, so eilet auch ihr durch eine rechte wahre Bekehrung aus eurem unsichern und unseligen Zustande heraus; eilet zu der Zukunft des HErrn, der kommen wird, Rache zu geben mit Feuerflammen über alle, die nicht gehorsam sind dem Evangelio unsers HErrn Jesu Christi 2 Thess. 1,8.
Sehet! sehet! die ganze Welt liegt im Argen, alles Fleisch hat seinen Weg verderbet! Sehet die Zeichen dieser Zeit, ob es nicht geht, wie zu Noä Zeiten? Nur wenige, wenige sind hier und dort, kleine Häuflein, und einzelne Seelen, die sich auf den Weg machen, die heraus eilen, und nicht mit laufen wollen in das wüste unordentliche Wesen, sondern ihre Seelen zu erretten suchen. Verlasset euch nicht darauf, daß der Haufe groß ist, der sicher dahin geht Sir. 7,17.19. Gott hat wohl ehedem bei sechs hundert tausend auf einmal weggerafft Kap. 6,17.
Eilet, daß ihr mit den Wenigen entfliehen möget den ganz unerträglichen letzten Plagen der Zornschalen, da alles schon über die Welt wie ein Ungewitter hängt. Es sind die letzten Zeiten, sagt Johannes: Es ist die letzte Stunde, so mögen wir einander zurufen: Es ist der letzte Augenblick! Gott wartet nur noch auf eure Bekehrung! denn Er kann nichts thun, bis alle die zur Bekehrung kommen, von denen Er voraus gesehen hat, daß sie seinen Rath werden annehmen.
Wie manchen Lot, wie manchen Engel hat euch Gott zugesandt, der euch aufgefordert, heraus zu gehen aus Sodom. Laßt euch solche Aufforderung zur Bekehrung, um eurer armen Seelen Seligkeit willen, euch ja nicht lächerlich vorkommen? Sitzet nicht, wo die Spötter sitzen Ps. 1, denn es wird sich in Kurzem alles ändern, und das Lachen sehr theuer werden. Noch weniger gesellet euch zu denen, die ganz mit Blindheit geschlagen sind, und im blinden Eifer dem Lot die Thüre stürmen wollen, und mit Gewalt wider das Gute toben. Es werden jene unselige Menschen auch wohl nicht gedacht haben, daß ihnen so würde belohnt werden, oder die Strafe so nahe wäre.
Eilet, schlafet nicht in Sodom, suchet eure Ruhe und Vergnügen nicht in der Welt, noch was in der Welt ist, als Augenlust, Geld und Gut, Fleischeslust, Eitelkeit und Ueppigkeit, oder in hoffärtigem Wesen. Das alles kann eure unsterbliche Seele nicht laben, es vergehet auch alles und eilet zum Ende; es sind doch nur Träber, ein elendes Linsengericht. Versäumet um Gottes willen wegen solcher Dinge nicht eure Bekehrung und Errettung“ Es ist das alles gar nichts werth, es ist so nichtig, flüchtig und unbeständig, daß man die reichsten und geehrtesten Leute von allen siehet herab kommen! Es wird auch alles zurück bleiben, und endlich ein Aschenhaufen werden.
Eilet mit eurer Bekehrung, schiebet es nicht auf, machet euch auf! der Mensch ist von Natur so geartet; er will gern mit Lot verzögern 1 Mos. 19,14, und bedenket nicht, wie nahe die Gefahr sei! (Der Teufel und das Fleisch suchen auch immer den Menschen von der Buße abzuhalten, er solle noch harren und warten. Da ist ein ernster Vorsatz nöthig, nicht sich selbst ohne Glauben zu bessern, sondern sich zu Jesu zu wenden, und sich durch nichts, es koste was es wolle, länger abhalten zu lassen. Einige machen sich die Bekehrung schwer durch ihr unbeständiges Wesen, da sie bei einer jeden Aufweckung hitzig anfangen, bald wieder nachlassen, oft anfangen, und immer auf der alten Stelle bleiben.) Wie schrecklich ist’s, wenn den Sündern die Sonne zum letzten Mal aufgeht, V. 23 und sie sind nicht bereit! Welcher Schrecken wird die Bürger zu Sodom überfallen haben, da sie den Schwefelregen über ihnen eingebrochen sahen! wie manchmal ist euch auch schon die Sonne aufgegangen? wie viele Gnadentage habt ihr erlebt? dem Lot geht die Sonne auf zum Ausgang, den Sodomiten zum Untergang. Ach die Sonne! ja die Gnadensonne könnte euch heute auch zum letzten Mal aufgegangen sein! gesegnet ist der Tag, wenn euch die Sonne aufgeht zu eurer Bekehrung.
Den Lot ergriffen die Engel, da er verzog. Sehet, treue Lehrer und andere Kinder Gottes, die ihr als eure Engel anzusehen habt, fassen euch gerne an und wünschen von Herzen eure Errettung. Lasset alle Ausflüchte und Einwendungen, die ihr bisher gegen eure Bekehrung beigebracht, auf einmal fahren, und richtet von nun an alle eure Gedanken auf eure Seelenerrettung.
Seid ihr noch mitten in dem Herzen Sodoms, oder lebt ihr in offenbaren Werken des Fleisches Gal. 5, so erschrecket, zittert, bittet, daß euch der HErr noch heute durch seinen Engel aus diesem Sodom führe.
Seid ihr aber aus den Mauern Sodoms, das ist aus dem groben Sündenleben ausgegangen, ach, so eilet! haltet euch nicht auf in den Vorstädten Sodoms, das ist in der äußerlichen Ehrbarkeit, eigenen Gerechtigkeit, Heuchelschein, Wissen, Schwätzen, da man das Reich Gottes nicht in der Kraft, sondern in Worten sucht und setzt. Haltet euch nicht auf an solchem unsichern Orte; denn über dieser ganzen Gegend ruhet und schwebet noch die Wetterwolke des HErrn; der Zorn Gottes bleibt über allen, die nicht weiter gehen Jos. 3,36.
Eilet, macht euch auf den Weg, nehmet nicht etwas mit aus Sodom, lasset alles sodomitische Wesen zurück, oder es ist euch ein Bann.
Brauchet nun mit rechtem Ernst die Gnadenmittel, begebt euch in’s Gebet, fasset euch mit andern Seelen an, die auch heraus eilen, wenn derselben gleich nur wenig sind, verbindet euch zusammen, geht und laufet alle nach einem Ziel.
Seid ihr nun wirklich ausgegangen, seid ihr außen vor der Stadt, seid ihr auf dem Wege, braucht ihr die Gnadenmittel zu eurer Erbauung; so erschallet dennoch auf’s Neue an euch diese Stimme: eilet, errettet eure Seelen, stehet nicht stille auf dem Wege. Wer auf dem halben Weg sitzen bleibt, kommt nicht nach Hause. Hütet euch, daß ihr hie nicht zurück sehet, oder euch von den Gnadenmitteln, vom Worte, vom Gebete abkehret; aber bleibt auch nicht auf dem Wege und bei den Mitteln, auch nicht bei guten Rührungen und Bewegungen stehen, daß nicht durch die unfruchtbare Anhörung des Worts eure Herzen versteinert und unempfindlich werden. Gedenket an Lots Weib, die blieb auf dem Wege, und ward zur Salzsäule.
Zwar könnt ihr Gott nicht genug danken, daß ihr vor andern die Mittel und Gelegenheit habt, und auf dem Wege seid; aber verlaßt euch nicht darauf, macht keine falsche Ruhestätte bei und in den Mitteln: Eilet in das kleine Zoar wahrer Buße und göttlicher Traurigkeit hinein, daß eure Seelen lebendig bleiben 1 Mos. 19,20. Werdet recht arm im Geiste, recht klein und gebeugt in euren Augen, (Wie die erste und vornehmste Arbeit des Geistes Gottes ist, daß Er die Menschen durch eine kräftige Ueberzeugung von ihrem großen Sündenelend zu einer tiefen Beugung, redlichen Sinnesänderung und wahren Geistesarmuth bringe, wodurch dieselbe nicht allein von dem falschen Wesen, eigenen Laufen, Selbsthelfen, und von dem falschen Grunde, eigenen Gerechtigkeit, falscher Ruhe und Frieden abgebracht werden, sondern auch zum Sehnen und Hungern, Bitten und Betteln um Gnade erweckt und zum Glauben fähig gemacht werden: so gehet die andere Hauptarbeit des Geistes Gottes dahin, die geistlich Armen durch’s Evangelium in’s Glauben, und in die volle Fülle der blutigen Versöhnung einzuleiten, und allen Abgang des falschen Wesens mit überschwenglichem Reichthum wahrer Gnade zu erstatten. Ja die arm und gläubig gewordenen Seelen immer tiefer in die Geistesarmuth und in’s Glauben hinein zu ziehen, sie darin zu erhalten, und mehr und mehr zu gründen. Und diese, der Vernunft einander widrig scheinenden Dinge, vereinigt der Geist Gottes auf’s Schönste, wie David, der bei seinem freudigen Hüpfen vor dem HErrn sprach: Ich will noch geringer werden denn also, und will niedrig sein in meinen Augen 2 Sam. 6,22, die Armen unter den Menschenkindern werden fröhlich sein im heiligen Israel Jes. 20,19. Alle Abweichungen von dieser lautern Gnadenspur sind gefährlich.) dringet nur ein in dieses kleine Zoar. Und weil ihr selbst nichts vermöget: so bittet den HErrn um diese Gnade, daß ihr in Zoar fliehen möget, daß Er euch wahre Erkenntniß und Bereuung eurer Sünden schenke; so wird euch der HErr auch in diesen Stücken ansehen.
Seid ihr nun wirklich in Zoar, so seid ihr nun schon recht glücklich! denn Gott kann keinen reuigen Sünder, keinen Flüchtling aus Sodom, keine gebeugte Seele mehr verdammen, noch verderben V. 21. Glückselig seid ihr vor allen denjenigen, die in Sodom geblieben, oder da sie angefangen auszuziehen doch wieder umgekehrt, oder stille stehen blieben, und von der Flamme des Zornes Gottes ergriffen worden. Denn bis an das Zoar wahrer Buße reicht diese Glut! da verwandelt es dich in Erbarmen um Christi willen.
So beweint nun, daß ihr euch so lange in Sodom aufgehalten, und euch die fette Aue der Welt, die wie ein Lustgarten aussieht, gefallen lassen, und euch von Abraham oder den Kindern Gottes abgesondert 1 Mos. 19,10. Beweint ferner alle diejenigen, welche in Sodom geblieben, und nicht mit euch ausgehen wollen, welche alle Bußvermahnungen verlacht, oder sich dagegen erbittert haben. Erkennet doch nun, daß es der HErr wahrlich gut mit euch gemeint, aber auch euch bei eurem Verzug ein wenig hart angegriffen hat.
Aber in diesem Zoar ist für eure arme Seele noch keine wahre Ruhe, da ihr mit Lot noch in Furcht und Ungewißheit schweben müßt, nicht rechte Sicherheit habt V. 30. Auf dem Berge, von welchem wahre Hülfe kommt Ps. 121,1, auf dem rechten Felsen müßt ihr euch erretten, daß ihr nicht umkommt, das ist, Christus mit seinen Wundenhöhlen, diese sind eure Steinritzen und Felslöcher, darin allein ist Zuflucht und Errettung für euch; darum so lasset dieß nun euer Loos und Ziel sein: Zoar vergesset niemals, so lange ihr lebet, was der HErr euch bereits gethan hat; es muß beständig in euch ein Gefühl bleiben von dem, was ihr in Zoar erfahren, wie euch der Herr seinen schrecklichen Gerichten entrissen, und wie einen Brand aus dem Feuer gerückt, euch in Gnaden vor seine Gerichte gestellt, und euch eure Sünden und verlornen Zustand aufgedeckt; aber nun fliehet auf diesen Berg, der vor euch liegt, und klettert denselben im Glauben und kindlichem Gebet hinan. Lasset euch nicht die Höhe und Majestät desselben abschrecken, sondern waget es, da euch der HErr hie so eine große Seligkeit versprochen. Diejenige Hand, die euch ergriffen und ausgeführt, wird euch auch hinauf bringen.
Ihr werdet nun freilich erfahren, daß Glauben die wichtigste (Glauben wird der Seele nun die wichtigste Sache, die Erkenntniß Christi ist ihr etwas überschwenglich Großes, dagegen sie alles für Koth, alles für Schaden und Abwege hält Phil. 3,8, sie vergißt das andere alles, es wird ihr fremd; dieß, dieß ist ihr Ziel V. 13. Im Glauben erlangt sie Kraft jes. 40,31, Sieg 1 Joh. 5,4, Ruhe Hebr. 4,3, Herrlichkeit Joh. 11,40, und durch den Glauben ist ihr mit einem Mal aus aller Angst, Unruhe, Elend, Sünde, Fluch und Verdammniß geholfen Matth. 9,22.) und schwerste Sache sei, und daß es recht bergan gehe. Wie manchmal wird euch unmöglich dünken, daß ihr diese hohe Gnade solltet erreichen können. Wie oft wird euch ein Ermüden, oder gar ein Schwindel ankommen, wenn ihr die Tiefe und Höhe, Länge und Breite dieser großen Liebesfülle und des Berges, dessen Lage bis an die Ewigkeit reicht, ein wenig werdet erblicken; allein lasset nicht ab; werdet nicht müde, sehet hinauf auf Jesum den Anfänger und Vollender des Glaubens, es wird alles viel besser und herrlicher werden, als euer armes Herz jetzt noch fassen kann.
Seid ihr endlich auf diesem Berge so weit gekommen, daß ihr Ruhe für eure Seele gefunden; so seid ihr nun wohl recht selig zu schätzen. Ihr habt die Freiheit vom Fluch und Verdammniß erlangt. Wie wenige sind es, die so weit kommen! von manchen mag’s heißen: Ihr liefet fein, wer hat euch aufgehalten?
So herrlich es nun ist, daß ihr heraus seid aus Sodom, und auf dem Berge eine Errettung gefunden; so wisset doch, daß ihr noch einen gefährlichen Feind bei und um euch habt, euer Fleisch und alten Menschen. Leget ihn auf diesem Berge dem HErrn zum Schlachtopfer dar, bindet dem eigenen Willen und Leben Hände und Füße, wie dem Isaak, und opfert ihn dem HErrn auf. Dringet in die Gemeinschaft des Todes Christi, allem abzusterben.
Wachet über eure Seelen, wachet über die erlangte Gnade! Lasset euch nicht durch den süßen Wein der Selbstgefälligkeit und andere Lüste bethören und wieder einschläfern, wodurch eine Befleckung des Geistes, auch wohl des Fleisches entstehen würde. Sehet wohl zu, mit wem ihr umgehet! Wachet, daß euch nicht die alten Gewohnheiten und Sodomssünden wieder erschleichen, daß der Name des HErrn nicht um euretwillen gelästert werde.
Denket auch nicht, als hättet ihr den ganzen Berg erstiegen, der mit seiner Lage bis in die Ewigkeit reichet, sondern gedenket wie viel noch übrig sei. Lasset euch nicht aufhalten, folget treulich der Gnadenleitung, übersteiget einen Hügel nach dem andern, von Thabor auf den Oelberg, vom Oelberg auf den Berg Zion! Nehmet Gnade um Gnade, bis ihr an die selige Himmelspforte gelanget, da ihr auf dem Berge Zion mit den Jungfrauen, die dem Lamme nachfolgen, ewiglich das Lied des Lammes anstimmen Offenb. 14, ja an der Pforte der Ewigkeit schon werdet singen können: ich habe einen guten Kampf gekämpfet, ich habe den Glauben behalten; hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit 2 Tim. 4,7.