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Hofacker, Ludwig - Andachten über das Evangelium nach Matthäus

Matth. 9,2.

Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.

Es hat schon Viele gegeben, die sich lange und ängstlich bemüht haben, ein solches Trostwort in ihrem Herzen zu vernehmen, wie der Heiland eines zum Gichtbrüchigen sprach; sie haben sich abgekümmert und die Vergebung ihrer Sünden nicht glauben wollen, weil sie eigensinnig darauf bestanden sind, es müsse ihnen in ihrem Innern vom Heiland zugerufen werden: „Sei getrost mein Sohn, meine Tochter, deine Sünden sind dir vergeben!“ oder ein anderes ähnliches Wort, und sie haben sich mit diesem Eigensinn manchen Monat, vielleicht manches Jahr unnötiger Weise verkümmert, die sie hätten können in der Freiheit der Kinder Gottes und los vom bösen Gewissen zubringen. Aber darauf sind wir nicht angewiesen. „Gleichwie Moses eine Schlange erhöht hat in der Wüste, so ist des Menschen Sohn erhöht worden, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ So sagt das Wort Gottes. Wir sollen hinaufblicken auf den am Kreuz erhöhten Jesus, und sollen so lang hinaufblicken, bis es uns gegeben wird, zu glauben, dass unsere und aller Welt Sünde dort abgetan sei. Dies ist der Weg, den uns Gott vorgeschrieben hat zu unserer Rechtfertigung vor ihm und zu dem Genuss der neutestamentlichen Gnade, wie es auch in einem alten Lied heißt:

Lass uns in deiner Nägel Mal
Erblicken uns're Gnadenwahl.

Hier liegt die Vergebung der Sünden.

O, wie wohl wird es einem Herzen, wenn ihm gegeben wird, seinen Versöhner im Glauben zu erblicken! Wie brünstig liebend sieht es hinauf an dem treuen Heiland, wie zerflossen setzt es sich hin an den Marterleichnam Christi, und findet in den Wunden des Sohnes Gottes, in seinem blutigen, bleichen Antlitz alle seine Sünden, aber auch die Versöhnung für alle seine Sünden, Gnade und Freiheit! Da wird der Gekreuzigte recht groß und unentbehrlich; man erfasst ihn mit seinen Glaubenshänden immer inniger; man drückt ihn immer liebender an das Herz; man sieht immer deutlicher in seinem Tod den ganzen Reichtum seiner Erbarmungen; man schickt sich immer mehr an, in die Gemeinschaft seines Leidens und Todes einzugehen; man findet Alles in ihm. Das ist die Übung des Glaubens in dieser Welt. So wird die Sünde getötet; so kommt man zur Freiheit der Kinder Gottes; so lebt man in der Versöhnung, in der täglichen Vergebung der Sünden, weil man in Christo lebt, und Christus ist die Vergebung der Sünden.

Weg, mein Herz, mit dem Gedanken, Als ob du verstoßen wärst! Bleib' in Gottes Wort und Schranken, Da du anders reden hörst. Bist du bös und ungerecht, Ei, so ist Gott fromm und schlecht. Hast du Zorn und Tod verdient: Sinke nicht, Gott ist versühnt.

Matth. 22,2.3.

Das Himmelreich ist gleich einem Könige, der seinem Sohne Hochzeit machte, und sandte seine Knechte aus, dass sie die Gäste zur Hochzeit riefen: und sie wollten nicht kommen.

Wenn der König nicht nur seinen Sohn dahingibt für uns aus unbeschreiblicher Liebe, sondern auch noch einmal über das andere uns rufen, bitten, inständig bitten lässt, dass wir doch möchten nicht unser eigenes Verderben, sondern das Leben wählen was wäre unsere Pflicht? Offenbar das, dass wir diesem Ruf, den der König durch seine Knechte, aber nicht nur durch seine Knechte, sondern noch viel öfter durch seinen Geist in unserm Innern, durch allerhand Schickungen, durch die Stimme der Weisheit auf der Gasse an uns kommen lässt, Folge leisten, dass wir uns wirklich aufmachen und uns anschicken, zum Hochzeitmahl zu gehen; dies wäre unsere Pflicht. Wie betrübend muss es für den Heiland sein, wenn seine Gnadenmittel, die er so sauer verdient hat, und die er nun der Welt, der armen Welt einmal um das andere antragen lässt, geringgeschätzt, wenn die Stimme seiner Boten in den Wind geschlagen und seiner Gnade das Nichtige weit vorgezogen wird von den Seelen, die er so gern selig hätte! Der Apostel Jakobus sagt: „siehe der Arbeiter Lohn, der von euch abgebrochen ist, das schreiet; und das Rufen der Ernter ist gekommen vor die Ohren des HErrn Zebaoth“ (Jak. 5, 4.). Dies meint er von irdischen Arbeitern, von einem irdischen lohn. Aber welch eines viel größeren Gerichts wird der schuldig sein, welcher dem König aller Könige den Lohn seiner Schmerzen, den Lohn seiner Todesarbeit entzieht, nämlich sich selber, und diejenigen, welche diesen Lohn einfordern sollen, schnöde von sich weist! Das wäre also unsere heiligste Pflicht, das unsere Schuldigkeit, dass wir schon oft und viel und auch heute Geladenen Ade sprächen: ja wir wollen kommen, wir wollen uns bekehren, wir wollen den HErrn suchen, und dass man es dann nicht bloß sagte, sondern dass man auch anfinge, dass man sich auf seine Knie niederwürfe vor dem Heiland, dass man auch umkehrte von seinen verkehrten Wegen, vom Geiz, von der Liederlichkeit, von den faulen Geschwätzen, dass man sich auch herzlich nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit ausstreckte.

Ach Gott, vom Himmel, sieh' darein
Und lass dich des erbarmen;
Wie wenig sind der Heil'gen dein,
Verlassen sind wir Armen.
Dein Wort man lässt nicht haben wahr,
Der Glaub' ist auch verloschen gar
Bei allen Menschenkindern.

Matth. 22,11.

Da ging der König hinein, seine Gäste zu besehen, und sah allda einen Menschen, der hatte kein hochzeitlich Kleid an.

Errettet werden wollen, ist was wir sollen. Gott zwingt uns nicht. Wir müssen unsern Willen dazu hergeben, und seinem Ruf und Zug folgen; wir müssen den Weg zur Seligkeit antreten, sonst kommen wir nie zum Ziel. Aber mit solch einem ersten Anfang ist es eben noch nicht ausgerichtet. Im Vorzimmer des Königs geht etwas vor, das man sich auch muss gefallen lassen, wenn man als ein würdiger Gast zu Tische sitzen will. Der König hat die Art an sich, dass er seine Gäste nur in feinen, des Königs, Kleidern sehen will. Zu dem Ende hat er die Einrichtung getroffen, dass im Vorzimmer des Hochzeitsaals herrliche königliche Kleider bereit liegen, die von den Gästen angezogen werden müssen, nachdem sie ihre eigenen mitgebrachten Kleider ausgezogen haben. Wenn dann der König hineingeht, die Gäste zu besehen, so schaut er mit seinen feuerflammenden, Alles durchdringenden Augen vorzüglich in der Absicht auf die Gäste umher, um zu sehen, ob sie auch alle in seinen königlichen Schmuck gekleidet seien. Wenn wir nun dies Alles ohne Bild und Gleichnis sagen sollen, so heißt es ungefähr so viel: es ist nicht genug, dass man anfänglich eine Willigkeit zeigt, dem Ruf der Knechte zu folgen; es muss auch eine Willigkeit da sein, sich allem dem zu unterwerfen, was zur Zubereitung auf die selige Ewigkeit gehört. Es ist wahr, der Heiland hat uns die Seligkeit erworben; aber er hat uns nicht nur diese erworben, sondern auch die unaussprechliche Gnade, dass wir können durch den Glauben an ihn gereinigt und vorbereitet und würdig gemacht werden zum Gastmahl des Königs. Was meint ihr? Meint ihr, der Heiland wolle Säue und Wölfe und Bären an seinem Tisch haben, welche Naturen doch an dem unbekehrten Menschen nicht selten sichtbar sind? Solche Naturen würden auch gar keine Freude am Tisch des Heilandes haben, sondern Langeweile. Wenn unser irdischer König heute einen verlaufenen Bettelknaben an Kindesstatt annähme, meint ihr, man werde ihn in seinen zerlumpten Kleidern, in seinem Schmutz, mit seinen anerlernten Unarten an die königliche Tafel sitzen lassen? Nein, vorher wird er gereinigt, gewaschen, gekämmt; seine Kleider werden ihm ausgezogen; er wird mit königlichen Kleidern bekleidet; er wird in der Hofsitte unterrichtet; dann erst ist er tüchtig, sich seiner Kindesrechte zu gebrauchen.

Herzog unsrer Seligkeiten,
Zeuch uns in dein Heiligtum,
Da du uns die Statt bereiten
Und zu deines Namens Ruhm
Als deine Erlösten siegprächtig willst führen!
Lass unsere Bitte dein Herze jetzt rühren;
Wir wollen dem Vater zum Opfer dastehn
Und mit dir durch Leiden zur Herrlichkeit gehn!

Amen.

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