Herbst, Ferdinand - Mein Freund ist mein - 7. Kap. 4, 1-7.

Herbst, Ferdinand - Mein Freund ist mein - 7. Kap. 4, 1-7.

“Siehe, meine Freundin, du bist schön! siehe, schön bist du! Deine Augen sind wie Taubenaugen zwischen deinen Zöpfen. Dein Haar ist wie die Ziegenherden, die beschoren sind auf dem Berge Gilead. Deine Zähne sind wie die Herde mit beschnittener Wolle, die aus der Schwemme kommen, die allzumal Zwillinge tragen, und ist keine unter ihnen unfruchtbar. Deine Lippen sind wie eine rosinfarbene Schnur, und deine Rede lieblich. Deine Wangen sind wie der Ritz am Granatapfel zwischen deinen Zöpfen. Dein Hals ist wie der Turm Davids, mit Brustwehr gebaut, daran tausend Schilde hangen und allerlei Waffen der Starken. Deine zwei Brüste sind wie zwei junge Rehzwillinge, die unter den Rosen weiden. Bis der Tag kühle werde, und der Schatten weiche, will ich zum Myhrrenberge gehen und zum Weihrauchhügel. Du bist allerdings schön, meine Freundin, und ist kein Flecken an dir.“

Im letzten Abschnitt betrachteten wir den Brautzug oder feierlichen Einzug Sulamiths in Jerusalem, wie sie in einer von Salomo gesandten, prachtvoll ausgestatteten Sänfte durch die Wüste getragen wurde, in eine gerade aufsteigende Weihrauchwolke gehüllt, geschützt von 60 bewaffneten Helden aus der Leibgarde des Königs. Und als sich der stattliche Zug der Hauptstadt naht, siehe, da kommt aus derselben der König heraus in festlichem Schmuck, mit der Krone auf dem Haupte, um seine Braut zu begrüßen. Herrlicher Festzug! Ein treffliches Bild von dem Zug der Braut Jesu durch die Wüste dieser Welt hin nach dem himmlischen Jerusalem, aus welchem ihr der himmlische Bräutigam in großer Kraft und Herrlichkeit entgegenkommen wird, um sie zur Hochzeitsfeier zu führen. Jetzt hören wir

Eine Beschreibung der Schönheit der Braut aus dem Munde des Bräutigams.

„Siehe, meine Freundin, du bist schön; siehe, schön bist du,“ so sagt auch der Herr Jesus zu seiner Gemeinde. Die Welt redet freilich ganz anders; die sagt: Was sind doch diese Frommen für Leute! Nichts ist's mit ihnen, Heuchler sind sie, die schlechtesten Menschen sind sie; man muss sich ihrer schämen! Die Welt hat die Apostel, die allerbesten und edelsten Christen, für ein Fegopfer geachtet, d. i. für Auskehricht, für etwas, das man hinauswirft, ja für Schlachtschafe, also für Leute, die nicht mehr wert sind, als dass man sie abschlachtet. Gottlob, dass der Herr Jesus anders denkt. Er hat seine herzliche Freude und inniges Wohlgefallen an seiner Gemeinde; er sagt: „Siehe, meine Freundin, du bist schön.“ Freilich ist hier die Schönheit der Braut am Tage der Hochzeit gemeint, wenn also das Werk der Heiligung vollendet ist, wenn in Erfüllung gegangen, was Paulus sagt: „auf dass Er sie Ihm selbst darstellte, eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas, sondern dass sie heilig sei und unsträflich.“ Jetzt hat die Braut Jesu noch viele, viele Flecken und Mängel, und die Welt hat leider oft recht, wenn sie dies und jenes über die Christen sagt; aber an jenem Tage wird sie in vollendeter Schönheit dastehen vor dem Angesicht ihres himmlischen Bräutigams. Der Heilige Geist ist unablässig bemüht, die Braut Jesu zu reinigen, sie schön und herrlich zu machen, und wird nicht ruhen, bis sein Werk vollendet ist. Es ist mit einer jeden einzelnen Seele ebenso. Wenn wir zu Jesu kommen, sind wir nicht schön, sondern sehr hässlich und abscheulich. Leiblich mögen wir vielleicht schön sein und von manchen bewundert werden, aber unter der lieblichen Maske können wir eine recht hässliche Seele haben. Doch wir dürfen zu Jesu kommen, wie wir sind; wir brauchen und sollen uns nicht selber schön zu machen suchen. Aber dann müssen wir uns auch in die Zucht des Heiligen Geistes begeben und uns von Ihm schön machen lassen, Christo ähnlich, demütig, sanftmütig, weise, heilig, liebevoll, geduldig. Wir sollen nachjagen dem himmlischen Kleinod der Jesusähnlichkeit, hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, anziehen das hochzeitliche Kleid: herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld, Versöhnlichkeit, Liebe, den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit, damit der Heiland, wenn er uns an jenem Tage sieht, sagen kann: Wie schön bist du doch jetzt, du liebe Seele, wie sind doch jetzt die hässlichen Sündenflecken alle dahin, wie gut passt du jetzt an meine Seite, unter die Scharen meiner Engel, in die Stadt mit den goldenen Gassen. „Siehe, meine Freundin, du bist schön; siehe, schön bist du!“ O der Herr gebe, dass wir alle so schön werden in den Augen des Herrn Jesu.

Nun eine Beschreibung der Schönheit der Braut im Einzelnen. Voran steht diejenige ihrer Augen. Liebliche Augen sind ja ein Hauptmerkmal der Schönheit. „Deine Augen sind wie Taubenaugen zwischen deinen Zöpfen.“ Es ist etwas Erquickendes, einer Taube ins Auge zu sehen, denn aus demselben blickt uns eine merkwürdige Einfalt und Lauterkeit entgegen. Ebenso ist es mit dem Auge des Christen; es spiegelt sich darin Lauterkeit, Wahrhaftigkeit, Offenheit, Einfalt. Während einer, dessen Herz noch mit bösen Tücken umgeht, einen scheuen, finstern, stechenden Blick hat, ein Kainsauge, das dem Nächsten nicht frei ins Angesicht sehen kann, so hat der begnadigte Christ, der sein Herz hat reinigen lassen im Blute Jesu, dessen Inneres eine Wohnung des Heiligen Geistes geworden ist, der Frieden mit Gott gefunden und seinen Nächsten aufrichtig lieb hat, ein Taubenauge. Wir wollen nicht zu weit darin gehen und keine zu sicheren Schlüsse darauf bauen, aber oft kann man es einem Kinde Gottes doch schon an den Augen ansehen, dass es ein solches ist. „Deine Augen sind wie Taubenaugen zwischen deinen Zöpfen.“

Zur Schönheit der Augen kommt diejenige des Haares. Auch sie ist ein Erfordernis leiblicher Schönheit. „Dein Haar ist wie die Ziegenherden, die beschoren sind auf dem Berge Gilead.“ „Beschoren“ heißt nach der Grundsprache eigentlich so viel als „sich lagern“. Es ist an eine schwarze Ziegenherde gedacht, welche an dem hohen, fast senkrecht aufsteigenden Berge Gilead hingelagert ist und so das Aussehen der Landschaft verschönert. Ähnlich verhält es sich mit den schwarzen Locken der Braut, welche von ihrem Haupte auf den Nacken herabwallen. Lange Haare sind aber, wie der Apostel sagt, für das Weib eine Ehre; sie sind ihr zur Decke gegeben und ein Zeichen ihrer Unterwürfigkeit. Wir werden also wohl in dem schönen, lang herabwallenden Haare der Braut ein Sinnbild ihres Gehorsams erblicken dürfen. Jedenfalls ist eine Christenseele gehorsam. Von Natur sind wir das Gegenteil und machen damit andern unsäglich viel Mühe und Arbeit. Die Kinder sind ungehorsam gegen die Eltern und bereiten ihnen dadurch unendlich viel Herzeleid. Die Frauen sind ungehorsam gegen ihre Männer, wollen überall den eigenen Kopf durchsetzen und verbittern dadurch den Männern manche Stunde und manchen Tag. Die Dienstboten sind ungehorsam gegen die Herrschaft, die Untergebenen gegen die Vorgesetzten und die Untertanen gegen die Obrigkeit, die Schüler gegen die Lehrer, die Gemeindeglieder gegen die Seelsorger; kurz auf allen Gebieten herrscht der leidige Ungehorsam, überall ist der ungehorsame Adam und die ungehorsame Eva zu finden. Das ist eine unserer Hauptsünden. Die Braut Jesu aber hat den Sinn und Geist ihres Bräutigams, der gehorsam war in allen Lagen, gehorsam als Kind gegen die Eltern, gehorsam als Untertan gegen die Obrigkeit, gehorsam vor allem gegen den himmlischen Vater. Diesen Geist des Gehorsams lässt sich eine wahrhaft fromme Seele schenken. Das christliche Kind ist gehorsam gegen die Eltern, die christliche Frau ist gehorsam gegen den Mann, der christliche Untertan ist gehorsam gegen die Obrigkeit, der christliche Zuhörer ist gehorsam gegen den Seelsorger nach dem Spruch: „Gehorcht euern Lehrern und folget ihnen.“ Und o wie schön ist das! Ja, ein gehorsames Herz ist ein lieblicher Schmuck. Was ein langes schönes Lockenhaar in Bezug auf körperliche Schönheit, das ist der Gehorsam für die Braut Jesu. „Dein Haar ist wie die Ziegenherde, hingelagert auf dem Berge Gilead.“

Es folgt eine Beschreibung der Zähne und Lippen. Beide wollen wir zusammennehmen, denn sie werden sich wohl gemeinsam auf die Rede beziehen, wie hernach auch hinzugefügt ist: „Deine Rede ist lieblich.“ Wenn es nun heißt: „Deine Zähne sind wie die Herde mit beschnittener Wolle, die aus der Schwemme kommen, die allzumal Zwillinge tragen, und ist keine unter ihnen unfruchtbar,“ so geht dies wohl auf die Fruchtbarkeit der Rede. Eines Christen Rede ist anregend, sie wirkt etwas, sie kommt nicht leer zurück, fällt nicht unnütz zur Erde. „Keine unter ihnen ist unfruchtbar,“ welch ein tröstliches Wort. Kein Zeugnis eines Christen, das vom Heiligen Geist begleitet ist, wird umsonst sein. Darum nur den Mund aufgetan, du Christ, du Christin, sprich nicht: Es hilft ja doch nichts, sondern sei überzeugt, ein rechtes geistgesalbtes Zeugnis ist niemals ganz erfolglos. Ja „sie tragen allzumal Zwillinge“, sagt unser Text, was auf eine reiche Fruchtbarkeit hindeutet. O wie viel Frucht trägt oft eine Predigt oder ein Traktat, ja ein einziges Wort! Und auch das hat seine Bedeutung, dass die Zähne mit Schafen verglichen werden, die eben aus der Schwemme kommen. Es ist nichts Unsauberes in eines echten Christen Rede, nichts Schmutziges, Faules; sie ist holdselig, lieblich, angenehm wie der Anblick einer soeben gewaschenen Schafherde.

Das andere Bild geht wohl auf die Frische der Rede. „Deine Lippen sind wie eine rosinfarbene Schnur,“ sie sind also nicht blass und abgelebt, sondern frisch und rot. So soll die Rede eines Christen sein, frisch wie rote Lippen. Wie matt und tot, wie trocken und farblos ist die Rede so mancher Menschen, auch solcher, die fromm sein wollen; es ist nichts Wohltuendes, nichts Erquickendes, Erweckliches und Erbauliches in ihr enthalten, sie hat vielmehr etwas Erschlaffendes und Tötendes. Ja die Rede eines Narren, sagt Salomo, ist wie eine Last auf sandigem Wege. Ach wie ermüdend ist es, wenn man stundenlang leeren Geschwätzen zuhören muss! Aber auch die Reden von uns Predigern sind leider nicht immer so erfrischend und erquickend, als es sein sollte. der Herr gebe doch uns und allen seinen Gläubigen Lippen, die wie eine „rosinfarbene Schnur“ sind!

An die Beschreibung der Lippen schließt sich naturgemäß die der Wangen an. „Deine Wangen sind wie der Ritz am Granatapfel zwischen deinen Zöpfen.“ Der Granatapfel ist innen rot; rote Wangen sind aber ein Zeichen jugendlicher Frische und Gesundheit. Ja, die Braut Jesu hat auch etwas Jugendliches an sich. Die Gnade macht den Menschen jung und erhält ihn so. Wenn einer auch schon ein Greis ist, die Gnade belebt seinen Geist aufs Neue, dass er wieder ein Jüngling wird; je mehr der Geist Gottes ihn erfüllt, desto mehr verjüngt sich seine Seele. Und das bleibt so bis in die Ewigkeit hinein. Die Seligen werden nie alt; im Himmel ist ewige Jugend. O das ist nicht eine der geringsten Gnadengaben des Herrn, ewige Jugend; strebt danach, ihr jungen Leute! Eure roten Wangen bleichen, wie die Rosen verblühen und die Kränze welken, eure Jugend enteilt unaufhaltsam; ehe ihr euch besinnt, seid ihr alt. Ach wie seid ihr dann zu bedauern, wenn mit dem welkenden Leib auch euer Gemüt und Geist seine Frische und Kraft verliert! Und ihr alten Leute, die ihr voll Widerwärtigkeit geworden, die ihr mit allem unzufrieden seid und nichts als klagen könnt über undankbare, schlechte Menschen, o sucht wieder jung zu werden durch die Gnade Gottes in Jesu; Jesus kann euern Mund fröhlich machen, dass ihr wieder jung werdet wie ein Adler. Seht jenen 120 jährigen Greis an, wie er rüstig ganz allein den steilen Nebo hinan steigt; seine Augen sind nicht dunkel geworden und seine Kraft ist nicht verfallen, ihr wisst, es ist Moses das war ein jugendlicher Greis, weil er in Gott lebte. der Herr schenke uns auch solche ewige Jugendfrische, die das Welken des Leibes, ja selbst Tod und Grab überdauert; Er gebe, dass wir solche Wangen bekommen, die da sind wie „der Ritz am Granatapfel!“

Was soll nun aber das folgende Bild? „Dein Hals ist wie der Turm Davids mit Brustwehr gebaut, daran 1000 Schilde hangen und allerlei Waffen der Starken?“ Allerdings kann man den mit Ketten und allerlei Zierrat geschmückten Hals einem mit Schilden behangenen Turm vergleichen. Was liegt aber darin für eine geistliche Bedeutung? Lasst mich nur kurz auf Ephes. 6 hinweisen, wo geschrieben steht, dass Christen angetan sein müssen mit dem Harnisch Gottes, damit sie alles wohl ausrichten und das Feld behalten. Denn sie haben es mit einem starken und mächtigen Feind zu tun, mit Fürsten und Gewaltigen, mit den Herren der Welt, nämlich mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Da muss der Hals der Braut Jesu allerdings einem Turm gleichen, mit Brustwehr gebaut, sie muss ein tapferes Wort zu sprechen, sich und ihren Glauben zu verteidigen wissen. Sie muss auch den „Schild“ haben, mit dem man auslöschen kann alle feurigen Pfeile des Bösewichts, den Schild des Glaubens, und „allerlei Waffen der Starken“, den Panzer der Gerechtigkeit, den Helm des Heils und insbesondere das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. So soll die Braut Jesu dastehen, gepanzert, bewaffnet, bereit für ihren Glauben einzustehen, die Wahrheit zu verteidigen bis in den Tod. Das ist nicht der geringste Zug der Schönheit der Braut. Der Herr gebe, dass wir alle, soweit wir Ihm angehören, solche gerüstete Streiter werden; Er gebe, dass seine Braut sich wappne für den bösen Tag des letzten Kampfes, der bald anbrechen wird!

Es folgt nun der Schluss der Beschreibung der Schönheit Sulamiths. Dieser letzte Zug scheint aber so sinnlicher Art zu sein, dass manche Gemüter Anstand nehmen möchten, die Worte zu lesen oder zu hören. Aber seid getrost, auch hier stehen wir auf durchaus reinem und heiligem Boden; auch hier redet nicht ein fleischlich sinnlicher, sondern der Heilige Geist. Auch dieser Vers enthält eine köstliche Wahrheit, ja ich möchte sagen, einen unentbehrlichen Zug der Schönheit der Braut Jesu. Er lautet: „Deine zwei Brüste sind wie zwei junge Rehzwillinge, die unter den Rosen weiden.“ Also den mit Rosen besteckten Busen vergleicht Salomo mit einer blumigen Aue, auf welcher zwei junge gleich große Gazellen grasen. Was ist die geistliche Bedeutung? Die Brust ist in der Schrift ein Sinnbild des Trostes. Wenn das weinende Kind an der Brust der Mutter liegt, wird es stille. So ist die Kirche des Herrn wie eine liebevolle Mutter, die ihre weinenden Kinder tröstet, indem sie sie nährt mit der vernünftigen und lauteren Milch des Evangeliums, wie der Prophet Jesaias sagt: „Ihr werdet saugen und satt werden an den Brüsten ihres Trostes.“ Zwei solche Trostbrüste, wie junge Rehzwillinge, die unter Lilien weiden, sind das Alte und Neue Testament. welch eine Fülle von Trost und köstlicher kräftiger Nahrung kann die Kirche des Herrn ihren Kindern daraus reichen! Diese Trostquellen versiegen nie. Und noch zwei andere Trostbrüste, die ebenfalls zwei jungen Rehzwillingen gleichen, die unter Lilien weiden, sind die zwei Sakramente, Taufe und Abendmahl. Ja auch diese heiligen Handlungen sind unerschöpfliche Trostquellen für alle gnadehungrigen Seelen. Die Kinder Gottes unter uns werden gewiss alle schon unaussprechlich viel Trost empfangen haben, namentlich durch die Feier des heiligen Abendmahls. Ihr Mühseligen und Beladenen, eilet immer wieder zu diesen unerschöpflichen Trostquellen, Wort und Sakrament, legt euch wie weinende Kinder an diese Trostbrüste, sauget und werdet satt. - Und sucht doch selbst auch rechte Tröster für andere zu werden. Paulus sagt, er sei mütterlich gegen die Thessalonicher gewesen, gleichwie eine Amme ihre Kinder pflegt. Und an die Korinther schreibt er, dass er von Gott getröstet worden sei, damit er auch trösten könne, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, damit er getröstet wurde von Gott. Je mehr wir in die Schule der Trübsal geschickt werden und die Tröstungen Gottes am eigenen Herzen erfahren, desto bessere Tröster werden wir für andere werden. Der Heilige Geist selbst wird ein Tröster genannt; lasst uns doch auch recht geistgesalbte Tröster zu werden suchen! Tröstet, tröstet mein Volk, spricht der Herr, euer Gott. wie köstlich ist auch dieser Zug in der Beschreibung der Schönheit der Braut Jesu: „Deine Brüste sind wie zwei Rehzwillinge, die unter Rosen weiden!“

So ist es denn eine siebenfache Schönheit, die an der Braut Jesu gerühmt wird; möge auch unsere Seele mehr und mehr mit derselben geschmückt werden, dass Jesus an uns Wohlgefallen finden könne!

Hört nun noch kurz die Antwort der Braut auf diese Beschreibung ihres Bräutigams. „Bis der Tag kühle werde, und der Schatten weiche, will ich zum Myrrhenberge gehen und zum Weihrauchhügel.“ Ihren Hochzeitstag will sie also nicht in übermütiger Lust, sondern in stiller Sammlung zubringen, auf dem Myrrhenberg und Weihrauchhügel. Hier will sie sich beugen über das empfangene Lob ihrer Schönheit und beten, dass Gott sie desselben würdig mache. Das muss auch unsere Antwort sein, wenn der Herr uns gnädig zugetan ist und etwas Gutes und Liebliches an uns findet. Wir sollen uns nicht darüber erheben und denken, wir seien nun fromm und dürften die andern verachten, sondern sollen auf den Myrrhenberg der Buße gehen. „Wenn Er dich lobt, so bücke dich,“ sagt der selige Zinzendorf. Und auf den Weihrauchhügel des Gebets, das Wohlgefallen des Herrn soll uns treiben, zu bitten, dass wir desselben doch auch würdig werden möchten. Die Liebe Jesu soll uns also in die Demut und ins Gebet treiben so soll's bleiben, „bis der Tag kühle wird und der Schatten weicht,“ das ist bis ans Ende unseres Lebens, allezeit. Nie dürfen wir den Myrrhenberg und den Weihrauchhügel verlassen. Es gibt Christen, die vom Myrrhenberg der Buße heruntergehen und in einen pharisäischen Stolz und Richtgeist hineinkommen. dadurch leidet das innere Leben großen Schaden. Und wenn wir den Myrrhenberg verlassen, kommen wir auch von Weihrauchhügel weg; wo keine Buße mehr ist, wird auch das Gebetsleben aufhören und dann ist's aus mit der Schönheit! Darum sei dies unser aller Entschluss und Gelübde: „Bis dass der Tag kühle werde und die Schatten weichen, will ich auf den Myrrhenberg gehen und zum Weihrauchhügel.“ Und die Antwort Jesu wird dann sein: „Du bist allerdings schön, meine Freundin, und ist kein Flecken an dir.“ Amen.

(Melodie: „Ringe recht.“)

Bis die letzte Nacht der Erde
Endet meine Pilgrimschaft,
Bis ich angetan sein werde
Mit des neuen Lebens Kraft,
Will zum Myrrhenberg ich gehen,
Sinke dir zu Füßen da
Auf den blutgetränkten Höhen
Des geweihten Golgatha;
Will ich gehn zum Weihrauchhügel,
Wo dein Volk Lobopfer bringt;
Beten will ich! Gib mir Flügel,
Dass es durch die Wolken dringt.

Auf dem Myrrhenberg erneue,
Schau an deinem Kreuz ich Dich,
Meine Buße, meine Reue,
Immer, immer wieder sich.
Auf dem Weihrauchhügel quille
Balsam wider solchen Schmerz
In der Dir geweihten Stille
Immer wieder in das Herz.
Dahin, dahin will ich gehen!
Und es finde jeder Tag
Deine Braut auf diesen Höhen,
Dass sie Dir gefallen mag.

Bis die Erdenschatten fliehen,
Himmelslüfte mich umwehn,
Will zum Myrrhenberg ich ziehen
Und zum Weihrauchhügel gehn.

(Jahn.)

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