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Heliand - 04 - Des Johannes Geburt

Heliand - 04 - Des Johannes Geburt

Gottes Macht ward nun offenbar,
seine große Kraft. Die Gattin ward gesegnet,
die alternde Ehfrau. Ein Erbwart sollt' ihm,
gar ein göttlicher, gegeben werden,
ein Sohn in die Säle. Die Entscheidung noch
erwartete das Weib; der Winter schritt fort,
das Jahr ergänzte sich. Johannes kam
an der Leute Licht. Der Leib war ihm schön,
glänzend die Haut, Haare und Nägel,
und wonnig die Wangen. Da kamen werte Männer
zusammen, sinnige, an Sippe die nächsten,
sehr erstaunt, wie es geschehen konnte,
daß von zwei so Alten erzeugt mochte werden
und geboren ein Kind, wenn es Gottes Gebot
nicht selber sei; auch sahen sie wohl,
daß es anders so wonnig nicht werden konnte.

Da fragt' ein Erfahrener, der vieles verstand,
weise von Wort und witzig von Sinn,
genau fragt' er nach, wie sie nennen das Kind
wollten in dieser Welt. „An seiner Weise dünkt mich,
seiner Gebärde dabei, es ist besser als wir.
Drum glaub ich gänzlich, daß es Gott vom Himmel
uns selber sandte.“ Schleunig begann da
des Kindes Mutter, die den Knaben hielt,
den Gebornen, am Busen: „Uns kam Gottes Gebot
vorigen Jahres: zuvörderst gebot er uns,
daß er Johannes heißen sollte
nach Gottes Anordnung, was ich aus eignem Sinn
nicht zu ändern wage, wenn ich entscheiden soll.“

Da begann ein Übermütiger, der ihr verwandt war:
„Also hieß nie einer der Edelgebornen
unsres Stamms und Geschlechts; ersehn wir einen andern
genehmern Namen, daß er ihn nehme, wenn er darf.“
Da sprach der Weise wieder, der wohl zu reden wußte:
„Das rat' ich nimmer der Recken einem,
daß er Gottes Wort zu wenden sinne;
Sondern fragen wir den Vater, den erfahrenen Mann,
der da sitzt in seinem Saal. Mag er gleich nicht sprechen,
doch mag er mit Buchstaben ein Blatt bezeichnen
und den Namen schreiben.“ Da ging er näher,
legt ihm ein Blatt in den Schoß und bat inständig,
mit einem Worte seinen Willen zu bezeichnen,
wie das heilige Kind heißen sollte.
Er nahm das Blatt in die Hand und dacht' im Herzen
inniglich an Gott: den Namen Johannes
schrieb er weislich und sprach auch das Wort
klar und verständlich, hatte der Sprache Gewalt
wiedererworben. Hinweg war die Strafe,
die harte Harmbescherung, die ihm der heilige Gott,
der mächtige, zugemessen, daß er in seinem Gemüt
Gottes nicht mehr vergäße, wenn er ihm seinen Jünger sendete.''

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