Hauser, Markus - Der Gnadenthron
“Lasset uns hinzugehen mit freudiger Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden zur Hilfe in rechter Zeit.“
Hebr. 4,16
In diesem Verse treten uns vier Gedanken entgegen: erstens es gibt einen Gnadenthron. Zweitens: es ergeht eine Aufforderung an uns, diesem Gnadenthron zu nahen. Drittens wird gesagt wie wir kommen sollen: mit freudiger Zuversicht. Und viertens wird uns der Zweck des Kommens angegeben: damit wir Barmherzigkeit erlangen - und Gnade finden, - zur Hilfe in rechter Zeit.
I. Was wir unter dem Gnadenthron zu verstehen haben
Es ist uns damit gesagt, dass der gekreuzigte und von den Toten auferstandene Jesus auf Seinem Thron auf uns wartet. In alle Landen sollen Seine Boten ausgehen, allen Menschen soll gepredigt werden: Die Handschrift ist zerrissen, den finsteren Hoheiten und Gewalten ist die Rüstung ausgezogen, ihr seid frei, tretet her zu mir und nehmt mit Freuden die Erlösung in Besitz. Christi Zeugen richten mutig die Gnadenbotschaft aus und der Herr steht in Erwartung.
Er sieht den Kommenden entgegen. Heere von Evangelisten sind ausgezogen mit der Freudenkunde: Gott ist mit uns, wir sind erlöst, unser Seligmacher harret unser, kommet denn es ist alles bereit. Welche Wirkung wird ihr Zeugnis haben? Dürfen sie auf Erfolg zählen? Wird der in Erwartung stehende Heiland der Welt Scharen von Sündern auf sich zukommen sehen, damit Er Sein Heil ihnen schenke? Ein Sprichwort sagt: Alle Wege führen nach Rom.
Wir möchten jetzt sagen: Zum Gnadenthron hin führen so viele Wege, als Menschen auf Erden sind. Du kannst zum Gnadenthrone nahen, wo immer du bist. Aus deinem Elend heraus gibst einen gebahnten Weg zum Gnade. Immer wieder überrascht uns die Tatsache, dass der Herr über keinem Sünder den Stab bricht. Einst kommt Er als Richter der Welt; heute aber breitet Er Seine Gnadenarme nach dir aus. Da und dort tönt es im Herzen eines verlorenen Sohnes: Heim, heim ich muss zurück ins Vaterhaus. Er ist im innersten Ergriffen! Jesus zieht ihn hin zum Gnadenthrone. Verspürst du den Zug zum Sünderheiland hin? Er verstösst keinen, Er ist mächtig, die Tiefstgesunkenen auf den göttlichen Boden zu stellen. Dies bezeugt folgende Geschichte.
In einem englischen Dorfe sassen an einem Sommerabend mehrere Christen vertraut um ihren Pastor her und erzählten sich von den verschiedenen Wegen, auf welchen die Gnade Gottes an ihr Herz gekommen war und sei zum Leben im Glauben des Sohnes Gottes gebracht hatte. Unter ihnen befand sich auch noch ein jüngerer Mann im Rock eines Soldaten und hörte mit tiefen Schweigen zu. Da forderte der Pfarrer, der mit seiner Geschichte etwas bekannt war, ihn auf auch einmal aus seinem Leben ein Zeugnis für das wunderbare Walten der göttlichen Gnade hören zu lassen. Er bedachte sich lange; die andern drangen aber mit Bitten und Zureden so kräftig an ihn, dass er zuletzt einwilligte. Meine Jugend war in den ersten Jahren eine schöne, selige Zeit. Ich war das einzige Kind meiner Eltern und wurde von ihnen, die den Herrn Jesus von Herzen lieb hatten, von frühe an mit treuster Sorgfalt überwacht und erzogen. Kein Tag brach an und keiner ging zu Ende, ohne dass mit mir beteten, sie sagten mir vom Heiland und was Er in Seiner grossen Liebe für uns Menschen getan und gelitten hatte und unterwiesen mich in allem, was eine Kinderseele vor dem Argen bewahren und im guten erhalten und fördern kann. Später aber mussten sie zu ihrem grossen Leid, dass ich ihren Ermahnungen trotzig widerstrebte und den Einflüsterungen meinen bösen Herzens und den Lockungen schlimmer Kameraden ein um so offeneres Ohr schenkte. Sie hielten an mit Bitten, Mahnen und Strafen, sie beteten für mich, ich sah sie über mir weinen, aber das alles steigerte nur meine Widersetzlichkeit und ich geriet immer tiefer in ein wildes, sündiges Treiben hinein. Zuletzt war es mir im Elternhaus so wenig mehr wohl, dass ich daraus fort lief und mich zum Militär anwerben liess. Noch einmal streckte mein Vater seine Hand nach mir aus, indem er sich, als ich England verlassen sollte, anbot mich loszukaufen und kniend beschwor mich meine Mutter, sie doch nicht zu verlassen. Ach mein Sohn, mein einziges Kind, rief sie mit Tränen, brich doch deiner Mutter das Herz nicht und rufe nicht Gottes Fluch auf dein Haupt herab. Aber ich bleib bei meinem Vorhaben. Nicht als ob ich keine Liebe mehr zu meinen Eltern gehabt hätte, aber ihre Frömmigkeit - die hasste ich und um mich ihrem Einfluss zu entziehen, ging ich von ihnen. Mein Weggehen war für das zuvor schon verwundete Mutterherz ein zu harter Schlag, wenige Tage danach starb sie. Ihre letzte Worte waren noch ein fürbittendes Seufzen für ihr missratenes Kind.
Wir gingen zu Schiff um in unseren amerikanischen Kolonien einen dort liegenden Regiment eingereiht zu werden. Als wir auf der offenen See waren, wollte ich mal unten aus meinem Mantelsack etwas herausholen und fand hier eine kleine Bibel. Meine Mutter hatte sie in zarter Sorge um die Seele ihres unglücklichen Sohnes heimlich da hinein gesteckt. Und ich? Ach, voll Wut über den Anblick des mir so verhassten Buches, lief ich auf das Verdeck und warf es, so weit ich konnte ins Meer hinaus.
Wir kamen zum Regiment und jetzt warf ich allen Zwang von mir und überlies mich jeder Sünde. Heute noch überkommt mich ein Zittern, wenn ich an die Menge und Grösse meiner damaligen Übeltaten denke. Keinen Augenblick dachte ich an die Folgen eines solchen Lebens und nur der Gnade Gottes war es möglich, auf dem Weg zum ewigen Verderben mich noch zum Stillstand zu bringen.
Eines abends war ich in der Nähe eines Gehölzes wie gewöhnlich mit meinen Kameraden in Ausschweifung aller Art zusammen. Da hörte ich mit einem Male einen Psalm singen. Ich bleib wie gebahnt stehen …und ganz andere Gedanken als mich bisher beschäftigten, fuhren durch meine Seele. Ich dachte an das liebe, traurige Vaterhaus, an die Gebete meiner Eltern, an den Kummer, den ich ihnen bereitet, an alle die abscheulichen Sünden, mit denen ich mich gegen den heiligen Gott verfehlt hatte. Meine Augen füllten sich mit Tränen, mein Herz war wie von Pfeilen durchbohrt, ich bebte vor der Strafe des Allmächtigen, die ja nicht säumen konnte, mich zu verderben. Meine Kameraden bemerkten meine plötzliche Niedergeschlagenheit, sie spotteten darüber und als alles nichts half, liessen sie mich allein. Ich wandte mich nun dem Ort zu woher der Gesang gekommen war und fand dort einen Missionar der dort eine Predigt hielt. Ich verkroch mich hinter ein Gebüsch, dass mich niemand sähe und hörte die predigt bis zu Ende. Am Schluss setzte der Missionar einen Tag fest an dem hier wieder ein Gottesdienst gehalten werden sollte. Es ist mir unmöglich den Zustand zu beschreiben, in dem ich mich befand. Eine Bibel an der ich Belehrung und Trost hätte schöpfen können, hatte ich nicht und im ganzem Regiment war keine Seele, die mir raten konnte. Am nächsten Gottesdienst lag ich wieder hinter meinem Busch und hörte zu; aber was ich vernahm öffnete mir das Auge nur noch mehr über die Abscheulichkeiten meines Lebens.
Bisher war ich im Regiment der Rädelsführer bei allen gottlosen Streichen gewesen. Umso weniger konnten meine Kameraden meine Umwandlung begreifen und wollten, dass ich doch wieder mitmachte. Die einen baten, die andern höhnten und noch andere drohten. Da sagte ich ihnen gerade hinaus, wie ich jetzt unser Sündenleben ansehe und was Schreckliches auf uns warte, wenn wir darin beharrten und uns nicht bussfertig zum Herrn bekehrten. Sobald ich aber das bekannt hatte, nannte sie mich spöttischen den neuen „Feinen“ und schrieen, ich sein verrückt, und meinten ein Glas Rum würde mich am ehesten kurieren und dergleichen mehr.
Ich forschte nun überall umher, on nicht eine Bibel bekommen könne, aber im Regiment war keine zu finden. Endlich liess mit jemand aus dem Orte sagen, er habe gehört, dass ich eine Bibel wünsche, ich solle sie nur bei ihm abholen. Ich eilte alsbald hin und erhielt ein sorgfältig versiegeltes Paket mit der Aufschrift „die heilige Bibel.“ Das Herz hüpfte mir vor Freude, ich sagte innigen Dank und lief schleunigst in die Kaserne um den köstlichen Schatz zu öffnen. Aber denkt euch mein Entsetzen und meinen Schmerz! Als ich das Paket öffnete, war es ein Kartenspiel was zum Vorschein kam. Der ganze Haufen lachte und riefen, das geschieht ihm recht! usw.
Um den Spöttern auszuweichen, pflegte ich meine freien Stunden in den Wäldern zu verbringen, besonders in jenem Gebüsch, indem ich zuerst die Predigt des Missionars gehört hatte. Ich bat den Herrn ohne Unterlass, Er möchte mir doch helfen, dass ich eine Bibel bekomme. Wie gross war daher mein Erstaunen und meine Freude, als ich eines Tages in mein Gebüsch trete und hier wirkliche eine Bibel liegen sehe. Ich sank auf meine Knie nieder und dankte dem Herrn für diese kostbare Gabe. Als ich mein Gebet vollendet hatte, hörte ich ein leises Rascheln im, Gebüsch und der Missionar trat zu mir. Er erzählte mir, wie er vor einigen Tagen, als er dort im Gehölz die Stunde der Versammlung abgewartet habe, mein Gebet um eine Bibel vernommen habe, deshalb habe er mir eine gebracht und sei soeben auch Zeuge meines Dankes gewesen.
Von da an trat mir dieser Ehrwürdige Knecht Gottes näher und gab mir den Rat und Unterricht, dessen ich so bedürftig war, um unverzagt auf dem Weg des Heils fortzuwandeln. Ich folgte seiner Anweisung und konnte bald das Wort des Apostels verstehen: Nun wir den sind gerecht geworden, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus. Von jetzt an kannte ich nur noch eine Sorge, nämlich, wie sollte ich vergelten dem Herrn alle Seine Wohltaten, die Er an mir getan tut? Und nur die eine Frage: Herr was willst du dass ich tun soll? Ich beschloss jeden Abend in der Kaserne aus meiner Bibel vorzulesen. Da gab es aber viel Widerstand. Um meine Worte zu ersticken, sangen meine Kameraden oder sie schrieen oder fluchten. Aber ich kümmerte mich nicht darum und las weiter. Nach etlichen Wochen sammelten sich noch mehrere um mich und hörten aufmerksam zu. Ich habe die Hoffnung, dass sie die Botschaft des Heils nicht vergeblich vernommen haben. Der freimütige und treue Wandel, war ein Mittel, meine Widersacher zum Schweigen zu bringen. Am Ende liessen sie mich ganz in Ruhe und behandelten mich sogar mit Achtung und Freundschaft.
Nach einiger Zeit wurde unser Regiment wieder nach England versetzt. Hier angekommen, erbat ich mir Urlaub, meinen Vater zu besuchen und eilte hin, ihm mein grosses Unrecht zu bekennen und mit seine Vergebung und seinen väterlichen Segen zu erflehen. Endlich sah ich meinen Geburtsort wieder. Oh wie viel schmerzliche Erinnerungen weckte in mir der Anblick des kleinen Dorfes! Ich komme an die angrenzende Gärten, ich sehe schon das väterliche Dach. Da begegnete mir ein Leichenzug. Ich erblickte einen meiner nächsten Verwandten und fragte: Wer wird hier begraben? Man sagte es mit, es war mein lieber, lieber Vater! Ich schloss mich dem Zuge an; auf dem Friedhof warf ich mich auf den Sarg, ich wusste nicht, was ich tat. Als ich endlich wieder zu mir kam, hörte ich um mich her flüstern, er hat seine grauen Haare in die Grube gebracht!“ Ach wäre sie doch unbegründet gewesen, diese Anklage, aber sie wahr leider nur wahr! - So habe ich nun einfach erzählt, was der Herr an meiner Seele getan hat. Mir gebührt Schande und Scham, Ihm allein die Ehre und wenn irgend ein Mensch, so habe ich Ursache zu bekennen: „Aus Gnaden bin ich, was ich bin.“
Das ist einer der grössten Tatsachen in der Welt gibt, dass es kein Herz gibt, dessen Last zu gross wäre, dass sie nicht von Jesus am Gnadenthron abgenommen würde. Er hat eine Gnade, die reich und gross genug ist, dich ganz frei zu machen. Du siehst aus dieser Geschichte, dass der Herr bereit ist, Gnadengesuche entgegen zu nehmen. So unfasslich ist es uns, dass ein wohl erzogener Sohn, Gott und den Eltern zum Trotz, allen Glauben über Bord werfen kann, um sich hinein zu stürzen in den Strudel des Lasters, ebenso unerklärlich bleibt uns die unergründliche Liebesgewalt Jesu Christi, die auch den Tiefstgesunkenen, noch zu retten versteht. Gnadenerweisungen gehen vom Gnadenthron aus. Jesus erwartet dich und mich. Er wartet, dass Sünder, die Bankrott gemacht haben, die nichts mehr kennen, auf dass sie sich verlassen könnten, Gnade von Ihm zu erflehen. Mit göttlicher Huld will Er den Verlorenen begegnen. erfasse auch du den gnädigen Rettungswillen deines Gottes.
II. Lasset uns hingehen
Einsam und gemeinsam suchen wir diesen Thron auf. „Lasset uns hinzutreten,“ sprechen nur solche, die an diesem Ort für sich selbst oft verweilen, Beter, die wissen wie lieblich es ist mit Jesus eine Begegnung zu haben. Jeder muss für sich ein Beter sein. Was immer dein Herz bewegt, er ist dein Freund, du schüttest alles aus in sein Herz. Bei Ihm wird dein Sehnen gestillt, deine Seele gesättigt. Inmitten aller Unruhe, findest du immer wieder Ruhe am Gnadenthron ruht Milde, dein ganzes Wesen ist sanfter als je; warum? Du hast gebetet, du hast Fühlung gefunden mit Jesus. Reine Liebe hat sich in deine Seele ergossen.
Wer solche Erfahrungen machen durfte, fordert andere auf, spricht eindringlich: Lasset uns hinzu gehen zum Thron der Gnade. Könnte es etwas Erwünschteres geben, als einen Freund zu kennen, mit dem wir uns im Gebet verbunden wissen? Dort beugen zwei miteinander die Knie. Sie sind eins geworden, den Herrn um eine bestimmte Sache zu bitten, Ihm ein bestimmtes Anliegen vorzutragen. Wie EIN Herz ergiessen sie sich im Gebet. Könnte es für die diensttuenden Engel einen lieblicheren Anblick geben? „Wo zwei oder drei in Meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter Ihnen.“ Könnte es für die heiligen Engel etwas Köstlicheres geben, als Zeuge dieser Vereinigung zu sein?! Gemeinsames Gebet ist eine köstliche Sache; Gott wird geehrt, die Herzen werden untereinander verbunden, der Teufel verliert an Boden, Christus verbindet sich Seinen Menschen. Bist du auch schon aufgefordert worden: Komm lass uns niederfallen vor unserem Gott? Lieber Jünger des Herrn, hast du Deinen Freund gebeten mit Dir den Gnadenthron zu betreten? Auch in diesen Bitten liegt eine geheimnisvolle Macht. Vielleicht sagt der Aufgeforderte nein, aber könntest du sehen, welcher Kampf sich nachher in seiner Seele entfacht, du würdest deine Einladung kräftig wiederholen. Er hat mich gebeten, wird er zu sich selbst sagen, sein Wort war so freundlich und ich war so kalt. Fast würde er sich wünschen dir nochmals zu begegnen, um aus deinem Munde eine zweite Aufforderung zu hören. Wir wollen nicht versäumen, gemeinsam zu beten. Diese Stunden bringen süsses Glück. Wenn wir vergangene Jahre überblicken, leuchten diese schönen Begegnungen uns entgegen, wie funkelnde Sterne in dunkler Nacht. Auf den Knien wird uns Jesus gross; auf den Knien verbinden sich unsere Herzen in Liebe; auf den Knien trinken wir ein Tröpflein reinen Lebensglücks.
Wir lernen viel voneinander, könnten wir nicht auch beten lernen in Gemeinschaft froher Gotteskinder? Wage es, der Geist des Gebets wird mit Macht über dich kommen. Die Anbetung Gottes muss zur seligen Gewohnheit werden. Auch auf diesem Gebiete gilt das Wort: „Übung macht den Meister.“ Das Grösste, was wir auf Erden werden können, ist ein Beter zu werden, der einsam und gemeinsam vor seinem Gott kniet und es dann erfahren darf, dass sein Auge mit Liebe und Wohlgefallen auf ihm ruht. Gebetszusammenkünfte bieten Schwierigkeiten, ohne Selbstüberwindung geht es nicht. Nur Jünger, die entschlossen sind, der Selbstsucht abzusterben, können auf die Dauer an Gebetsvereinigungen teilnehmen. Es müssen Gebetsübungen dem Teufel seht zuwider sein, sonst würde er sie nicht mit allen Mitteln sie zu verhindern suchen. Gewiss liegt im gemeinsamen Gebet eine Quelle unberechenbarer Segnungen. Wir sollten und durch nichts davon abhalten lassen. Was wir hier empfangen, können wir auf keinem anderen Wege finden. Jesu Jünger werden vor dem Gnadenthron ein Herz und eine Seele. Ist das die Freude unseres Daseins, zusammen mit einem, mit zweien, die Knie zu beugen vor Ihm und dann mit neuer Kraft in die täglichen Kämpfe und Arbeiten zurück zu gehen? Der Herr ist nahe, denen die Ihn anrufen; Beter finden Kraft.
III. Wir sollen dem Gnadenthrone nahen mit freudiger Zuversicht
Aus Erfahrung heraus fliesst dieser Wink. Wie ein kleines Kind, dem der Vater ruft, nicht zweifelt an der Wahrhaftigkeit seines Vaters, und kommt, so sollen auch wir ohne Zagen kommen. Mit Zuversicht lasst uns zu unserem König kommen in all unseren Nöten: mit körperlichen und mit Seelenleiden, in grossen und kleinen Versuchungen. Wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Dein verzagtes Herz darf sich dessen trösten, dass Gott die Liebe ist. Es macht Ihm Freuden, wenn uns Zweifel ferne liegen. Je kindlicher, desto besser. Du klagst über Schwachheit im Gebet. Sind nicht Zweifel der Grund deiner Schwäche? Und warum zweifelst du denn? Scheiden dich Sünden von deinem Gott? Verdammt dich dein Herz? Oh komme dennoch. Die Sache, die dich bekümmert, darfst du nicht liegen lassen. Entlaste heute deine Seele, bekenne deine Missetat, so werden die Zweifel fliehen und du kannst mit freudiger Zuversicht beten. Gottes Vaterherz steht uns offen, seien wir herzhaft und unverzagt. Beter dürfen es wissen, dass sie dem Herrn eine Freude machen, dass Er sie erwartet. Wir kommen als geladene Leute. Warum sollten wir zittern und zagen? Gott will uns am Gnadenthrone sehen. Er selbst hat einen geheimnisvollen Zug in jede Menschenseele gelegt. Du bist ein Geladener, die freundliche Einladung deckt sich mit dem Gnadenzug, der in dir sich geltend macht. Darum tritt hinzu mit freudiger Zuversicht. Niemand soll sich Sorgen machen, niemand soll sagen, ich darf mich dem allmächtigen Gott nicht so aufdrängen, ich darf Ihn nicht belästigen mit selbstverschuldeten Leiden. Es ist ja wahr, wir hätten uns manche schwere Führung ersparen können. Aber Gott sei Dank, es ist ebenso wahr, dass der himmlische Vater sich freut, einen verlorenen Sohn sich nahen zu sehen.
Überwinde deine Verzagtheit. Schlage nieder die trostlosen Bedenken eines trotzigen und verzagten Herzens. Durch alle Hindernisse dringe siegreich hindurch. Gott will dir begegnen am Gnadenthrone, das sei dir genug. Will dein Herz dich verdammen, so spricht: Ich soll kommen, der Herr will haben, ich folge Seiner Einladung. Freudige Zuversicht gewinnen Beter, weil Jesus bereit ist Mühselige und Beladene zu empfangen. Wenn du also betest, so tue es nicht mit halbem Herzen. Wisse es Gott ist gross. Er ist ein Belohner denen, die Ihn mit Ernst suchen. Die Milde und Güte dessen, der unsere Gnadengesuche entgegen nimmt, weckt in uns freudige Zuversicht. Weil Er es wagt uns zu suchen uns selig zu machen, uns neu zu schaffen, darum wagen es wir auch, Ihm unsere Bitten kindlich darzulegen. „Grossmütig will ich sie lieben“ hat er gesprochen. Wie froh muss uns dies machen. Du musst jetzt eine gründliche Umwandlung erfahren. Mit deinem Beten muss es ganz anders werden. Sobald es dir zu Herzen gegangen ist, dass du mit freudiger Zuversicht bitten und danken sollst, kannst du nicht mehr so kläglich deine Stimme hören lassen. Gottes grossmütige Liebe hebt dich heraus aus dem Sumpfe der Verzagtheit. Auch kannst du nicht sagen, es nütze nicht viel, ich dringe nicht durch mit meinem Beten. Du hast Zuversicht gewonnen. Der Geist der Freude lebt schon in dir. Jetzt betest du als einer, welcher der Erhörung gewiss ist und das gestaltet das ganze Gebetsleben neu. Ich erinnere mich noch jener Stunden, wo ich mit seufzen und weinen mich vom Gebet mich erhob. Im Gebete wurde mein Herz seht traurig, warum? Gott ist heilig. In Seiner Gegenwart fühlte ich meine Blösse, meine Nacktheit, meine Entfremdung von Ihm. Die Begegnung mit Gott kann tiefe Zerknirschung zur Folge haben. Hinein in die Finsternis, leuchtet sein Licht. Die Finsternis wacht auf und macht uns bange. Aber nur Mut, Jesu Blut machet gut, was die Welt verbrochen. Wir dürfen uns geben, wie wir sind. Seine Milde belebt in uns die Zuversicht. Doch bedürfen wir immer wieder der Ermunterung; denn es kann sich gar etwas zwischen Gott und uns hinein legen. Auch Unterlassungssünden machen kleinmütig. Wer nicht verharrt im Gebet, verliert schnell wieder die freudige Zuversicht. Je regelmässiger ein Christ vor den Herrn tritt, desto inniger werden seine Beziehungen zu Ihm. Ein Freundschaftsverhältnis entwickelt sich. Dem trägen Beter fliessen von oben her keine Ermunterungen zu, er muss sich deshalb fast zwingen, dem Gnadenthron zu nahen. Fleissige Beter aber werden nicht selten ohne ihr dazutun vom heimatlichen Ufer aus freudig bewegt. Nach oben zieht es sie, beten ist ihnen ein Lebensbedürfnis. Darum hat der Herr eine mächtigen Einfluss auf sie. Er gibt ihnen Freude ins Herz, eine Freude, die niemand von Ihnen nehmen kann. Wie gut ist's doch, wenn Gottes Wort nie von unserem Munde kommt. Forschet in der Schrift! Im treuem Forschen kann die Freudigkeit zum Gebet neue Nahrung finden. Das schüchterne Lallen endet mit grossem Lobpreis. Tritt nur herzhaft hinzu, der ewiglich thronende mehrt deine Zuversicht. So wirst du also im Gebete getrost und freudig. mit strahlendem Angesicht kommst du zum Amen.
IV. Was wir am Gnadenthrone erlangen
Für uns ist es ausserordentlich wichtig, dass wir zum Gnadenthrone geladen sind. Gnade! Dies Wort klingt so süss, dass wir uns ermutigt fühlen, augenblicklich zu kommen. Gnade will uns der Herr erteilen; nicht unser Richter sondern unser Seligmacher will Er heute sein.
Paulus rühmt: Mir ist Erbarmung zu teil geworden. Wir singen mit bewegtem Herzen:
Oh Abgrund welcher alle Sünden
Durch Christi Tod verschlungen hat!
Das heisst die Wunde recht verbinden:
Hier findet kein Verdammen statt,
Weil Christi Blut beständig schreit:
Barmherzigkeit, Barmherzigkeit.
Tausende preisen Christi Barmherzigkeit. Sie können es nicht genug sagen: Gott ist reich an innigem Erbarmen und voll Mitleid. Glücklich gewordene, sind Zungen der unergründlichen Liebe Gottes. Erinnere dich an den Oberzöllner Zachäus. Wie milde hat ihn unser Herr behandelt. Barmherzigkeit ist seinem ganzen Haus widerfahren. Erinnere dich an die armen Sünderin, weinend trat sie herzu, getröstet ging sie davon. Erinnere dich an den Schächer am Kreuz. Barmherzigkeit ist auch diesem verlorenen zu teil geworden. Lobe den Herrn, der dir alle deine Sünden vergibt und heilet alle deine Gebrechen; der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit! Jesus hat ein warmes Herz, die Geladenen müssen dies wissen; halte fest daran, Er der dich ruft ist barmherzig. Auch du wirst Ihn so finden. Er ist der Treue und der wahrhaftige. Bei Ihm wird kein Bedürftiger enttäuscht. Bald wird auch seine Seele ausrufen: Ich habe Barmherzigkeit erlangt. Es ist so köstlich einen Blick zu tun in das volle Heil. Ungestraft kann ja die Sünde nicht bleiben, du aber findest nicht nur Straferlass, der Herr tilgt auch deine Übertretungen! Erklären können wir uns die Sache nicht; die Erfahrung aber beweist es, dass Gott Sünden vergibt. Ist dir Erbarmung schon zu teil geworden? Ich habe schon Menschen kennen gelernt, die einen Widerwillen verspürten gegen das Wort Barmherzigkeit. So lange wir nicht einen demütigen Geist und ein zerschlagenes Herz haben, können wir auch nicht verstehen, was es mit der Barmherzigkeit auf sich hat. Wer aber keinen Ausweg mehr sah, wer es als Last empfand, von dem Gott der Liebe getrennt zu sein, wer in sich selbst völlig zusammenbrach, der staunt über den Rat und Willen Gottes, der betet an über der Tatsache, dass um Jesu willen Gott den Sündern gnädig ist! Das Opfer auf Golgatha predigt uns laut: Barmherzigkeit! Die Handschrift ist zerrissen, den Finsternishoheiten und Gewalten ist die Rüstung ausgezogen. Wir sind mit Gott versöhnt durch den Tod Seines Sohnes. Heute kannst du für dich Barmherzigkeit erlangen, weil Christus für dich gestorben ist.
Christen, welche am Gnadenthron dies Heil noch nicht erlangt haben, verspüren immer wieder eine Abneigung gegen die Predigt vom Lamm Gottes. Bist du auch gefangen in dem eitlen Wahne ohne Barmherzigkeit selig zu werden? Beter im Geist und in der Wahrheit können wir erst werden, wenn Schuld und Strafe von uns genommen sind. Von diesem Augenblick an ist unsere Stellung zu Jesus völlig verändert. Mit hoher Ehrfurcht reden sie von Jesus, dem Sünderfreund. Eine Persönliche Erfahrung haben sie gemacht, darum lebt nun der Geist der Sanftmut in ihnen. Manche können nie Ruhe finden, weil sie nichts von des Herrn Barmherzigkeit zu erzählen wissen. Lass diese Sache nicht liegen, sie ist von ausserordentlicher Wichtigkeit. Gib dich nicht zufrieden, bis du eine persönliche Erfahrung zu verzeichnen hast.
Von Hilfe zur rechten Zeit redet der Apostel. Das gibt zu denken. De Gnadenzeit hat auch ihre Grenzen. Plötzlich können Umstände eintreten, plötzlich können Tage kommen, die uns nicht gefallen. Alles findet ein Ende. Jesu Mahl ist bereit, die Einladung ist ergangen, zu letzt aber tritt der Augenblick ein, an welchem die Türe verschlossen wird. Die Hochzeit ist im vollem Gange. Mit Abraham, Isaak und Jakob sitzen die Gekommenen am Mahle. Jetzt ist es zu spät für Säumige. Du hast wohl schon Matth. 25, 1-13 gelesen? Hat dich jenes Königswort nicht erschreckt: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht?! Die törichten Jungfrauen suchten Hilfe, nach Oel sahen sie sich um; aber es war zu spät. Wir dürfen unsere Gnadenzeit nicht vertändeln. Die gelegene Zeit eilt schnell dahin, was wir nicht gesucht und deshalb auch nicht erlangt haben, das besitzen wir jetzt auch nicht. Nicht umsonst ruft uns der Herr zu: Eure Lenden seien umgürtet, eure Lichter brennend, seid gleich Knechten, die auf ihren Herrn warten. Helfen will Er! Uns alle will Er herausretten aus der Finsternis dieser Zeit. Und Er will dies heute tun. Wir wissen es ja wohl, dass es eine Saatzeit und eine Erntezeit gibt. Es nützt uns nichts, Gottes Wege verkehren zu wollen. Zur Saatzeit kann man nicht ernten und wenn die Ernte Sichelreif ist, ist nicht Saatzeit. Der Ernte geht eine anstrengende Arbeit voraus. Gott tut alles gut zu Seiner Zeit! Wir müssen es eben auch so machen. Nahe jetzt mit freudiger Zuversicht dem Throne der Gnade. Tun wir es alle zusammen, gemeinsam, damit wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden, zur Hilfe in rechter Zeit.
Du darfst jetzt an diesem Wort nicht hängen bleiben und über verlorene Gnadentage jammern, noch lebst du, noch breitet Jesus Seine Hände nach dir aus, es ist also noch gelegene Zeit. Bitte herzlich um Verzeihung, was dein verfehltes Leben betrifft, aber bleibe hierbei nicht stehen. Eile, eile, errette deine Seele! Und ich füge hinzu, errette deinen Leib! Ziehe an den Herrn Jesus Christus in brünstigem Gebet. Sein Blut macht hell dich und rein und die Kraft Seiner Auferstehung wird deinen Todesleib durchdringen. Du findest Barmherzigkeiten. Nach Seele und Leib wirst du ein begnadeter des Herrn. Noch kannst du mit Eifer und Treue aus den reichen Oliven des Wortes Gottes reichlich Oel gewinnen für Lampe und Gefäss. Nimm und lies, bewege das Wort des Lebens in deinem Herzen. Bete stets in allen Anliegen. Ja bete ohne Unterlass. Am Gnadenthron erstarkt der müde Zionspilger. Treue Beter gehen von Kraft zu Kraft, bis sie vor Gott in Zion erscheinen.