Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 92. Psalm.
Dieser 92. Psalm ist ein wahrer Lobepsalm und lehrt uns 1. daß man Gott loben soll und 2. warum man Gott loben soll. Die christliche Kirche hat denselben so sehr zu Herzen genommen, daß sie ihn auch in das Gesangbuch aufgenommen hat in dem wunderschönen Liede: Es ist fürwahr ein köstlich Ding, wenn man dem HErrn dankt und singt rc. Der Psalm hebt an mit den Worten: Das ist ein köstlich Ding dem HErrn danken, und lobsingen Deinem Namen, Du Höchster. Sollte man denn nicht glauben, in jedem Hause in der Christenheit sei Morgen- und Abendgesang, und es könnte kein Haus geben, wo das nicht wäre? Warum thun es denn die Christen nicht? warum ist denn in so vielen Häusern keine Morgen- und Abendandacht und warum wird nicht dabei gesungen? Sehet die Christen, die Gott nicht loben, die keine Morgen- und Abendandacht halten, sind nicht gehorsam, sie sind also nichts als Maul- und Namenchristen, und haben Jesum nicht lieb, das Loben ist ihnen kein köstlich Ding, sie mögen nicht beten. Was sie auch zu ihrer Vertheidigung sagen mögen, es ist nichts als Vorwand und Lüge; ihr Herz hat keine Lust am Lobsingen, und was man nicht mag, thut man auch nicht und dann wendet man bald diese, bald jene Entschuldigung vor. Es gibt so manches Pastoren- und Lehrerhaus, so manches Bauern- und Häuslingshaus, wo keine Morgen- und Abendandacht gehalten wird: Diese Alle sind lauter ungehorsame Leute, welche keine Spur von Liebe zu Jesu haben. Eine der größten Sünden ist es bei den Pastoren und Lehrern, wenn sie keinen Hausgottesdienst halten und sie werden dreifache und vierfache Streiche leiden am jüngsten Tage. Es heißt weiter: Des Morgens Deine Gnade, und des Nachts Deine Wahrheit verkündigen, auf den zehn Saiten und Psalter, mit Spielen auf der Harfe. Sagt, ist das nicht lauter Gnade, wenn wir gesund aufstehen, wenn der Teufel uns hat zufrieden lassen müssen? daß, wenn wir liegen und keine Kraft ist in uns und denen, die im Hause sind, der Teufel mit all' seiner Macht und List uns nicht hat schaden dürfen?
Und wenn wir den ganzen Tag gewandelt haben und sehen wie Gott Wohlthat über Wohlthat und wir Sünde über Sünde gehäuft haben, daß Er's an nichts und wir's an Allem haben fehlen lassen, daß Gott uns die Sünde vergibt und wir Vergebung der Sünde zu erwarten haben um der Wahrheit willen seines Worts: Müssen wir da nicht am Abend Seine Wahrheit verkündigen? Darum will ich, sagt David, fröhlich singen, HErr, von Deinen Werken, und ich rühme die Geschäfte Deiner Hände. Wenn wir die Werke und Geschäfte Gottes betrachten, so müssen wir in lauter Dank und Preis ausbrechen: HErr wie sind Deine Werke so groß? Deine Gedanken sind so sehr tief! Laßt uns sie einmal betrachten, nur die drei Hauptwerke: Schöpfung, Erlösung und Heiligung. Wenn wir die Schöpfung betrachten, müssen wir da nicht sagen: HErr, wie sind Deine Werke so groß! Wenn ich jetzt hinausgehe und sehe die Felder mit dem reichen Erntesegen, steht nicht das Korn da gemähet, Stiege an Stiege? beugen sich nicht die Aehren bis an die Erde? wer hat das wachsen lassen? Ein Christ kann's nicht lassen, er muß in die erste beste Furche hinein und beugen seine Knie und danken Gott für den Segen und für die Werke der Schöpfung. Laßt uns V. 7. gleich hinzu nehmen: Ein Thörichter glaubt das nicht, und ein Narr achtet solches nicht. Wenn der Fromme da knieet und dankt, so geht der Gottlose vorbei und denkt: Wie viel Himpten sollte es wohl geben und wie theuer mag das Korn werden? Vielleicht zwei Thaler der Himpten? O dann gibt es einen großen Haufen Geld, dann werde ich ein reicher Mann. Das ist der Unterschied zwischen des Teufels und Gottes Kindern. Der Gottlose betrachtet Alles wie ein Rechenexempel, wie viel es in seine Tasche bringt. Was ist es aber, das den Frommen in den Staub beugt? Gott hat die Felder mit Segen gekrönt. Ein Thörichter dagegen glaubt und achtet das nicht, sondern denkt: Wenn ich nicht gepflügt und tüchtig Dünger untergebracht hätte, so wäre nichts gewachsen. Darum meint er auch, es gehört ihm und wenn es ihm der Hagel vor der Nase entzwei schlägt, murrt er, als wäre es ihm geraubt. Das zweite Werk ist die Erlösung. Wer die betrachtet, muß wieder ausrufen! HErr, wie sind deine Werke so groß! Daß Gott Seinen liebsten Sohn gibt, daß Er Ihn am Kreuze schlachten läßt für die Sünder, was für wunderbare Gedanken find das! Daß Er uns Sein Fleisch zu essen gibt im Abendmahl und Sein Blut zu trinken, und daß Er dem Menschen Macht gibt die Sünden zu vergeben, das sind die Werke Gottes, die groß sind! Aber wieder: Ein Thörichter glaubt und achtet das nicht! Die Ungläubigen brauchen keinen Erlöser. Das dritte Werk ist die Heiligung, daß Gott einkehrt in dem Herzen eines fündigen Menschen und da Wohnung macht, daß Er ihn treibt, daß Er ihn lehrt an Jesum zu glauben, Seiner sich getrösten, im Glauben herzutreten und Gnade zu empfangen, das Fleisch zu kreuzigen und dem abzusagen, was dem Fleisch das Liebste ist, und das zu thun, was dem Fleische das Bitterste ist. Die Gläubigen thun das, sie wandeln den schmalen Weg: Das ist wahrhaftig Gottes Kraft, daß sie den breiten Weg verlassen, der so angenehm ist und den schmalen Weg gehen, der so dornig ist; ihr könnt ihnen hunderttausend Thaler bieten, sie weichen nicht davon, denn sie wollen selig werden. Aber was sind doch die Gottlosen für unglückliche Menschen, daß sie diese großen Werke Gottes so gering achten, sie haben keine Schöpfung, keine Erlösung, keine Heiligung. Darum sagt David: Die Gottlosen grünen wie das Gras, und die Uebelthäter blühen alle, bis sie vertilgt werden immer und ewiglich. Der Gottlose grünt und blüht eine Zeit lang, wie die Feldblumen, aber bald kommt der Schnitter mit seiner Sense und mäht sie alle ab und sie verwelken. Denkt daran, wenn ihr einen Gottlosen im Glücke seht, längeren Bestand hat er nicht, zuweilen währt es wohl die ganze Zeit seines Lebens, aber das ist das Höchste, dann kommt der Tod mit seiner Sense, und mäht sie ab und dann ist es auf ewig aus mit ihrem Glück, die Hölle und der Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel ewiglich brennt, ist ihr Theil. Es heißt weiter: V. 9: Aber Du, HErr, bist der Höchste, und bleibest ewiglich. Daher kommt es, daß die Gottlosen vertilgt werden, sie sind Feinde des höchsten, ewigen Gottes, darum müssen sie immer den Kürzeren ziehen: Ehe man sich's versieht, mäht Er sie ab. Dann stehen die Frommen und sagen: Denn siehe, Deine Feinde werden umkommen; und alle Uebelthäter müssen zerstreuet werden. Aber mein Horn wird erhöhet werden wie eines Einhorns, und werde gesalbet mit frischem Oel. Und mein Auge wird seine Lust sehen an meinen Feinden, und mein Ohr wird seine Lust hören an den Boshaftigen, die sich wieder mich setzen. Die Gottlosen sind Feinde Gottes und deswegen sind sie Feinde und Verfolger der Frommen. An Gott können sie nicht hinanreichen, deswegen machen sie sich an die Kinder Gottes und lassen an ihnen ihren Haß aus. So lange sie grünen, sind sie die grimmigsten Feinde der Frommen, wenn sie aber zerstreut werden, so sagen die Frommen: Nun sehen wir, wie es unsern Verfolgern geht. Aber denkt ja nicht, daß sie das aus Schadenfreude thun, die etwas Böses ist. Zur Zeit der römischen Kaiser kam es nach den blutigen Verfolgungen so weit, daß selbst die römischen Kaiser Christen geworden waren: Der HErr war ihnen zu mächtig geworden. Aber Einer aus dem kaiserlichen Geschlechte, und zwar der, welcher der nächste Erbe des Thrones war, er hieß Julian, wollte sich nicht bekehren. Als er Kaiser geworden war, nahm er sich vor, den Namen Christi auszurotten; er wollte das Heidenthum wieder herstellen und fing an dem gekreuzigten Nazarener zu Schaden Alles zu thun: wo er konnte, wurden die Christen verfolgt, die Heidentempel wieder hergestellt, Alles that er, den Namen Jesu Christi zu Spott zu machen. Er hatte gehört, daß der HErr Jesus gesagt hatte, Jerusalem solle wüste bleiben, der jüdische Tempel nicht wieder aufgebauet werden; da dachte er: Warte, das will ich zu nichte machen, versammelte das Judenvolk nach Jerusalem, ließ den Tempel bauen und versprach ihnen, sie zu einem freien Volk zu machen; er gab ihnen so und so viel hunderttausend Thaler, und bekanntlich haben die Juden immer gern Geld verdient. Eben hatten sie das Fundament gelegt, da flogen Feuerkugeln und Feuerklumpen aus der Erde und zerstörten die Arbeit, sie probierten es noch drei bis vier Mal, aber es ging ebenso. Da ergriffenste mit Entsetzen die Flucht und sagten: Gott streitet wieder uns. Dennoch ließ der Feind nicht eher nach gegen die Christen zu wüthen, als bis er von der Verfolgung abgerufen ward durch einen Perserkrieg. Auf dem Feldzuge kam er nach der Stadt Klesiphon, als er um die Stadt herumritt, traf ihn ein Pfeil und mit den Worten: So siegst Du doch, verhaßter Nazarener! fiel er sterbend vom Pferde. Da ward in allen christlichen Kirchen das Te Deum gesungen d. h. HErr Gott, Dich loben wir, nicht aus Schadenfreude, sondern aus lauter Lob, Preis und Dank, daß dem Feinde Gottes also vergolten ward. So werden auch alle Seligen am jüngsten Tage singen, wenn sie die Gottlosen zur Hölle fahren sehen: HErr Gott Dich loben wir. Dagegen heißt es V. 13: Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, während die Gottlosen wie Gras sind und wie die Blumen des Feldes. Sie werden wachsen wie eine Ceder auf Libanon, in Seinem Tempel und in Seinen Vorhöfen. Ein Palmbaum steht 500, eine Ceder 1000 Jahre, aber auch das ist noch zu wenig, sondern ewig werden sie bleiben. Wenn ich ein Gottloser wäre, wollte ich doch um dieses einen Wortes willen mich bekehren. Müssen wir denn nicht, wenn wir einen solchen Heiland haben. Ihn loben und preisen? Amen.