Harms, Ludwig – Der Hebräerbrief - Das 1. Capitel.
Vers 1-6.
Nachdem vor Zeiten Gott manchmal und mancherlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat Er am letzten in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn, welchen Er gesetzet hat zum Erben über Alles, durch welchen Er auch die Welt gemacht hat. Welcher, sintemal Er ist der Glanz Seiner Herrlichkeit, und das Ebenbild Seines Wesens, und trägt alle Dinge mit Seinem kräftigen Wort, und hat gemacht die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst, hat Er sich gesetzt zu der Rechten der Majestät in der Höhe; so viel besser geworden, denn die Engel, so gar viel einen höhern Namen Er vor ihnen ererbet hat. Denn zu welchem Engel hat Er jemals gesagt: Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeuget? Und abermal: Ich werde Sein Vater sein, und Er wird Mein Sohn sein? Und abermal, da Er einführet den Erstgebornen in die Welt, spricht Er: Und es sollen Ihn alle Engel Gottes anbeten.
Wir kommen nun heute mit Gottes Hülfe zu dem Brief an die Hebräer. Bei der Frage, wer diesen Brief geschrieben habe? sind nicht bloß die Gläubigen und die Ungläubigen verschiedener Meinung, sondern auch die Gläubigen unter einander. Wir wollen bei der Ansicht der alten Kirche bleiben, daß der Apostel Paulus der Verfasser des Hebräerbriefes sei. - Manchmal und auf mancherlei Weise, so beginnt der heilige Apostel, hat Gott vor Zeiten geredet zu den Vätern durch die Propheten. Welch eine Reihe von Propheten führt uns das Wort Gottes im Alten Testamente vor die Seele, von Henoch an, welchen Gott hinweg nahm, weil er ein göttliches Leben führte, bis auf Johannes den Täufer, welcher dem HErrn den Weg bereitete durch die Predigt der Buße. Fürwahr, manchmal und auf mancherlei Weise hat Gott durch sie geredet, und jede Sendung eines Propheten ist ein Beweis der Gnade des treuen Gottes, der mit hundert, ja mit tausend Stimmen uns sündige Menschen hinwegrufen und hinwegführen will von den Pfaden des Verderbens, von dem breiten Sündenwege, der zur Hölle führt. Auf wie mancherlei Weise sie auch von Gott ausgerüstet waren, wie mancherlei auch die Art ihrer Predigt war, durch sie Alle redete der heilige Geist, sie Alle offenbaren uns die Herrlichkeit Gottes, Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit wie ein verzehrendes Feuer, Seine Gnade und Barmherzigkeit wie ein sanftes Säuseln, die Wunder Seiner Werke, die Weisheit Seiner Wege, Seinen Zorn gegen die Gottlosen, Seine Liebe und Freundlichkeit für die Frommen; sie Alle verkündigen Seinen heiligen Willen, Sein heiliges Gesetz als einen Spiegel, in den wir hineinschauen sollen. Sie schildern uns, wie Gott Sein auserwähltes Volk schützt, wie Er es führt wie auf Adlersflügeln durch die Wüste, wie Er es erlöset durch Seine wunderbare Macht aus tausend Feindeshänden und es hineinführt in das gelobte Land. Sie zeigen uns aber auch, wie eine ganze Welt untergeht durch die Wasser der Sündfluth, darum daß sie den HErrn verachteten, sich verstockten in ihrer Bosheit und nicht hören wollten auf die Stimme Gottes, der sie zur Buße rief; wie ein andermal fünf Städte voll gottloser Menschen durch die Flammen vom Himmel getroffen untergingen, als das Maaß ihrer Bosheit voll war und keinen Raum mehr fanden zur Buße; und verkündigten vorher die schweren, furchtbaren Gerichte über das Volk Gottes, als dieses den HErrn seinen Gott verließ, und darum verstoßen wurde unter die Heiden und zerschlagen wie ein Scherben um seiner Gottlosigkeit willen. Und sehet weiter, welche Werke Gott durch sie ausgerichtet hat. Da steht Moses unerschüttert wie ein Fels vor dem Trotze Pharaos und vor seinem Dräuen. Durch seine Hand thut Gott Wunder, das Wasser wird zu Blut, auf sein Wort sendet Gott Seine Blitze, Regen und Hagel vom Himmel, der Tag wird zur Nacht, er streckt seine Hand aus über das rothe Meer und die Wasserwogen theilen sich, stehen wie Mauern zur Rechten und zur Linken, bis daß Israel hindurchziehe mit trockenem Fuße, und fallen dann zusammen über die Egypter, die Verächter Gottes, daß sie alle mit Rossen und Wagen im Meere begraben wurden. Denket daran, wie durch ihn das Gesetz gegeben wurde auf Sinai, wie er hinaufstieg zu Gott, von Ihm empfing die zehn Gebote und wie von da an sein Angesicht leuchtete, daß die Kinder Israel es fortan nicht mehr anschauen konnten um des Glanzes willen vom HErrn. Oder wie Elias den Himmel verschloß durch sein Gebet, daß es nicht regnete drei Jahre und sechs Monate, und dann wiederum durch sein Gebet den Himmel aufschloß, daß die Erde wieder fruchtbar wurde; wir er und Elisa durch die Macht ihres Gebets einen Todten erweckten und Wunder thaten, die Gott der HErr durch sie verrichtete. Fürwahr, meine Lieben, sie haben durch den Glauben Gerechtigkeit gewirkt, die Verheißung erlangt, haben als gute Streiter Gottes einen guten Kampf gekämpft und die Welt ist ihrer nicht Werth gewesen. Sie sind ein Haufe von Zeugen, der uns ermahnt: Laßt uns ablegen die Sünde, die uns noch immerdar anklebt und uns träge macht. Aber bei Allem dem waren sie Menschen, und schwache sündige Menschen, wiewohl Gott sie stark machte durch Seine Kraft; von Gott hatten sie Alles, was sie hatten, durch Gott thaten sie Alles, was sie thaten, von Gott empfingen sie die Worte der Lehre und der Ermahnung, der Verheißung und der Drohung, sie konnten aus sich selber nichts hervorbringen, was da Gott Wohlgefallen hätte, Er wirkte in ihnen alles Wohlgefallen Seines Willens und nur im Aufschauen auf Ihn, nur im Vertrauen auf Ihn, im Gebet zu Ihm waren sie stark, nur dadurch heißen sie Männer nach dem Herzen Gottes, denn darin besteht bei allen Menschen die wahre Frömmigkeit. Bei dem Allem konnten sie weder sich noch Andere von der Sünde und vom Tode erlösen, konnten Niemanden die Sünde vergeben, Niemanden die Seligkeit weder erwerben noch schenken; sie konnten nur hinweisen auf den, der da kommen sollte als ein Helfer, Heiland und Erlöser, auf den, welchen sie nannten den Sohn Gottes, Held, Rath, Kraft, Friedefürst, der als ein Sohn der Jungfrau wandeln würde auf Erden und den Satan unter Seine Füße treten, der um unserer Sünde willen würde zerschlagen, um unserer Missethat willen würde verwundet werden, um Heil und Friede wieder zu bringen über das sündige Menschengeschlecht. Im gläubigen Hinblick auf Ihn trösteten sie sich und ihr Volk, auf Ihn wiesen sie alle Frommen, die der Erlösung harrten, hin, Ihn sehnten sie sich zu sehen, Israels Trost und aller Welt Segen; aber sie sahen Ihn nicht, denn die Zeit war noch nicht erfüllet. Richtet nun mit mir, meine Lieben, eure Augen auf den, der gekommen ist, die Sünder selig zu machen. Ist Er auch ein Prophet wie Moses, oder Elias oder der andern Propheten einer? Nein, so weit der Himmel höher ist als die Erde, so hoch Gott erhaben ist über Menschen, so hoch ist Er erhaben über alle Kreatur. Er ist der HErr unser Gott, der ewige Sohn des ewigen Vaters, von gleicher Macht und Herrlichkeit, eins mit Ihm und dem heiligen Geist, von gleichem göttlichem Wesen, darum heißt Er auch der Sohn Gottes. Denn wie der Sohn gleiches Wesen mit dem Vater hat, wie der Sohn eines Menschen auch ein Mensch ist, so heißt und ist Er Gottes ewiger, eingeborner Sohn, weil Er gleiches göttliches Wesen mit Seinem himmlischen Vater hat; darum nennt Ihn auch der Apostel den Erben über Alles, was im Himmel und auf Erden ist. Er besitzt, Er regiert Alles mit dem Vater, Er ist der HErr, die ganze Welt ist sein Eigenthum, die Propheten waren Seine Knechte, von Ihm gesandt, durch Ihn regiert und erleuchtet. Weil Er Gott ist, so ist Er der Glanz der Herrlichkeit des Vaters und das Ebenbild Seines Wesens. In Ihm spiegelt sich die ganze Majestät, die ganze Herrlichkeit des Vaters. Der Himmel ist Sein Thron, die Erde der Schemel Seiner Füße, Licht ist das Kleid, das Er anhat, Gerechtigkeit der Gurt Seiner Nieren, Allmacht ist der Hauch Seines Mundes und Allwissenheit der Strahl Seines Auges. Darum redet von Ihm die Schrift, von dem Sohne: Gott, Dein Stuhl während von Ewigkeit zu Ewigkeit, das Scepter Deines Reiches ist ein richtiges Scepter, So ist Er von Ewigkeit bei dem Vater gewesen in der Seligkeit des Himmels, denn im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Und wie Sein Wesen, so sind Seine Werke. Wer schafft mit dem Worte Seines Mundes die Welten, Himmel und Erde und Alles, was darinnen ist, wer thut es, wer kann es thun, als Gott? Wessen Wort trägt alle Dinge, hält Sonne, Mond und Sterne in Seiner Hand? Wer schafft Sommer und Winter, Hitze und Kälte, wer giebt Regen und fruchtbare Zeiten? Wer thut es, wer kann es anders als Gott, als allein Gott der HErr? Und siehe, von Ihm heißt es, von dem Sohne: Durch Ihn ist die Welt gemacht, durch Ihn ist Alles geschaffen, was gemacht ist, und Er trägt alle Dinge mit Seinem kräftigen Wort. Aber das größte Seiner Werke zeigt uns der Apostel an mit den Worten: Er hat gemacht die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst. Wie hat Er das angefangen? Höret, ihr Himmel und Erde, nimm es zu Ohren: Gott ist ein Mensch geworden, Weihnachten haben wir Seine Geburt in Bethlehem gefeiert. Als Mensch konnte Er für uns leiden und sterben, als Mensch hat Er für uns gelitten, ist Er für uns gestorben, nachdem Er dreiunddreißig Jahre auf dieser armen Erde Segen und Wohlthaten verbreitet hatte. Da hing Er am verfluchten Holze des Kreuzes und brach aus in die Worte: Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen! da neigte Er Sein Haupt und verschied. So hat Er unsere Sünde getragen, so hat Er unsere Schuld bezahlt, so ist Er unsern Tod gestorben, und durch das Alles hat Er gemacht die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst. Ein Wunder ist die Schöpfung, ein Wunder ist die Erhaltung der Welt, aber ein viel größeres Wunder ist das Werk der Erlösung; denn bei der Schöpfung und Erhaltung kostete es Ihn nur ein Wort, aber bei der Erlösung mußte Er für uns Seine ganze Herrlichkeit, Sein Blut und Sein Leben daran geben. Wer hätte uns auch anders erlösen können als Er? Menschen können uns nicht retten; denn kann auch ein Bruder den andern erlösen? Es ist zu theuer eines Menschen Seele zu erlösen, Menschen müssen es anstehen lassen ewiglich, weil sie alle selbst Sünder sind. Kein Engel konnte uns erlösen, sie sind ja selbst Geschöpfe, ihre Gerechtigkeit, ihre Reinigkeit sind sie ihrem Schöpfer schuldig, die können sie nicht an Andere geben. Nur Gott allein kann uns erlösen und Er hat es gethan durch Seine Menschwerdung, Leiden, Sterben und Auferstehen. Und was hat Ihn zu dem Allen getrieben? Seine brünstige, innige Liebe zu uns armen Sündern, Er sah uns in unserm Elend liegen und sprach zu uns: Du sollst leben und nicht sterben. Wir haben Ihm nichts zuvor gegeben, das Er uns hätte vergelten müssen, wir waren nicht Seine Freunde, an uns war nichts liebenswürdiges; aber eben aus lauter Gnade und Erbarmen liebte Er uns, die wir Seine Feinde waren, die wir ohne Ihn hätten in die ewige Verdammniß fahren müssen und machte die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst. O meine Lieben, betet an mit dem klaren Glauben das erstaunliche Geheimniß der Liebe Gottes, eures Heilandes, der also euch geliebet, mit solcher Liebe um eure Seelen geworben hat; wahrlich, wenn solche Liebe nicht eure Herzen ergreift, überwältigt und überwindet, so habt ihr nicht ein fleischernes Herz in eurer Brust, sondern ein steinernes Herz, wenn solche unendliche erbarmende Liebe bis zum Tode euch nicht bewegt, euch solchem Heilande ganz und gar zum Eigenthum zu geben, Ihm zu leben, Ihm zu sterben, Ihm treu zu sein in Zeit und Ewigkeit, um Seinet willen alle Sünden zu hassen und zu lassen, um Seinet willen alles Wohlgefallen Seines Willens zu erfüllen in dankbarem Gehorsam und dem ewigen Erbe im Himmel nachzujagen in der Heiligung, so sind eure Herzen härter wie die Steine und Gott müßte sich aus den Steinen Kinder erwecken, wenn eure Seelen ungerührt blieben und euer Mund stumm. So läßt uns unser Text hineinschauen in Christi göttliches Wesen und Werk; nun vergleicht Ihn mit den Propheten, die Menschen sind und Seine Kreaturen; nun vergleicht Ihn mit den Engeln, die um Seinen Thron stehen, Ihm dienen und Seine Befehle ausrichten. Er ist der HErr, sie sind Seine Knechte, Er ist Gott, sie sind Kreaturen, Er ist Schöpfer, sie sind Geschöpfe. Darum hat Er auch einen viel höhern Namen ererbt vor ihnen; denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt: Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeugt? und abermal: Ich werde Sein Vater sein, und Er wird Mein Sohn sein? und abermal: Es sollen Ihn alle Engel Gottes anbeten? Einen solchen Heiland haben wir, meine Lieben, und es ist wahr, was der Apostel Petrus von Ihm sagt: Es ist in keinem Andern Heil, ist auch kein anderer Name, darin wir können selig werden, als der Name unsers HErrn Jesu Christi. An Ihm haben wir die Erlösung durch Sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden. Er hat uns zu Seinen Kindern gemacht, leitet und führt uns an Seiner treuen Hand, hilft uns im Kampf gegen Satan, Welt und Fleisch, errettet uns aus aller Angst, Noth und Gefahr, sendet uns Seine heiligen Engel, daß sie uns behüten auf unsern Wegen und führt uns endlich aus diesem Jammerthal in Seinen ewigen Freudensaal. Und unter welcher Bedingung sollen wir Sein Heil haben? Er fordert nichts als wahre Buße und rechten Glauben, die Er selber in uns wirken will und daß wir Ihn lieb haben möchten mehr als Alles in der Welt. Ja wahrlich der Apostel Paulus hat Recht, wenn er sagt: Christus steht höher als alle Propheten und Engel, denn Er ist unser Heiland, Erlöser und Seligmacher. Amen.
Vers 7-9.
Von den Engeln spricht Er zwar: Er macht Seine Engel Geister, und Seine Diener Feuerflammen. Aber von dem Sohne: Gott, Dein Stuhl währet von Ewigkeit zu Ewigkeit; das Scepter Deines Reichs ist ein richtiges Scepter. Du hast geliebet die Gerechtigkeit, und gehasset die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o Gott, gesalbet Dein Gott, mit dem Oel der Freuden, über Deine Genossen.
Der heilige Apostel Paulus hat im Vorigen, um die wahre Gottheit Christi zu beweisen, angefangen den HErrn Christum mit den heiligen Engeln zu vergleichen und hat damit gezeigt, daß der HErr Christus viel höher und herrlicher ist als die Engel. Das beweist er aus Seinem Namen, denn die Engel seien und bleiben Geschöpfe, der Sohn aber sei Schöpfer. So viel höher nun der Schöpfer als die Geschöpfe ist, so viel höher ist der Sohn Gottes als die Engel. Darum hat Gott der HErr den Engeln befohlen, daß sie den Sohn anbeten sollen, da Er ihr Schöpfer ist. In diesem Vergleich fährt er nun fort und sagt: Von den Engeln spricht Er zwar: Er macht Seine Engel Geister, und Seine Diener Feuerflammen; aber von dem Sohn: Gott, Dein Stuhl währet von Ewigkeit zu Ewigkeit. Er will damit sagen: Die heiligen Engel haben zwar ein höheres Wesen denn die Menschen, sie haben nicht Fleisch und Bein wie die Menschen, sie sind viel herrlicher ihrem Wesen nach als die Menschen; denn wenn sie erscheinen, so erscheinen sie in glänzender Gestalt. Als z. B. bei Jesu Auferstehung den Weibern die Augen geöffnet wurden, daß sie die Engel sehen konnten, da heißt es: Ihre Gestalt war wie der Blitz und ihr Kleid weiß wie Schnee. Sie sind geistliche Wesen mit geistlichen Leibern, aber ohne Fleisch und Bein. So groß aber diese Herrlichkeit auch sein mag, wie gering wird sie, wenn man sie mit Christi Herrlichkeit vergleicht. Denn von Christo heißt es: Gott, Dein Stuhl währet von Ewigkeit zu Ewigkeit. Die Engel sind Geister, Christus aber ist Gott. Die Engel sind Geschöpfe, Christus ist Schöpfer. Darum finden wir auch allenthalben in der heiligen Schrift, wo der Sohn Gottes und die heiligen Engel zusammen erwähnt werden, daß die Engel die Diener des Sohnes Gottes sind. Als der Sohn Gottes als ein Menschenkind geboren wurde, da verließen die Engel den Himmel, kamen auf die Erde und sangen: Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen; und einer der Engel predigte: Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird, denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der HErr in der Stadt Davids. Als Jesus mit dem Satan gekämpft und ihn überwunden hatte, da heißt es: Der Teufel verließ Ihn und die Engel traten zu Ihm und dieneten Ihm. Als Jesus, unser HErr und Heiland im Garten Gethsemane den schweren Kampf kämpfte, als Er mit dem Angesicht auf der Erde lag und blutigen Schweiß schwitzte, als Er rief: Mein Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch an Mir vorüber; doch nicht wie Ich will, sondern wie Du Mein Vater willst, da kam ein Engel vom Himmel und stärkte Ihn. Als Jesus siegreich aus dem Grabe auferstand, waren es die Engel, die den Stein wegwälzten. So ist Christus der Schöpfer, die Engel sind die Geschöpfe; Christus ist der HErr, die Engel sind die Diener. Wenn Gott der HErr den Menschen Wohlthaten erweiset durch den Dienst der Engel, so sagen sie: Der HErr hat mich gesandt; um damit auszudrücken, daß sie weiter nichts als Boten und Diener Gottes sind. Gott aber erscheint allenthalben als HErr. Wenn es im Psalm heißt: Das Scepter Deines Reichs ist ein richtiges Scepter, so wird damit die wahre Gottheit Christi angezeigt. Nun darf man Niemand Gott nennen, der nicht Gott ist; wenn ich Jemand Gott nenne, der nicht Gott ist, so begehe ich damit eine echte Teufelssünde. Hier aber sagt es die heilige Schrift, Gott selbst sagt es von Seinem Sohne. Der Stuhl Gottes ist der himmlische Thron, und dieser himmlische Thron währt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wer ist denn ewig? Niemand anders als Gott. Währet Sein Stuhl aber von Ewigkeit zu Ewigkeit, so ist der, der auf dem Stuhl sitzt, der ewige Gott. Sein Scepter ist ein richtiges Scepter. Welches ist denn das Reich des HErrn? Der Himmel und Alles was darinnen ist, die Erde und Alles, was darauf ist. Himmel und Erde und Alles was darauf und darinnen ist, bilden das Reich des HErrn. Darum heißt es: Ich habe Alles unter Deine Füße gethan; und abermals: Das himmlische Heer betet Dich an. Jesus regiert Sein Reich mit einem richtigen Scepter. Irdische Könige fehlen und sündigen, denn sie sind Sünder; dieser König fehlt nicht, denn Er ist Gott und Gott ist ohne Sünde. Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasset die Ungerechtigkeit. Ihr sehet daraus, daß unser HErr und König heilig ist, denn die Gerechtigkeit lieben und die Ungerechtigkeit hassen, das ist Heiligkeit. Fragst du, was das heißt: Gott ist heilig? so lautet die Antwort: Er lieht das Gute und haßt das Böse, und hier in unserm Text findest du den Grund dieser Antwort. Alles Böse ist Ihm ein Greul, alles Gute ist Ihm eine Freude. Warum? Weil Er heilig ist. Durch nichts betrüben Ihn die Menschen so sehr, als durch die Sünde; mit nichts machen Ihm die Menschen mehr Freude, als wenn sie das Gute thun. Nun heißt es weiter: Darum hat Dich, o Gott, gesalbet Dein Gott mit dem Oel der Freuden über Deine Genossen. Der Apostel will sagen: Es hat Dich, o Gott Sohn, Dein Gott, Gott der Vater, gesalbet mit dem Oel der Freuden d. h. mit dem heiligen Geist. Da findet ihr die drei Personen der heiligen Dreifaltigkeit. Gott der Vater ist es, der da salbt, Gott der Sohn wird gesalbt, und Gott der heilige Geist ist es, mit dem der Sohn gesalbt wird. Oder: Gott der Vater salbt Gott den Sohn mit Gott dem heiligen Geist. Unser Gott ist der dreieinige Gott, und der ist der einzig wahre Gott, den es im Himmel und auf Erden giebt. Diesen wahren Gott lehrt uns die Bibel kennen, auf dessen Namen sind wir getauft und konfirmirt, auf dessen Namen werden wir absolvirt in der Beichte, im Namen dieses dreieinigen Gottes werden wir jeden Sonntag und auch einst zum Sterben eingesegnet. Wann ist Gott der Sohn von Gott dem Vater mit Gott dem heiligen Geist gesalbt worden? Es wird uns erzählt, daß Jesus zu Johannes am Jordan gekommen sei und die Taufe begehrt habe; Johannes habe sich geweigert und gesagt: Ich bedarf wohl, daß ich von Dir getauft werde und Du kommst zu mir? Da habe es ihm der HErr befohlen und gesagt: Thue was Deines Amtes ist, denn also gebührt es uns alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Als nun Johannes den HErrn taufte, da that sich der Himmel auf und der heilige Geist kam auf Ihn herab gleich als eine Taube. Da ist erfüllt worden, was der 45. Psalm sagt. Da hat Gott der Vater Seinen Sohn gesalbt mit dem heiligen Geist und gesagt: Dies ist Mein lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe. Wenn wir nun unsers HErrn Jesu Wort, wie es in der Bibel steht, lesen, so können wir nicht daran zweifeln, daß es Gottes Wort ist. Denn Er ist nach Seiner göttlichen Natur wahrer Gott und nach Seiner menschlichen Natur gesalbt mit dem heiligen Geist. Was Er nun redet nach Seiner göttlichen oder menschlichen Natur, das ist alles Gottes Wort. Das bezeugt auch der Apostel Paulus an einer andern Stelle, wenn er sagt: Da ihr von uns empfinget das Wort göttlicher Predigt, nahmet ihr es auf, nicht als Menschen Wort, sondern, wie es denn auch wahrhaftig ist, als Gottes Wort, 2. Thess. 2, 13. Was sind wir Christen doch für glückliche Menschen! Wir wollen gern selig werden, wer soll uns den Weg zur Seligkeit zeigen? Können es Menschen? Sind die schon im Himmel gewesen, daß sie uns den Weg zur Seligkeit zeigen könnten. Wer aus dem Himmel kommt, der kann den Weg zum Himmel zeigen, wer noch nicht im Himmel war, der weiß diesen Weg aus sich nicht. Darum ist es so köstlich, daß Jesus, der von Ewigkeit her in des Vaters Schooß war, uns den Weg zur Seligkeit verkündigt. Frage ich Ihn: Wo kommst Du her? so antwortet Er: Aus dem Himmel, aus des Vaters Schooß. Nun der weiß den Weg, darum sagt Johannes: Niemand fährt gen Himmel, denn der vom Himmel hernieder gekommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist. Jesus ist vom Himmel gekommen, Jesus ist wieder in den Himmel gefahren, Er zeigt uns den Weg zur Seligkeit, Nun haben wir den rechten, sichern Weg. Darum kann Keiner selig werden, dem Gott nicht den Weg zeigt. Darum ist und bleibt die Haupt- und Grundlehre des Christenthums: Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch. Wer das wirklich glaubt, der ist ein wahrer Christ, der weiß den Weg zur Seligkeit. Wer das nicht glaubt, der ist kein Christ, er mag noch so rechtschaffen sein, der weiß den Weg zur Seligkeit nicht, den nur Jesus offenbart. So lehrt die heilige Schrift, so lehrt unser lutherisches Bekenntniß. Ihr habt eben den Spruch aus dem 45. Psalm gehört: Gott, Dein Stuhl währet von Ewigkeit zu Ewigkeit. Daß dieser wahre Gott Mensch geworden ist, das bezeugt dasselbe alte Testament, indem z. B. der Prophet Jesaias weissagt: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie heißen: Immanuel, das ist verdolmetscht: Gott mit uns. Nun wollen wir uns umsehen nach der Lehre des neuen Testaments, Da heißt es Röm. 9: Christus kommt her aus den Vätern nach dem Fleische, welcher Gott ist, über Alles gelobt in Ewigkeit. Oder hört eine andere Stelle: Kündlich groß ist das gottselige Geheimniß: Gott ist geoffenbart im Fleisch. Oder 2. Corinth. 5: Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit Ihm selber. So zeigen uns das alte und neue Testament den HErrn Jesum als wahren Gott und wahren Menschen. Und was sagt das Bekenntniß unserer Kirche? In der Erklärung des zweiten Artikels heißt es: Ich glaube, daß Jesus Christus wahrhaftiger Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren und auch wahrhaftiger Mensch von der Jungfrau Maria geboren sei mein HErr, der mich verlornen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben und gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels. Wenn du sagst: Ich glaube nicht, daß Jesus wahrer Gott und Mensch ist; was folgt daraus? Daß du kein lutherischer Christ bist. Aber das nicht allein, sondern du zeigst damit, daß du ein Ungläubiger, ein Heide bist, denn du glaubst der Bibel nicht, die im alten und neuen Testament Christi wahre Gottheit bezeugt. Darum wollen wir uns den Grund des Christenthums und der Seligkeit nicht rauben lassen, sondern wollen darauf leben und sterben, daß Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, Sein Blut am Kreuze vergossen hat, um uns mit Seinem Blute zu erlösen und zu seligen Menschen zu machen. Amen.
Vers 10-12.
Und Du HErr, hast von Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind Deiner Hände Werke. Dieselben werden vergehen, Du aber wirst bleiben; und sie werden alle veralten wie ein Kleid. Und wie ein Gewand wirst Du sie wandeln, und sie werden sich verwandeln; Du aber bist derselbe, und Deine Jahre werden nicht aufhören.
Der heilige Apostel Paulus hat im Vorigen den Beweis geführt, daß unser HErr Jesus, der am Kreuz für uns gestorben ist, wahrer Gott ist gelobt in Ewigkeit. Er hat uns da Jesum als den einzigen Grund unsers Heils vorgestellt, daß wir an diesen Jesum, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist, glauben müssen; denn selig kann nur der werden, der aufrichtig an den Gottmenschen Jesus Christus glaubt. Wer bloß glaubt an die Gottheit Christi, der kann nicht selig werden, denn ein solcher kann nicht glauben, daß Jesus für ihn gestorben ist. Ist Jesus nur Gott, so kann Er nicht sterben und sterben muß Er doch für unsere Sünden, wenn Er unser Heiland sein soll. Ebensowenig kann der selig werden, der da glaubt, daß Jesus nur Mensch ist; denn das Blut eines Menschen kann uns nicht erlösen. Darum kann nur der selig werden, der glaubt, daß Jesus wahrer Gott und wahrer Mensch ist; denn als der Gottmensch konnte Er sterben und doch ist Sein Blut Gottes Blut, daß alle unsere Sünden abwaschen kann. In dieser Beweisführung der wahren Gottheit Christi, der Mensch geworden ist, fährt der Apostel nun fort in unserm Text. Ihr sehet daraus, meine Lieben, wie wichtig die Lehre von der wahren Gottheit Christi ist. Das glauben wohl alle Christen, daß Jesus wahrer Mensch ist; aber daß Er auch wahrer Gott ist, bezweifeln viele. Darum kann der Beweis nicht scharf genug geführt werden, daß Jesus, am Kreuze für uns gestorben, der wahre Gott ist, gelobt in Ewigkeit. Der Apostel führt weitere Weissagungen des alten Testaments an, worin Christi wahre Gottheit bewiesen wird. Ist Christi wahre Gottheit im alten Testamente geweissagt, so müssen wir davon die Erfüllung im neuen Testamente finden, dann stimmen altes und neues Testament, also die ganze Bibel in der Lehre von der wahren Gottheit Christi überein. Zwei Weissagungen führt der heilige Apostel an, die dem 8. und 102. Psalm entnommen sind. Er sagt: Und Du, HErr, hast von Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind Deiner Hände Werk. Wird das von dem Messias ausgesagt, so wird Ihm damit das Werk der Schöpfung beigelegt. Du, HErr; wen meint er damit? Er will sagen: Du, o Messias, der Du in die Welt kommen sollst, die Menschen zu erlösen, von dem geweissagt ist: Eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie heißen Immanuel. Ihr sehet, die Schöpfung des Himmels und der Erde ist ein Werk Gottes des Sohnes. Wenn es heißt: Gott sprach: Es werde Licht; es scheide sich das Wasser so sind das Worte des Messias. Denn Du HErr, Messias, hast von Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind Deiner Hände Werke. Mit diesen Worten des alten Testaments stimmen genau überein die Worte des neuen Testaments. Ev. Joh. 1 lesen wir: Im Anfang war das Wort d. i. Gott der Sohn, und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. Da wird Gott der Sohn als Schöpfer der Welt hingestellt. Oder wenn ihr leset Col. 1, 16: Denn durch Ihn ist Alles geschaffen, das im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und Unsichtbare, beides die Thronen und Herrschaften, und Fürstenthümer und Obrigkeiten, es ist Alles durch Ihn und zu Ihm geschaffen; da ist wieder Jesus als Schöpfer der Welt dargestellt. So stimmen also altes und neues Testament darin überein: Jesus ist der wahre Gott, denn Er hat die Welt geschaffen. Dabei sehet ihr aber auch den himmelweiten Unterschied zwischen Schöpfung und Schöpfer, denn die Schöpfung vergeht, aber der Schöpfer besteht. Das bezeugt auch der Apostel, wenn er sagt: Dieselben werden vergehen, Du aber wirst bleiben; sie werden alle veralten wie ein Kleid, und wie ein Gewand wirst Du sie wandeln, und sie werden sich verwandeln; Du aber bist derselbe, und Deine Jahre werden nicht aufhören. Ja diese herrliche Schöpfung, die Gott der Sohn geschaffen hat, bleibt nicht wie sie jetzt ist, sondern wird vergehen. Der prächtige Himmel mit seinen zahllosen Sternen, die grünende und blühende Erde werden vergehen, denn es kommt ein Tag, der wird brennen wie ein Ofen und wird das Wort erfüllen: Dieselben werden vergehen und veralten wie ein Kleid. Und wer wird das thun, wer wird die Erde mit Feuer verbrennen, wer wird den Himmel vergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen lassen? Derselbe, der sie geschaffen hat, Jesus Christus. Wie Er gesprochen hat, daß es werde, so wird Er sprechen, daß es vergehe. So sehet ihr, daß der Weltschöpfer auch der Weltverwandler sein wird; denn nur von einem solchen Vergehen ist hier die Rede, das ein Verwandeln ist. Aus dieser alten Erde und aus diesem alten Himmel soll die neue Erde und der neue Himmel werden, darinnen Gerechtigkeit wohnt. Das würde allerdings nicht nöthig sein, wenn Himmel und Erde nicht mit der Sünde der Menschen befleckt wären. Weil der Sündenfluch nicht ewig bleiben kann im Himmel und auf der Erde, darum muß er heraus gebrannt werden. Aber ist es denn möglich, daß Himmel und Erde von der Sünde befleckt werden? Ja meine Lieben, wir sehen es vor unsern Augen, daß auch auf die Kreatur der Fluch der Sünde übergegangen ist. Warum seufzet und stöhnet die Kreatur? Um der Sünde willen. Warum seufzet das Pferd unter der Peitsche des Treibers? Warum stöhnt das Wild unter der Kugel des Jägers? Warum schreiet die Kuh unter dem Messer des Schlachters? Das kommt alles von der Sünde und dem Fluch der Sünde. Gott hatte von Anfang an Alles gut geschaffen, darum sollten die Thiere weder gequält noch geschlachtet werden; daß sie aber gequält und geschlachtet werden, das kommt von der Sünde. Ebenso geht es mit der leblosen Kreatur. Luther sagt z. B.: Wenn der Hurer seine Hurenwege und der Dieb seine Diebeswege des Nachts geht und der Mond muß ihm dazu leuchten, meinst du, daß der Mond das gern thut? Wenn der Mond nicht auch mit dem Sündenfluch befleckt wäre, so würde er sich verhüllen und nicht leuchten. Ebenso die Sonne. Wenn sich die Menschen z. B. auf dem Schlachtfelde tödten und verstümmeln, meint ihr, daß sie gern ihr Licht dazu hergiebt? Darum sehnt sich auch die Kreatur frei zu werden, und das soll am jüngsten Tage geschehen, wo das Feuer vom Himmel schießen und aus der Erde hervorbrechen wird. Wie einst bei der Sündfluth Alles durch Wasser verderbt wurde, so soll am jüngsten Tage alles durch Feuer vernichtet werden. Dann will Jesus die neue Erde und den neuen Himmel schaffen. Gleichwie aus dem verwesten Leibe des Menschen ein neuer Leib hervorgehen soll, so soll aus der alten verbrannten Erde die neue Erde hervorgehen, und die wird der ewige Wohnsitz der Auserwählten, der Seligen sein. Bei ihnen wird der HErr Jesus ewig wohnen, Er wird Seine Hütte unter ihnen haben. Da wohnt also der Jesus, der wahrer Gott und wahrer Mensch in Einer Person ist, der für uns am Kreuze gehangen und sich todt geblutet hat und mit Ihm alle heiligen Engel und alle seligen Menschen, die nicht blos zu den Berufenen, sondern auch zu den Auserwählten gehören. Diese neue Erde ist bevölkert mit einer Menge prächtiger Thiere; denn auch die Kreatur frei werden soll. Da sind Wölfe, die weiden mit den Lämmern, da sind Löwen, die weiden mit den Kühen, da sind die Thiere keine reißende Thiere mehr. Und die Menschen sind die gütigen Gebieter der Thiere; Peitschen, Flinten und Messer brauchen sie dann nicht mehr. Nichts als seliger Friede ist da zwischen Gott und Menschen, und zwischen Menschen und Thieren. Da sind keine Sandflächen, keine Eisfelder, keine Wüsten mehr; die Erde ist ein großer schöner Gottesgarten mit den herrlichsten Blumen und Bäumen. Wer das recht bedenkt, der muß es einsehen, daß das Größeste und Seligste ist ein Christ zu sein und als ein Christ einzugehen in das ewige Leben. Und das Alles bringt zu Stande dein Heiland Jesus Christus. Das ist der, der die Welt geschaffen hat, der sie einst verwandeln wird und der selbst nicht veraltet, dessen Jahre nicht vergehen, dein Gott und Heiland. Amen.
Vers 13-14.
Zu welchem Engel aber hat Er jemals gesagt: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich lege Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße? Sind sie nicht allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst, um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit?
Der heilige Apostel Paulus will in dem ersten Kapitel des Hebräerbriefs die wahre Gottheit Christi aus der Schrift beweisen und feststellen. Das ist auch seine Absicht bei unserm heutigen Text. Der HErr Jesus ist nicht bloß über alle irdischen Geschöpfe hoch erhaben, sondern auch über die himmlischen; das erweiset der Apostel dadurch, daß er den HErrn mit den heiligen Engeln vergleicht. Der HErr Jesus ist der wahre Gott, die Engel sind Geschöpfe; der HErr Jesus ist König, die Engel sind Unterthanen; der HErr Jesus befiehlt, die Engel gehorchen; der HErr Jesus sitzt auf dem Throne, die Engel stehen vor dem Thron. Dasselbe, was von Gott dem Vater gilt, das gilt auch von Gott dem Sohn. Wie die Engel zu dem Vater stehen, so stehen sie auch zum Sohne. Nun führt zuerst der Apostel die Weissagung aus dem 110. Psalm an, wo Gott der Vater sagt: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege; und fragt dann: Zu wem hat Er das gesagt? Zu welchem Engel hat Er das gesagt? Antwort: Zu gar keinem Engel, sondern zu dem Sohn. Das ist eine wunderbare Weissagung, die da handelt von der Gottheit, von der Menschwerdung und von der Erlösung Christi. Gott sagt zu Seinem Sohn: Setze Dich zu Meiner Rechten rc. Wenn Er so spricht, so scheint das anzudeuten, als ob Er da vorher nicht gesessen habe; und doch sagt die Schrift, daß Christus von Ewigkeit her in des Vaters Schooß war. War das aber der Fall, wie kann denn der Vater sagen: Setze Dich zu Meiner Rechten? Das weist uns hin auf jenes große Wunder, daß Gott der Sohn in Seiner großen Liebe den Thron des Vaters verlassen und der göttlichen Herrlichkeit sich entäußert hat und als Menschenkind auf die Erde gekommen ist, um uns zu erlösen. Nachdem das geschehen war, sagt der Vater zu Ihm: Nun hast Du, Mein Sohn, das Werk der Erlösung vollendet, hast erfüllt, warum Du den Thron des Vaters verlassen hast, nun setze Dich zu Meiner Rechten. So sollte der, der aus Liebe zu den Menschen den Thron der Herrlichkeit verlassen hatte, der gelitten hatte, gestorben, begraben und auferstanden war, zurück kehren auf den Thron des Vaters; und das ist geschehen durch die Himmelfahrt Christi. Der HErr, der auferstanden war von den Todten, ist nicht auf Erden geblieben, sondern gen Himmel gefahren und hat den Thron eingenommen, der Ihm gehörte von Anbeginn der Welt her. So steht es auch an andern Stellen der heiligen Schrift und wir finden, daß die ganze heilige Schrift von Anfang bis zu Ende darin übereinstimmt. So sagt der HErr Jesus z. B. Joh. 17: Und nun Vater, verkläre Du Mich mit der Klarheit, die ich bei Dir hatte, ehe der Welt Grund gelegt war. Von Ewigkeit her, will Er sagen, habe Ich die göttliche Herrlichkeit gehabt bei Dir auf dem Thron, Ich habe sie verlassen, als Ich die Menschen erlösen wollte; nun gieb sie Mir wieder, verkläre Mich, Vater. Sonst nirgends kann man so sehr die wunderbare Liebe, damit Jesus uns geliebt hat, sehen, als bei dem Wunder der Menschwerdung und Erniedrigung, aus welchem dann das Wunder der Erhöhung folgt. Denkt euch einmal so recht in dies Wunder hinein, wie der Sohn, der von Ewigkeit her in des Vaters Schooß war, zwischen denen eine Liebe stattfand, die man nicht ahnen, vielweniger aussprechen kann, wie Er diese Liebe verläßt, wie Er vom Himmelsthron auf diese Erde herabsteigt und ein Mensch wird, in allen Stücken uns gleich, nur nicht in der Sünde; wie Er 33 Jahre auf dieser verfluchten Erde wandelte, wo Er allenthalben der Sünde begegnet, wie Er mit allen Sünden und Unflath der Welt sich belasten lassen muß, um uns zu befreien und wie Er endlich mit unsern Sünden belastet an das verfluchte Holz des Kreuzes genagelt wird; und das Alles für die Menschen, die Ihn fortwährend beleidigen, und kränken. Dazu treibt Ihn die Liebe, um uns durch Sein bitteres Leiden und Sterben zu erlösen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels. Da kann man nur niederknieen, anbeten und sagen: Ich glaube es, daß Du die Menschenkinder lieb hast, begreifen kann ich es nicht. Als nun die Zeit erfüllet war und Jesus nach Seiner Auferstehung sich Seinen Jüngern lebendig erzeigt 40 Tage und mit ihnen geredet hatte vom Reiche Gottes, da wurde das Wort des Psalms erfüllt: Er ist aufgefahren gen Himmel in Begleitung vieler tausend Engel und hat sich gesetzt auf den Thron der Herrlichkeit. Da soll Er nun sitzen bis alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt sind. Man trifft viel Wunderbares in der Geschichte des Reiches Gottes an. Dazu gehört auch dies, daß den Menschen die Liebe Christi gepredigt wird und doch hassen Ihn die Menschen, statt Ihn zu lieben. Man sollte meinen, Alle müßten Ihn lieben, Keiner könnte Ihn hassen; aber so sehr ist das Gegentheil der Fall, daß man sagen muß: Wenige lieben Ihn, die Meisten hassen Ihn. Da sehet erstlich das jüdische Volk an, wie viele haben Ihn geliebt im Vergleich mit denen, die Ihn gehaßt haben? Die Zahl der Juden war damals wohl drei bis vier Millionen und noch mehr; und unter diesen Millionen, denen Er gepredigt, deren Kranke Er geheilt und die Er aus wunderbare Weise in der Wüste gespeist hat, finden wir nur 120 Seelen, als Jesus gen Himmel fuhr, die täglich zusammen kamen und um den heiligen Geist beteten. Der ganze große Haufe bestand aus solchen Leuten, die geheult hatten als die wilden Thiere: Kreuzige, kreuzige Ihn! Die gebrüllt hatten als die wilden Löwen: Hinweg mit Ihm, Er ist's nicht Werth, daß Ihn die Erde trage! Und auch mit denen die Ihn lieb hatten, sah es traurig aus. Bei der Kreuzigung des HErrn waren sie alle feldflüchtig geworden und erst nachher hatten sie sich wieder gesammelt. Recht treu waren sie noch nicht; aber sie waren doch Jünger, die Jesum nicht haßten, sondern herzlich lieb hatten. Das ist das Wunderbare, daß unser HErr Jesus, von dem man glauben sollte, Er könne nur Freunde haben, so ungeheuer viel Feinde hat, daß sie nach Millionen zu zählen sind, während Seine Freunde nach Hunderten gezählt werden können. Daß uns dies in der Bibel erzählt wird, das ist besonders den Pastoren sehr heilsam. Denn die Pastoren könnten sich leicht einbilden, die Gemeine müsse sie auf den Händen tragen, weil sie den Leuten den Weg zur Seligkeit zeigten. Aber wer das meint, der irrt sich sehr; denn statt sie auf den Händen zu tragen, haßt man die treuen Pastoren bitterlich. Und sind in der Gemeine wirklich Einige, die ihn lieb haben, so hassen ihn doch die Meisten und thun alles, was sie nur können, um ihn los zu werden. Wenn man aber sieht, daß Jesus statt Liebe nur Haß einerntet, dann verliert sich der thörichte Gedanke, daß man als Pastor besonders geliebt werden müsse. Wie wird es aber den Feinden Christi, die Jesum nicht als ihren Heiland annehmen wollen, ergehen? Ihrer harret ein schreckliches Loos: Sie sollen zum Schemel Seiner Füße gelegt werden. Gott der Vater sagt zu Seinem Sohn: Laß Dich's nicht verdrießen, daß die Menschen Dich hassen, daß sie ihre Kniee nicht vor Dir beugen wollen, daß sie Dich nicht als ihren Heiland annehmen wollen; Ich sage Dir, es kommt die Zeit, daß sie zum Schemel Deiner Füße gelegt werden sollen. Also anbeten soll Ihn alle Welt, denn umsonst steht es nicht geschrieben Phil. 2: Im Namen Jesu sollen sich beugen alle Kniee derer, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind. Am jüngsten Tage beugen Alle ihre Kniee vor Jesu; aber willig beugen sie nur die Gläubigen, die Ungläubigen thun es mit Zähneknirschen. Die Frommen fallen mit Freuden auf ihre Kniee vor dem, den sie hier schon angebetet haben; aber die Gottlosen sinken vor Angst auf ihre Kniee und der HErr setzt Seinen allmächtigen Fuß auf ihren stolzen Nacken. Müssen sie dann den HErrn anbeten und ihre Kniee vor Ihm beugen, so ist das das Schrecklichste dabei: Es hilft ihnen nichts zur Seligkeit; sie thun es eben nicht freiwillig, sondern aus Zwang, damit nur dem HErrn die Ehre gegeben wird, die Ihm gebührt. Ist der allmächtige Fuß des HErrn von ihrem Nacken weg, dann kommen sie in den Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel ewiglich brennt und werden ewig gequält für das, was sie hier an dem Sohn gesündigt haben. - So hat der Vater zu dem Sohn gesprochen. Von den Engeln heißt es: Sind sie nicht allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst, um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit? Zu den Engeln sagt Gott nicht: Setze dich, sondern: Thue das! Wie die Diener zu ihrem Herrn, so stehen die Engel zu Jesu. Gott hat die Engel eher geschaffen als die Menschen, denn Hiob 38 heißt es: Wo warest du, da Mich die Morgensterne mit einander lobten, und jauchzten alle Kinder Gottes? Die Schöpfung der Sonne, Mond und Sterne ist bekanntlich das dritte Tagewerk Gottes; und bei der Schöpfung dieser Himmelskörper haben die heiligen Engel gejauchzt. Sie sind die erste Schöpfung des HErrn und darum auch viel herrlicher als die Menschen. Während die Menschen einen groben irdischen Leib haben, haben die Engel einen feinen geistlichen Leib, darum heißen sie dienstbare Geister. Solche geistige Leiber werden wir auch einst haben, wie das der Apostel Paulus 1. Cor. 15, 42-44 beschreibt. Aber die Engel sind doch weiter nichts als Geschöpfe. Zwar erscheinen sie herrlich, wenn Menschen einmal die Augen geöffnet sind sie zu sehen, wie z. B. den Weibern am Auferstehungsmorgen, oder dem Knaben des Propheten Elisa bei Dothan; dennoch sind sie nicht der Schöpfer. Aber das ist so herrlich bei ihnen, sie sind so demüthig, daß es ihre Lust ist ausgesandt zu werden zum Dienst, um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit. Denkt euch diese Wesen, viel herrlicher als wir, mit himmlischer Schönheit, mit ihrer starken Kraft und außerordentlichen Schnelligkeit, sie haben keine größere Freude als den Menschen zu dienen, die ererben sollen die Seligkeit. Denn nicht allen Menschen sollen sie dienen, z. B. nicht den Gottlosen; mit denen haben wohl die Teufel zu schaffen, aber nicht die heiligen Engel. Sie dienen den Frommen und Gläubigen. Bei der heiligen Taufe bekommt jeder Christ seinen Engel, und der begleitet ihn auf allen Wegen; erst wenn der Christ von Gott abfällt, dann weicht sein Engel von ihm. Wenn ihr bedenkt, wie die Menschen oft so hochmüthig sind, wie sie immer befehlen und nie dienen wollen, dann könnt ihr erkennen, wie selig die Engel sein müssen, die immer dienen. Wer das Dienen als ein Christ den Engeln abgelernt hat, dem ist es eine selige Freude Engelwerke zu thun. Die Engel dienen uns im Leiblichen und im Geistlichen und machen uns das Leben auf Erden leicht, wo sie nur können. Man findet das allenthalben in der heiligen Schrift bestätigt. Ein Engel befreiet Petrus aus dem Gefängniß. Ein Engel hält den Löwen den Rachen zu, daß sie Daniel nicht fressen können. Ein Engel stellt sich vor die drei Männer im feurigen Ofen, daß das Feuer sie nicht antasten durfte. Den Erzvater Jakob begleitete eine ganze Schaar Engel auf seiner Reise nach Mesopotamien. Von den Engeln heißt es im 91. Psalm: Denn Er hat Seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen, daß si? dich auf den Händen tragen, und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. Sie helfen uns kämpfen gegen den Teufel, so daß wir Gott nicht genug danken können für solche Bundesgenossen. Ja sogar Haus und Hof, Acker und Vieh behüten und beschützen sie uns, daß der böse Feind das nicht beschädigen kann. Darum laßt uns unser lutherisches Morgen- und Abendgebet nicht vergessen: Dein heiliger Engel sei mit mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde. Damit laßt uns des Morgens aufstehen, damit laßt uns des Abends zu Bette gehen. Amen.