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"die Bibel sagt nicht ..."

"die Bibel sagt nicht ..."

In der Auseinandersetzung mit den Lehren anderer Gemeinschaften kann man mitunter lesen: „Die Bibel sagt davon nichts …“ Ist eine solche Argumentation angemessen? Unter bestimmten Umständen schon, aber es ist dabei zu beachten:

  • In manchen Kirchen/Sekten gilt zwar die Bibel als Autorität, aber es gibt dort auch eine für die Anhänger verbindliche Auslegungsinstanz. Die Anhänger solcher Gruppen sind dann - soweit sie überhaupt selber die Bibel lesen - nicht so stark darauf fixiert, nur das glauben/tun zu wollen, was ausdrücklich so in der Bibel gesagt wird. In diesem Fall wird eine solche Argumentation oft unwirksam bleiben.
  • Bei ernsthafter Auseinandersetzung mit anderen christlichen Gruppen stellt man mit Erstaunen fest, daß sich auch für absonderlich klingende Lehren eine „biblische“ Begründung angeben läßt - eine Begründung jedenfalls, die auf Bibelverse zurückgreift. Die Widerlegung durch „Die Bibel sagt davon nichts …“ geht manchmal schon deshalb ins Leere, weil es sehr wohl Bibelverse gibt, die im Sinne dieser Sonderlehren gedeutet werden können.
  • Auch wir selbst tun und lehren manches, was so nicht ausdrücklich in der Bibel steht. Wir verwenden elektrischen Strom, fahren Rad … Und wir machen Aussagen über die Dreieinigkeit Gottes, sogar an vorderer Stelle in unseren Glaubensbekenntnissen … Warum? Uns geht es ja vor allem darum, ob das, was wir tun und lehren, dem Sinne nach der Bibel entspricht - nicht unbedingt, ob es wörtlich und ausdrücklich so in der Bibel vorkommt.

Betrachte die folgenden Texte: Sind sie geeignet, Andersdenkende zu überzeugen? Was könnte der Andersdenkende dagegen einwenden?

97 „Was lehrt die Bibel über 'Sakramente'?

Der Herr Jesus hat seinen Jüngern befohlen, zwei sichtbare, symbolhafte Handlungen durchzuführen: die Taufe und das Abendmahl. Wir finden keinen Befehl zur Firmung, Priesterweihe und Letzten Ölung, ebensowenig wird von der Ehe und Buße (im röm.-kath. Sinn) als einem 'Gnadenmittel' geredet, so daß wir die Lehren über die sieben Sakramente als unbiblische Lehren verurteilen müssen.“1)2)

98 „Allein der Glaube an Christus wirkt Erlösung und Rechtfertigung: nirgends lesen wir, daß es Stoffe und Materialien als Träger der Gnade gibt, oder daß Gnade und geistliche Gaben durch Menschen, Riten oder Zeremonien vermittelt werden.“ 3)4)

99 „… brach Jesus Brot und gab es den Jüngern mit der Bemerkung: 'Dieses ist mein Leib' (Mk 14,22-25). War diese Aussage real oder symbolisch gemeint? …
Das Abendmahl im 2. und 3. Jahrhundert
… Als für die Gesamtheit der kirchlichen Autoren typisch lassen sich folgende Entwicklungszüge erkennen:
1. Die Redeweise klingt realer
Während das NT noch vom 'Brotbrechen' (Apg 2,42) und vom 'Brot essen' (1. Kor 11,26-28) gesprochen hatte, ändert sich nun die Redeweise: Die Formulierung 'den Leib des Herrn essen' wird sehr gebräuchlich.“5)

100 „Die erste Predigt für Heiden wurde vom Apostel Petrus gehalten. Er sagte: „Von diesem zeugen alle Propheten, daß durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen“ (Apg 10,43). Hier wird keine einzige andere Voraussetzung genannt; also auch nicht eine verpflichtende Teilnahme an der Messe oder etwas derartiges. Die Art und Weise, auf die man der Vergebung der Sünden teilhaftig werden kann, ist ausschließlich der Glaube an Christus.“ 6)7)

101 „Im Neuen Testament sehen wir, daß die Jünger untereinander in enger Liebe verbunden waren; dennoch wurde kein Versuch unternommen, mit getöteten Märtyrern Kontakt aufzunehmen. Wir lesen auch sehr viel über das Gebet, aber an keiner Stelle finden wir einen Hinweis darauf, daß wir zu Verstorbenen beten dürften. … Hippolyt bat verstorbene Heilige um ihre Fürbitte. Und zwar wandte er sich an die drei Freunde Daniels, die in den Feuerofen geworfen wurden - das Alte Testament berichtet davon (Daniel 3). Das ist insofern bemerkenswert, als hier ein Kontrast sichtbar wird. Auch die Jünger Jesu, von denen das Neue Testament berichtet, hätten sich ja an Männer Gottes des Alten Testaments wenden können - wenn sie der Meinung gewesen wären, daß ein Gebet zu verstorbenen Heiligen richtig und nützlich ist.“8)

Lösungen

1) , 3) , 6)
97, 98 und 100 argumentieren nur mit „Die Bibel sagt nicht …“. Für diese Argumentationsweise beachte obige grundsätzliche Bedenken. Außerdem ist zu den einzelnen Texten zu sagen:
2)
97: Für die verschiedenen Sakramente gibt es durchaus Versuche, sie auf biblische Aussagen zurückzuführen (wenngleich die Zurückführung auf das Leben Jesu nicht bei allen Sakramenten durch Bibelverse begründet werden kann).
4)
98: Hierfür ließe sich aus AT und NT manches zur Begründung anführen - so pauschal wird man das Heranziehen von bestimmten Stoffen, Menschen oder Zeremonien nicht abtun können.
5)
99: Hier wird nicht bloß auf das Fehlen einer bestimmten Formulierung im NT hingewiesen, sondern auch gezeigt, daß es diese Formulierung dann in den darauffolgenden Jahrhunderten gab - daraus könnte auch auf eine Verschiebung im Verständnis rückgeschlossen werden.
7)
100: Der Glaube hat aber konkrete Ausdrucksformen und auch Folgen, auch nach unserer Ansicht. Das eine schließt also das andere nicht unbedingt aus. (Im übrigen gibt es durchaus eine Bibelstelle, die im Sinne einer Heilsnotwendigkeit der Eucharistie-Teilnahme verstanden werden könnte, nämlich Joh 6,53: „Wenn ihr nicht das Fleisch des Sohnes des Menschen eßt und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch selbst.“)
8)
101: Hier wird nicht nur gesagt, daß eine bestimmte Praxis im NT fehlt, sondern es werden auch Situationen dargelegt, bei denen eine Erwähnung dieser Praxis - hätte es sie gegeben - naheliegend gewesen wäre. (Also eine Argumentation im Sinne von: „Die Bibel sagt nicht …, obwohl gute Gelegenheiten dazu da waren.“)
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