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Teil C

Teil C

Haben wir aus den Fehlern gelernt?

„Bedauerlicherweise haben sich im Laufe der Zeit die Deutungen vieler prophetischer Bibelausleger … als irrig erwiesen. Dadurch hat ihre Glaubwürdigkeit verständlicherweise gelitten.“ (Goetz 233)

„Warum sollte es also heute anders sein? Wenn Prophetie-Spezialisten während der vergangenen acht oder zehn Jahrzehnte oft durch falsche Vorhersagen von sich reden machten, warum sollte es sich ausgerechnet in unserer jetzigen Zeit anders verhalten? Könnten nicht auch das vorliegende Buch und sein Verfasser die lange Reihe aufrichtiger, aber irregeführter Unheilspropheten vergrößern?“ (Goetz 218)

William Goetz wirft hier eine selbstkritische und berechtigte Frage auf. Er verweist auf die lange Liste der bisherigen Mißerfolge. Eine solche Erfahrung sollte sicherlich zu Konsequenzen führen. Wie sieht die Reaktion in der Praxis aus?

1. Keine echte Umkehr

In Kap. A,9 haben wir uns mit der Beurteilung von Fehlvorhersagen befaßt. Dort sind wir auf drei Kriterien eingegangen, die zu berücksichtigen sind im Hinblick auf die Frage, wann von einem „Falschpropheten“ zu sprechen ist: Wenn jemand

  1. sich auf Gott beruft als Quelle seiner Vorhersage,
  2. seine Vorhersage als etwas Sicheres oder zumindest sehr Wahrscheinliches hinstellt, und
  3. seine Vorhersage öffentlich bekanntmacht.

Wie sollen wir folgenden Fall beurteilen? Ein Christ steht im Dienst Gottes und tut tatsächlich einen segensreichen Dienst. Auf irgendeine Weise kommt er auf eine bestimmte Vorhersage und entschließt sich dazu, sie zu veröffentlichen. Vielleicht läßt er sich gerade durch das Empfinden der Nähe Gottes, durch den spürbaren Segen auf seinem Dienst dazu verleiten, seine Deutungen verschiedener Bibelstellen für absolut richtig zu halten. Er publiziert also seine Vorhersage, und sie stellt sich als falsch heraus. Bedeutet das, daß wir ihn insgesamt als falschen Propheten einstufen müssen, und daß wir alles, was er tat und tut, als negativ einstufen müssen?

Ich meine, daß wir hier doch einen Unterschied machen sollten, daß wir Gutes und Schlechtes erkennen und auch entsprechend einschätzen sollten. Weder sollten wir angesichts einer Sünde eines Menschen alles andere, was er tut, gleichfalls negativ bewerten, noch sollten wir angesichts positiver Handlungen/Lehren eines Menschen die Augen vor Sünde verschließen oder versuchen, diese Sünde zu verharmlosen oder zu beschönigen. Die Bibel gibt uns dafür mehrere Beispiele. Von dem, was David, Salomo oder die Jünger Jesu geschrieben haben, können - und sollen! - wir sehr viel lernen. Deren Schriften finden wir in der Bibel; daneben wird aber in der Bibel von deren Sünden offen berichtet. Es wird dort nicht versucht, deren Sünden zu verschweigen oder zu verharmlosen.

Gerade aus der Bibel lernen wir ja auch, daß bei Gott Vergebung möglich ist. Eine solche Vergebung setzt aber Umkehr voraus. Wenn ein Mensch auf Sünde aufmerksam wird und er versucht daraufhin, zu erläutern, daß diese Sünde ohnehin nur ganz minimal war, ja daß sie eigentlich gar nicht als „Sünde“ anzusprechen sei, sondern höchstens als „Fehler“, daß dieser Fehler aber sehr natürlich und sehr verständlich gewesen sei, und daß letztlich auch dieser Fehler noch sehr positive Auswirkungen hatte, dann ist er von einer wirklichen Umkehr noch sehr weit entfernt!

Sollten wir das falsche Vorhersagen im Namen Gottes als „Sünde“ ansprechen? Wenn man die alttestamentlichen Aussagen dazu ansieht - den Befehl, einen solchen falschen Propheten zu steinigen, oder den Bericht über Hananja, der innerhalb eines Jahres starb -, so besteht kein Zweifel, daß es sich hierbei um eine schwere Sünde handelt.

Vergebung ist möglich, aber die Voraussetzung dazu ist Umkehr. Dort, wo eine solche Umkehr geschehen ist - was Schulderkenntnis, Schuldbekenntnis und radikales Abwenden von einer solchen Handlungsweise einschließt -, vergibt Gott. Und dort sollten auch wir vergeben und nicht immer wieder daran erinnern und somit bereits vergebene Schuld aufwärmen.

Wie steht es nun in der Praxis mit einer solchen Umkehr? Werfen wir zuvor einen Seitenblick auf die Zeugen Jehovas, die ja genügend Veranlassung zu einer solchen Umkehr hätten. Bei der Wachtturmgesellschaft läßt sich von einer solchen tiefgreifenden Umkehr nichts bemerken. Vielmehr ist sie eifrig darum bemüht, ihre eigene Handlungsweise zu verniedlichen und zu rechtfertigen. Sie vergleicht ihr eigenes falsches Vorhersagen mit den Fragen und Überlegungen der Jünger (wie in Apg. 1,6 berichtet), sie spricht von der Möglichkeit, daß ein Gesprächspartner der ZJ sich auf „angebliche 'Vorhersagen', die nicht eingetroffen sind“, bezieht (also bloß angebliche!), sie gehen zum Gegenangriff über, indem sie nach dem Motiv der Kritiker fragen, und sie führen ihren Eifer für die Sache Gottes als Grund für diese falschen Vorhersagen an (in meinem Buch S. 87f).

Nun gut, das sind die ZJ, das hat mit uns nichts zu tun. Wenden wir uns jetzt den evangelikalen Endzeitautoren zu, um zu sehen, wie deren Umkehr aussieht.

Was die Verlage betrifft, so fällt auf, daß sie mitunter sogar unveränderte Auflagen nachdrucken! Etwa Hal Lindseys Alter Planet Erde wohin (1971) oder Wilkersons Die Vision (1974) wurden noch 1991 nachgedruckt. Solche Fälle sind besonders kraß, weil dabei ja offensichtlich Falsches weiterhin verbreitet wird.

Und die Autoren? Im allgemeinen nehmen sie das Zeitgeschehen zur Kenntnis und bringen dann veränderte Vorhersagen heraus. Doch das gehört schon zum nächsten Kapitel. Von einer tiefgreifenden Umkehr, die ja ein Abwenden von dieser ganzen Art, mit biblischen Endzeitaussagen zu spekulieren, beinhalten würde, sind sie jedenfalls weit entfernt.

2. 'Jetzt stimmt es wirklich!'

Eingangs hatten wir die nüchterne Mißerfolgsfeststellung von William Goetz zitiert. Wie sehen nun die Konsequenzen aus, die Goetz vorschlägt?

Sehr radikal sind die Konsequenzen von Goetz nicht, das möchte ich vorausschicken. Seine Antwort ist: Jetzt stimmt es wirklich, läßt sich doch beobachten, „daß das Wesen unserer Welt heute global und rapide jene Merkmale annimmt, die Harmagedon zugrundeliegen“. Das ist allerdings ein subjektiver Eindruck, und diesen subjektiven Eindruck hatten auch die früheren „Prophetie-Spezialisten“. Deshalb meine ich, daß aus den bisherigen Vorhersage-Mißerfolgen grundlegendere Konsequenzen gezogen werden müssen. Lediglich zu sagen, daß es heute wirklich stimmt, weil gemäß unserem Eindruck die Vorzeichen der Endzeit in einem stärkeren Maß gegeben sind als in früheren Zeiten, ist zuwenig. Dieses Vorgehen erinnert an die Zeugen Jehovas. Auf die falschen Vorhersagen der Wachtturmgesellschaft in der Vergangenheit angesprochen, heben manche ZJ ihre Korrekturbereitschaft hervor: 'Ja, die ZJ erkannten bezüglich der Zukunft nicht alles richtig, aber sie waren bereit, sich zu korrigieren.' - Natürlich, im nachhinein weiß man es immer besser. Es wäre auch schwierig, solche Vorhersagen, die ein bestimmtes Jahr der Erfüllung nannten, das mittlerweile ergebnislos verstrichen ist, weiterhin in derselben Form aufrechtzuerhalten. Eine solche „Korrekturbereitschaft“ ist daher nichts Großartiges. Wenn die ZJ aber an die Stelle der alten Vorhersagen, die sich mittlerweile als falsch herausgestellt haben, neue Vorhersagen setzen, so haben sie die wesentliche Korrektur doch noch nicht vollzogen. Wenn sich alte Vorhersagen als falsch erwiesen - spätestens dann sollte der Prophet ja erkennen, daß er überhaupt mit dem Vorhersagen aufzuhören hat. Zumindest sollte er beim Präsentieren seiner Vermutungen wesentlich behutsamer werden.

Das Beunruhigende an solchen Änderungsprozeduren ist die - scheinbar - beliebige Austauschbarkeit. Man kann eine bestimmte Bibelstelle mit einer konkreten Gegenwartsgröße in Verbindung bringen, man kann aber genausogut eine andere Größe heranziehen, ohne daß der Text des Endzeitbuches im übrigen wesentlich geändert werden muß. (Es heißt dann, das Buch wurde „aktualisiert“.) Ist die Bibel wirklich derart vieldeutig, daß man aus bestimmten Bibelstellen wahllos verschiedenste Schlußfolgerungen ziehen kann - eine ist so gut wie die andere, man kann ohne weiteres die eine durch die andere ersetzen? Falls die Bibel wirklich so vieldeutig ist, hat sie dann überhaupt noch irgendeine Aussagekraft? Oder liegt es eher an den Endzeitautoren, indem sich diese von vornherein so weit von den unmittelbaren Bibelaussagen entfernt - in einen Bereich der Spekulation begeben - haben, daß nun verschiedene Deutungsmöglichkeiten ohne weiteres gegeneinander austauschbar sind? Das wäre aber kein verantwortungsbewußter Umgang mit der Bibel.

Wie verhielten sich nun jene Endzeitautoren, denen man falsche Vorhersagen nachweisen kann, in ihrer weiteren Publikationstätigkeit? Wilkerson ließ seiner 1974 publizierten Vision noch zwei weitere Endzeit-Bücher folgen (1978 und 1987 erschienen). Malgo hat in seinen Zeitschriften weiterhin ein Schwergewicht auf der Endzeit, sein gratis und massenhaft verbreitetes Buch Was sagt die Bibel über das Ende der Welt? erschien 1990 in überarbeiteter Form. Baar brachte 1991 ein neues Buch heraus. Gerth überarbeitete sein Buch 1989 („vollständig“), wobei er den Text weitgehend beließ …

3. Niemand überprüft den Vorhersage-Erfolg

Wenn man solche vor Jahrzehnten erschienene Endzeitbücher zur Hand nimmt, wundert man sich über die Risikobereitschaft dieser Autoren. Es muß ihnen doch bewußt gewesen sein, daß sie sich hier auf ein sehr glitschiges Terrain begeben, wo ein Ausrutschen beinahe unvermeidlich ist? Und man wundert sich auch über die große Zahl der Leser, die weiterhin Literatur dieser Art verschlingen. Beim Betrachten der älteren Literatur müßten sie doch sehen, wieviel danebengegangen ist!

Meine Verwunderung resultiert wohl daraus, daß ich von einer nicht zutreffenden Voraussetzung ausgehe. Die Leser solcher Literatur leben in der Gegenwart; die ältere Literatur interessiert sie nicht so sehr, gibt es doch mittlerweile neuere! So wird vielen Lesern gar nicht bewußt, wieviele der Vorhersagen danebengingen. (Übrigens reagieren ZJ ähnlich, wenn sie von einem Informierten - den sie mit verharmlosenden Antworten nicht zufriedenstellen können - auf Falschvorhersagen der Vergangenheit hingewiesen werden: Wichtig ist die neuere Literatur der ZJ, nicht die ältere …)

Wir sollten also eine Formulierung von Goetz etwas präzisieren. In dem eingangs dieses Teiles C angeführten Zitat meinte er, daß Prophetie-Spezialisten „oft durch falsche Vorhersagen von sich reden machten“. Sie machten tatsächlich durch ihre Vorhersagen von sich reden. Als sich ihre Vorhersagen als falsch erwiesen, hatte sich der Wirbel um deren Vorhersagen längst gelegt, ihre Bücher waren bereits in zehn- oder hunderttausenden Exemplaren abgesetzt, und die Aufmerksamkeit der Leser hatte sich inzwischen bereits anderen, aktuelleren Büchern zugewandt. So wurde nur wenigen bewußt, daß es sich um falsche Vorhersagen gehandelt hat. Also nicht weil sie falsch waren, erregten diese Vorhersagen Aufsehen, sondern weil sie sensationell klangen.

Abgesehen von der geringen Neigung, die ältere Literatur einer Überprüfung zu unterziehen, stößt ein solcher Überprüfungsversuch auch auf Grenzen. Bei Flugblättern und Zeitschriften (z.B. Malgos) ist eine solche Überprüfung schwer möglich, weil kaum jemand sie über Jahre hinweg aufhebt.

Wenn sich aber diese Literatur trotz zahlreicher Fehlschläge weiterhin so gut absetzt, so ist natürlich auch für die Verlage die Versuchung groß, weiterhin solche Literatur zu produzieren. Um diesen schädlichen Zustand zu verändern, habe ich dieses Buch geschrieben. Wenn sich einmal jemand die Mühe macht, diese Literatur hinsichtlich ihres Voraussageerfolges zu überprüfen, dann wird die Mangelhaftigkeit dieser Literatur aufgedeckt - und das könnte zur Ernüchterung der Verfasser führen. So hoffe ich, dazu beizutragen, daß Christen in Hinkunft vorsichtiger werden und sich nicht in so riskanter Weise festlegen. Gleichzeitig wende ich mich an die Leser. Wenn diese erkennen, daß eine bestimmte Literatur letztlich nicht nützt, sondern eher schadet, werden sie dazu auf Distanz gehen. Was zur Folge hätte, daß dann diese Sorte von Literatur nicht mehr so viele Abnehmer findet. Aber vermutlich beruht diese Hoffnung auf meinem unverbesserlichen Optimismus. Denn viele Menschen wollen eben jetzt schon genau wissen, was die nächsten Jahre bringen werden, und wenn die Spekulationen darüber nur hinreichend sensationell sind, werden sie begierig aufgenommen. Doch damit sind wir schon beim nächsten Kapitel.

4. Neugier verleitet zu neuerlichen Vorhersagen

Erich Geldbach vermutet Neugier als treibende Kraft: „Bei der Beurteilung der Endzeiterwartung muß man davon ausgehen, daß die Fülle der heilsgeschichtlichen Entwürfe, der nicht eingetretenen Terminangaben und der Berechnungen, die sich ja alle auf die gleichen Verse und Kapitel der Hl. Schrift beziehen, zu äußerster Vorsicht mahnen. Fromme Neugier darf nicht zum 'Einlegen in die Hl. Schrift' statt zur 'Auslegung' führen.“

Vielleicht gibt es unter uns Christen vieles, was sich im Kern mit den von uns abgelehnten Vorgängen und Motiven der „Welt“ deckt - wobei dann bloß die äußere Form anders ist. So stellt Samuele Bacchiocchi weitreichende Vergleiche an: „Während sich einige an Horoskope oder an Jeanne Dixon wenden, um Licht über die Zukunft zu erhalten, wenden sich andere an 'christliche Propheten' wie Hal Lindsey, der die Bibel als Kristallkugel verwendet, um daraus die unmittelbare Zukunft vorherzusagen.“ (S. 9)

Ein harter Vorwurf! Jeder Leser sollte selbst überprüfen, wie stark seine eigene Neigung dazu ist. Wie reagierst du, wenn du auf dem Titelblatt eines Buches liest: „Erstaunliche Hinweise, daß lang prophezeite einschneidende Ereignisse im Anzug sind“? Denkst du: 'Wieder so ein Unsinn!' und befaßt dich gar nicht damit, oder greifst du neugierig danach?

Auch Michael Weyer-Menkhoff vermutet in seinem Artikel ‚Angst vor der Endzeit?‘, daß die Neugier ein wesentliches Motiv für die Beschäftigung mit der Endzeitthematik ist: „nennen wir es Sensationslust oder Nervenkitzel oder die Sehnsucht nach geheimnisvollem Insider-Wissen. So stürzt man sich auf entsprechende Dinge, die biblisch scheinen, die dazu noch spannend sind: Israel, Endzeit. Und ist es nicht wirklich befriedigend, wenn man sich denkt, man könne Gott auf den Schreibtisch schauen und genau sehen, was er alles vorhat - und die ungläubige Welt weiß das alles nicht!?“ (S. 3)

Es ist nicht falsch, sich zu überlegen, wie sich die biblischen Endzeitaussagen, wenn sie an die gegenwärtige politische Konstellation anknüpfen, verwirklichen könnten. Zu überdenken ist dabei jedoch zweierlei: Wieviel Zeit soll dafür investiert werden? In welcher Form sollen die Ergebnisse dieser Überlegungen präsentiert werden?

Wie kann ein Christ die genannten Gefahren vermeiden? Zuerst sollte er seine eigene Motivation überprüfen. Er wird sich fragen müssen: Warum lese ich ein Buch? Weil ich Aufregendes, Sensationelles haben möchte? Dann wird mich dieser Wunsch dazu verleiten, solche Autoren zu bevorzugen, die überdramatisieren, Effekthascherei betreiben, die Zukunft (mittels biblischer Aussagen) detailliert beschreiben, vielleicht auch schon den Antichristen genau bezeichnen können. Wer sich vor allem von Neugier und von Besserwisserei leiten läßt, wird sich auf derartige Autoren stürzen. Manche Leute, so scheint es, wollen betrogen werden.

Überhaupt dürfen wir die Beschäftigung mit der biblischen Endzeitprophetie nicht zu einseitig intellektuell handhaben. Bei der Lektüre von Jesu Zukunftsrede wird der Leser wiederholt durch Imperative angesprochen. Er liest, was er tun soll:

  • „Gebt acht, daß euch niemand irreführt!“ (Mt 24,4)
  • „Laßt euch nicht erschrecken!“ (V. 6)
  • „dann sollen die Bewohner … fliehen“ (V. 16)

Diese dichte Aufeinanderfolge von Imperativen zeigt, daß hier praktische Handlungsanweisungen gegeben werden. Es geht also nicht so sehr um eine theoretische Wissensvermittlung über eine Chronologie der Zukunft.

5. Falschvorhersagen als erfolgreich hingestellt

Ein besonders frappierender Weg, mit falschen Vorhersagen umzugehen, sieht so aus, daß so getan wird, als wäre richtig vorhergesagt worden.

Wir können diesen Weg etwa bei den ZJ beobachten. Da kann man z.B. hören: 'Die damaligen Vorhersagen waren zwar nicht in allen Details, aber doch im wesentlichen treffend.' - Das stimmt jedoch nicht, und die Wachtturmgesellschaft vermeidet es auch wohlweislich, diese Vorhersagen konkret zu zitieren, weil dadurch offensichtlich werden würde, daß sie danebengegangen sind. Ein solcher Umgang mit der Wahrheit wirft die Frage auf, ob diese Irreführung absichtlich erfolgt, oder ob die Berichterstatter so verblendet sind. Jedenfalls kann uns das als Warnung dienen, so daß wir die Behauptung, jemand hätte richtig vorhergesagt, nicht blind glauben, sondern überprüfen.

Als Klaus Gerth 1982 sein Buch über den Antichristen herausbrachte, verwies er auch auf Lindseys Buch: „Zehn Jahre sind seit Erscheinen des Buches 'Alter Planet Erde, wohin?' vergangen. Damals war es für viele ein verwerfliches Buch. Heute sieht die Sache ganz anders aus.“ (S. 9f) Das klingt so, als hätten sich Lindseys Vorhersagen mittlerweile als treffend herausgestellt. Und in bezug auf Wilkersons Bücher Die Vision und Wetterleuchten des Gerichts schrieb Bernd Ewert im Jahr 1987: „Viele darin enthaltene Voraussagen haben sich schon erfüllt oder sind im Begriff, es zu tun.“ (im Vorwort zur deutschen Ausgabe von Wilkersons Buch Lass die Posaune erschallen, S. 7). Ewert verzichtet allerdings darauf, konkrete Beispiele solcher erfüllter Voraussagen anzugeben. Es wäre ihm auch nicht leicht gefallen, solche zu finden.

6. Erfolgreiche Vorhersagen?

Ich schließe es allerdings nicht aus, daß doch jemand - auch über eindeutige biblische Aussagen hinausgehend - richtig vorhergesagt hat. Ich bin, wenn ich davon höre, allerdings immer ein bißchen skeptisch, und möchte daher den Sachverhalt gerne etwas überprüfen.

Das soll durch zwei Beispiele veranschaulicht werden. Der bekannte Okkultismus-Experte Kurt Koch schrieb in seinem Buch ‚Der Kommende. Israel in der Erfüllungszeit‘ (1968) über die jüngste Vergangenheit und vermutliche Zukunft Israels. Dabei zeigt er einige Behutsamkeit: „Zukunftsdeutungen sind immer ein heikles Gebiet. Die menschliche Phantasie schießt oft ins Kraut wie Pilze nach einem warmen Sommerregen. Dazu ist man dabei immer in der Gefahr, in den Bereich der Wahrsagerei zu geraten. Von jeher war ich deshalb sehr skeptisch gegen alle Visionen und Prophezeiungen.“ (S. 86)

Trotz dieser Skepsis präsentiert er dann einige im 20. Jahrhundert von Juden gemachte Prophezeiungen. Und zwar solche, die mittlerweile ganz genau in Erfüllung gegangen sind. Das ist wirklich beeindruckend!

Zu diesen beeindruckenden Vorhersagen gehören auch die eines 1934 erschienenen Buches. Kurt Emil Koch nennt keinen Autor, aber den hebräischen Originaltitel: Cheschbonoth ha Geulah (= Daten der Erlösung). Hören wir Koch (S. 87f):

„Es sind folgende Einzelheiten vorausgesagt:

  • Gründung des Staates Israel 1948.
  • Befreiung Jerusalems 1967.
  • Ein Erdbeben, das die Grabeskirche und Omarmoschee zerstört. Einfall Rußlands.
  • Tempelbau bis 1980.“

Dabei ist doch bemerkenswert, daß ausgerechnet jene Ereignisse, die bis zur Zeit von Kochs Niederschrift bereits eingetroffen waren, so präzise vorausgesagt wurden. Die Vorhersagen der zur Zeit von Kochs Niederschrift noch zukünftigen Ereignisse dagegen gingen daneben: Erdbeben, Einfall Rußlands, Tempelbau - bis 1980.

Die ersten beiden Termine konnte der Autor des hebräischen Buches so präzise vorhersagen, mit dem letzten Termin haperte es dann? Zu gerne würde ich mir dieses Buch selbst ansehen. Ist Kochs Wiedergabe korrekt? Beinhalteten die ersten beiden Vorhersagen vielleicht nur die Ereignisse, und hat Koch die Jahreszahlen 1948 und 1967 hinzugefügt? Das wäre jedenfalls irreführend, denn in Kochs Wiedergabe nimmt der Leser diese beiden Jahreszahlen als Bestandteil der Vorhersagen.

Im Blick auf Kochs Korrektheit im Zitieren gibt es einen Sachverhalt, der mich stutzig macht. Eine spätere Neuausgabe des Buches, die den ursprünglichen Obertitel wegließ, also unter Israel in der Erfüllungszeit erschien (Quebec 1978), brachte den unveränderten Text, ergänzt durch einen erst 1978 geschriebenen „Teil B“. Blieb der erste Teil wirklich ganz unverändert? Fast, denn während die von mir verglichenen Stellen sonst identisch waren, habe ich eine Änderung bemerkt: Der Termin 1980 ist weggelassen, stattdessen heißt es bloß: „Anschließend Tempelbau“ (S. 84). Das ist nun doch etwas merkwürdig. Warum verschwieg Koch diese wichtige Angabe plötzlich? Ahnte er, daß sich die Vorhersage in dieser Form nicht erfüllen werde? Von 1978 bis 1980 war ja nur noch wenig Zeit. Eine solche stillschweigende Verbesserung von Vorhersagen wirkt jedenfalls mißtrauenserweckend und führt dazu, auch den übrigen Angaben Kochs mit Reserve gegenüberzustehen.

Noch ein zweites Beispiel. Im Sechstagekrieg vom Juni 1967 eroberten die Israelis die Jerusalemer Altstadt zurück. Über die davorliegenden Monate berichtet Lindsey in seinem (1970 veröffentlichten) Alter Planet Erde: „Im März und April 1967 hielt ich an vielen Universitäten an der amerikanischen Westküste Vorträge und legte dar, daß es nach meiner Ansicht nun an der Zeit sei, daß die Juden irgendwie bald in den Besitz der Altstadt Jerusalems gelangen müßten.“ (S. 63) Hier konnte Lindsey also äußerst treffend vorhersagen! Ganz anders als in seinen im erwähnten Buch gebotenen Vorhersagen, wo ihm so wenig Erfolg beschieden war.

Beim Betrachten der verschiedenen Gefahren und Nachteile der Beschäftigung mit Endzeitfragen könnte man den Eindruck bekommen, es sei das Beste, sich damit überhaupt nicht zu beschäftigen. Doch wozu sind dann überhaupt die Endzeitaussagen der Bibel gegeben? Warum hat Jesus seinen Anhängern soviel darüber gesagt, warum enthält die Offenbarung soviele Zukunftsaussagen? Irgendetwas wird sich Gott dabei doch gedacht haben …

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