Gossner, Johannes Evangelista - Schatzkästchen - Juli
1. Juli
Sey getrost und unverzagt, fürchte dich nicht und zage nicht! 1. Chron. 23,13.
Ich sprach in meinem Zagen: Ich bin von deinen Augen verstoßen; dennoch hörtest du meines Flehens Stimme, da ich zu dir schrie. Ps. 31,23.
Merke auf mich und erhöre mich, wie ich so kläglich zage und heule. Ps. 55,3.
Zage, wenn du nicht anders kannst; nur verzage nicht. Hebr. 12,5. Die Propheten zagten und heulten, wie obige Verse beweisen, aber sie jauchzten auch wieder; den Aposteln ward bange, aber sie verzagten nicht. 2. Kor. 4,8. Der Heiland fing an zu trauern und zu zagen, Matth. 26,37. aber überwand und ging entschlossen seinen Mördern entgegen. Die Heiden müssen verzagen. Ps. 46,7. Die Ungläubigen, die keinen Gott haben, aber die Christen nicht. Es kommt wohl manchmal so weit, daß sie Gottes Schrecken leiden und schier verzagen. Ps. 88,16. Aber der Herr tröstet sie, wenn sie müde werden, daß sie nicht verzagen. Sir. 17, 20. Die aber ihre Hoffnung und ihr Vertrauen so ganz fallen lassen oder wegwerfen, daß sie nicht mehr glauben, was Gott in seinem Worte verheißen hat, und also von Gott abfallen, im geistlichen Kampfe unterliegen und dem Feinde den Platz lassen, deren Theil wird seyn im Schwefel-Pfuhl. Offenb. 21,8. Darum muß ein Christ, wenn es noch so schlimm aussieht, sich der Schwermuth oder Verzagtheit nie gefangen geben; er mag heulen mit David, er mag winseln und klagen vor Gott, wie Jeremias, aber nur die Hoffnung nicht aufgeben: denn Hülfe kommt gewiß, wenn man nicht verzagt, nicht abläßt mit Gebet und Flehen, Hoffen und Harren. Schien es doch den Geliebtesten Gottes oft, als hätte sie Gott verstoßen, und als wäre es ganz und gar aus mit seiner Barmherzigkeit, als käme keine Hülfe mehr; verzog doch der Herr auch bey ihnen so lange, daß sie kaum mehr aushalten konnten - aber endlich, endlich kam die Hülfe, der Trost, die Kraft dennoch, und sie waren destomehr erfreuet. Es mag also die Ursache deines Zagens seyn, welche sie wolle: Leiden, Unglück, Verfolgung, oder Versuchung, oder Schwachheit des Fleisches, die du so gern überwinden möchtest, und immer nicht überwinden kannst - verzage nicht, harre, hoffe so lange, bis Hülfe kommt; sie kommt gewiß, und solltest du bis ans Ende kämpfen und harren müssen. Denn giebst du dich der Verzagung preis, so weißt du schon, wohin du gehörst, so bist du gewiß verloren. Aber so lange du noch harrest, so lange ist noch Hoffnung der Rettung, und deine Seligkeit möglich.
2. Juli
Und nun, Kindlein, bleibet in ihm, damit, wenn er erscheinet, wir Zuversicht haben, und nicht zu Schanden werden vor ihm bey seiner Zukunft. 1. Joh. 2,28
Wer seine Gebote hält, der bleibet in ihm und Er in ihm. Daß er in uns bleibt, erkennen wir an dem Geiste, den er uns gegeben hat. 1. Joh. 3,24. u. 4,13.
Wer böse ist, bleibet nicht vor dir. Ps. 5,5.
Wer zurücktritt und bleibet nicht in der Lehre Christi, der hat keinen Gott. 2. Joh. 9
Das Kommen zu Jesu, und seyn in Jesu, ist noch nicht alles; wer da bleibet in ihm bis ans Ende, der wird selig. Wenn einige etwas von der Nähe Jesu gekostet haben, so halten sie sich schon für ewig geborgen, werden sicher und stolz, oder kalt, endlich gar lau; und anstatt in Jesu zu bleiben, bleiben sie in der Einbildung, in der falschen Zurechnung seiner Gnade und Gerechtigkeit, oder in dem eitlen Ruhme, Jesum einmal gehabt und erfahren zu haben. Bleiben, sagt Johannes, bleiben sollt ihr in ihm. Fortwährend sollet ihr seiner theilhaftig seyn. Alle Tage ihn in euren Herzen erfahren, ihn immer nahe haben; den Glauben, die Liebe, die Gemeinschaft mit ihm täglich erwecken, erneuern, und immer lebendig brünstig zu erhalten suchen. Dazu gehört das unablässige Gebet, das Jesus und Paulus so sehr empfiehlt, das auch alle, die in Jesu geblieben sind, treu geübt haben. Ach, man ist wohl bald erweckt, und freuet sich des Kommens Jesu in sein Herz; aber man hält ihn nicht fest, und bleibet nicht in ihm. Man hat den Schatz gefunden, bewahret ihn aber nicht; man will nicht alles für ihn hingeben; man möchte Jesum und die Welt zugleich mit ihm behalten; möchte sinnliche Freuden, Ehre, Güter neben ihm genießen, möchte in Jesu und zugleich in sich selber bleiben. Das geht aber nicht; bleibst du in dir und deinem alten Wesen, so bleibt Jesus nicht in dir. Du muß von dir ausgehen, dich selbst gänzlich zu verleugnen, deinen alten Menschen ans Kreuz schlagen, oder du kannst nicht Jesu Jünger seyn, nicht in ihm bleiben.
3. Juli
O daß ich wäre wie in den vorigen Tagen, da mich Gott behütete; da seine Leuchte über meinem Haupte schien, und ich bey seinem Lichte in Finsterniß ging, wie zur Zeit meiner Jugend, da Gottes Geheimniß über meiner Jugend, da Gottes Geheimniß über meiner Hütte war. Hiob 29,2-4.
Wir harren aufs Licht, siehe, so wirds finster; auf Schein, siehe, so wandeln wir im Dunkeln. Jes. 59,9.
Das Volk, so im Finstern wandelt, siehet ein großes Licht, und über die da wohnen im Finstern, scheinet es helle. Jes. 9,2.
Die Wege des Herrn, die er die Seinen führt, sind oft sehr dunkel, daß man kaum einen Schritt vor sich sieht, und nicht weiß, wo man hintreten soll. Schwarze Nacht umgiebt die Seele von allen Seiten, kein Sternlein leuchtet - Sonne und Mond sind untergegangen; der Weg rauh, uneben und gefährlich; da denkt man, wie Hiob, an die vorigen Tage und Jahre der schönen herrlichen Erleuchtung, wo man wie am hellen Tage im Lichte, in der Sonne der Gerechtigkeit wandelte, und wo man auch in der Finsterniß noch Licht genug hatte, um freudig und sicher zu wandeln. Aber Hiob mußte doch durch diese Nacht, und der Herr führte ihn auch durch. - Hiobs Gott ist auch dein Gott – überlaß dich nur ihm, hallte dich im Glauben, wenn du nichts siehst, an seiner verborgenen Hand fest. - Sie hält dich, wenn du sie gleich nicht spürst;: sie läßt dich nicht. Und wenn du auch mit Jesaia sagen mußt: Wir harren aufs Licht, so wirds dunkel - statt des erharrten Lichtes froh zu werden, bricht immer mehr Finsterniß herein; so sey doch unverzagt: denn das Volk, das im Dunkeln wandelt, sieht ein großes Licht, wenn es nur im Glauben verharret. Der Herr ist gestern und heute und in Ewigkeit derselbe - wie er war in der Jugend meines Glaubens, da sein Geheimniß über meiner Hütte war, so ist er jetzt noch, wenn jetzt gleich nur Finsterniß meine Hütte bedecket; Er ändert sich nicht. - Er bleibt die Liebe, Treue und Wahrheit, in der Nacht, wie am Tage, beim Sturm, wie beim ruhigen heitern Sonnenschein. Aendere du nur deinen Glauben, deine Zuversicht nicht. Er ändert sich nicht.
4. Juli
Und des Mondes Schein wird seyn wie der Sonnenschein, und der Sonnenschein wird siebenmal heller seyn, denn jetzt; zu der Zeit, wenn der Herr den Schaden seines Volkes verbinden und seine Wunden heilen wird. Jes. 30,26.
Denn so das Amt, das die Verdammniß (das Gesetz, welches verdammt) prediget, Klarheit hat, wie vielmehr hat das Amt, (des Evangeliums) das Gerechtigkeit verkündiget, überschwengliche Klarheit. 2. Kor. 3,9.
Sie haben im alten Bunde wohl auch Licht gehabt; denn der Messias, Jesus, leuchtete in allen Jahrhunderten, doch war dort nur erst die Dämmerung, die Morgenröthe, jetzt aber im neuen Bunde leuchtet die Sonne im vollen Mittage. Seitdem wir ihn, Mensch-geboren am Kreuze hängend gesehen, auferstanden, zur Rechten Gottes sitzend wissen, seitdem er mit Feuer und Geist taufet, ist es doch ganz anders; und wir sehen am Kreuze mehr, als die Israeliten an der ehernen Schlange. Vor Zeiten redete Gott wohl auch mit den Menschen, aber nur durch seine Knechte; jetzt redet er mit uns durch seinen Sohn. Das geht besser zu Herzen. Denn seine Kreuzespredigt ist doch das herrlichste, was man sich auf der sündigen Erde wünschen kann. Wenn der gekreuzigte Sohn zum Himmel schreiet: Vater, vergieb ihnen, denn sie wissen da unten nicht, was sie thun! (sonst hätten sie der Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuziget -). Wenn der Wiedererstandene uns seine Wunden zeigt und sagt: Der Friede sey mit euch! Nehmet hin den heiligen Geist! so ists doch ganz anders, als wenn Moses spricht: Verflucht sey, wer nicht alles hält, was im Gesetze geschrieben ist! Vom Kreuze Jesu strahlt uns also das hellste, erfreulichste Licht in unsre Herzen, denn es bringt Gnade, Friede, Gerechtigkeit und Freude mit ins Herz; da hingegen Mosis Laterne nur die Schulden und Verbrechen aufsucht, das Gericht und die Hölle beleuchtet, um uns zu erschrecken -doch auch heilsam, uns dadurch zum Kreuze zu treiben. Darum danken wir für beides; bleiben aber nur beim Kreuze - bis wir ihn sehen werden wie er ist. Was wirds dann seyn?!
5. Juli
Der Herr Zebaoth ist mit uns, der Gott Jakobs ist unser Schutz. Ps. 46,12.
Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? Wer will die Auserwählten Gottes anklagen (beschuldigen)? Gott ists, der sie gerecht macht. Röm. 8,31-33.
Wer in Gott steht, der steht fest und sicher, unbeweglich wie ein Fels im Meere, den alle Fluthen und Wogen nicht von der Stelle bringen, und wankend machen können. Die Auserwählten, die der Herr von der Welt erwählet und ihnen das Siegel des heiligen Geistes aufgedruckt hat, daß sie sein Eigenthum sind, die durch das Pfand des Geistes Gottes wissen, daß sie Kinder Gottes sind, weil sie von seinem Geiste getrieben werden, weil sein Geist ihrem Geiste Zeugniß von dieser Kindschaft giebt; diese Auserwählten, die sich dem Herrn ganz hingegeben haben, unbedingt, ihm zu leben und zu sterben, sind unantastbar, Gott bewahrt sie wie seinen Augapfel. Weder Welt noch Teufel können sie beschuldigen oder verklagen; denn Gott nimmt sich ihrer an, Gott vertheidigt sie und nimmt sie in Schutz; wer will gegen ihn aufkommen und bestehen? Sie fürchten niemand, wer könnte auch denen etwas anhaben, die Gott bedeckt und schützt? Und daß sichs Gott angelegen seyn läßt, ihr Hort, ihre Burg, ihre Zuversicht und Festung zu seyn, wissen sie ganz gewiß daraus, daß er sogar seines eignen Sohnes nicht schonte, sondern ihn für sich opferte. Wer das erkennt, wem das im Lichte Gottes offenbar und ins Herz geschrieben ist: Gott hat für dich, ja für dich seines Sohnes nicht geschonet, sondern ihn für dich hingegeben! der kann nicht mehr wanken im Vertrauen, in der Zuversicht zu seinem Gott. Was will ich mehr? denkt er. Ich habe ja schon so viel von Gott, daß ich nicht mehr erhalten kann. Wie fasse ich, wie genieße ich dieses alles, was ich bereits habe? Gottes Sohn ist mein! Herz, erweitere dich! wie kannst du diese Gabe fassen? Wer nun dieses Geschenk recht zu halten und zu bewahren versteht, dem ist nicht bange, alles, was er sonst nöthig hat, zu erhalten; ja er hat und findet in dem Einen schon alles andere. Nur sey jeder darauf bedacht, daß er ihn habe, und nicht nur sich einbilde, Theil an ihm zu haben. Wer den Sohn hat, der hat auch den Vater für sich und in sich. Und der kann mit Paulus sagen: Ich bin gewiß rc. Röm. 8,38.
6. Juli
Wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht, und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man selig. Röm. 10,10
Denn wenn wir muthwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntniß der Wahrheit erlangt haben, so ist uns kein Opfer mehr für die Sünde übrig, sondern es wartet unser ein schreckliches Gericht und ein Feuer-Eifer, der die Widerwärtigen verzehren wird. Hebr. 10,26.27.
Viele glauben, und rechnen sich die Gerechtigkeit Christi kühn zu; aber sie glauben nicht mit dem Herzen, sondern nur mit dem Munde. Mit dem Herzen glaubt man, der Herzens-Glaube macht gerecht, macht das Herz gerecht, macht das Leben, den Sinn und Wandel gerecht - und mit dem Munde bekennt man, und das macht selig, wenn Herz und Mund zusammenstimmen. Wenn aber dein Mund die Gerechtigkeit Christi bekennt und sich zurechnet, aber dein Herz die Ungerechtigkeit liebt, so wirst du dich in deiner Rechnung betrügen. Gott wird einen Strich durch sie machen, und sagen: Ich kenne dich nicht, weiche von mir, du Uebelthäter! Wenn sich ein solcher todter Glaube das Verdienst Christi zurechnet, kann er sich die Hölle, den Zorn Gottes, verdienen. Denn, wer da sagt: er glaube an Christum, er sey gerecht durch ihn, und lebt doch freiwillig und ohne Scheu in der Lust und Liebe zur Welt und Sünde; läßt sich von seinen Leidenschaften beherrschen, und ergiebt sich unbezähmt dem Zorn, der Lust, dem Ehrgeiz, dem Neide, dem Hasse, dem Geize, der Vergnügungssucht, zerstreuenden Welt-Freuden, dem Trunke oder der Unmäßigkeit, von was immer für einer Art, der lese sein Urtheil Hebr. 10,28.29. Abraham glaubte, und das ward ihm zur Gerechtigkeit gerechnet, weil sein Glaube Gott gehorsam war. Du glaubst und bist ungehorsam, und rechnest dir selbst es zur Gerechtigkeit, Gott aber wird es dir zur Ungerechtigkeit anrechnen. Denn, wem er Gerechtigkeit zurechnet, der hat sie, der ist gerecht, wie er auch gerecht ist. Wie Johannis 1. Brief 3,7 sagt: Kindlein, lasset euch von niemand verführen. Wer recht thut, der ist gerecht, wie auch er gerecht ist.
7. Juli
Bist du ein Meister in Israel, und weißt das nicht? Joh. 3,10.
Etliche wissen nichts von Gott, das sage ich euch zur Schande. 1. Kor. 15,34.
Ich weiß, an welchen ich glaube. 3. Tim. 1,12.
Ich weiß, daß mein Erlöser lebt. Hiob 19,25.
Ach, daß sie es wüßten, daß sie es erkännten, was zu ihrem Frieden dient! sagte Jesus mit Thränen im Auge vor Jerusalem. So möchte man ja auch von vielen, die sich Christen nennen, ja, die sich zu den Erweckten bekennen, sagen. Denn viele wissen, bey allem, was sie von der Sache sprechen, doch nicht, wie sie daran sind. Es ist keine göttliche Gewißheit, kein Wissen aus Erfahrung in ihnen, kein Wissen des Herzens, (wenn es erlaubt ist, so zu reden?) sondern nur ein Wissen des Kopfes, des Gedächtnisses; nur ein Auswendiggelerntes, Gehörtes, Nachgebetetes. Sie haben gar nicht geschmeckt, oder viel zu wenig gekostet, wie freundlich der Herr ist. Sie haben die Worte im Munde, aber nicht die Wahrheit, das Wesen der Worte, nicht die Kraft der Wahrheit im Herzen. So ist viel Gerede von Wiedergeburft, Bekehrung und Erweckung, aber es giebt wenig Wiedergeborne, Bekehrte und Erweckte. Viele wissen vieles von der Wiedergeburt zu reden, nur ihre eigne Wiedergeburt und Erneuerung des Geistes wissen sie nicht; und darum verstehen sie im Grunde davon so wenig als Nikodem. Paulus klagte auch über Einige seiner Korinther; die wohl schwatzen, richten und urtheilen, Partheien anrichten konnten und vieles wußten; aber was sie wissen sollten, wußten sie nicht. „Von Gott wisset ihr nichts“, sagte Paulus, d.h. sie standen nicht im lebendigen, thätigen Wissen, nicht in der Erfahrung der Wahrheit. Das Herz wußte nichts von ihm. Paulus wußte, erfuhr wahrhaftig, daß sein Erlöser lebt, d.h. er hatte die Kraft des lebendigen Gottes an seinem Herzen erfahren. So war es bey allen wahren Christen. Sie wußten, wie man wissen soll, sie hatten, was sie wußten, erfuhren das Leben dessen, was sie glaubten, trugen den in sich, an den sie glaubten, sie lebten in ihm und er in ihnen.
8. Juli
Denn ich weiß, er wird befehlen seinen Kindern, und seinem Hause nach ihm, daß sie des Herrn Wege halten. 1. Mos. 18,19.
Es ist besser ein frommes Kind, als tausend gottlose. Sir. 16,3.
Ihr Väter, erbittert eure Kinder nicht, daß sie nicht scheu werden. Kol. 3,21.
Gott hat Abraham versprochen, daß alle Völker in ihm sollen gesegnet werden. Warum? das sagt dir der liebe Gott selbst, nämlich, weil er vorhersah, daß er seinen Kindern und seinem Hause die Wege des Herrn lehren und führen würde. Sieh, das war der rechtfertigende Glaube Abrahams, der solche Werke zeugte. So offenbarte er seinen Glauben, und dieser thätige Glaube ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden. Du glaubst auch, aber was thust du deinen Kindern und Hausgenossen? Gott weiß, ob du sie des Herrn Wege lehrest und sie mit deinem Beispiel führest. Gott sieht nicht nur auf deinen Glauben im Munde, sondern auf deinen Glauben im Leben und Wandel, in Erziehung deiner Kinder.
Dein Glaube kann dich nicht selig machen, wenn du deine Kinder verdammt werden läßt. Du gehst nicht den Weg des Herrn, den Weg des seligmachenden Glaubens, wenn du nicht auch deine Kinder und Untergebenen auf den rechten Weg leitest. Hast du es früher versehen, da du selbst noch böse und verkehrte Wege wandeltest, und kannst du jetzt deine von dir selbst irrgeführten Kinder nicht mehr auf den rechten Weg zurückbringen, mit allem Ernst und Fleiße, den du anwendest, so höre doch nicht auf, sie zu ermahnen, zu warnen und zu bitten; ermüde nicht im Wachen und Flehen zum Herrn; verzage nicht, der dich selig machte, wird auch deine Kinder retten, wenn du nur nichts versäumest. Wie könntest du ohne deine Kinder selig seyn? Besser wäre es ja, sie wären dir nicht geboren, als ewig verloren. Doch erbittere sie nicht durch Zwang zum Seligwerden. Das läßt sich nicht zwingen, wohl aber hindern und sie noch tiefer ins Verderben stoßen. Erziehe und führe sie, wie Gott dich geführt hat. Thue ihnen, wie der Herr dir gethan hat. Habe Geduld, doch nicht Helis Geduld; sondern die Geduld der brünstigen Liebe, die Geduld Gottes, die jedermann zur Buße leitet. - (Für Kinder gilt dasselbe, wenn sie unbekehrte, ungläubige Eltern haben.)
9. Juli
Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. Wer die Welt lieb hat, in dem ist die Liebe des Vaters nicht. Denn alles in der Welt ist Augenlust, Fleischeslust und Hoffarth des Lebens. 1. Joh. 2,15.16.
Wachet und betet, daß ihr nicht in Versuchung fallet. Matth. 26,41.
Ihr schlafet noch? sagte der Heiland zu den Jüngern, als er von seinem ersten Gebet am Oehlberge zurückkam, und sie voll Schlafs fand, vor dem er sie vorher so nachdrücklich gewarnet hatte. Er sah die Gefahr voraus, kannte ihre Schwachheit, darum empfahl er ihnen Wachen und Beten. Sie verschliefen aber das Wachen und Beten und fielen alle schändlich. Du schläfst noch, du Menschenkind! und du hast die Welt in dir und um dich; denn du hast die Welt in dir, und in der Welt ist nichts als Augenlust, Fleischeslust und Hoffarth des Lebens. Das sind drey gewaltige Feinde, die du unmöglich überwinden kannst, wenn du nicht Verstärkung von oben suchst, und nicht beständig auf deiner Hut bist. Wer nicht wachet, wer sein Christenthum schläfrig treibt giebt diesen Feinden selbst Waffen in die Hand, und liefert seinem Gegner Nahrungsmittel und Hülfstruppen in seine Festung, daß er sich länger halten kann und zuletzt unüberwindlich wird. Du hast den Feind, den Dieb im Hause, und schläfst ruhig, als wenn keine Gefahr wäre. Wie sehr erleichterst du ihm seinen Sieg und Raub. Das Fallen ist uns sehr leicht, wir sind geboren als Gefallene; wir bringen die Neigung zum Fall mit auf die Welt, und können das Feststehen und Geradegehen nur lernen durch Gnade und tägliche Erneuerung des innern Menschen, die durch den Geist von oben geschehen muß. Wer sich diesen Geist der Kraft nicht täglich von Gott ausbittet, und nicht beständig in diesem Geiste wachet, liegt dem Feinde im Schooße und schläft - welch ein schreckliches Erwachen, wenn ihn am Ende der tiefe Sturz in den Abgrund aufwecken wird!
10. Juli
Die mit Thränen säen, werden mit Freuden erndten. Sie gehen hin und weinen, und tragen edlen Saamen, und kommen mit Freuden, und bringen ihre Garben. Ps. 126,5.6.
Diese mit weißen Kleidern angethan, woher sind sie? woher kommen sie? - Es sind die, welche aus großer Trübsal kommen, und ihre Kleider gewaschen und weiß gemacht haben im Blute des Lammes. Offenb. 7,13.14.
Ohne Thränensaat keine Freudenerndte. Ohne große Trübsal keine große Freude; ohne Kreuz keine Krone; ohne Kampf kein Sieg. Ohne Wehen keine Geburt. Nicht, als müßten wir durch Leiden, Kreuz und Kampf die Freude und Seligkeit verdienen. Keineswegs! Frage den Apostel Paulus, der auch davon zu sagen weiß: daß, obwohl wir aus Gnaden und ohne Verdienst der Werke gerecht und selig werden, wir doch nicht ohne Trübsal, Verfolgung und große Leiden ins Reich Gottes eingehen können. Wenn du die ganze Bibel liesest, so wirst du beides finden. Theile nicht, was untheilbar ist. Dein Glaube an Christi Gerechtigkeit taugt nicht, wenn er nicht siebenmal im Schmelztiegel der Trübsal, wie das Gold im Feuer bewährt ist. Und wer könnte wissen, daß Du Deinen Heiland lieb hast, wenn du nichts für ihn littest, und auf Rosen in den Himmel wandeln wolltest? Frage alle wahre Christen aller Jahrhunderte, ob sie nicht vieles litten, und mit Thränen säeten, ehe sie mit Freuden erndten konnten. Und wie uns Johannes, der Seher, der weiter sah als ich und du, berichtet, so weiß man dort, wo das Lamm sammt seinem Gefolge mit den Palmen und Kronen, in weißen Kleidern wandelt, auch nichts anders zu sagen, als daß alle, die dort weiß gekleidet sind, hier von der Hitze der Trübsal recht schwarz gebrannt waren; daß alle, die dort in die Herrlichkeit eingegangen, hier nicht auf Baumwolle wandelten, sondern über Dornen und durch rauhe Wege, durch Feuer und Schwert, Spott und Schande in die Freude ihres Herrn eingehen mußten. Willst du diese Wege gehen, so wirst du aus Gnaden selig, und deine Krone vor dem Lamme niederlegen.
11. Juli
Ich harre täglich, dieweil ich streite, bis daß meine Veränderung komme. Hiob 14,14.
Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hülfe und mein Gott ist. Ps. 42,12.
Das Leben des Christen besteht darin, daß er sich Gott mit Leib und Seele ergiebt und auf die vollkommne Erlösung harret, auf die vollendete Befreiung von allem Uebel, von aller Sünde, von allem Leiden, Kämpfen, und was immer den Himmel der Seele trüben kann. Dieses Harren und Hoffen will uns aber oft zu schwer werden, so, daß wir mit uns selbst in Kampf gerathen; man möchte es doch einmal anders haben. Man sehnt sich nach der großen Veränderung, aus dem Zeitlichen in das Ewige versetzt zu werden, von dem Streite in die Ruhe zu kommen. Allein, wenn es zu schwer werden will, macht man es, wie die tapfern Kriegesleute, die, wenn sie auch einen zu mächtigen Feind gegen sich haben, doch nicht davon laufen, sich auch nicht gefangen geben, sondern sich tapfer wehren, in der sichern Hoffnung, daß ihnen ihr oberster Feldherr Hülfstruppen, oder Verstärkung zu rechter Zeit senden werden, daß sie nicht unterliegen müssen. Und wer kann und darf dies mehr hoffen, als ein Christ, dessen oberster Feldherr selbst hier gekämpfet hat, der dem Kampfe eines jeden seiner Streiter immer zusieht, immer selbst nahe und wohl gar in dem Streite selbst gegenwärtig ist, wenn er sich auch nicht spüren läßt? - Nebst diesem Troste blickt der Christ noch hinaus auf die Krone der Herrlichkeit, die ihm, wenn er besteht und beharret bis ans Ende, zu Theil wird. Er denkt: Jetzt muß ich seufzen und leiden; einst, einst werde ich danken und lobpreisen, und gerade dafür am meisten, was mir in diesem Leben die größte Noth und Betrübniß verursacht. Ja gerade das wird meine größte Freude werden. Der jetzt sein Angesicht vor mir verbirgt, wird doch meines Angesichts Hülfe und mein Gott seyn; ich werde ihn schauen, ihn haben und genießen; und das ist des Kampfes wohl werth.
12. Juli
Durch Ihn haben wir beide (Juden- und Heiden-Bekehrte) In Einem Geiste den Zutritt zum Vater. Demnach seyd ihr nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger mit den Heiligen und Hausgenossen Gottes. Eph. 2,18.19
Wer Christum angezogen hat und in Christo wahrhaftig ist, und lebt, dessen Name ist im Himmel eingeschrieben, wo ihn niemand auslöschen kann, als die eigne Hand des Menschen, wenn er sie wieder nach der Welt und Sünde ausstreckt und von Christo zurückzieht. Wer aber in ihm bleibt, der hat sein Plätzchen im Himmel gewiß, das ihm niemand nehmen wird. Und wer dessen gewiß ist, wird der sich nicht freuen, das Bürgerrecht im Himmel zu haben? Wird er sich nicht über alles Irdische stets erheben? wird er nicht mit seinem Herzen mehr droben als hier unten seyn? Ein Christ ist kein Gast und Fremdling im Himmel, im Reicht Gottes, in der unsichtbaren Welt, sein Geist ist dort schon wie daheim. Er kennt seine Heimath wohl, und weiß da Weg und Steg. Wer dort noch nicht so daheim ist, sondern noch fremde thut, und sich wie ein Gast nur selten dort einfindet, sich nur mit Mühe daran erinnert, der muß wohl kein wahrer Hausgenosse Gottes, kein Mitbürger der Heiligen seyn. Er bildet sichs etwa nur ein, er hat davon reden gehört, und es nachbeten gelernt. Die Hausgenossen kennen ihr Haus, sey es groß oder klein. Gottes Hausgenossen sollten Gottes Haus und Reich nicht kennen? sollten dort Fremdlinge, dort nicht daheim seyn? Lieber! an deinem Wandel im Geiste erkenne deine Bürgerschaft - ob du Welt- oder Himmelsbürger bist. Des Weltbürgers Herz hängt und wandelt in der Welt, des Himmelsbürgers Geist wandelt im Himmel und hängt an seiner Heimath.
13. Juli
Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, damit euer ganzer Geist, Seele und Leib unsträflich erhalten werden auf die Zukunft unsers Herrn Jesu Christi. - Treu ist, der euch berufen hat, er wirds auch thun. 1. Thess. 5,23.24
Eine Heiligung durch und durch, eine Heiligung des ganzen Menschen, des Geistes, der Seele und des Leibes will der Apostel; eine Unsträflichkeit bis zum Tage Christi, bis der Herr kommt, soll den Wandel des Christen zieren, sonst kann er nicht bestehen vor seiner Zukunft. Nun ist aber viel Gefahr in dieser Welt, viel Verderben in uns selbst, und unmöglich für uns, durchzukommen, und zu dieser Heiligung und Unsträflichkeit zu gelangen; darum weist der Apostel uns die rechte Quelle und den richtigen Weg dazu. Er sagt: Der Gott des Friedens soll uns heiligen; und das will er auch; dazu gieb er uns reichlich seinen heiligen Geist, der da durch und durch, nicht nur äußerlich, nicht nur oberflächlich, pharisäisch, sondern wesentlich Geist, Seele und Leib heilig und unbefleckt machen und erhalten kann. Der Weg dazu ist gläubiges Gebet und Uebung in der Gottseligkeit, mit der Zuversicht auf die Treue des Herrn, der uns gewiß hilft und stärkt, wenn wir ihn nicht hindern, wenn wir uns ihm dazu alle Tage unbedingt hingeben. Wen er berufen hat, mit welchem er einmal in Gnaden angefangen hat, bey dem will er es auch hinausführen; wen er gerechtfertiget hat, den will er auch heiligen und verherrlichen, daß er dem Ebenbilde seines Sohnes gleichförmig werde. Nichts steht ihm aber da so sehr im Wege, als wenn wir kleingläubig, mißtrauisch sind, wenn wir denken, es wäre nicht möglich, dahin könnte man es doch nicht bringen rc. Dergleichen Gedanken lähmen uns und versperren der Gnade den Eingang in unser Herz, betrüben den heiligen Geist, und machen uns am Ende aller Gnade verlustig. Denn wer nicht ganz rein und heilig seyn will, taugt nicht ins Reich Gottes; halbe Heilige, oberflächlich Geheiligte kann man im Himmel nicht brauchen. Durch und durch, oder gar nicht. Bedenke dich: Treu ist Gott; Er, Er, merke! Er will's auch thun. Dein Kleinglaube soll ihn nicht hindern.
14. Juli
Stellet euch dieser Welt nicht gleich; sondern lasset euch umwandeln durch Erneuerung eures Sinnes, so daß ihr prüfet, was Gottes Wille, was gut, was wohlgefällig, was vollkommen sey. Röm. 12,2.
Ich beschwöre euch in dem Herrn, daß ihr nicht mehr wandelt, wie die übrigen Heiden, in der Eitelkeit ihres Sinnes rc. - Eph. 4,17-24
Es ist nichts Widersprechenderes, nichts Schändlicheres, als wenn sich Einer Christi, des Gekreuzigten, seines Verdienstes und seiner Gnade rühmt, und die Welt, die den Herrn gekreuziget hat und täglich kreuziget, noch so lieb hat, daß er sich ihr gleichstellt, und dem Sinne des Gekreuzigten ganz entgegen handelt; wenn er Ehre sucht, und ihn jede Zurücksetzung oder Nichtachtung seiner Person so sehr angreift und beleidigt, daß er sich unglücklich fühlt und auf Rache oder Selbsterhebung sinnet; wenn er nach irdischen Gütern trachtet, die Jesus verschmäht hat; wenn er die Lüste, die Bequemlichkeit, das unthätige Leben liebt, da Jesus sichs hat so sauer werden lassen in dieser Welt, ihn zu erlösen; wenn er noch Haß, Feindschaft, Abneigung, Groll in seinem Herzen nährt, und in seinem Betragen gegen Feinde blicken läßt, da Jesus für Feinde und Mörder betet, den Verräther küßt, und uns befielt, ein Gleiches zu thun; wenn er in keinem Dinge der Welt nachstehen oder von ihr zurückbleiben, sondern es ihr in allem nachthun will, um kein Aufsehen zu machen, um nicht verachtet zu werden, um in Ehren zu bleiben; wenn er Jesum und seine heilige Lehre nicht in Wort und Wandel bekennen will, sondern sich schämt, als wahrer Jünger Jesu aufzutreten in allen Stücken. Was thut er da anders, als die Heiden thun? als er vorher gethan hat, da er Jesum noch nicht kannte? Ich beschwöre euch, ihr Lieben! mit Paulus beschwöre ich euch, daß ihr lieber aufhöret, euch Jesu Christi zu rühmen, wenn ihr nicht aufhören wollt, euch der Welt gleichzustellen und das heidnische Wesen rein abzulegen! Fürchtet ihr denn den Spott der vergänglichen Welt mehr, als den ewig unveränderlichen Ausspruch Christi: Ich kenne euch nicht?!
15. Juli
Die Gefangenen sollen dem Riesen genommen werden, und der Raub des Starken soll los werden; und ich will mit deinen Haderern hadern, und deinen Kindern helfen. Und ich will deine Schinder speisen mit ihrem eignen Fleische rc. Jes. 49,25.26.
Fürchtet euch nicht, wenn euch die Leute schmähen; und entsetzet euch nicht, wenn sie euch verzagt machen. Jes. 51,7.
Kennt ihr den Riesen, den Goliath der Hölle? den Starken, den Räuber und Mörder von Anfang? - Fürchtet ihn nicht, doch scherzet auch nicht mit ihm. Denn die Schrift nennt ihn nicht umsonst den Starken, den Riesen. Ganz Israel zitterte vor Goliath? Nur David wagte sich an ihn, und überwand ihn mit einem Kieselsteine; weil er nicht auf Sauls Waffenrüstung, nicht auf seinen Arm und Kieselstein, sondern auf den Herrn, den Stärkern, vertraute. Nichts hat der Christ zu fürchten, wenn er in Christo ist, denn dieser ist uns von Gott dazu gemacht, und dem Riesen, wenn wir schon in seinen Klauen wären, zu nehmen, uns, wenn wir schon ein Raub der Hölle wären, ihr zu entreißen. Viel weniger sollen wir Menschen fürchten, die zwar auch oft wie von der Hölle entzündet, und vom Satan inspirirt und belebt sind. Wenn sie noch so teuflisch wüthen, empfehlen wir die Sache dem Herrn im brünstigen Gebete, der verheißen hat, mit unsern Haderern zu hadern; unsre Schinder mit ihrem eignen Fleische zu speisen; sie in ihren Schlingen zu fangen, sie in die Grube, die sie den Kindern Gottes graben, fallen zu lassen. Wie sollten wir uns fürchten, wenn der Herr vom Himmel ruft: Fürchtet euch nicht, wenn euch die Leute schmähen; zittert nicht, wenn sie euch Bange und verzagt machen wollen, sie, die vor ihm alle sind wie der Tropfen am Eimer. Lerne nur, liebe Seele, von den Schmähungen der Menschen, die unten auf Erden sind, wegsehen, dein Ohr davon abwenden, und aufsehen und hinhorchen zu dem, der von oben herab sieht, und das: Fürchte dich nicht! in unsre Seele spricht. Vergiß dies Wörtchen nicht, es ist ein eherner Schild, womit du alle feurige Pfeile des Satans auslöschen kannst.
16. Juli
Den ganzen Tag strecke ich meine Hände aus zu einem ungehorsamen Volke, das seinen Gedanken nachwandelt auf einem Wege, der nicht gut ist. Jes. 65,2.
Immer irren sie mit ihrem Herzen. Hebr. 3,10.
O daß du meine Gebote merktest, so würde dein Friede seyn wie ein Wasserstrom, und deine Gerechtigkeit wie Meereswellen. Jes. 48,18.
Wie will ich dir so wohl thun, Ephraim! wie will ich dir so wohl thun, Juda. Denn die Gnade, die ich euch erzeigen will, soll seyn, wie eine Thauwolke rc. Hos. 6,4.
Streckt der Heiland seine Hände aus nach einem ungehorsamen, widerspenstigen Volke, das ihn immer nur erzürnte, aber doch nicht ermüden konnte, den ganzen Tag, d. h. ihre ganze Lebenszeit hindurch, seinen Arm für sie offen zu halten; was wird er denen thun, die ihre Hände nach ihm ausstrecken, deren ganzes Sehnen und Begehren nur auf ihn gerichtet ist, die mit dem Psalm sagen: Herr, wenn ich nur dich habe rc. Sind ihm die hartnäckigen Juden so lieb, wie wird er die Christen lieben, die sich ihm ganz ergeben haben. Sehnt er sich nach denen, die ihren Gedanken auf Irrwegen nachwandeln; wie brünstig wird er nach denen verlangen, deren Gedanken nur Ihm nachwandeln auf dem gesegneten Wege des Glaubens, der Liebe? Will er Ephraim und Juda, über die er in demselben Kapitel so viel zu klagen hat, dennoch so wohl thun; Seele, wie wohl wird er dir thun, wenn du ihm dein Herz zum Opfer bringst, und dich ihm in die Arme wirfst mit allem was du hast und bist? Welche Ströme des göttlichen Friedens werden in deine nach ihm dürstende Seele strömen! Welch ein Meer der Gnade und Gerechtigkeit, des Heils und der Wonne wird sich in deinem Herzen ergießen, wenn du auf seine Gebote: Liebe mich von ganzem Herzen, bleibe in mir! Komm zu mir, du Mühseliger! rc. merkest! O, wenn du zu ihm aufblickest, so stelle dir ihn ja nie anders vor, als wie er sich selbst vorstellt in obiger Stelle Jes. 65,2. Mahle dir ihn nie anders vor dein Geistesauge, als mit nach dir ausgestreckten Armen, mit offnem Herzen, aus denen Ströme des Friedens, der Gnade und Gerechtigkeit fließen und in dein Herz eindringen wollen. Mache dir ja kein andres Bild von ihm! Copire nach dem Original, das er von sich selbst hiemit für dich entworfen hat, so wirst du ihn treffen.
17. Juli
Vergesse ich dein, Jerusalem, so werde meiner Rechten vergessen (sie erstarre mir). Meine Zunge müsse an meinem Gaumen kleben, wo ich dein nicht gedenke, wo ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude seyn. Ps. 137,5.6.
Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich; wenn ich erwache, so rede ich von dir. Ps. 63,7.
Wie? ihr Kinder Israels! ihr konntet eures Jerusalems, eures Tempels, eures äußern Heiligthums, das doch nur der Schatten der zukünftigen Güter war, konntet es nicht vergessen in fremden Lande; es war eure höchste Freude, euer Herz hing ganz an dem Orte, wo der Herr der Herrlichkeit sich in Wolken und Feuerglanz offenbarte. Ihr wolltet lieber nicht mehr leben, nicht mehr denken und reden können, als Jerusalem vergessen, als nicht davon sprechen. So kann man ein äußeres Heiligthum lieb haben? Und ihr Kinder des Neuen Bundes, die ihr Jerusalem, euren Tempel, euer Heiligthum, eure Bundeslade, die Herrlichkeit und Nähe des Herrn mit euch im Herzen überall herumtraget, ihr solltet weniger daran hängen? Ihr solltet euch weniger freuen; ihr solltet an etwas anderm mehr Freude haben, etwas auf Erden und im Himmel lieber denken können, als Ihn - der in uns wohnen und wandeln, unsers Herzens Herz, unsers Lebens Leben seyn will? Er, Er sollte nicht unsre höchste Freude seyn? nicht am Abend unser letzter, am Morgen nicht unser erster Gedanke seyn? unsere Zunge sollte noch was anders sprechen können, und nicht am Gaumen kleben bleiben, sobald sie von andern lieber spricht als von ihm? Unsre Seele, Herz, Sinn und alle Kräfte sollten nicht an Ihm hängen, der für uns am Kreuze hing, der für uns sich ausschüttete wie Wasser? Sollte denn ein Jude seine steinerne Herrlichkeit mehr lieben können, als wir Christen den lebendigen Gott? Sollte das Gesetz, das nur Fluch und Tod verkündigte, nur Zorn anrichtete, mehr vermögen über die Herzen der Juden, als das Evangelium, das Leben und Seligkeit mittheilt, und Friede bringt, über die Herzen der Christen vermag? Sollte Moses mit den Hörnern und mit dem Stecken tiefern Eindruck machen, als der Heiland mit den Wunden und mit der Salbung seines Geistes? Auf, Brüder! auf! Lasset uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt! Die Juden in Babylon müssen uns ja beschämen, und im Gerichte gegen uns auftreten, wenn wir den nicht von ganzer Seele liebten, nicht unablässig und herzlich sein gedächten, der uns geliebet hat, da wir noch Feinde waren, der uns aus lauter Gnade und Liebe zu ihm zog, und nun ewig unsrer Seele alles seyn will!
18. Juli
Kehret um, ihr Kinder Israel! die ihr sehr abgewichen seyd. Jes. 31,6.
Denn ich bin barmherzig, spricht der Herr, und will euch nicht ewiglich zürnen. Jer. 3,12.
Kehret euch zu mir, so will ich mich zu euch kehren. Zach. 1,3.
So wahr ich lebe, ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daß er sich bekehre von seinem Wegen und lebe. Ezech. 33,11.
Im Himmel ist Freude über einen Sünder, der Buße thut, mehr als über neun und neunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen. Luc. 15,7.
Der Satan sagt dir, du abtrünniger, du gefallener Bruder: Gott nimmt dich nicht mehr an; die Kinder Gottes werden dich auch nicht mehr erkennen. Das sagt der Teufel; und Gott sagt: Kehre wieder, kehre dich zu mir, ich helfe dir, ich erlöse dich! - Willst du nun lieber dem Lügner und Feinde deiner Seele, als der Wahrheit und Liebe glauben, die dich lieber gerettet und selig, als verloren und verdammt wissen will. Gott, dein Heiland, nimmt dich nicht nur an; es ist ein Freudenfest im Himmel; meine lieben Engel, sagt Jesus, freuen sich eben so oder noch mehr, als über neun und neunzig, die nicht gefallen, sondern nach ihrer Bekehrung treu geblieben sind. „Ja, ich hab's zu grob gemacht; ich habe den Heiland schon so oft verlassen;“ desto größer wird seine und seiner Engel Freude seyn, wenn sie den oft verlornen dennoch wieder finden, und wenn du dich einmal so zu ihm bekehrest, daß dich nichts mehr von ihm trennen kann; desto mehr Gnade wird er dir diesmal geben, daß du standhaft bleiben kannst, und er sein wiedergefundenes Schäflein nicht wiederum verliere. Was den gefallnen Sünder aufhält, zurückzukehren, hält gewöhnlich auch den Frommen, wenn er sich zerstreut oder vergessen hat, ab, das Antlitz des Herrn wieder zu suchen und zu seinem Umgange sich zu wenden. „So darf ich jetzt nicht kommen, denkt er, mit einem so zerstreuten, untreuen Herzen; ich muß erst warten, bis es besser wird!“ Mein Freund, es ist derselbe Lügner und Mörder, der dir dies eingiebt, welcher den Abtrünnigen betrügt und abhält von der wahren Bekehrung. Denn der Heiland sagt allezeit: Kommt alle, alle zu mir! und je länger du wegbleibst, desto schlechter wirst du. Der Heiland will nicht, daß jemand wegbleibe, sondern daß sich Jedermann zu ihm kehre; so schreibt er dir 2. Petr. 3,9. Kehre dich zu mir, du Abgekehrter, du Zerstreuter, so sammle und helfe ich dir von deiner Zerstreuung, so kehre ich mich zu dir. So spricht er zu dir Jes. 44,22. Zach. 1,3. Lies doch diese Schrift des Herrn an dich.
19. Juli
Danket dem Vater, der uns tüchtig gemacht hat, Theil zu nehmen an dem Erbe der Heiligen im Lichte; und uns errettet hat aus der Gewalt der Finsterniß, und uns versetzet in das Reich seines lieben Sohnes, in welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, nehmlich die Vergebung der Sünden. Kol. 1,12-14.
Wie soll ich dem Herrn vergelten alle seine Wohlthat, die er an mir thut. Ich will den heilsamen Kelch nehmen und des Herrn Namen predigen. Ps. 116,12.13. vergl. Ps. 103,1-4.
Ein dankbares Gemüth ruft sich gern die Wohlthaten und Segnungen Gottes ins Gemüth zurück, die es sein Leben hindurch empfangen hat, und vergißt nicht, was ihm der Herr Gutes gethan hat; denn herzlicher Dank ist eine neue und erhörliche Bitte. Wer Vergebung der Sünden empfangen hat, soll ja die Reinigung seiner vorigen Sünden nie vergessen, damit er nicht in neue falle. Wer ein Kind Gottes geworden und mit Gottes Geist versiegelt ist, betrübe diesen Geist nicht durch Undank und Unachtsamkeit; freue sich vielmehr alle Tage darüber mit gerührtem demüthigen Danke, so wird sein Gnadenstand immer fester werden. Wer Gott als Vater anrufen darf, und Jesum als Fürsprecher und Vertreter, als Versöhner und Heiland erfahren hat, der versäume ja nicht, durch ergebenen Dank und Lobpreisung seines Retters den Vater kindlich anzurufen und ihn um Bewahrung dieser Gnade zu bitten, durch den Mittler Jesum, damit er diese Gnade ungebraucht nicht verliere. Gewiß, wer sich der Liebe und Güte, Gnade und Huld seines barmherzigen Gottes und Heilandes immer recht aufrichtig freuet und mit gerührtem Herzen dafür dankt, sich diese unverdiente Gnade immer wieder vor die Augen stellt und in seinem Herzen erwägt, der lebt darin, und nichts wird ihn scheiden können von der Liebe Gottes in Christo Jesu.
20. Juli
Uebe dich in der Gottseligkeit, denn die leibliche Uebung ist wenig nütze; aber die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütze, und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens. 1. Tim. 4,8.
Um gottselig zu seyn, mußt du in Gott und Gott muß in dir seyn. Die Liebe ist gewiß gottselig, denn sie bleibt in Gott und Gott bleibt in ihr. Liebe also Gott von ganzem Herzen, so wirst du gleich erfahren, was Gottseligkeit, was in Gott selig seyn heiße. Suche seine Gnade und die Vergebung deiner Sünden durch deinen Heiland, oder, wenn du dieses große Gut schon empfangen hast, so bleibe in dem, der dir vergeben hat, und habe deine Lust an ihm, so wirst du unaussprechlich selig seyn, eine Freude und einen Frieden genießen, den dir niemand nehmen kann. Was nun diese Freude und Seligkeit erhält und erhöht, darin mußt du dich üben. Und was könnte dich denn seliger in Gott machen, als der kindliche Umgang im Geiste mit ihm, und das Leben der thätigen Liebe gegen deinen Nächsten. Gott, Christus ist die Seligkeit selbst, die Quelle aller Seligkeit; wer sich an diese Quelle von ganzem Herzen hält, sich beständig darin übt, daß er sich der Quelle nähert, darnach dürstet und verlangt, der wird auch reichlich aus ihr zu trinken bekommen, wird trunken werden von den reichen Gütern seines Hauses. Wer dann im Gefühle seiner Gottseligkeit auch andere dieser Freude theilhaftig zu machen sucht, und sie zu dieser Quelle führt, der wird noch seliger werden, indem Anderer Freude nun auch seine Freude wird, und die seinige erhöht. So hat die Gottseligkeit die Verheißung. daß sie hier und drüben den größten Gewinn verschafft, was kein Gut und Glück der Erde verschaffen kann; sie ist selig, immer selig - im Leben und im Tode, in dieser und in der zukünftigen Welt; denn nichts kann sie trennen von Gott, ihrem Urheber und ihrer Quelle.
21. Juli
O Land! Land! Land! höre des Herrn Wort. Jer. 22,29.
Das ist mein Trost in meinem Elende, denn dein Wort erquicket mich. Wo dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre, so wäre ich vergangen in meinem Elende. Ps. 119, 50.92.
Hört doch, wie die Propheten ins Land hinein schreien, um Liebe und Aufmerksamkeit für des Herrn Wort zu erwecken. Ist denn gar so viel daran gelegen? Allerdings; mehr als eine Propheten-Zunge aussprechen kann. Wir müßten vergehen in unserm Elende, in unsern Sünden und den Mühseligkeiten dieses Lebens, wenn wir Gottes Wort nicht hätten; das sagt uns David. Wie oft kommen wir nahe an den Abgrund des Verderbens, des Verzagens, bis wir Gottes Wort lebendig ergreifen und uns mit Glauben und Zuversicht an Gottes Wahrhaftigkeit und Treue halten können? Dieses, nur dieses reißt uns wieder aus allem heraus. Und hätte uns die Hölle schon in ihrem Rachen, der Satan schon in seinen Klauen, die Sünde schon in ihrem Netze: können wir das Wort des ewigen, allmächtigen Gottes, unsers Heilandes erreichen und es im Glauben erfassen; so muß uns Tod, Teufel und Hölle, Sünd' und Welt, und alle Heere unserer Feinde wieder herausgeben, los lassen und auf freien Fuß stellen. Der Strick des Jägers ist zerrissen, heißt es dann; und wir sind frey. Das Wort des Herrn ist wie ein Seil, vom Himmel herab gelassen bis auf die Erde, das jede Menschenhand, jedes Herz, wenn es nur glauben will, erfassen und halten kann. Wer es wirklich ergreift, und nicht losläßt, wenn auch alle Welt wehret oder spottet, oder ihn mit Gewalt wegstoßen will, wer dennoch festhält, der ist geborgen, schwingt sich daran über alle Berge weg, und wird aus allen Abgründen heraus, und in den Himmel hinauf gezogen. Denn die Hand, die es herab läßt, zieht auch hinauf; und sie läßt nicht los, sie läßt dich nicht fallen. Sey ohne Kummer; das Seil bricht nicht. Es ist stark und gut, auf die Ewigkeit haltbar; ist dreifach. Vater, Sohn und Geist halten fest, und eine dreifache Schnur bricht nicht. Pred. Sal. 4,12.
22. Juli
Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreif das ewige Leben. 1. Tim. 6,12.
Wenn jemand auch kämpfet, so wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn recht. 2. Tim. 2,5.
Wer will die Feinde leugnen, die dem Frommen von allen Seiten entgegenstehen, und ihm sein Kleinod rauben wollen? Will er es behaupten, so muß er kämpfen, doch nicht mit der Faust, nicht mit Schwert und Degen, nicht mit menschlichem Arm; sondern mit dem Schilde des Glaubens und mit dem Schwerte des Wortes Gottes, mit Gebet und Flehen zu dem, durch den und mit dem, wenn er in uns ist und wir in ihm sind, wir allein streiten und unsere Feinde besiegen können; war wir ohne ihn auf keine Weise vermögen. Wer mit seinen Seelenfeinden selbst, aus eigner Kraft, kämpfet, Festungen von allerley Sandkörnern menschlicher, selbsterdachter Mittel baut, und sich in denselben verschanzt, sich sicher glaubt, wird im Kampfe nicht bestehen. Die Feinde spotten seiner Festungen, Wo sie aber den Herrn, der der rechte Held im Streite ist, erblicken, da weichen sie und geben die Flucht. Zitterst du vor deinen Feinden, wenn du deine Schwachheit und ihre Stärke betrachtest, so ziehe nicht mit deinen eignen Truppen ins Feld gegen sie; sondern wirf dich auf dein Angesicht nieder vor dem, vor dessen Namen die Hölle zittert; bitte ihn, daß er für dich streite, und daß er auch deine Hände streiten lehre. Hoffe auf ihn, er wirds wohl machen, und deinen Kampf zum Siege hinausführen. Vertraue durchaus nicht auf dich selbst und deine eigne Vorsätze oder Waffen, sondern allein auf ihn, und verharre deswegen im Gebete, im lebendigen Vertrauen auf ihn, bis du gesiegt hast. Das ist der Kampf des Glaubens, des gläubigen, beharrlichen Gebetes, den Paulus empfiehlt. Dadurch ergreift man Christum, das ewige Leben. Wer da kämpfet, aber nicht also, der kämpfet nicht recht, und wird nicht gekrönt, weil er nicht siegt und nicht siegen kann.
23. Juli
So wendet denn allen Fleiß an, und zeiget bey eurem Glauben Tugend - Bescheidenheit- Mäßigkeit - Geduld - Gottseligkeit - brüderliche - und allgemeine Liebe. Darum beeifert euch um so mehr, euren Beruf und eure Erwählung fest zu machen, denn wenn ihr dieß thut, so werdet ihr nicht straucheln. 2. Petr. 1,5-10.
Es giebt sogenannte Erweckte, die eine kurze Bibel haben, in der nichts steht, als was ihr faules Fleisch beruhiget und tröstet; das heißt, sie reißen aus der Bibel nur Trostsprüche an sich, die sie nichts angehen, und darum sie nicht angehen, weil sie von allem andern, was in der Bibel steht, nichts wissen wollen. So wird die Bibel für sie ein Zaum, der sie hält, daß sie nicht über Fleisch und Blut weg und zu Christo hinkommen. Sie sollte ihnen aber ein Sporn werden, der sie täglich näher zu ihrem Erlöser treibt. So ein Sporn ist auch diese Stelle Petri, die ganz gelesen und ernstlich betrachtet seyn will. Er hat die köstlichsten Verheißungen Gottes vorangeschickt, und darauf läßt er dann diese heilsamen Ermahnungen folgen, die jedoch niemand für überflüssig halten wolle, wäre er auch mit Petrus auf Tabor, oder mit Paulus im Paradiese gewesen. Du magst schon viele Gnaden erhalten haben; dafür danke Gott. Aber wenn du nicht Fleiß anwendest, deine Gnadenwahl, die ich dir nicht streitig machen will, und deinen Beruf zu wahrem Christenthum fest zu machen, und mit deinem: „Ich glaube an Gott Vater, Ich glaube an Jesum, den Heiland rc,“ auch christliche Tugend und wahre Gottseligkeit, Geduld und Enthaltsamkeit, und alles, was das Auge Jesu an den Seinen gerne sieht, zu verbinden, so höre, was Petrus dir sagt: Du bist blind und tappest im Finstern, und hast vergessen der Vergebung deiner vorigen Sünden. Du wirst fallen, oder bist schon tief gefallen, weil du verlassen hast die treue Nachfolge und Aehnlichkeit Christi. Hast du aber alle jene von Petrus geforderte Dinge an dir, und bist du in der Erkenntniß Jesu nicht unthätig und nicht unfruchtbar, so bist du ein wahrer Jünger Jesu, und weißt, wie man mit der Bibel umgehen muß. Nun aber lieben die meisten die Bibel in Taschenformat. Doch auch darin stände genug, was sie schlagen und heilen könnte, wenn sie sich schlagen und heilen lassen wollten.
24. Juli
Meine Speise ist, daß ich den Willen dessen thue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe. Joh. 4,34.
Die er vorher gesehen, die hat er auch vorher bestimmt, daß sie dem Bilde seines Sohnes gleichförmig werden, so daß er der Erstgeborne unter vielen Brüdern sey. Röm. 8,29.
Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr auch thut, wie ich euch gethan habe. Joh. 13,15.
Wie könnte ein wahrer Christ von Jesu täglich Gnade um Gnade nehmen, sich stets von ihm so unverdient lieben lassen, nur von seinem Verdienste und Schweiße leben, mit seinem Blute sich waschen, aus seinem Tode das Leben schöpfen, ohne den Wunsch, das Streben und ernstliche Verlangen in sich zu fühlen, seinem Meister ähnlich zu werden, und auch so zu seyn in dieser Welt, wie er war. Jeder Schüler bildet sich nach seinem Meister, sieht ihm auf Mund und Hand. Der Christ aber sollte bleiben dürfen in seiner natürlichen Verderbniß? sollte aus Gott geboren seyn, Christum im Herzen wohnend haben durch den Glauben, und dennoch keinen göttlichen Wandel führen, wie sein Meister, nicht ihm gleichförmig zu werden suchen? Nein, schon ein Freund sucht seinem Freunde alles nachzumachen; der Liebende ruht nicht, bis er das Bild des Geliebten in sich hergestellt hat. Dadurch zeigt sich erst die Liebe, daß man thut wie der, den man liebt. Dazu sind wir auch von Gott bestimmt und erwählet, vor Grundlegung der Welt, daß wir ihm in Liebe ähnlich werden. Eph. 1,3. Seine Leibspeise Joh. 4,34. muß auch die unsere seyn, sein Sinn und Wesen muß unser Sinn und Wesen werden, oder wir haben keinen Theil an ihm. Unser Auge muß stets auf ihn und sein heiliges Leben gerichtet sey, daß wir immer so denken, reden, handeln, wir er denken, reden und handeln würde, wenn er an unsrer Stelle wäre. Wie dem Moses gesagt war: Mach' alles nach dem Vorbilde, daß dir auf dem Berge gezeigt wurde; so heißt es beim Christen: Schaue auf das Vorbild, das dir auf dem Berge Golgatha gezeigt wurde, und richte dein ganzes Leben darnach ein. 2. Mos. 25,40. Apostg. 7,44.
25. Juli
Wie ein Nachtgesicht im Traume, so soll seyn die Menge aller Heiden. Gleichwie einem Hungrigen träumet, dass er esse, wenn er aber aufwacht, so ist seine Seele noch leer. Jes. 29,8. und 13.
Was schlafet ihr? stehet auf und betet. Luk. 22,46
Der Herr schauet vom Himmel auf die Menschenkinder, daß er sehe, ob jemand klug sey, und nach Gott frage. Ps. 14,2.
Der Herr ist freundlich der Seele, die nach ihm fragt. Klagl. Her. 3,25.
Sie sind wie die Träumenden, die falschen Christen, die scheinbar Erweckten, die in schlaftrunkner Sicherheit dahin gehen, sich blos mit Worten speisen, mit Gedanken und idealischen Vorstellungen nähren. Werden sie einmal aufgeschreckt aus ihrem Schlafe, so sehen und fühlen sie erst, wie leer, mager und geistlos sie gewesen sind. Erkenne dich, erforsche dich, ob du im Traume, oder wachend issest; ob du lebendiges Wort, oder nur todte Buchstaben habest, mit denen du dich speisest; lebendige Speise nährt, stärkt; die Kost des Traumes läßt den vermeintlichen Esser leer, kraftlos und wie todt liegen. Bist du nun so ein sicherer, schlaftrunkener Erweckter, der den Namen hat, daß er wache, aber dennoch schläft und nur träumet: so stehe auf, so höre das Wort des Herrn, womit er seine schläfrigen Jünger weckte; so schaue auf gen Himmel, der Herr schaut herab, zu sehen, ob du erwacht seyst, ob du nach ihm fragest. Er ist bereit, dir zu antworten; Er ist freundlich jedem ernsten Frager nach Heil und Seligkeit. Ist dein Gewissen erwacht, oder wenn es einmal erwacht, so wisse, daß der Herr schon lange wacht über dir, schon lange gewartet hat auf dich, und sich nun freut, daß du endlich nach seinem Heile hungrig bist, und Worte des Lebens, Kraftspeise, zu genießen verlangst. Verzage nicht wegen der verlornen und verträumten Zeit, sondern fange heute an, jeden Augenblick zu deinem Heile zu benutzen, so wird es dir werden.
26. Juli
Es ist Futter bey uns, und Raums genug zu herbergen. 1. Mos. 24,25.
Saget den Geladenen: Kommet! denn es ist alles bereit. - Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast, es ist aber noch Raum da. - So gehet auf die Landstraßen, und an die Zäune, und nöthiget sie, herein zu kommen, auf daß mein Haus voll werde. Luk. 14,16-23.
Wie Rebecca und Laban so gastfreundlich den Knecht Abrahams einluden, aufnahmen, und beherbergten, weil Raum genug im Hause ihres Vaters war, so und unendlich gastfreundlicher ist der Sohn des ewigen Vaters, in dessen Hause so viele Wohnungen sind, als Menschen selig werden wollen, und mehr noch. Oder sollte jemals von Gottes unermeßlichem Reiche gesagt werden können, wenn ein armes, sündiges, aber reumüthiges, Gnade-durstiges Menschenkind anklopft, um ein- und aufgenommen zu werden, sollte jemals gesagt werden können: das Haus ist voll, es ist kein Raum mehr da für dich. Der Heiland sagt es uns anders: nicht nur für die, welche sich selbst freiwillig melden, oder auf den ersten Ruf gleich kommen, ist Raum, sondern, wenn sie alle schon da sind, die berufen und geladen wurden, so ist noch Raum da für die, welche genöthiget, durch die Gewalt der Liebe gezwungen werden müssen. Wenn alle ehrbaren Leute schon an der Tafel sitzen, so ist noch Raum da, für die Krüppel, Lahmen, Blinden und alle die, welche niemand gerne in sein Haus aufnimmt. - Und wenn diese auch alle eingebracht sind, so ist noch Raum da für die, die auf den Landstraßen erbärmlich da liegen, daß ihr Anblick, ihr Elend den Wanderer beleidigt; für die hinter den Hecken und Zäunen, die gewöhnlich keine vornehmen und gebildeten Leute sind, - ja für die ist Raum da, und der Herr will sie mit Gewalt an seiner Tafel haben; - Er würde zürnen, wenn sie nicht kämen, er würde sie mit Feuer verbrennen, wenn sie sein Haus, seinen Tisch verschmähten, wie jene, welche sich durch ihre Ochsen, Güter und Weiber von seinem Abendmahle abhalten ließen. So ernstlich will der Herr alle selig wissen; so viele Plätze sind bereitet in seinem Hause, so viel Raum ist da, daß Keiner abgewiesen, daß Alles angenommen wird. Fürchte also nicht, daß du nicht angenommen werdest; fürchte vielmehr, daß du nicht kommest, daß du zurückbleibest aus eigner Schuld, zum Verdruß dessen, der dich berufen hat.
27. Juli
Alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt. 1. Joh. 5,4.
Wer an mich glaubet, der wird die Werke auch thun, die ich thue, und wird noch größere, denn diese, thun. Joh. 14,12.
Der Glaube ist der Weg, und die Thüre, und der Schlüssel zu allen Schätzen Gottes. Alles ist möglich dem, der da glaubt, sagt der Heiland Mark. 9,23. Was der Heiland that und konnte, kann der Glaube auch thun, ja noch größere Werke kann er thun, wie der Herr den Gläubigen verheißen hat. Es ist unglaublich, und doch, wer will der Wahrheit widersprechen. Denn Jesus sagt nicht, daß er nicht größere Werke hätte thun können, sondern nur, daß er die, welche an ihn glauben, werde größere Werke thun lassen. Ists ja auch nur Er, der im Gläubigen wirkt, und daher sind es ja auch seine Werke. Das größte Werk ist unstreitig, sich selbst und die Welt in sich überwinden. Denn es hat Welteroberer gegeben, die alles außer sich überwunden haben, nur sich selbst, und die Welt in ihnen selbst, konnten sie nicht besiegen. Das hat sich der Glaube der Christen vorbehalten. Das findet man außer ihm nirgend. Doch auch in andern und für andere siegt der Christenglaube; wenn er im Gebete ringt und unablässig für sie fleht, erobert er die unüberwindlichen, verhärtetsten Herzen und macht sie Christo unterwürfig. Er treibt alle Teufel der Sünde und Bosheit aus den Herzen der Menschen, wenn er sich in seiner Kraft zum Herrn erhebt, der die Schlüssel des Todes und der Hölle hat. Was ist stärker als der Tod? Wer kann ihn zwingen? Der Glaube fürchtet ihn nicht, er verschlingt ihn, und macht die Todten lebendig, und schafft eine neue, lebendige Welt aus lauter todten Gebeinen. Ezech. 37,4. „Wenn einer nichts als glauben kann, so kann er alles machen.“ Doch ein solcher Glaube ist eine beständig lebende und sich regende Gebetskraft, die immer in der innigsten Verbindung mit der Allmacht steht, ohne die kein Glaube möglich ist. Glaube ist Gott in uns. Selig, wer ihn bewirthen und halten kann.
28. Juli
In Christo Jesu gilt weder Beschneidung noch Vorhaut etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe thätig ist. Gal. 5,6.
Die Beschneidung ist nichts, und die Vorhaut ist nichts, sondern die Haltung der Gebote Gottes. 1. Kor. 7,19
Du hast den Glauben - zeige mir deinen Glauben ohne Werke. - Willst du wissen, thörichter Mensch, daß der Glaube ohne Werke todt sey. Jak. 2,18.20
Der lebendige Glaube pflanzet Christum, den Baum des Lebens, ins Herz, daß er fest in ihm gegründet, eingewurzelt ist, und Früchte bringt zum ewigen Leben. Wo keine Früchte sind, da ist der gute Baum nicht, so viel Geschwätz von ihm daseyn mag. Ehe wirst du das Licht von der Sonne und die Wärme vom Feuer trennen können, als die Liebe und die Werke der Liebe vom wahren Glauben. Was eine Sonne ohne Licht, ein Feuer ohne Hitze, das ist der Glaube ohne Werke. Was soll dir eine Gerechtigkeit, die dich ohne Gerechtigkeit, ohne gerechte Werke läßt? Was ein Christus, der vor 1800 Jahren lebte, litt und starb, nun aber dich leer und todt in Sünden läßt=Was soll dir ein Kleid, das du nicht am Leibe trägst? Hat dir Christus durch den Glauben den Rock seiner Gerechtigkeit, das Hochzeitkleid geschenket: wo hast du es? zeige es, ziehe es an, wandle darin; sonst wirst du beim Hochzeitmahle nicht eingelassen, oder wieder hinausgeworfen. Ich Gott für uns, ist Christus für uns, so muß er auch in uns seyn. Ein Gott, ein Christus außer mir, ist nicht mein Gott, nicht mein Christus. Was nicht mit meinem Wegen zusammengeschmolzen ist, ist nicht mein, gehört mir nicht an und ich ihm nicht. Ich kann es mir nicht zurechnen, wenn ich es mir nicht zueigne, nicht in meinen Sinn, in Herz und Geist aufnehme. Was in mir lebt, ist mein Leben. Wer Christi Geist nicht hat, ist nicht sein. Wer Christi Gerechtigkeit nicht hat, dem gehört sie auch nicht. Was hilft die die Anweisung einer großen Summe Geldes, wenn du das dir geschenkte Papier nicht wirklich versilberst, nicht zu Geld machst, und die angewiesene Summe nicht erhebst und gebrauchst? Wem Gott, wem Christus etwas schenkt, dem giebt er es auch zu genießen und zum Besitze. Prüfet euch also, ob ihr habet, was ihr glaubet; ob euch Christus das wirklich ist, wozu er euch von Gott gemacht ist? 1. Kor. 1,30.
29. Juli
Jakob stand auf in der Nacht - und blieb allein. Da rang ein Mann mit ihm bis die Morgenröthe anbrach; und da er (der Mann) sah, daß er ihn nicht übermochte, rührte er das Gelenke seiner Hüfte an, und das Gelenke ward über dem Ringen mit ihm verrenkt, und er sprach: Laß mich gehen, den die Morgenröthe bricht an. Aber Jakob antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn…. 1. Mos. 32,22.24-26.
Der Mann, mit dem Jakob rang, war der Sohn Gottes, wie Jakob nachher erkannte, da er ihn segnete. (Vers 29. und 30.) Sie rangen mit einander, daß der Staub sich erhob. Es war ein heftiger Kampf, den du nicht verstehen kannst, wenn du es nicht erfährst. Gott setzt sich manchmal seinen Glaubens-Helden gewaltig entgegen, und will durch Gewalt und ernsten Kampf überwunden werden; gewiß aus keiner andern Ursache, als daß wir im Glauben geübt werden, und das schwer Errungene desto höher schätzen und besser bewahren. Ohne solches Ringen wird man nicht viel von Gott erhalten. Du sollst auch nicht übersehen, wie sich Jakob dazu anschickte; er stand des Nachts auf, wo man am ungestörtesten beten und mit Gott umgehen kann; er schickte seine Weiber und Kinder über den Bach, um allein bey Gott seyn zu können. Es ist ein großes Werk, mit dem Allmächtigen ringen, wobey wir alles auf die Seite schaffen sollen. Er ließ nicht nach mit Ringen, bis Gott ihn bat: Laß mich gehen, der Tag bricht an - bis ihm Gott die Hüfte verrenkte, bis er ihn segnete, bis Jakob hatte, was er wollte. Da lerne beten, und ringen im Gebete, wenn es dir mit deiner Seligkeit Ernst ist. Der Heiland ließ öfters mit sich ringen, z. B. Matth. 15,22. rc. Er rang selbst mit dem Tode. Luk. 22,44. Paulus rang auch unter vielen Leiden im Gebete nach der Wirkung deß, der da in ihm kräftig wirkte. 2. Tim. 4,7. Er erzählt von Epaphras, daß er für die Colosser ringe. Col. 4,12. Er beschwört und bittet die Brüder beim Herrn JEsus Christus, rc. daß sie gemeinschaftlich im Gebete mit ihm zu Gott für ihn ringen sollten. Röm. 15,30. Das Gebet ist daher nicht ein bloßes Murmeln des Mundes, ist nicht eine Gabe des rednerischen Talentes, sondern ein mächtiger Kampf mit Gott im Geiste. Herr, lehre uns also beten und ringen, wie deine Freunde mit dir rangen. Stärke mich, daß ich dich nie lasse, du segnest mich denn.
30. Juli
Das ist ja gewißlich wahr, und ein theuer werthes Wort, daß Jesus Christus gekommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen. 1. Tim. 1,15
Ich bin gekommen zu rufen den Sündern zur Buße, und nicht den Gerechten. Mark. 2,17.
Welcher will, daß allen Menschen geholfen werde, und daß sie zur Erkenntniß der Wahrheit kommen. 1. Tim. 2,4.
Es ist wahr, wie Paulus sagt, es ist kein schöneres Wort auf Erden, man wird keines finden, wenn man alle Bibliotheken und alle Schriften der Welt durchsucht, wenn man alle Aussprüche der Weisen und Thoren hört; es ist kein schöneres, lieblicheres, tröstlicheres Wort auf Erden, als das aller Annahme werthe, theure Wort: Jesus Christus, Gottes eingeborner Sohn, ist in diese Welt gekommen, die Sünder selig zu machen. Wenn dies Wort in die rechten Ohren fällt, so macht es wirklich den ganzen Menschen reicher, als wenn man ihm tausend Welten schenkte, seliger, als wenn ihn alle großen und kleinen Menschen der Erde ihre Gunst versicherten. Und was der Apostel schrieb, hat der Heiland selbst zum Voraus bestätiget und in die Welt voll Sünder hineingerufen. Ja, ja, ich bin wirklich nur deswegen in diese Welt gekommen, Sünder zur Buße, zur Seligkeit zu rufen. Merket es: nicht Heilige, nicht Gerechte suche ich auf Erden. Ich weiß wohl, daß die Welt voll Sünder ist, aber eben für diese bin ich da - gesandt von dem Gott der Liebe, der keine Menschen-Seele verloren gehen lassen, sondern alle, alle selig wissen will. Da sollte ja doch alle Welt aufs Angesicht fallen und anbeten. Wenn sie es nun nicht thut, lieber Leser, so thue du es! Laß du dieses Wort zuerst recht in dein Herz fallen, dann wirst du gewiß auf dein Antlitz niederfallen. Das Wort, wenn du es recht auffassest, wird dich niederwerfen, wenn dich nichts in der Welt beugen kann. Selig sind die Ohren, die aufgethan sind, dich, Wort des Lebens, zu hören!
31. Juli
Dir, Herr, ist niemand gleich, du bist groß und dein Name ist groß, und kannst's mit der That beweisen. Jer. 10,6.
Ich, ich bin der Herr, und ist außer mir kein Heiland. Jes. 43,11.
Zu der Zeit wird man sagen: Sieh, das ist unser Gott, auf den wir harren, und er wird uns helfen. Das ist der Herr, auf den wir harren, daß wir uns freuen und fröhlich seyn in seinem Namen. Jes. 25,9.
Jesus ist uns alles. Er ist ganz so, wie wir sündige, schwache, blinde Menschen ihn bedürfen. So kann uns niemand thun, wie er uns thut. Die Hülfe, den Trost, die Kraft und Gnade, das Leben, den Frieden und die Seligkeit, die wir bey ihm finden können, suchen wir überall vergebens. Kein Mensch könnte wahre Ruhe und Frieden seiner Seele finden, kein Mensch rein und gut werden, keiner vor Gott im Gerichte bestehen, keiner ein besseres leben hoffen, keiner selig werden, keiner den andern trösten, keiner für sich und die Seinigen Gutes hoffen, wenn Jesus nicht der wäre, der er ist, „Heiland, Erlöser, Seligmacher, Sündentilger, Todtenerwecker, Licht, Wahrheit, Leben, ewig Vater, Friedefürst, Kraft, Rath, Wunderbar.“ Wo nähme die gesammte Menschenheerde einen Hirten her, der sie übersehen, sie weiden, schützen und bewahren könnte? Wo käme das Opfer her, das genugthuend wäre, alle Sünden und Schulden aller Sünder, von Adam bis auf den letzten vom Weibe geboren, zu tilgen? Wo wäre der Arzt, die Arzney, die Fülle des Geistes, der Kraft, der Salbung zu finden, die erfordert wird, um alle Schwachheit, Untugend, alle Gebrechlichkeit, Krankheiten der Seele zu heilen und den ganzen Menschen wieder neu zu schaffen? Wo wäre das Meer der Freude, der Seligkeit zu entdecken, aus dem alle Freude-Dürftige und nach Seligkeit schmachtende Menschenherzen schöpfen und sich satt trinken könnten? Wer hätte die Geduld, Langmuth, Treue, Zärtlichkeit und Herzlichkeit, die zur Erweckung, Bekehrung, Erziehung und Heiligung der schwachen Geschöpfe nöthig ist, um nicht an ihnen zu ermüden, und zu verzagen, und sie zu verwerfen? Aber nun haben wir ihn gefunden, den Mann, der alles dieses in sich vereinigt, und mehr noch, als eine Menschenzunge aussprechen kann, mehr, als wir bedürfen. Nun können wir sagen, was Jes. 25,9. vorausgesagt ist: Das ist unser Gott, - den wir bedürfen; das ist der Herr, den unsre Erwartung übertrifft, so daß wir uns freuen und fröhlich sind in seinem Namen.