Gossner, Johannes Evangelista - Schatzkästchen - April
1. April
Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst und rechnete ihnen ihre Übertretungen nicht an -
Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gottes Gerechtigkeit würden.
(2. Korinther 5,19a, 21)
So hat Gott die Welt geliebt, die sündige, treulose, versunkene und undankbare, das er seinen unschuldigen heiligen und gerechten Sohn opferte, als wenn ihm die große schändliche Sünderin lieber wäre, als sein allerliebster Sohn. Wer heute, wenn er Gottes Sohn am Kreuze sterbend erblickt, sterbend für alle Sünder, getötet für die Toten, wer hier nicht lesen lernt die Heilige Schrift Gottes, die er allen Menschen geschrieben hat, um sie einzuladen zu seinem großen Abendmahle, um sie zu bitten: Lasset euch versöhnen mit Gott! Wer am Kreuze dies nicht lesen, nicht verstehen, nicht glauben lernet, wird es nimmer mehr lernen; denn da steht es mit Flammenschrift geschrieben, da wird es so laut und allgemein verstehbar, so nachdrücklich und so einnehmend wie möglich gepredigt, was Moses ahnte und sprach: Wie hat doch der Herr die Leute so lieb! O stellt euch alle hin auf Golgatha zum Kreuze Christi und schaut ihn im Geiste so lange an, bis die Fülle der Liebe Gottes, womit er uns im Tode seines Sohnes geliebt hat, Herz, Geist und Seele, Mark und Bein und euer ganzes Wesen durchdrungen hat, bis ihr mit ganzer Seele sagen könnet: Lasset uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt! Doch hier helfen nicht Worte; du musst selbst gehen nach Golgatha, musst schauen den Sohn der Liebe am Kreuz für dich bluten, mit unverwandten Blicke bei ihm verweilen. Er, sein Blut, sein Tot, seine Wunden, das Neigen seines Hauptes voll zu dir sprechen- horch nur! Und alles in dir schweige.
2. April
Da nahmen sie den Leichnam Jesu und banden ihn in Leintücher mit Spezereien. Es war aber an der Stätte, wo er gekreuzigt ward, ein Garten und im Garten ein neues Grab, darin Niemand je gelegt war. Und Josef nahm den Leichnam und legte ihn in sein Grab.
(Joh. 19,40.41 Mt. 27,59.60)
Das Leiden Christi fing im Garten an und endigte sich im Garten. Gesegneter Garten! Der den Leib, für uns dahin gegeben, aufnahm; ausgezeichnetes Grab, welches den Leichnam dessen in sich schloß, der alle, die in den Gräbern liegen, hervorrufen und auferwecken wird, zur Auferstehung des Lebens oder der Gerichtes! Seliger Josef, der du den Leichnam Jesu vom Kreuze herab nehmen und in dein neues Grab legen durftest, wer beneidet dich nicht? Und doch haben wir vielmehr als du, wenn wir durch Glauben Jesum im Herzen wohnen haben, wenn wir im Sakramente den lebendigen Leib Jesu in unserem Herzen aufnehmen und empfangen! Möge nur unser Herz aufhören das Grab der Sünde zu sein, möge es das Grab Christi werden, worin Jesus, eingewickelt in Glauben und versiegelt mit der brünstigsten Liebe, ewig bleibe! Übrigens aber müssen wir beim Grab Christi betrachten, was Paulus fragt (Röm. 6,4): Wisset ihr nicht, das wir alle, die wir in Christo getauft sind, in seinem Tod getauft sind; daher sind wir durch die Taufe in den Tod mit ihn gegraben. Das wiederholt er auch (Kol. 2,12) und will daraus folgern, das wir nicht mehr die Sünde dienen, die Sünde nicht mehr herrschen lassen, weil wir mit Christo oder durch Christi Tot der Sünde gestorben und gekreuzigt sind und also die Sünde zu Grabe getragen haben. Wecket sie nicht mehr auf, ihr Lieben! Lasset sie, lasset sie getötet und begraben bleiben ewig; ja werfet vielmehr den toten Leichnam der Sünde und bösen Lust hinaus aus euren Herzen und nehmet Jesum auf, das er in euch lebe und herrsche ewiglich.
3. April
Und sieh, ein großes Erdbeben geschah, denn ein Engel des Herren stieg vom Himmel herab, wälzte den Stein weg und sprach: Ihr sucht Jesum von Nazareth, den Gekreuzigten! Was sucht ihr den Lebendigen bei Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.
(Mt. 28,2, Lk. 24,5-6, Mk. 16,6
Engel waren bei dem ersten Eintritt Jesu in diese Welt die Boten (Evangelisten) und Verkündiger der großen Freunde, das der Heiland geboren wäre und bei seiner Wiedergeburt, da er aus den Tode wieder ins Leben hervortritt, sind die es wiederum, die sein Wiederaufleben aus dem Grabe, seine zweite Erscheinung unter den Lebendigen, seine Wiedergeburt ankündigten. Sie trafen freundlich die frommen Sucherinnen, das Sie den Herrn des Lebens, der schon auferstanden, noch unter den Toden suchten. Welche Freude muß es diesen liebe vollen Wesen gewesen sein, das sie zuerst dieses große, ewige Evangelium aussprechen durften in dieser Welt der Toden Gräbern, das sie die ersten waren, die als Herolde des Reichs rufen durften: Er ist auferstanden! Freuen sich nun die Engel so sehr darüber, die es doch eigentlich nicht zunächst angeht, wie viel mehr sollen wir uns freuen, danken und singen, denn uns starb, uns erstand er, uns lebt er und wir mit ihm, wenn wir mit ihm auferstehen und in einem neuen Leben wandeln. Oder wie können wir uns freuen, wenn wir in den Banden der Sünde und des Todes liegen bleiben? So suchen wir den Lebendigen bei den Toten und da werden wir ihn nicht finden. Er ist nur bei den Lebendigen, die erwecket und mit ihm aus dem Grabe des Verderbens auferstanden sind, zu finden.
4. April
Da die Jünger versammelt, und aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen waren, kam Jesus und trat in ihre Mitte, und sprach zu ihnen: Der Friede sei mit euch! Ich bin’s, fürchtet euch nicht.
(Joh. 20,19 Lukas 24,36)
Die Jünger liefen doch nicht zur Welt, da ihr Meister tot war und im Grabe lag, sie versperrten sich viel mehr vor ihr, denn sie fürchteten die Welt — wohl nicht mit ganz edel Furcht. Sie fürchteten, auch gegriffen und gekreuziget zu werden; dazu hatte sie jetzt weder Lust noch Kraft. Doch war diese Frucht für sie heilsam, weil sie dadurch vor der Welt bewahret blieben und in der Stille ihres Heilandes warteten. Wenn Jesus in dir auferstehen soll, und du seines Lebens in dir gewiß werden willst, musst du erstens die Welt aus deinem Herzen hinaus sperren und dein Herz nur dem Heiland offen halten, nur nach ihm verlangen; dann zweitens sich auch gern mit denen versammeln, die auf den Trost Israels warten, die mit einem toten Buchstaben-Christus nicht zufrieden sind, sondern Jesum, den lebendigen, haben wollen. Bei den Toten wirst du tot, bei den Lebendigen lebendig werden und bleiben. Wenn du so, wie die Jünger, entfernt und losgerissen von der Welt, versammelt im stillen Gebet, im harren und flehen, vereinigt mit allen Frommen und Gläubigen, sich nach Jesu sehnest, so wird er auch in Mitte deines Herzens, in Mitte der Deinigen im Geiste erscheinen und dir den Frieden, der allen Verstand übersteigt, die rechte Osterbeute, die er durch seinen Sieg und Kampf errungen hat, bringen, wodurch du gewiss wirst, dass er es ist, dass er kein Hirngespenst, kein Phantom ist.
5. April
Gelobet sei Gott, der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeben hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwüstlichen Erbe, dass behalten wird im Himmel.
(1. Petrus 1,3)
Der Tod ist verschlungen in den Sieg, — Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?
(1. Korinther 15,55)
Die Auferstehung ist das Hauptstück der christlichen Lehre; es hängt unser Glaube und unsre ganze Hoffnung an ihr, wie Paulus (1. Korinther 15) dartut. Wäre Christus nicht auferstanden, so gäbe es kein Christentum, so wäre unser ganzes Evangelium vergeblich; es gäbe keine Vergebung der Sünden, wir wüssten gar nicht, wie mir daran wären, weder in dieser, noch im künftigen Leben, das wir gar nicht glauben, nicht hoffen könnten. Die Auferstehung aber begründet alles, was wir als Christen glauben, hoffen und lieben; besonders aber ist sie uns die Wiedergeburt der lebendigen Hoffnung des ewigen Lebens, indem sie alle Furcht des Todes verschlingt und uns das künftige Leben in unserm auferstandenen Heilande anschaulich macht. Er ist unser Haupt, wenn wir im lebendigen Glauben und brünstiger Liebe als Glieder seines Leibes an ihm hangen; und da wir das Haupt über Tod, Hölle und Satan siegen, und sie, diese fürchterlichen Feinde des Menschen, verschlingen und zertreten sehen, so können wir nicht nur nicht sagen, wir müssten mit unserem Haupte mit triumphieren und uns des Sieges mit freuen; denn er hat nicht für sich, sondern für uns, über unsre Freunde gesiegt. Der Sieg ist unser, also auch der Triumph. Wenn ein Held die Feinde des Reiches schlägt und vernichtet, wenn er sieg und triumphiert, so ist der Sieg und Triumph des ganzen Reiches, so freut sich der geringste Bewohner des Reiches mit; denn er hat es auch zu genießen, wie der Sieger selbst. Darum triumphieren alle Christen mit Christo in seiner herrlichen Auferstehung.
6. April
Nun aber ist Christus für alle gestorben, damit die, so da leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist.
(2. Korinther 5,15)
Euch zuvörderst hat Gott seinen Sohn erweckt, und ihn gesandt euch zu segnen, damit sich ein jeder von seiner Bosheit bekehre
(Apostelgeschichte 3,26)
Feget den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seid, wie ihr denn ungesäuert sein sollet; denn unser Osterlamm, Christus, ist für uns geschlachtet
(1. Korinther 5,7)
Wie der Grund unserer Hoffnung des ewigen Lebens in der Auferstehung Jesu liegt, so liegt eben darum auch der Grund und die Ursache unserer eigenen Erweckung und Bekehrung zu einem neuen Leben darin. Denn wie könnten wir hoffen, mit ihm zu leben, wenn wir nicht mit ihm aufständen vom Tode. Wir könnten wir hoffen, mit ihm zu triumphieren über Sünde, Tod und Grab, Teufel und Hölle, wenn wir freiwillig Sklaven der Sünde, des Teufels und des Todes bleiben wollten. Wie könnten wir die ewige Osterfreude mit unserm verklärten Osterlamm feiern, wenn wir den alten Sauerteig nicht ausfegten. Unser alter Sauerteig, Fleisch und Blut, Sünde und Verderben kann das Reich Gottes nicht erben. Der die Feinde außer uns besiegt hat, kann und will sie auch in uns besiegen; der für uns gestorben und auferstanden ist, kann und will uns Kraft genug geben, dass wir der Sünde sterben und ihm leben; dass wir mit ihm auferstehen, allen Sauerteig der Bosheit und Schalkheit ausfegen und ein neuer Süßteig voll Lauterkeit und Wahrheit werden.
7. April
Sie kamen sehr früh zum Grabe — um die Zeit des Sonnenaufgangs, und fragten: Wer wird uns den Stein vom Grab wälzen? Als sie aber hineinblickten, sahen sie, dass der Stein weggewälzt war.
(Markus 16,2-4)
Die Jüngerinnen des Herrn sind früh aufgestanden, um den Herrn ohne Furcht und Säumen zu suchen. Weder die Wache, noch der große Stein, den sie nicht heben konnten, noch das Siegel, das die Pharisäer darauf drückten, noch sonst eine Besorgnis konnte ihre heiße Liebe abschrecken. O wenn die Liebe sucht, so findet sie allemal; denn sie glaubt alles und hoffet alles und duldet alles, um zu Zwecke zu kommen. Sie denkt: ich muss ihn finden, denn ich muss ihn haben, und wenn tausend Steine, wenn Berge im Wege lägen. Wo aber Gott solchen Ernst der Liebe sieht, da hebt er auch die Steine weg, die wir nicht heben können, und wirft die Berge ins Meer, die wir nicht übersteigen können findest du auch große Steine in deinem Wege und mancherlei Hindernisse in deinem Gange, wie die Frauen beim Grabe; findest du Jesum nicht sogleich in dir, so harre sehnsuchtsvoll, stehe früh auf und lass nicht ab, so wirst du ihn gewiss finden. Du kannst dir alle Tage einen Ostermorgen, eine Osterfreude verschaffen, wenn du alle Morgen so frühe aufstehst, so sehnsuchtsvoll suchest, so unverdrossen harrest und so heiß und brünstig verlangest nach dem auferstandenen Heiland, wie Maria. Wer sucht, der findet.
8. April
Gott hat den Herrn auferweckt und wird uns auch auferwecken durch seine Kraft.
(1. Korinther 6, 14)
Ist Christus in euch, so ist zwar der Leib um der Sünde willen tot, der Geist des, der Jesum von den Toten auferweckt hat, in euch wohnet, so wird er, der Christum auferweckt hat von den Toten, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen um deswillen, dass sein Geist in euch wohnet.
(Römer 8,10-11)
Du glaubst an Christum, dass er von den Toten auferstanden ist; glaubst, dass auch du auferstehen wirst. Hast du aber den Geist, der Jesum auferweckte? Hast du das Zeugnis des Geistes Christi, dass du erweckt und auferstanden bist vom Grabe der Sünden? Ist Christus, der Auferstandene, in dir? Hat er dich erweckt, belebt, beseelt? Ist dein Geist durch seine Gerechtigkeit lebendig? So mag dein Leib immer sterben; du wirst doch einst auferstehen, wie Christus auferstanden ist. Aber ohne den Geist und ohne das Zeugnis des Geistes Gottes, der Jesum auferweckte, an Christum, an seine und unsere Auferstehung glauben, ist eine verzweifelte Sache; sich der künftigen Auferstehung trösten, und doch hier tot und ohne den Geist sein, der allein erwecken und uns schon jetzt der ersten Auferstehung, des Lebens in Christo, teilhaftig machen kann und muss, wenn wir an der zweiten Auferstehung teil haben wollen, dass ist ein Selbstbetrug und eine Täuschung, von der man sich je eher je lieber heilen lassen soll. Ist aber Christus in uns (und das erkennen wir an dem Geiste, den er uns gegeben hat, an der Salbung und dem unnachahmlichen, unbegreiflichen Frieden, an der Liebe Gottes, die er in das Herz ausgießt), ist Christus und sein Geist in uns, und sind wir hier schon wirklich auferweckt, wahrhaft Erweckte, lebendige, in Christo lebende und wandelnde Christen, so ist kein Zweifel, dass uns der Herr so wenig im Grabe lassen wird, als er darin bleiben konnte. — Denn, wo das Haupt ist, da müssen auch die lebendigen Glieder sein.
9. April
Er aber, der Gott des Friedens, der den großen Hirten der Scharfe durch das Blut des ewigen Bundes, unsern Herrn Jesus Christus, von den Toten erwecket hat, mache euch tüchtig zu jedem guten Werke, damit ihr seinen Willen erfüllet.
Hebräer 13,20)
Denn gleichwie Christus auch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.
(Römer 6,4)
Warum hat er den Hirten schlagen lassen? Warum ihn wieder auferwecket? Bloß um der Schafe willen. Der Vater liebet die zerstreuten Scharfe und konnte sie nicht in der Irre gehen lassen, darum erweckte er den Hirten und gab ihn den Schafen wieder. Sollen nun die Scharfe doch verloren gehen? Wird er nun nicht eben um des auferweckten Hirten willen auch die Schafe erwecken und neu zu beleben suchen, dass Hirt und Herde mit einander eins seien und in den ewigen Schafstall eingehen? Wir sollen auf dieselbe Kraft vertrauen und in derselben Kraft wandeln, durch dieselbe Kraft ein neues Leben führen, durch welche Christus auferweckt wurde. Dieselbe Kraft ist unser, wenn wir sie nur gebrauchen wollen, und nicht auf eigne Kräfte bauen oder gern und mit Absicht ohnmächtig bleiben wollen, um im Tode der Sünde liegen bleiben zu können. Schäflein? Seht auf euren großen Hirten: er war sehr zerschlagen, aber er lebet wieder, lebet ewig und stirbt nicht mehr. Er hat die Binden und Grabtücher, womit er im Tode gebunden und eingewickelt war, aufgelöst, zusammengewickelt und im Grabe begraben, (Johannes 20,6-7) er aber ging frei heraus, und nun bindet ihn nichts mehr an diese Erde, als die Liebe zu uns. So, liebe Seele, sollst du auch auferstehen und die Binden und Banden, die dich an Erde, Welt und Sünde fesseln, zerbrechen, sie im Grabe dieser Welt liegen lassen und deinem Hirten nachfolgen im Auffluge zum himmlischen, zu dem er sich erwecket hat.
10. April
Aber ich will sie erlösen aus der Hölle, und vom Tode erretten. Tod, ich will dir ein Gift sein; Hölle, ich will dir eine Pestilenz sein.
(Hosea 13,14)
Derselbe soll dir den Kopf zertreten; du aber wirst ihn in die Fersen stechen.
(1. Mose 3,15)
Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben, ob er gleich stürbe.
(Johannes 11,25)
Wer den Tod und die Hölle fürchtet, der eile doch zu dem, der hier so nahe steht und ihm zuruft: Komm, ich will dich erlösen aus der Hölle, und erretten vom Tode! Wer dem nicht glaubt, der zum Tode furchtlos spricht: ich will dir ein Gift sein! und zur Hölle: ich will dir eine Pestilenz sein! Wer dem nicht glaubt, der da sagt: wer an mich glaubt, stirbt nicht; ich bin das Leben, ich gebe ewiges Leben dem, der an mich glaubt; wer dem nicht glaubt und nicht glauben will, der durch seinen Tod dem die Macht nahm, der des Todes Gewalt hatte, dem Teufel, und diejenigen erlöste, die aus Todesfurcht ihr Lebenlang Knechte sind (Hebräer 2,14-15); wer lieber Sklave der Todes- und der Höllenfurcht bleibt, (warum doch? ja, um der elenden Lust, seinen Begierden als Knecht zu dienen, und noch die kurze Zeit dieses vergänglichen Lebens zu genießen,) wer, frage ich, dem nicht glaubt, der muss ja sein Verderben, seinen ewigen Untergang mehr lieben als sein Leben und seine Seligkeit; der muss ja schrecklich verblendet sein von dem Gott dieser Welt (2. Korinther 4,4), dass er nicht flieht und nicht sehen will das helle Licht, dass aus der Auferstehung Christi herstrahlt, das uns zum seligsten Triumph über Tod und Hölle, über Sünde und Teufel einladet. Erkennt uns die Hölle schon als ihr Eigentum, beherrscht uns der Tod schon als seine Sklaven, so müssen sie uns doch frei und unangefochten lassen, wenn wir nur wollen; wir können ihnen ein Gift und eine Pestilenz finden, wodurch sie sterben und verderben müssen. Warum fürchtest du den Tod? Weil du den Stachel des Todes, die Sünde, liebst? Nimm viel mehr die Wurzel, die des Todes Gift und der Hölle Pestilenz ist, die den Tod in dir tötet, nimm Christum ein, so wirst du leben und selig sein.
11. April
Der Engel sprach: Gehet hin, saget seinen Jüngern und dem Petro- in Galiläa werdet ihr ihn finden.
(Mk. 16,7)
Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen.
(Lk. 24,34)
Das Merkwürdigste in der Geschichte seiner Auferstehung ist, wie es die Evangelisten auch besonders bemerken, das der Herr den großen Sündern zuerst erscheinen ist, der Magdalena und dem Petrus. Lieber! Das steht nicht umsonst in der Geschichte Jesu. Ist er dem Simon erschienen? Besonders und zuerst erschienen? Möchte man verwundert fragen; hat ihn doch keiner mehr betrübt, keiner schändlicher verleugnet, keiner so wortbrüchig und treulos an ihm gehandelt, bei allen Warnungen und Ermahnungen, die von Seiten des Herrn vorausgegangen sind? Ja, das ist wohl wahr. Er war es nicht wert, der Fall war groß- aber sieh, Petrus weinte bitterlich; keiner fühlte so tief seine Schmach, sein Verderben, seine Treulosigkeit, wie er. Keinem war so bange, keiner wartete mit solchem Schmerz, mit solcher Sehnsucht, wie er. Wie eilte er mit Johannes der erste zum Grabe, als er eine beunruhigende Nachricht von dem im Grabe vermissten Leichname des Heilandes hörte; wie lief er der erste ins Grab hinein! Siehe, das alles sah und wusste der Heiland auch. Der nicht nur auf deinen Fall, auf deine Verleugnung und Untreue sieht, sondern auch auf deine Tränen, auf deinen Schmerz, auf dein heißes Verlangen von ihm begnadigt, getröstet und wieder angenommen zu werden. O ihr tiefgebeugten, ihr über eure Sünden zerrissenen Herzen, seid getrost! Wenn der Heiland die Seinen besucht und tröstet, besucht und tröstet er auch zuerst; denn er weiß, ihr habt es nötiger, als andere.
12. April
Maria aber stand vor dem Grabe und weinte — und sprach: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie dies gesagt, wandte sie sich um, und sehe Jesum stehen, wusste aber nicht, dass er Jesus war.
(Johannes 20,11-14)
Wer so suchen könnte, wie Maria, müsste auch so finden. Ihr Sucher und Sucherinnen des Suchenswürdigsten, die ihr nicht findet, gehet hier bei dieser seligen Finderin in die Schule. Die Kunst ist leicht, ein jeder kann sie lernen; und sie bringt den größten Gewinn. Man hat ihn, wo man um ihn weint. Das war auch ihr wahr, und ist allemal wahr. Tränen, die von Herzen gehen, um ihn geweint, verfehlen ihren Zweck nie; denn sie sind schon ein unzweifelhafter Beweis, dass er nicht dem Herzen stehe und anklopfe, sonst würde unser Herz nicht um ihn bekümmert und bewegt sein. Den Hunger, das Verlangen nach ihm, kann in unserm Herzen niemand erwecken, als er selbst. Wer aber an unserm Herzen rüttelt, muss unserm Herzen nahe stehen. Man kennt ihn nur nicht allemal, wie hier Maria — bis er einen beim Namen nennt. Wer mit solcher Herzens-Ungelegenheit den Verlust des Herrn beklagt, so aufrichtig um ihn weint, so ernstlich sucht, so sehnsuchtsvoll nach ihm sich umsieht, wie diese brünstige Seele, der wird und muss ihn auch bald finden. Ja, liebe Seele, ehe du ausgeweint, auf einmal, ehe du dich umwendest, steht er da und grüßet dich, wie nur er grüßen kann. Und ein solcher Gruß ist aller Mühe des Suchens wohl wert.
13. April
Ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.
(Johannes 16,22)
Als nun die Jünger versammelt waren — trat Jesus in ihre Mitte, und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! Zeigte ihnen seine Hände und seine Seite; da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen.
(Johannes 20, 19-20)
Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
(Johannes 20, 29)
Sie freuten sich seines Wiedersehens, wie die Weisen aus Morgenland, dass die den Stern wiedersahen, den sie bei Herodes verloren hatten. So freuten sich die Jünger, Jesum wieder lebendig zu sehen, und ihre Freude hat bis heute niemand von ihnen genommen; und wer wird sie jetzt von ihnen nehmen? O, wer diese Freude kennt, wie ekelt dem an aller andern Freude, die nicht von dieser Freude ausgeht oder nicht zu ihr führt! Bist du dieser Freude, Jesum lebendig in dir auferstanden, in dir wohnend zu wissen, teilhaftig geworden? Hast du je die Schmerzen, die Traurigkeit, Jesum nicht zu haben, oder ihn verloren zu haben, auch empfunden? Hast du dich je so, wie die Jünger, versammelt, so eingesammelt in dein Herz, um des Herrn zu harren, seiner zu warten, seiner teilhaftig zu werden? O, dann ist er gewiss schon in dein Herz gekommen, oder er kommt und besucht dich bald, wenn du verharrest, und keine andere Freude kennst, als ihn zu haben. Du kannst zwar die Freude, ihn zu sehen, wie die Jünger, hier nicht genießen, aber deswegen soll dir doch an der wahren und viel größern Freude, ihn zu haben und seine Nähe zu genießen, nichts abgehen, sondern das Nichtsehen und doch glauben, und durch Glauben ihn im Herzen wohnend haben, soll die Freude noch erhöhen und dich vielmehr seliger machen, als dir schaden.
14. April
Weib, was weinest du? Wenn suchst du? Sie aber, in der Meinung, daß es der Gärtner sein, sprach zu ihm: Herr hast du ihn weggetragen, so sage, wo hast du ihn hingelegt, damit ich ihn holen kann. Da sprach Jesus zu ihr: Maria! Sie wandte sich um und sprach zu ihm: Rabbuni!
(Johannes 20,16)
Er hat ihn freilich Weggetragen; er hat sich selbst weggehoben aus dem Grabe, und wohin hat er sich gelegt? Marian in dein Herz; denn wer ihn so sucht, wie du, der hat ihn schon. Du willst ihn holen in der Ferne und er steht vor dir, den du nicht kennst und doch unaussprechlich liebst. O schöne Frage: Wo hast du ihn hingelegt? Mein Herz, stelle diese Frage recht oft an ihn, wenn er sich dir entzogen hat. Stelle sie aber auch an dich selbst, wenn du ihn selbst weggelegt, selbst verlassen und verloren hast; denn gar oft ist das Herz es selbst, das ihn sich wegnimmt, und dann läßt er sich gar lange suchen. Wenn man jedoch nicht müde wird, so wird er müde; er kann uns nicht so lange in Wehmut suchen lassen, er kann und nennt uns beim Namen. Und ein Wort von ihm, seine Stimme schon, macht uns so glücklich, als das: Maria! Wie wenig und wie viel war dieses Wort für ihre Seele! Wer die Sprache der Liebe versteht, bedarf nicht vieler Worte, nicht langer Beweise, um an die Liebe zu glauben und die Liebe zu lieben. Wenn er mich einstens, wenn er uns entgegen kommt, nur so beim Namen nennt, wie hier die Maria, bin ich alle Ewigkeit durch selig. Und in dieser Absicht, um von ihm einst genannt zu werden, wollen wir ihn jetzt gern suchen, lieben und sein bleiben, bis er kommt und alle seine Schafe mit Namen ruft. (Johannes 10,3)
15. April
Hierauf ist er mehr als 500 Brüdern auf einmal erschienen. Zuletzt von allen erschien er auch mir, als einer unzeitigen Geburt.
(1. Korinther 15,6, 8)
Man sieht daraus, das der Heiland nicht nur den auserwählten Aposteln vorherbestimmten Zeugen seine Auferstehung erscheinen ist, sondern allen, die damals seine Erscheinung lieb hatten, die seines Lebens, seiner Gnade und Huld gewiss werden wollten, die auf ihn harrten und alle ihre Hoffnung auf ihn setzten. Dies muß mir Mut und Zuversicht einflößen, das er auch dich gewiss nicht zu kurz kommen lässt, wenn du ihn mit Ernst suchst. Seine Augen gehen durch alle Lande und schauen in alle Herzen, heute noch, wie damals- sah er, fand er einst die fünfhundert Brüder = Herzen, die sich nach ihm sehnten und konnte er sie nicht ungetröstet nach ihm schmachten lassen, so sieht er und findet er auch jetzt noch dich und dein Herz, wenn es nach ihm verlangt und wird dir gewiss den Trost, die Freude, die Kraft erscheinen lassen, die du bedarfst zu deinem Heile. Und wären fünfhundert solcher Herzen im Land, desto lieber wäre es ihm, wenn er nur recht viele besuchen und erfreuen könnte, er würde darum kein Einzelnes, auch dich nicht übersehen.
16. April
Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt und als Letztes wird er sich über dem Staub erheben.
(Hiob 19,25)
Welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, dass er seinem verklärten Leibe ähnlicher werde.
(Philipper 3,21)
So wusste Hiob schon, dass unser Erlöser lebt, so sah er schon mit der lebendigen Hoffnung in die Zukunft, über Tod und Grab hinüber in ein Leben hinein, dass uns, mit Leib und Seele wieder vereinigt, vor Gottes Angesicht stellen wird. Mit welcher Zuversicht sprach der Glaubensheld, ehe Gottes Offenbarung auf Sinai und das Licht auf Golgatha erschienen waren. Wie sollen Christen Zittern vor der Trennung des Leibes von der Seele- denn anders ist der Tod doch nichts als eine kurze Erscheinung , um bald auf ewig und herrlich wieder vereinigt zu werden. Das Samenkorn des Leibes muß unter die Erde, um herrlich, um lebendig, ewig unsterblich wieder aufzustehen. Der verklärte Leib Christi ist das schönste Bild und Original, nach dem er unsere Leiber verklären und verherrlichen wird. Wer sollte nicht gern den befleckten und verhassten Rock des Fleisches ausziehen, um mit einem neuen, unsterblichen, herrlichen, Christus ähnlichen Leibe überkleidet zu werde?!
17. April
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf grüner Aue, und führet mich zu frischem Wasser. Er erquicket meine Seele, und führet mich auf rechter Straße, um seines Namens willen. Sein Stecken und Stab trösten mich.
(Psalm 23)
— Läßt er nicht neunundneunzig in der Wüste, und geht dem Verlorenen nach?
(Lukas 15, 4)
Ist Jesus dein Hirte, so musst du sein Schäflein sein, das heißt: Du musst fleißig auf die Weide gehen, auf welche er dich führt; sein Wort muss dir süßer als Honig und Honigseim sein; du musst dich zu seiner Herde, zu seinen Scharfen halten und die Böcke der argen Welt fliehen. Die grünen Auen dieses Hirten sind seine Worte in der Bibel, und der innere Umgang mit ihm im Geiste ist die tröstliche Weide seiner Schafe. Da fließen auch Ströme des frischen Wassers, womit er seine Schafe tränkt. Ein Wasser, wie kein Wasser auf Erden quillt. (Johannes 7,38) Aber die Schäflein müssen dem Hirten folgen, wenn er sie zu diesen Wassern führen soll, müssen wirklich hier auf seinen grünen Auen weiden, in ihm bleiben, und kindlich, herzlich mit ihm umgehen. Sobald sie sich von ihm entfernen und eine andere Weide, ein anderes Wasser suchen, verlieren sie den Geschmack an seiner Weide und an seinem frischen Wasser, verirren sich von der Herde und gehen verloren. Er aber kann die verlorenen nicht ewig verloren gehen lassen; er sucht sie, er geht ihnen auf all ihren eitlen Wegen nach und nimmt sie, wenn er sie findet, nicht nur gern wieder an, sondern er trägt sie, wie eine Mutter ihr Kind, auf seinen Achseln, er freut sich, als wenn er einen Schatz gefunden hätte. Bleiben sie nun bei ihm, so fehlt es ihnen an keinem Guten: denn der Hirte ist überschwänglich reich, und eben so gütig und milde; er will, dass seine Schafe alles haben, was er hat. Führt er sich auch manchmal durch dunkle Wege, die rauche Straße, so ist es doch der rechte Weg zum Schafstalle. Und wenn es auch durchs finstere Todestal geht, so ist sein Schäferstecken und Hirtenstab ihr Trost und ihre Stütze, an den sie dich halten, dass sie sich nicht fürchten. Sein Stecken und Stab ist dem Tode und der Hölle fürchterlich, und eine Siegesfahne für seine Schafe. Sie schlagen damit den Tod und den Teufel in die Flucht. Alle Wölfe fliehen, wenn man seinen Stecken und Stab ergreift. Kennst du ihn, du Schäflein Christi? Kennst du deines gekreuzigten Hirten Stab und Stecken? Er ist schön, ist herrlich, mit seinem Blute gefärbt, denn der Hirte starb daran für seine Schafe, für dich!
18. April
Du bist der Schönste unter den Menschenkindern.
(Psalm 45,3)
Der du mich erhebst aus den Toren des Todes, auf dass ich erzähle allen deinen Preis in den Toren der Tochter Zion, dass ich fröhlich sei über seine Hülfe.
(Psalm 9,15)
Wo find’ ich denn das Schönste, getroffenste Bild von meinem Heiland, dass meine Seele sich recht daran freuen kann? Ich weiß kein schöneres, als das, welches Jesaja, der Prophet, (Kap. 53,2) von ihm entwarf, indem er sagt: Er hatte keine Gestalt noch Schönheit, die uns gefallen hätte; er war der allerverachtetste und unwerteste u.s.w. Dieser Entwurf des Propheten ward dann auf Golgatha lebendig und wahrhaftig ausgeführt und vollendet. Und gerade da, wo er keine Schönheit, keine Gestalt hatte, die den Augen der Welt gefallen könnte; gerade da, wo er der verachtetste und unwerteste war, ist er am Schönsten. Dort am Kreuze, wo er von allen verschmäht und verworfen war, vereinigen sich alle Reize der Schönheit in ihm; deswegen erhält er vor allen anderen den Preis:. Wenn wir Himmel und Erde durchwandern, an allen ihren Ecken und Enden suchen, finden wir nichts schöneres, nichts herrlicheres, als den für uns blutenden und sterbenden am Kreuze auf Golgatha, wo er alle seine göttliche, himmlische Schönheiten Herrlichkeit ausgezogen hatte, mit der tiefsten Schmach, mit Kreuz, Schande und Tod ganz bedeckt war. Wenn ihr ein zerknirschtes Herz da lebhaft erblickt, so gefällt es ihm viel besser als auf Tabor, und es heut sich lieber eine Hütte auf Golgatha als auf Tabor, weil es sich an seiner Kreuzesschönheit nicht satt sehen kann und ihm in diesem Leben nirgend so wohl ist, als beim Kreuze; denn da findet es allein Trost, Heil, Ruhe, Kraft und Leben. Da finden wir alles. Sein Tod, seine Schmach hat die Tore des Todes, die uns ewig gefangen gehalten hätten, gesprengt, geöffnet, uns ausgeführt und erhoben aus dem Kerker des Todes; hat uns versetzt in die Tore der Tochter Zions, des neuen Jerusalems, dass wir nicht genugsam rühmen und erzählen können, was er an uns Gutes getan, wie er uns gerettet, erlöset, gerechtfertigt, geheiligt und verherrlichet hat. Ewigkeiten reichen kaum hin, es zu genießen, geschweige zu erzählen. Von Ewigkeit zu Ewigkeit werden mir neuen Stoff zu seinem Preise erhalten, und er wird seines Ruhmes nie ein Ende sein.
19. April
Wer kann die großen Taten des Herrn aussprechen, und alle seine löblichen Werke preisen?
(Psalm 106,2)
So werden sie erkennen, dass du mit deinem Namen heißest Herr allein, und der Höchste in aller Welt.
(Psalm 83,19)
Unaussprechlich sind seine Taten und Werke, die er an der Welt und an seinen Kindern tut; wer sie aber erwäget und betrachtet mit dem Lichte des heiligen Geistes, der hat Lust daran, des Herz freuet sich und ist selig. Wo wir hinsehen, erblicken wir ihn und seine Hand, die alles allenthalben schaffet, die wir bewundern und anbeten müssen; denn alle seine Werke sind lauter Wirkungen seiner unaussprechlichen Liebe gegen die Menschen. Unter allen seinen Werken aber dünkt uns doch keines schöner und herrlicher als das Werk unserer Erlösung: seine Liebe zu den Sündern, sein offener Schoß, seine Tag und Nacht ausgespannten Arme, die er nach Sündern ausstreckt, seine Treue, Langmut, Geduld, Freundlichkeit, womit er Sünder annimmt, Gefallene wieder aufrichtet, Irrende sucht, Schwache trägt und Müde stärkt. Und werken all das Schöne an ihm beschreiben? Herz fühle es, stelle dich unter sein Kreuz und schaue dich satt an seiner Liebe und Schönheit, so erhält er gewiß auch von dir den Preis von allem, was du je gesehen und gehöret, genossen oder geahnet hast. Er sei dir daher ewig alles allein, der Höchste, Beste, Schönste und Liebste in aller Welt.
20. April
Schmecket und sehet wie freundlich der Herr ist! Wohl dem, der auf ihn trauet.
(Psalm 34,9)
Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte.
(Psalm 103,8)
Herr, es ist dir seiner gleich unter den Göttern, und ist niemand, der tun kann, wie du.
(Psalm 86,8)
Du Freundlicher! Hast du schon den frommen Vätern in der Stiftshütte, die von Händen gemacht, die zum Abbruch bereitet war, so süß und freundlich geschmecket, wie wirst du denen schmecken, die dir im neuen Heiligtum, im Geiste und in der Wahrheit dienen, wo du deinen Tempel nicht mehr von Stein gebaut, sondern lebendig im Herzen aufgerichtet hast, indem du deine ewige Wohnung in uns erwählest, deine Herrlichkeit nicht mehr in einer Wolke, sondern ohne Hülle in jeder Seele offenbarest, die dir im Glauben und Liebe ganz ergeben ist! Deine Freundlichkeit ist es allein, die uns zu dir hinzieht und bei dir erhält, sonst hätten wir ja nicht Mut. Wie durfte die Sünde, die wir sind, es wagen, dir, der Heiligkeit und Herrlichkeit Gottes zu nahen, wenn deine Freundlichkeit uns nicht so einnehmend, so reizend, so einladend wie ein Magnet, an sich zöge. Alles in uns verböte uns zu kommen, unser durchaus sündiges Wesen müsste uns abschrecken; aber deine Liebe und Freundlichkeit überwindet alles, macht uns vergessen, wer wir sind, und beschäftigt uns nur mit dir, erfüllt unsere Herzen und Sinnen so sehr, dass wir nicht wegbleiben können, dass wir in deinem Lobe und in deiner Liebe zu selig sind, als dass wir deinem Zuge widerstehen, und deine Liebe, die ohne uns nicht selig sein kann, beleidigten.
21. April
Du bist mein Sohn, heute (d. i. von Ewigkeit) habe ich dich gezeugt.
(Ps. 2,7)
Küsset den Sohn, dass er nicht zürne und ihr umkommet auf dem Wege.
(Ps. 2,12)
Der Vater hat den Sohn lieb, und hat ihm alles in die Hand gegeben.
(Joh. 3,35)
Vom Sohne heißt es: dein Thron, o Gott, währte von Ewigkeit zu Ewigkeit. — Die Himmel sind deiner Hände Werk, du hast die Erde gegründet. — Er trägt alle Dinge mit dem Worte seiner Kraft.
(Hebr. 1,3 + 8-12)
Ein Christ kann nicht erhaben genug denken und glauben von Christus. Gott, Herr Gott, und Christus müssen ihm gleichbedeutende Name, einer und derselbe sein. Was wir von Gott in der Bibel lesen, in der Natur sehen, in unserem Gemüte ahnen und bedürfen, das gilt alles auch von dem Sohne, wie vom Vater. Sie sind Eins, wie er selbst sagte. (Joh. 10,30) Darum rede, glaube und denke du nie anders von ihm, als vom Vater, trenne sie nicht; denn sie können ewig nicht getrennt werden. Bete den Sohn an, oder du betest den Vater nicht an; denn der Vater will nur im Sohne und mit dem Sohne angebetet sein. Denkest du am Jesum ohne den Vater, oder trennst du die Gottheit vom Sohne, so hast du die Gottheit für dich unzugänglich gemacht, du hast keinen Gott. (2. Joh. 9) Himmel und Erde hat er gegründet, Himmel und Erde trägt und erhält er mit seiner Allmacht. Darum küsse den Sohn, d. i. ehre ihn, bete ihn an als deinen Gott und Herrn; liebe ihn als deinen Heiland und Retter, dass er nicht als Richter über dich zürne, und du nicht in seine Hände fallest, wenn er kommen wird, die Welt zu richten durchs Feuer.
22. April
Alles ist euer, ihr aber seid Christi, Christus ist Gottes.
(1. Kor. 3,22.23)
Er hat seines eigenen Sohnes nicht verschonet, sondern ihn für uns hingegeben, wie sollte er uns mit ihm nicht alles geschenkt haben.
(Röm. 8,32)
Durch welchen uns die teuersten und allergrößten Verheißungen geschenket sind, nämlich dass ihr durch dasselbe (Erkenntnis Jesu) teilhaftig werdet der göttlichen Natur, wenn ihr die vergängliche Lust der Welt fliehet.
(2. Petr. 1,4)
Ihr Lieben! Wie reich können wir in Christo werden, unter der geringen Bedingung, wenn wir fliehen, was uns ohnehin bald verlassen wird — die vergängliche Lust der Welt. Alles, alles, was Gott ist und hat, was der Himmel und die Ewigkeit in sich fasst, ist euer, ihr sollt es haben und genießen, entsaget nur ganz der Anhänglichkeit und dem sinnlichen Genosse dieser Welt. Denn beide Welten — Himmel und Erde, Gottes Reich und der Welt Reich, Christus und Belial, können nicht neben einander bleiben in eurem Herzen. Wollt ihr das alles, was Gott in Christo euch darreichet, so müsst ihr fahren lassen, was Fleisch, Welt und Satan anbieten, und nur anbieten, denn sie geben nicht, was sie verheißen, sondern nehmen dir alles wieder, ehe du recht darnach gegriffen, ehe du sie genossen hast. Gott macht dich durch Christum seiner Natur, seines Wesens, seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit, Seligkeit und Herrlichkeit teilhaftig; du sollst heilig und selig sein, wie er, und also mit regieren und mit genießen ewig im Himmel. Wer kann die Liebe fassen! Warum wird uns nicht alles zum Ekel außer Gott und seinem Worte, das uns solche Verheißungen vorhält? Wer kann diese Verheißungen glauben, und sich doch noch der Welt gleich stellen? Doch noch mit der Welt genießen wollen? Doch noch sein Herz an etwas anderes hängen, als an das große alles, das schon sein ist, wenn er es ergreift im Glauben und festhält mit ganzem Herzen? Wenn kein Wort der Schrift uns erwecken und ganz bekehren könnte, so sollte uns dieses ganz für Christus einnehmen und uns alle Welt, Fleisch und Teufel auf ewig aus dem Sinne und Herzen treiben.
23. April
Meine Seele ist zermalmen vor Verlangen nach deinen Rechten. Meine Seele verlanget nach deinem Heil.
(Ps. 119,20+81)
Das Verlangen der Elenden hörest du, Herr.
(Ps. 10,17)
Wir werden ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Jeder aber, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich, gleichwie er rein ist.
(1. Joh. 3,2-3)
Wer geschmecket hat, wie freundlich der Herr ist, dem ist es unmöglich und widernatürlich, nicht nach ihm zu verlangen. Sollten wir, wenn wir Jesum kennen, weniger nach ihm verlangen, als die vor Verlangen zermalmte Seele Davids? Sollte der Gott neuen Testaments, der blutende, leidende, sterbende Heiland, der gute Hirt, das Lamm, der Bräutigam u. weniger unser Herz an sich ziehen, nicht viel mehr unsere Begierde reizen, als der donnernde und blitzende Jehova des alten Bundes? Sollte unsere Liebe kälter sein gegen den, der uns bis in den Tod geliebte hat, und den wir vor Liebe sterbend am Kreuze erblicken? Rein, wer ihn kennt, des Verlangen brennt, der sehnt sich Tag und Nacht nach ihm, der kann sich nur mit seinem Wissen trösten, und mit der lebendigen Hoffnung, ihn einst desto gewisser und herrlicher zu schauen, je länger er hier abwesend von ihm pilgern muss. — Lieber, wie steht’s mit deiner Seele? Verlangt sie nach ihm? Oder erschreckst du etwa, wenn du ihn heute noch sehen müsstest? Wer eine freudige Hoffnung, ihn zu schauen, haben will, der reinigt sich von allem Unflat der Welt, von aller Selbstsucht und Eitelkeit, der reinigt sich, gleichwie er rein ist. Denn die Unreinen werden Gott und Jesum nicht schauen.
24. April
Siehe, um Trost war mir sehr bange. Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen, dass sie nicht verdürbe; denn du wirfst alle meine Sünde hinter dich zurück.
(Jesaja 38,17)
Ich tilge deine Missetat wie eine Wolke und deine Sünde wie den Nebel. Kehre dich zu mir, denn ich erlöse dich.
(Jesaja 44,22)
Wem bange wird über seine Sünden, dem sei diese Bangigkeit ein Pfand, dass der Herr und sein Heil ihm so nahe als die Bangigkeit stehe; denn er ist in der Bangigkeit, er erwecket sie, er unterhält sie, sonst würde uns wohl hier über unsere Sünden nie bange werden. Der dich nun bange macht, wird dich auch froh und selig machen; denn als ein weiser und guter Arzt verwundet er, um zu heilen, schneidet in die Wunde nur, um gesund und froh zu machen. Er schickt zuerst Trostlosigkeit oder Trostbedürftigkeit ins Herz, um den Trost nachschicken zu können, um Aufnahme zu finden. Aber wenn die trostlose, bange Seele zu ihm schreit, auf ihn traut: o dann kommt er mit Trost und mit seinem freundlichen Angesicht und vor ihm und seinem Gnadenworte, mit dem er vor die tränenden Augen der bangen Seele tritt, schwinden die Sünden, die Anklagen des Gewissens, die Schrecken des Gerichtes, wie die Nebel vor der Sonne, wie die Wolken, wenn sie der Wind jagt. Dann wird der trübe Himmel der Seele hell und heiter, dann lacht die Sonne in dein Herz, dann legt er dir Lobpsalmen in deinen Mund, dass du ihm wie alle, die er rettete, das Zeugnis geben musst: Er hat dich meiner Seele herzlich angenommen. Bleibe dann nur in dieser Herzlichen Gnade und fahre säuberlich mit ihr. So sehr sie dich erfreut, so treu brauche und bewahre sie; sonst tritt die Sünde, die Gott weit hinter sich geworfen, wieder hervor und nimmt von dir Besitz mit siebenfach verstärkter Kraft.
25. April
Hier ist Geduld und Glauben der Heiligen.
(Offenbarung 13,10)
Seid Nachfolger derer, die durch Glauben und Geduld ererben die Verheißungen.
(Hebräer 6,12)
Wisset, dass euer Glaube, wenn er rechtschaffen ist, Geduld wirket.- Geduld aber soll fest bleiben.
(Jakobus 1,3-4)
Wen das Gold ins Feuer geworfen wird, zeigt es sich, ob es Gold oder nur Schlacken und falscher Glanz und Schein war. Du meinst du habest Glauben? Ist dein Glaube auch schon geprüft, im Feuer der Trübsal gewesen? Hast du auch Geduld? Glaube ohne Geduld ist kein Glaube, der Gott gefällt. Darum sagt Paulus, der Glaube ist nicht Jedermanns Ding. Warum, weil die Geduld gar ein seltenes Ding ist. Man lernt wohl leicht die Worte des Glaubens auswendig und spricht sie sehr geläufig nach; aber die Geduld des rechtschaffnen Glaubens bleibt weit unten am Berg stecken, wenn der Weg nicht immer eben und grade geht. Auch beweisen einige am Anfang Geduld, aber sie halten nicht aus - ihre Geduld ist nicht fest, weil der Glaube auf schwachen Beinen steht und sich nicht an den rechten Mann lehnt, der ihn halten kann. Man hat sein Haus auf lauter Sandkörner, nachgesprochener Worte, gebaut, von denen nie eine Kraft ins Herz gekommen ist. Kommt nun die Flut, der Sturm der Anfechtung, so stürzt die Strohhütte des schwachen Glaubens zusammen oder das Feuer der Trübsal verzehrt sie. Es müssen eben nicht Verfolgung, Feuer und Schwert sein, mit welchen der Glaube der ersten Christen geprüft wurden und herrlich bestanden; es darf nur Krankheit oder sonst eine zeitliche Not kommen, so ist keine Geduld zu finden und wenn man sie mit Laternen sucht. Wenn etwas der nahe Tot erschreckt, so schickt man sich ein wenig darein; aber ist die Gefahr des Todes vorüber, so hat Glaube und Geduld ein Ende. Wer es also bei sich findet, der bete um Vermehrung des Glaubens und wessen Glaube noch nicht geprüft ist, der sehe zu, das er nicht falle.
26. April
Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde.
(Psalm 73,25)
Ich acht alles für Schaden gegen der überschwänglichen Erkenntnis Jesu Christ, meines Herrn - ich achte es für Koth - auf das ich Christum gewinne.
(Philipper 3,8)
Asaph und Paulus, so wie alle, die Jesum wahrhaftig kennen, finden nichts Wünschenswertes als ihn, finden in ihm, hier schon, auf dem Glaubensweg, mehr als Himmel und Erde uns darbietet. Was werden sie dort, wo man ihn sieht, wie er ist, und ihm gleich ist, in ihm finden und ewig genießen? Allein diese Glaubenshelden haben jetzt wenige Nachfolger; denn die meisten führen die entgegengesetzte Sprache und fragen, wie sie denken: wenn ich nur die Erde und ihre Schätze, wenn ich nur die Lüste des Fleisches, wenn ich nur die Ehre der Menschen haben, was frage ich nach Jesus? Einige, die es besser machen wollen, denken: wenn ich nur einst in den Himmel komme, was frage ich jetzt nach der Erkenntnis Christi? - Ihr Menschenkinder! Ihr begehret zu wenig; ihr könnt mehr, unendlich mehr haben, als die ganze Erde, die gesamte Menschheit, als selbst der Himmel hat und ist. Jesus Christus will sich schenken, und in ihm haben wir mehr als tausend Welten, mehr als aller Himmel Himmel. Ihn erkennen, und in ihm den Vater, das ist das ewige Leben, ist mehr als aller Reichtum der Erde, seliger als aller Lust des Fleisches, herrlicher als alle Ehre der Menschen. Ohne ihm und außer ihm ist Alles lauter nichts- selbst der Himmel kein Himmel mehr, sondern eine Wüste, eine Hölle. Ohne ihm und außer ihm ist alles weniger, häßlicher als Nichts; denn er ist, wie Paulus sagt, alle Schaden, Kot, Auskehrich. Lasset euch also nicht blenden vom irdischen Glanze, vom eitlen Ruhme. Wer Jesum hat, hat Alles, hat unendlich mehr, als wenn er alles Andere ohne ihn hätte. Wer aber ihn nicht hat, der hat ihn gegen sich, und wer ihn zum Gegner hat, ist sich gewiss an keiner Freude satt. Und nicht nur dieses; erkennst du ihn nicht als deinen Gott und Herrn, hast du ihn nichts als deinen Heiland und Seligmacher, ist er dir nicht dein Ein und Alles, so ist er dein Richter, und wird dich, weil du ihn verworfen, ihn verachtet und ihn andere Dinge vorgezogen hast, auch verwerfen. Was hilft dir dann die ganze Welt, mit all ihrer Lust und Ehre? Was kann dir Geld und Gut, Reichtum und Menschenehre vor seinem Richterstuhl nützen? Was kann dich vor seinem zukünftigen Zorne erlösen? Dann bleibet es dabei: Es ist nicht nur sein Gewinn über Christum, sondern aller Gewinn ist Verlust und Schaden, wenn man ihn nicht hat. Wer aber ihn hat, der hat alles satt.
27. April
Mein Gott, des Tages rufe ich, so antwortest du nicht; und des nachts schweige ich auch nicht.
(Psalm 22,3)
Wenn ich rufe zu dir, Herr, mein Hort, so schweige mir nicht, auf das nicht, wo du schweigest, ich gleich werde denen, die in der Hölle fahren.
(Psalm 28,1)
Meine Seele ist sehr erschrocken, ach, Herr! Wie so lange?
(Psalm 6,4)
Wie lange willst du mein so gar vergessen? Wie lange verbirgst du dein Antlitz vor mir?
(Psalm 13,1)
Ärgere dich nicht an dem lieben Gott, wenn er mit dir verfährt, wie mit seinen liebsten Freunden, die er oft lange rufen und schreien lässt, ohne ein Zeichen zu geben, dass er höre; dass sie beinahe verzagen, und dass sie sich schon wie in der Hölle glauben. Ärgere dich nicht, wenn du auf alle deine Gebete keine Antwort erhältst, wenn du immer rufen musst: Ach, wie so lange?!! Wenn es dir scheint, der Herr habe deiner vergessen, er achte gar nicht auf dein Gebet. Sieh, so haben es alle Lieblinge Gottes vor dir erfahren. Keine Antwort auf deine heißen Gebete ist doch Antwort, und die heißt: Warte, harre, schweige, leide, ringe, hoffe. Am Ende wirst du doch auch mit David, der noch mehr, als du, klagte, sagen können, was er (Ps. 13,6) bekannte. Ich hoffe aber darauf, dass du so gnädig bist; mein Herz freuet sich, dass du so gern hilfst. Ich will dem Herrn singen, dass er so wohl an mir tut. So sehr jetzt der Herr schweigt und dich betrübt, so laut und erfreuend wird er sprechen. So voll Klagen jetzt dein Herz ist, eben so voll Freude und Frohlocken wird dein Mund werden, wenn der Herr für gut findet, dir zu antworten.
28. April
Das weiß ich fürwahr, wer Gott dienet, der wird nach der Anfechtung getröstet, und nachher Züchtigung findet er Gnade.
(Tobias 3,22)
Da ich den Herrn suchte, antwortete er mir, und errettete mich aus aller meiner Furcht.
(Psalm 34,5)
Er wird den Armen erretten, der da schreiet, und den Elenden, der keinen Helfer hat.
(Psalm 72,12)
Frage die Alten, frage alle, die je in Trübsal und Anfechtung, in Not und Angst waren, ob sie der Herr, wenn sie fest auf ihn vertrauten, anhaltend ihn anriefen, ob er sie nicht erretten, getröstet und beseliget habe. Was sagt dir Tobias, der viel geprüfte? David, der oft verfluchte und sehr geplagte Kämpfer Gottes? Frage ihn, seine Psalmen antworten dir, und versichern dich, dass der Herr treu, gütig und gnädig ist; dass er das Gebet, das Geschrei der Elenden und Verlassenen, der Angefochtenen und Geplagten aller Art höre und erhöre, sie errette und stärke. Kurz, dass man in keiner Lage kommen, in keiner Tiefe fallen könne, aus welcher die Hand des Herrn, des Allmächtigen und unendlich Gütigen, nicht herausreißen könnte oder nicht wollte. Nur der Fürst der Finsternis, oder deine kurzsichtige Vernunft künstelt dir Nebel vor die Augen; dein unruhiges, stürmisches Herz treibt Staubwolken auf, blendet dein Auge, dass du nicht erblickest dir rettende Hand, die der Herr dir entgegenstrecket; deine Zaghaftigkeit, die Halbheit deines Willens hindert dich, dieser Hand zu ergreifen und dich selbst an ihr zu halten. Tust du aber dieses, ohne auf den Satan, auf misstrauische Gedanken und alles Einfälle und Einwürfe des Unglaubens zu achten, o wie bald, wie herrlich wirst du errettet sein und den Herrn preisen.
29. April
Licht ist dein Kleid, dass du anhast.
(Psalm 104,2)
Denn bei ihm ist eitel Licht.
(Daniel 2,22)
Gott, der da hieß das Licht aus der Finsternis hervorleuchten, hat in unsern Herzen ein Licht angezündet.
(2. Chronik 4,6)
Das wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.
(Johannes 1,9)
Der Schöpfer des Lichtes, — von dem alles Licht ausgeht, weil er selbst lauter Licht ist, kann allein in unsere finstere Seele Licht hineinsprechen, wenn es in uns dunkel ist. Wir sind von Natur in unserm Geiste, was die Welt ohne Sonne, ohne Licht wäre. Seht Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, nicht in uns auf, so ist lauter Finsternis, Tod und Kälte, Unfruchtbarkeit und Unlust zu allem Guten in uns. Wie nun im äußern die Sonne alle Tage neu aufgehen und jeden Tag erleuchten muss, wenn er nicht in ewiger Nacht begraben bleiben soll, so muss Christus, der Morgenstern, alle Morgen neu in uns erscheinen, muss uns leuchten den ganzen Tag, und weil in dem Christen keine Nacht mehr sein soll — denn wir sind Kinder des Tages, die Nacht ist vergangen — muss er uns Nacht wie Tag unsere Sonne. Licht und Leben sein. Frage dich, wenn das Tageslicht anbricht, jeden Morgen, ob der Morgenstern aufgegangen sei in deinem Herzen. Frage dich jede Nacht, ob die Nacht auch Licht bei dir sei, ob der Herr dein Licht sei, oder ob du nicht wandelst im Schatten des Todes, wie die Kinder der Nacht.
30. April
Ich bin der Weinstock, ihr seyd die Reben. Wer in mir bleibet, und ich in ihm, der bringet viel Frucht; denn ohne mich könnet ihr nichts thun. Joh. 15,1-8
Mein Lieber hat einen Weinberg an einem fetten Orte. - Was sollte man noch mehr thun an meinem Weinberge, das ich nicht gethan habe an ihm? Warum hat er denn Heerlinge gebracht, da ich wartete, daß er Trauben brächte? Jes. 5,1-7
Heiligstes Geheimniß der innigsten Vereinigung der Seele mit ihrem Haupte Christus! Ja wohl, was hättest du mehr thun können an deinem Weinberge! Du in uns, und wir in dir! Könntest du uns näher kommen? Sollten nicht göttliche Früchte an den Reben zu erwarten seyn, da der Weinstock göttlich ist? Mußt du nicht zürnen, wenn du bey allem dem, was du an uns gethan hast und thust, dennoch keine Trauben, keine Früchte, sondern Heerlinge an uns wahrnehmen mußt? - Ihr Lieben! sehet euch doch an, was ihr für Reben seyd! Wo sind die Trauben? Wo die Früchte? Gal. 5, 22-24. Findet ihr diesen nicht, so muß es wohl an der rechten Verbindung und Gemeinschaft mit dem Weinstocke fehlen; so könnet ihr unmöglich in Christo seyn. Findet ihr etwa gar noch die Heerlinge Gal. 5, 19-21. an euch, oder doch einige davon, so ist's offenbar, daß ihr den Weinstock nie gesehen noch erkannt habt, denn so wandelt ihr im Fleische und nicht im Geiste, im Belial, nicht in Christo. O lasset uns doch von der herrlichen Gnade Gebrauch machen! Ist es denn nicht Gnade, daß er unser Weinstock seyn will, uns mit sich wie Reben vereinigen, und in uns und durch uns Früchte bringen will, die wir zu genießen haben? Würde er die Früchte von uns fordern, ohne selbst in uns zu seyn, oder uns in ihm seyn zu lassen, so würden wir freilich ohne Hoffnung verloren gehen. Aber nun haben wir keine Entschuldigung, wenn wir nicht in ihm bleiben.