Goßner, Johannes - Evangelische Hauskanzel - Am Sonntag Sexagesimäe
Evang. Luc. 8, 4 - 15.
Vom Samen des Worts und verschiedenem Erdreich.
Erfreulich und schön ist der Anfang des heutigen Evangeliums, wenn es heißt: Da viel Volks bei einander war und sie aus allen Städten zu Ihm eilten - Wer freut sich nicht, daß der Heiland, da Er auf Erden wandelte, fast immer viel Volks bei sich hatte, und sie aus allen Städten und Flecken und Dörfern zu ihm eilten! Wer sieht Ihn nicht gern umgeben von vielen Menschen! Wer möchte nicht auch unter ihnen gewesen seyn! Wer wünschte nicht, daß heute noch alles Volk sich zu Ihm versammelte, daß alle Menschen zu Ihm eilten! O darum lasset uns zu Ihm eilen! lasset uns so oft wie möglich uns um Ihn versammeln, uns in Seine Nähe versetzen, bei Seinen Füßen liegen, und hören, was der Herr zu uns redet! Wir haben Ihn ja noch - Er ist uns ja nicht genommen, Er bleibt ja bei uns alle Tage bis an's Ende„ - Der Letzte kann Ihn noch haben, hören und erfahren.
Was hörten sie denn von Ihm, die Tausende, die zu Ihm eilten? Ein herrliches Gleichniß. Es ging ein Säemann aus, zu säen seinen Samen; und indem er säete, fiel Einiges an den Weg, und ward vertreten (Schade für jedes Körnlein!) und die Vögel unter dem Himmel fraßen es auf. Und Etliches fiel auf den Fels, und da es aufging, verdorrte es, darum, daß es nicht Saft hatte. Und Etliches fiel mitten unter die Dornen, und die Dornen gingen mit auf, und erstickten es. Und Etliches fiel auf ein gutes Land; und es ging auf, und trug hundertfältige Frucht. Da er das sagte, rief Er: Wer Ohren hat zu hören, der höre Ein und derselbe Same, und verschiedene Frucht, weil verschiedenes Erdreich.
Wer kann das Gleichniß erklären? Wer darf's wagen, zu sagen, was der Herr gemeint hat? Das kann nur Er selbst. Und Gott Lob! Er hat's gethan. Er hat Seine Predigt selbst wiederholt und erklärt. Denn Seine Jünger, die ihre Unwissenheit fühlten, fragten Ihn und sprachen, was dieses Gleichniß wäre oder bedeute? Wir wollen Ihn auch selbst fragen und Ihn sogleich bitten, daß wir Ihn recht verstehen, daß Er uns den Sinn nicht nur buchstäblich, sondern im Geiste klar mache, daß wir seinen Sinn recht auffassen, tief erwägen, und seine Erklärung auf uns selbst anwenden.
Er aber sprach: Euch ist es gegeben, zu wissen! die Geheimnisse des Reiches Gottes; den Andern aber in Gleichnissen, daß sie es nicht sehen, ob sie es gleich sehen, und nicht verstehen, ob sie es schon hören. Da hören wir's aus dem Munde des Herrn, es muß gegeben werden, Niemand kann sich's nehmen: Niemand, kein Verstand der Verständigen kann das Wort des Herrn verstehen, wenn es ihm nicht gegeben wird. Wer mit seiner eignen Vernunft und Kraft über das Wort Gottes herfällt, und meint, er wolle es erforschen, begreifen und auffassen, der irret sehr, und wird nie zum Himmelreiche gelehrt, er versteht den Herrn nicht. Er sieht die Buchstaben, die Worte, und meint es zu verstehen, aber er legt es sich falsch aus, und trifft es nicht - das Geheimniß, der rechte Sinn und Verstand bleibt ihm verborgen - d. h. sie sehen nicht, ob sie's gleich sehen; sie verstehen es nicht, ob sie schon hören und lesen. Der rechte heilsame Verstand und Sinn des göttlichen Wortes, auch des einfachsten, ist ein Geheimniß, das der Herr selbst aufschließen muß durch Seinen heiligen Geist. Der natürliche Mensch, sey er noch so gelehrt und verständig, vernimmt es nicht; es muß von Gott gelehret seyn. Darum sagte der Heiland: Vater, ich danke Dir, daß Du es den Unmündigen und Einfältigen geoffenbaret und den Klugen verborgen hast: Ja, Vater, so ist es wohlgefällig vor dir.' Man muß mit Gebet und Demuth zum Worte Gottes kommen - man muß ein unwissender Schüler seyn, und zu Jesu Füßen sitzen - man muß es von Ihm hören, von Ihm sich geben, von Ihm sich die Schrift aufthun lassen. Er hat allein die Schlüssel dazu, und giebt sie wem Er will - doch giebt Er sie gern den Einfältigen, Demüthigen, Betenden, die ihre Unwissenheit und Unverstand erkennen und bekennen. Wie viel liegt also daran, daß wir beten, und zu den Füßen Jesu sitzen, als demüthige Schüler, daß uns gegeben werde zu wissen und erkennen zu lernen das Geheimniß des Reiches Gottes, das aller Welt, allem Menschenverstand verborgen ist, und das nur Gott mittheilen kann. Wenn uns aber dieses Geheimniß nicht geoffenbaret wird, so verstehen wir von der ganzen Bibel und allen Worten und Offenbarungen Gottes nichts, und werden mit unserm Verstande zu Schanden. Gott läßt sich nichts nehmen, es muß erbeten seyn. Den Demüthigen und Einfältigen giebt Er Gnade und Weisheit, den Hoffärtigen widersteht Er; und zeigt ihnen am Ende, daß ihre Weisheit Thorheit ist, und daß sie in ihrer Weisheit den Weg der Wahrheit verfehlt haben.
Das ist aber das Gleichniß: Der Same ist das Wort Gottes; oder das Wort Gottes ist wie ein Same, der, wenn er in die Erde kommt, keimt, und Früchte treibt; er bleibt, wenn das Erdreich gehörig zubereitet ist, nicht allein liegen, sondern vermehrt sich und wächst. So ist das Wort Gottes ein lebendiger Same; es keimt im Herzen, es wurzelt, es wird eine Pflanze, und endlich Frucht. Es ist kein todter Buchstabe, der bloß im Gedächtniß todt liegen bleiben, bloß das Wissen nähren und die Begriffe vermehren soll, sondern es muß lebendig werden und wachsen und fruchtbar werden. Oder, wie Gott spricht: Mein Wort soll ausrichten, wozu ich es sende; es muß wirken und beleben, reinigen, heiligen und verherrlichen; darum sagt Jacobus: Nehmet in Sanftmuth auf das in euch gepflanzte Wort, das eure Seelen selig machen kann. Durch's Wort muß der Mensch gezeuget, Jac. l, 18. wiedergeboren und erneuert werden im Geiste seines Gemüths - Durch's Wort muß er gestraft, zerknirscht, verwundet und geheilt werden. Das Wort muß ihn erleuchten, und aus der Finsterniß zum Lichte führen. Das Wort Gottes ist ja kräftiger, als kein zweischneidiges Schwert, welches Mark und Bein durchdringt und Alles aufdeckt im Innern des Menschen. Also ein köstlicher Same; aber die Früchte? Die sind verschieden, sagt der Herr; wie das Erdreich, so die Früchte.
Erstens: Die am Wege, das sind die, die es hören; darnach kommt der Teufel, und nimmt das Wort von ihrem Herzen, auf daß sie nicht glauben und selig werden. Er weiß es, der Feind, daß sie das Wort und der Glaube daran selig machen könnte und würde; darum stiehlt er es weg. Aber was sind das für Leute, für Zuhörer, die der Heiland dem Wege vergleicht? Das sind eben solche Herzen, die so fest und hart getreten sind, wie der Weg, auf dem aller Leute Füße gehen und treten, daß der Same, so viel man desselben darauf säet, oben liegen bleibt, nicht unter die Erde kommt, so daß jeder lose Vogel ihn wegholen kann, und also an ein Wurzeln und Keimen und Fruchtbringen nicht zu denken ist. Das sind zerstreute Menschen, deren Herzen nicht durch den Pflug der Buße umgepflügt, nicht zerknirscht und für den Samen des göttlichen Wortes empfänglich gemacht sind, in denen Alles aus- und eingeht, wie beim Stadtthor, wie auf dem Steinpflaster, da hilft kein Säen. Und damit ja gar nichts aufkommt, so stehlen die Vögel oder der Teufel Alles weg - denn bei solchen Herzen hat er freien Zutritt; er kann machen, was er will. Wie viel liegt daher daran, was für ein Herz man zur Predigt zum Bibellesen mitbringt. Das Herz, die Ohren müssen offen, hungrig und durstig seyn nach dem Worte - man muß sich seiner Armuth, Sündhaftigkeit, Schwachheit und Gebrechlichkeit bewußt seyn; man muß Reue fühlen, Verlangen haben, getröstet, gestärkt, belehrt, erleuchtet und belebt zu werden durch das Wort; man muß glauben, daß im Worte die Kraft, der Trost, die Gnade, das Heil uns dargeboten wird, das uns noth thut. Man muß das Wort tief zu Herzen fassen, mit aller Kraft ergreifen, halten und nicht lassen, so wird's kein Vogel und kein Teufel stehlen; so wird das Wort keimen, wurzeln, Frucht bringen. Ist es nicht Schade, daß so vieler Same, der so viel gute Früchte bringen könnte, auf den Weg fällt, und vom Teufel und den Vögeln der leichtsinnigen, flatterhaften Gedanken, die der Satan in's Herz schiebt, weggestohlen wird? Ist es nicht Sünde und Schande, daß so viele Herzen der Christen sich so verhärten wie der Weg, sich so zerstreuen, so verweltlichen, und also in die Predigt kommen, daß das Wort bei ihnen auf den steinharten Weg fällt; und sie sich's so leicht wieder wegstehlen lassen, oder es gleich wieder vergessen, als wenn sie es nie gehört hätten. Ist der Schall des Wortes aus dem Ohr, so ist der Gedanke daran aus dem Sinn - in's Herz kommt es nicht, so wenig, als der Same auf dem Wege unter die Erde kommt; theils weil der Weg, das Herz zu hart ist, und er oben liegen bleiben muß; theils weil ihn die Sperlinge oder andre Vögel gleich wegholen. O meine Lieben! warum lassen wir uns vom Teufel einen so großen Schatz so leicht wegstehlen; einen so edlen, göttlichen Samen, aus dem so herrliche Früchte für Zeit und Ewigkeit hervorwachsen würden?!
Zweitens: Die aber auf dem Fels, das sind die, wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an; und die haben nicht Wurzel, eine Zeitlang glauben sie, und zur Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Von den Herzen der Zuhörer, die Jesus einem Fels vergleicht, kann man sich unmöglich Frucht versprechen. Denn wie kann ein Fels Samen aufnehmen? Wie kann auf einem Fels der Same wurzeln, keimen, wachsen und zur Reift kommen? Solche Felsenherzen nehmen wohl das Wort mit Freuden auf - aber nur oberflächlich; es dringt nicht durch; man belustigt sich bloß daran; findet es schön, aber läßt es nichts wirken; es wird nicht hineingebetet, nicht im Glauben ergriffen; das Felsenherz kann nicht gerührt, nicht erweicht, nicht angezogen, erweckt und durchdrungen werden. Man behält es höchstens im Gedächtniß und im Munde; aber zur Anwendung kommt es nicht. Und wenn vollends Trübsal, Verfolgung, Spott, Hohn und dergleichen kommt, da hält der Mund- und Kopfglaube nicht Stich; man fällt ab, verläugnet; stellt sich der lästernden und spottenden Welt gleich; macht wohl gar selbst mit, und wird manchmal ärger, als die Welt, und der bitterste Feind, der ärgste Lästerer, wo nicht gar ein Judas. Seht, was die Felsen im Herzen, des Herzens Härtigkeit, schadet, hindert, zerstört und Unheil anrichtet! Wer dem vorbeugen will, muß sein Herz bearbeiten, erweichen und empfänglich machen, sich von Stein und Felsen, von der Härtigkeit des Herzens frei machen lassen, oder er kann nimmermehr ein rechter Zuhörer und Leser des Wortes Gottes werden, nie eine Frucht bringen. Wer macht aber gute Herzen; wer kann sie erweichen und bereiten? Der, der da sagte: Ich will dir das steinerne Herz herausnehmen und ein fleischernes geben. Hesek. 11, 19 und 36, 26. Der da sagte: Mein Sohn, gieb mir dein Herz - der, zu dem David betete: Schaff in mir, o Gott, ein reines Herz! Der da sagte: Ist mein Wort nicht ein Feuer und Hammer, der Felsen zerschmettert? Höre, betrachte das Wort des Herrn mit betendem, demüthigem, reumüthigem Herzen, so wird das Wort ausrichten an dir, wozu es gesendet ist. Hör' und lies das Wort nicht bloß aus Neugierde, um zu wissen, sondern um zu hören, was du thun mußt, um selig zu werden; nimm es nicht bloß auf in deinen Verstand und Kopf - sondern in's Herz, als eine Arznei, als ein Heilmittel deiner Seele, als ein Gottes-Wort, welches Alles vermag, neue Welten, und auch neue Herzen schaffen, und Dinge in's Daseyn rufen kann, die da nicht sind. Bete und bete immer wieder das Lied:
Mein Gott, das Herze bring' ich Dir
Zermalm' mir meine Hurtigkeit,
Mach' mürbe meinen Sinn,
Daß ich in Seufzen, Reu' und Leid,
In Thränen ganz zerrinn'!
Drittens: Das aber unter die Dornen fiel, sind die, so es hören, und unter den Sorgen, Reichthum und Wollust des Lebens gehen sie hin, und ersticken und bringen keine reife Frucht. Sorgen, Reichthum und Wollüste sind also Dornen, die das Wort Gottes ersticken und seine Fruchtbarkeit verhindern. Man kann nicht beide zugleich im Herzen haben; diese Dornen müssen ausgerottet werden, oder alles Predigthören und Bibellesen ist vergeblich. Geh also zuerst an den Acker deines Herzens, und reinige ihn von diesen Dornen; wie es heißt: Pflüget ein Neues und säet nicht unter die Hecken. Jer. 4,3. Ein mit Sorgen beladenes Herz, das am Mammon hängt; ein Herz, das in Wollüsten lebt, wie kann das hören, glauben, und das Wort keimen und Wurzel fassen lassen. Welcher Landmann säet in einen Acker voll Dornen, und erwartet Frucht davon? Vor Allem räumt er die Dornen weg, und pflüget oder hackt das Land; dann säet er, und erndtet Früchte. Sollen wir für den allerbesten Samen des göttlichen Wortes unfern Herzensacker nicht lassen bereiten? - Sorget nicht, sagt der Herr; alle eure Sorge werfet auf Gott, denn Er sorget für euch. Ferner: Ihr könnt nicht Gott und dem Mammon zugleich dienen und anhangen. Und von den Wollüstigen heißt es: Sie achten für Wollust das zeitliche Wohlleben. 2 Petr. 2, 13. Ihr habt wohlgelebt auf Erden, und eure Wollust gehabt, und eure Herzen geweidet als auf einen Schlachttag. Jac. 5, 5. Wie viele Zuhörer, wie viele Bibelleser giebt es, die diese Aussprüche nicht achten, und glauben, sie werden durch bloßes Hören oder Lesen und Wissen selig - wenn nur das Wort in's Ohr und in's Gedächtniß kommt, so dürfen die Dornen wohl im Herzen bleiben. Man hält sich an's Wort - nur an das nicht, welches uns heißt: Die Dornen ausrotten, und anders pflügen und Gerechtigkeit säen. Hos. 10, 12. O wie ganz anders würden die evangelischen Predigten wirken, und die vielen Bibeln, die dazu verbreitet werden, wenn die Herzen nicht so voll Dornen, voll Sorgen, Geiz und Wollust wären, wenn, man ein Neues pflügte und nicht unter die Dornenhecken säete! Darum, meine Lieben, sehet doch nach in eurem Acker, ob nicht noch Dornen dastehen - es muß der Acker nicht gerade voll davon seyn; es ist schon Schade und Hinderniß, wenn sich nur noch einige finden, die doch viel guten Samen ersticken können. Diese genannten drei Arten von Dornen: Sorgen, Geiz und Wollust wachsen gar zu gern und zu leicht in menschlichen, fleischlichen Herzen, wenn nicht recht Sorge getragen wird, sie im Keim zu ersticken. Sie hindern wenigstens das Reifen der Frucht; und was hilft eine unreife Frucht? Ja sie schadet, weil man doch scheint Früchte zu haben, die man doch nicht hat. Also auf! die Hand angelegt an die Dornen! Sie müssen mit der Wurzel heraus; es muß Alles neu gepflügt werden - sonst ist an keine Frucht des göttlichen Evangelii zu denken.
Viertens: Das aber auf dem guten Lande sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen, und bringen Frucht in Geduld. O die feinen, guten Herzen! wie sind sie so selten! Welch ein schönes, fruchtbares Land für Gottes Wort ist ein feines, gutes Herz! wie leicht und freudig läßt sich darein säen! wie herrlich wächst die Frucht! Wer macht aber sein Herz wohl selber fein und rein? Es muß durch Gott gewirket seyn. Und selbst das Wort reiniget die Herzen, denn der Heiland sagte zu Seinen Jüngern: Ihr seyd rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Joh. 15, 3. Und Petrus sagte von den Heiden-Christen, die im Hause des Cornelius das Wort von ihm hörten: Gott reinigte ihre Herzen durch den Glauben; denn da sie noch hörten, ehe sie getauft waren, fiel der heilige Geist auf sie herab. Es ist also kein Zweifel: der Herr, die Gnade, der Glaube, das Wort reiniget die Herzen, und macht sie gut und fein. Aber das Herz muß doch schon zubereitet seyn, wenn das Wort wirken soll? Allerdings; es muß nicht dem Wege^ nicht dem Felsen gleich, nicht voll Dornen seyn - es muß gepflügt seyn durch Buße, zerrissen, zerschlagen seyn vom Gefühl der Sünde und Schwachheit - es muß hungrig und gläubig seyn, es muß vom heiligen Geiste bereitet seyn. Darum heißt es: Bittet, so wird euch gegeben; darum bat David um ein neues Herz und um einen gewissen Geist - dazu muntert uns der Heiland selbst auf, indem er sagt: Wenn ihr, die ihr arg seyd, euren Kindern gute Gaben gebet; wie vielmehr wird mein Vater euch den guten Geist geben, wenn ihr Ihn darum bittet. Luc. 11,13. Wer könnte das Herz besser und feiner bearbeiten für das Wort, als der heilige Geist? Und nur deswegen sind so viele Herzen unempfänglich für das Wort, weil sie ohne Geist sind; weil sie im eignen Geiste stehen, sich auf eigne Kraft und Verstand verlassen, und darum nicht beten, nicht arm, nicht hungrig sind. In ein demüthiges, reumüthiges, zerknirschtes Herz fließt das Wort des Evangeliums von Jesu Leiden und Tod wie Balsam ein, und heilt alle Wunden erneuert, tröstet und erquickt es mächtiglich.
Darum, meine Lieben, lasset uns doch unsere Herzen genau prüfen und kennen lernen, wie sie beschaffen sind. Es ist das Land, in welches Gott Seinen Samen säet, von dem er Frucht erwartet. Der Heiland hat uns ein vierfaches Erdreich genannt; einem von diesen ist unser Herz ähnlich - entweder dem Weg, oder dem steinichten Acker, oder dem Dornenland, oder dem feinen und guten Erdreich. Lasset uns daher den heiligen Geist inbrünstig und unablässig bitten, daß er unser Herz von aller Härte, Felsenart und Dornen reinige, und es gut und fein zubereite, auf daß wir Frucht bringen in Geduld, auch unter Leiden und Verfolgungen, mit Verläugnung aller Dinge, von ganzem Herzen Gott vertrauend, und gläubig an den Herrn Jesum, Sein Wort innig lieben, stille erwägen, treu bewahren, als den größten Schatz, der unsere Seelen selig macht. Amen.
Wer Ohren hat, der höre doch
Und prüfe sich ohn' Heucheln
Dieweil es heute heißet noch,
Hier muß sich Keiner schmeicheln.
Die Zeit vergeht, das Ende naht,
Fallt auf kein gutes Land die Saat,
So mußt du ewig sterben.
Herr Jesu, laß mein Herze seyn
Zerknirschet und zerschlagen,
Damit der Same dring' hinein,
Und laß ihn Früchte tragen,
Die mir in Himmel folgen nach,
Da ich sie finde tausendfach,
Das wünsch' ich mit Verlangen!