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Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den Psalter
Psalm 6,7.
Wenn ihr betet, so machet nicht viele Worte wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhöret, wenn sie viele Worte machen. Matthäus 6,7.
Ich bin müde von Seufzen, ich schwemme mein Bette die ganze Nacht rc.
Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: wo ist nun dein Gott? Wenn ich deß inne werde, so schütte ich mein Herz heraus bei mir selbst. Psalm 42,4.5.
Viele Menschen meinen, das Gebet bestehe bloß im Wortemachen; dem lieben Gott etwas vorpredigen, mit beredter Zunge zu Gott sprechen, das heiße beten, je mehr, je besser. Christus sagt: Worte tun's nicht; viele Worte machen beim Gebet ist heidnisch, nicht christlich. Man soll aber doch länger, ja man soll unablässig, aller Orten beten. Was und wie soll man ihm denn tun? Wenn man nicht Worte, wenigstens nicht viele brauchen darf? Frage den David, der antwortet dir im Namen aller wahren Beter in obiger Stelle. (Psalm 6,7. und 42,4.) Anderswo sagt er gar: Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Psalm 62,1. und Jesaias (30,15.) macht es zur Bedingnis, um Hilfe und Kraft zu erlangen, müsse man stille sein und hoffen, nicht Wortkriege mit Gott führen. Christus selbst, in seinem heißesten Gebete, in der tiefsten Angst wie wenige Worte machte er? dieselben Worte wiederholte er dreimal. Der Irrtum liegt bei den Leuten darin, dass sie glauben, das Gebet sei eine Sache der Zunge, nicht des Herzens. Die Zunge muss freilich im Dienste des Herzens stehen, wenn man ihrer bedarf; aber das Herz muss beten, ringen, harren, hoffen, glauben und seufzen. Manchmal müssen Tränen mehr sagen als Worte. So waren gewiss auch der Blutschweiß und die Tränen des Heilandes ein größeres Geschrei in den Ohren des Vaters, als seine wenigen und kurzen Worte. Moses schrie auch zu Gott, da er den Mund nicht auftat (2. Mose 14,15.) In den Psalmen hört man den David oft schreien, und ich glaube, dass wohl immer ein solches innerliches Schreien zu verstehen ist. Doch will ich dir nicht wehren, wenn du auch manchmal laut schreien willst und musst. Es hat Alles seine Zeit. Daraus kann man denn auch schließen, was von Gebetbüchern und dem Beten aus denselben zu halten sei. Doch möchte ich gute Gebetbücher nicht unbedingt verwerfen, noch verwehren. Ein guter Beter kann auch damit recht umgehen. Sonst aber sind sie wie die Rechnungsbücher, wo man Alles ohne Mühe gleich finden kann, ohne selbst die Rechnung zu machen oder zu verstehen, und die man in meinem Vaterlande Faullenzer heißt.
Psalm 16,5.6.
Der Herr ist mein Gut und mein Teil. Du erhältst mein Erbteil. Das Los ist mir gefallen aufs Lieblichste; mir ist ein schönes Erbteil worden.
Es ist noch um ein Kleines, so ist der Gottlose nimmer - aber die Elenden werden das Land erben und Lust haben in großem Frieden. Psalm 37,10.11.
Reich, glücklich und herrlich ist, wer Jesum gefunden hat. Ein schöneres Los kann keiner Seele hier werden, ein reicheres Erbe kann dir nicht zufallen. Alles, was die Welt für groß, schön und reich hält, verschwindet wie Schatten dagegen und vergeht wie Rauch in der Luft; aber der Herr bleibt ein ewiges Erbe den Gläubigen, und wer ihn hat, der hat keinen Mangel an irgend einem Guten, der ist in allen Stücken reich geworden (1. Korinther 1,5.6.) Schnell fährt dahin das Glück der Gottlosen; aber die, welche sie für elend halten, weil sie ihre Hoffnung nicht auf das Sichtbare setzen, sondern auf das Unsichtbare, die Elenden, die sich in ihnen selbst arm und sündig fühlen, und deswegen sich ganz allein an den Reichtum der Gnade Christi halten, die werden das gelobte Land, die Ruhe des Friedens erben. Ihr Erbteil kann ihnen durch den Tod nicht genommen werden. Selig, wer sich nicht blenden lässt von den Schein-Gütern, Schein-Freuden und von der eingebildeten Ehre dieser Welt, sondern von Allem wegsieht und sein Glaubens-Auge nur auf den Herrn richtet, in ihm Alles sieht und findet, dass er in Wahrheit sagen kann: Der Herr ist mein Gut und mein Teil! Er allein ist mir genug!
Psalm 18,3.5.20.
Der Herr ist mein Fels, meine Burg, mein Erretter, mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Horn meines Heils; denn es umfingen mich des Todes Banden - und er führte mich aus in den Raum, und er riss mich heraus.
Und zog mich aus der grausamen Grube und aus dem Schlamm, und stellte meine Füße auf einen Fels, dass ich gewiss treten kann. Und hat mir ein neues Lied in meinen Mund gegeben. Psalm 40,3.4.
Das sind Worte eines Geretteten, Erlösten, Begnadigten, der lange mit Fleisch und Blut, mit Welt und Teufel gekämpft und gerungen hat, um los zu werden von der Macht und Herrschaft der Sünde; der endlich Heil, Ruhe und Kraft zum Siege gefunden hat im Glauben an Jesum, seinen Versöhner, und nun mit Herzenslust dem Herrn anhängt, voll Freude und Dankgefühl, dass er nun der Sünde und dem Teufel nicht mehr dienen muss; dass nun die Ketten des Sündenzwanges, das Joch des Treibers zerbrochen ist, dass nun sein Herz allein seine Freude und Lust daran findet, dem Herrn zu dienen und sich von seinem Geiste leiten zu lassen. Ist es also mit dir bestellt, lieber Leser? Bist du wirklich aus dem Schlamm, aus der grausamen Grube der bösen Lust? Bist du nicht vielleicht nur von einer Grube in die andere gesprungen, aus einem Schlamm heraus und in den andern hineingestürzt? Blick' doch in dein Herz, ob kein Schlamm darin, ob Jesus allein darin ist? Stehst du auf diesem Fels? Bist du in dieser Burg? und so von ihr eingeschlossen, dass deine Feinde dich nicht mehr stürzen können? Nimm dich in Acht! Lieber! Sing das neue Lied nicht zu laut - tritt noch nicht zu sicher auf - es könnte wieder Fehltritte geben. Das heißt: Lass bei deinem Vertrauen auf Gott kein Selbstvertrauen, keine Selbstgefälligkeit herbergen. Sei demütig bei aller Freude deines Heils; und doch unverzagt; dein Herr ist wirklich ein Fels, auf dem du gewiss auftreten kannst - nur vor dir, vor dir selbst hüte dich, dass du dich selbst nicht für einen Fels haltest.
Psalm 18,33.34.
Gott rüstet mich mit Kraft, und machet meine Wege ohne Wandel.. Er machet meine Füße gleich den Hirschen, und stellet mich auf meine Höhe.
Jene verlassen sich auf Wagen und Rosse, wir aber denken an den Namen des Herrn, unsers Gottes. Psalm 20,8.
Er wendet sich zum Gebete der Verlassenen und verschmähet ihr Gebet nicht. Psalm 102,18.
Denn er kennet, was für ein Gemächte wir sind; er denket daran, dass wir Staub sind. Psalm 103,14.
Der natürliche Mensch traut sich Alles selbst zu, und kann nichts recht machen. Alles ist verkehrt, was seine Hand anfasst, was er tut, weil sein Herz und Sinn verkehrt ist. Der Begnadigte, Erleuchtete, erkennt sein gänzliches Unvermögen zu allen Zeiten, und traut daher nicht auf die Streitwagen und Rosse der eignen Kraft, sondern allein auf den Namen des Herrn, betet, ringt und harret zu Gott, durch welchen er Alles vermag. Denn Gott rüstet jeden, der ihn darum anruft, mit Kraft, und bewahret ihn vor Fehltritten. Ja, der Herr kann den Schwächsten, der allein auf ihn vertraut, so stärken und beleben, dass er gleich den Hirschen mutig und brünstig in seinen Wegen wandelt, über alle Höhen und Berge der Trübsal, und Beschwernisse hineilt und zum Ziele dringt. Kein Schwacher, kein Elender, der sich wirklich so fühlt, verzage, er bete nur fleißig und zuversichtlich um Kraft; denn der Herr kennt unser Elend und unsere Schwachheit besser, als wir selbst, weiß besser als wir, dass wir nichts, gar nichts ohne ihn vermögen, und dass wir erliegen und verloren gehen müssen, wenn er uns nicht hilft. Da er nun ernstlich will, dass wir nicht verloren gehen, sondern selig und herrlich werden, so muss er ja helfen, wenn wir auch wollen und um Hilfe bitten. Das glaube fest; denn es ist Wahrheit, und diese Wahrheit macht dich stark, und deine Füße gleich den Hirschen.
Psalm 23,5.6.
Du bereitest vor mir einen Tisch gegen meine Feinde; du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Lebenlang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Darum hat David immer gefleht; das war sein einziger Wunsch, (Psalm 27,4.) im Hause des Herrn zu bleiben sein Lebenlang. Was hat er denn da gefunden? Gutes und Barmherzigkeit. Was fehlt dem Menschen mehr als dieses? Am Guten gänzlich arm, am Bösen sehr reich, bedarf er ja nichts mehr als Barmherzigkeit. Und diese findet er nur beim Herrn, nur im Hause des Herrn, nicht in den Hütten der Gottlosen. Darum wollte David lieber der Türhüter, der Pförtner, der Geringste im Hause Gottes sein, als der Vornehmste in den Hütten der Gottlosen. Was fand er noch? Einen Tisch - bereitet für ihn mit Speise, die ihn stärkte und waffnete, dass er seinen Feinden fürchterlich und unüberwindlich ward. Was noch? Eine Ölquelle, eine Salbe für sein Haupt, womit ihm voll eingeschenkt wurde; woran er nie Mangel leiden durfte, das sieht man an seinen gesalbten Psalmen, aus denen wir immer noch Öl und Salbung vollauf schöpfen. Kann man denn jetzt nicht mehr zu diesem Tische, zu dieser Salbungs-Quelle kommen? O freilich, jetzt vielmehr; nun ist sie Allen aufgetan; nun sind Alle zu diesem Tische geladen; nun ist Allen Alles bereitet in Christo Jesu. (Lukas 14,17.) Du kannst alle Tage, ja jede Stunde von diesem Tische essen, aus dieser Ölquelle schöpfen. Wer an Jesum glaubt, der wird selbst zu einer Quelle lebendigen Wassers. (Johannes 7,38.) Wer an Jesum glaubt, der hat das Brot des Lebens in sich, den wird nicht hungern noch dürsten. (Johannes 6,35.) Ach, warum glauben sie denn nicht alle an ihn? Weil der Satan, der Gott dieser Welt, ihre Augen verblendet hat, dass sie das helle Licht des Evangeliums nicht sehen. (2. Korinther 4,4.) Weil sie die Ehre bei Menschen mehr lieben als Gottes Ehre. (Johannes 5,44.)
Psalm 27
Wenn sich schon ein Heer wider mich legt, so fürchtet sich dennoch mein Herz nicht. Wenn sich Krieg wider mich erhebet, so verlasse ich mich auf ihn. - Eins bitte ich vom Herrn, das hätte ich gern, dass ich bleiben möchte im Hause des Herrn mein Lebenlang rc.
Diesen ganzen Psalm wollen wir heute betrachten, denn er ist voll Glaubens-Mut, voll von Gefühl für Gottes Nähe. Wer Gott fürchtet, hat nichts zu fürchten. Wem Gottes Licht leuchtet, wen Gottes Heil tröstet, dem darf nicht grauen. Und wenn die Gottlosen wider ihn anziehen, ihn lebendig zu fressen, so werden sie anlaufen und fallen; denn sie haben es mit Gott zu tun, der die Gottesfürchtigen beschützet und eine feurige Mauer um sie her ist. Und wenn ganze Heere von Feinden und Teufeln auf den Gläubigen losgehen, so soll sein Herz doch nicht erschrecken, denn sie sind Alle nichts gegen Gott; und derer, die für uns streiten, sind immer mehr als derer, die wider uns zu Felde liegen. Gott verlässt keinen, der sich auf ihn verlässt. Wer aber so auf Gott vertrauen und sich in Allem so auf seine Macht und Güte verlassen will, der muss auch keinen andern Wunsch haben, als in der Nähe des Herrn zu wandeln, Gott immer im Auge und Herzen zu haben, und wie ein Hausgenosse Gottes mit Gott beständig umgehen, ihn eben so oft wieder suchen, als er ihn aus den Augen verloren hat. Das ist das Eine, das er sich erbittet von Herrn, das hätt' er gern. Seine Freude und sein Glück ist Gottes Wort und Befehl: Ihr sollt mein Antlitz suchen! Dies Gebot ist ihm mehr als tausend Welten; er ist kindlich, ja königlich vergnügt, dass ihm nicht nur erlaubt, sondern geboten ist, Gottes Antlitz zu suchen; und also Hoffnung gemacht ist es zu finden; darum sucht er beständig Gottes Antlitz, die Nähe des Herrn. Wenn ihm diese Feuersäule leuchtet von innen, was soll er fürchten? Er ist getrost und unverzagt, denn der Herr zieht voran und bahnet ihm den Weg.
Psalm 34,11.19.
Die Reichen müssen darben und hungern; aber die den Herrn suchen, haben keinen Mangel an irgend einem Gute. - Der Herr ist nahe bei denen, die zerbrochenes Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagen Gemüt haben.
Die geistlich Reichen, voll stolzer Einbildung von sich selbst, sind gewöhnlich sehr arm und dürftig an wahren Gütern des Heils, und darben im Geiste des Gemütes, sind ohne die lebendige Erfahrung des Herrn, ohne seine Liebe, obwohl sie viel davon sprechen können, und Kopf und Mund immer voll haben. Die sich aber arm, elend, dürftig fühlen und deswegen nichts in ihnen selber, sondern Alles in dem Herrn, und nur den Herrn suchen, sich in ihrem Gemüte versammeln und auf ihn und seine Gaben warten, die werden immer gesättigt, getröstet, erleuchtet und beseliget. Es kann ihnen nichts fehlen, weil sie ihn haben. Wie hat, wie bekommt man ihn? Ein zerbrochenes Herz, ein zerschlagenes Gemüt - hat ihn allemal, so oft es ihn will. Ein hochmütiger Geist, ein aufgeblasenes Gemüt, ein sattes, zerstreutes, leichtsinniges Herz entfernt ihn von sich, oder sich von ihm immer mehr.. Willst du ihn? Hättest du ihn gern immer nahe? Nun so gehe den Weg, auf welchem er den Herzen begegnet; bereite ihm die Herberge, in welcher er gern einkehrt und bleibt. Die heißt - ein zerschlagenes Gemüt, ein zerbrochenes Herz. Aber wie kann ich immer so zerbrochen und zerschlagen sein? Wenn sein Herz nicht bricht, so oft er sich zu Gott nahet, der hat sich - seine innere Gestalt des Herzens im Spiegel der Wahrheit noch nie betrachtet. Es ist keine Kunst, sein Herz zerbrechen und sein Gemüt zerschlagen. Man darf sich nur in der wahren Gestalt selbst ansehen mit Augen, die das Lamm gibt, so bricht's von selbst. Und das zieht ihn an, mächtiger als alle Vorkehrungen, Zubereitungen, Dienstleistungen, Geistesübungen usw.. Wie! alle Welt weiß nun, kann es wissen, wo er, und wie er zu finden ist, und doch haben ihn so wenige, selbst fromm und erweckt genannte Herzen! Wenn man ihn weit suchen müsste, dürften wir uns allenfalls entschuldigen. - Aber im Herzen, so nahe, und in einem zerknirschten - nicht in einem reichlich begabten, oder geistreichen, sondern in einem zerschlagenen Gemüte kann man ihn haben. Und doch! und doch! wie fern bist du den Herzen!
Psalm 37.
Hoffe auf den Herrn und tue Gutes - er wird deine Gerechtigkeit hervorbringen wie das Licht, und dein Recht wie den Mittag. Harre auf den Herrn, und halte seine Wege, so wird er dich erhöhen. Bleibe fromm und halte dich recht; denn solchen wird es zuletzt wohl gehen. Der Herr hilft den Gerechten und wird ihnen beistehen, und wird sie erretten.
Wer auf Gott, auf Jesum hofft, wird nicht zu Schanden. In dieses Lied haben alle Frommen aller Zeiten eingestimmt, und es ist noch nie als falsch erfunden worden. Du wirst der Erste nicht sein; den Gott verlässt und an dem sein Wort zur Lüge wird. Bleibe du nur an ihm hängen, so stehst du, so lang er steht, und wirst nur dann fallen, wenn er fällt. Das wirst du nicht erwarten; aber die Hilfe, den Trost, die Rettung wirst du gewiss erwarten. Was Gott verheißen hat, kommt endlich doch gewiss und kann nicht immer ausbleiben. Alles nimmt ein Ende - auch deine Not, dein Jammer, deine Klage. Nur Gott und seine Hilfe, sein Trost, der nimmt kein Ende, der bleibt ewig. Die Liebe hört niemals auf. Ich habe alles Dinges ein Ende gesehen, aber dein Gebot währet; sagt David. (Psalm 119, 96) Ich harrete des Herrn, und er neigte sich zu mir und hörte mein Schreien. (Psalm 40,1.) Das wirst auch du von dem Herrn bekennen, wenn du beharrest bis ans Ende. Es bleibt nichts unter der Sonne, wie es ist, Alles verändert sich. Himmel und Erde werden veralten wie ein Gewand; aber der Herr, dein Gott, bleibt unveränderlich, ewig derselbe (Hebräer 1.). Ist dein Himmel noch so trübe, er wird doch wieder heiter werden, wenn das Wetter vorüber ist. Harre des Herrn, sei getrost und unverzagt und harre des Herrn; denn solchen wird es endlich wohl gehen. (Psalm 27,14.)
Psalm 37,28.
Der Herr hat das Recht lieb, und verlässt seine Heiligen nicht, ewiglich werden sie bewahret.
Der Herr ist treu, der wird euch stärken und bewahren vor dem Argen. 2. Thessalonicher 3,3. Vergl. 1. Petrus 1,5.
Zeige mir, Herr, den Weg deiner Rechte, dass ich sie bewahre bis ans Ende. Unterweise mich, dass ich bewahre dein Gesetz, und halte es von Herzen. Psalm 119,33.34.
Das sei dein tägliches Gebet, dass du, aus Gottes Macht durch Glauben bewahret werdest zur Seligkeit, die dir bereitet ist. Wer kann sich selbst bewahren, wenn er nicht im Herrn und in der Macht seiner Stärke einhergeht, wenn er nicht durch Gebet und Flehen in steter Verbindung mit dem bleibt, der das gute Werk angefangen hat und auch vollenden muss! Doch sage nicht leichtsinnig, ich kann mich doch nicht bewahren, Gott muss es tun. Nein, Gott muss es nicht tun; Gott kann es wohl, und will es auch; aber er wird es nicht tun, wenn du, unbekümmert um dein Heil, nicht wachest und betest, dass du nicht in Versuchung fallest. Der Herr bewahret seine Heiligen, das ist, diejenigen, die der Heiligung nachjagen mit Ernst und Eifer. Er verlässt die nicht, die ihn nicht verlassen. Er sieht auf die, welche auf ihn sehen. Er hält die mit seiner Hand, die seine Hand ergreifen und halten. Die sind seine Heiligen, die werden ewiglich bewahret. Aber die sichern, trägen, unwachsamen, schläfrigen Heiligen, die, statt ihre Lampen zu schmücken, und sich um Öl umzusehen, schlafen oder sich zerstreuen und ihre Sinne belustigen, die werden nicht bewahret, die werden draußen bleiben, wenn der Bräutigam in seine Kammer geht.
Psalm 65,1.2.
Gott, man lobet dich in der Stille zu Zion, - du erhörest Gebet, darum kommt alles Fleisch zu dir.
Kommet her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist mit seinem Tun. - Du hast Menschen lassen über unser Haupt fahren. Wir sind in Feuer und Wasser gekommen; aber du hast uns ausgeführt und erquicket. Psalm 66, 5.12.
Ja, wie viel stille Lobpsalmen steigen zu Gott auf in den Herzen derer, die ihm vertrauen, die ihn anrufen in ihren Nöten! O die wissen, wie gern, wie herrlich, wie wunderbar er hilft. Die können, wie der Psalmist, Zeugnis geben und die Menschen einladen: Kommt und sehet die Wunderwerke des Herrn, die er an den Menschenkindern tut. Er führt durch Feuer- und Wasser-Gefahren unverletzt hindurch; er lässt Menschen uns über den Kopf herfahren und weiß uns doch zu erhalten und noch zu erquicken dabei. Ja gewiss, wer im Leiden den Herrn bei sich hat, (und wer ihn anruft, der hat ihn bei sich,) der fühlt große Erquickung auch in der Hitze der Trübsal. Darum ruft in der Not doch alle Welt, alles Fleisch, den Herrn an. Die Not kann sie zu dem treiben, der allein aus der Not erretten kann, den sie außer der Not nicht zu bedürfen glauben. Wie würde er ihnen aber tun, wenn sie nicht bloß von der Not gedrungen, sondern auch aus Liebe und Sehnsucht zu ihm kämen? Wie würde er sie dann erquicken! Er ruft ja allen zur Erquickung, die mühselig und beladen sind. Dieses Wort belebe unsern Glauben, unser Vertrauen zu ihm, dass wir an seiner Hilfe nie verzagen. Er, er führt hinein, hindurch, heraus, hinüber.
Psalm 65,5.
Wohl dem, den du erwählest und zu dir lässt, dass er wohne in deinen Höfen, der hat reichen Trost von deinem Hause, deinem heiligen Tempel.
Wer wohnt in den Höfen des Herrn? Die Erwählten, denen Jesus an das Herz gekommen ist; die seine Gnade zu ihm gezogen hat, die er täglich zu ihm lässt, die stets seine Nähe finden und seine Freundlichkeit kosten; die haben wahrlich reichen Trost von seinem Hause und heiligen Tempel. Denn wir sind selbst sein Haus und sein Tempel, sagt Paulus, (Hebräer 3, 6. 1 Korinther 3, 16.), wenn wir in ihm bleiben und im lebendigen Glauben und in brünstiger Liebe verharren. Wie kann es uns an Trost fehlen, wenn er in uns wie in seinem Hause wohnt? Wer sollte sich nicht nach diesen Höfen des Herrn sehnen, die so voll Reichtum der Gnade und des Trostes sind? wer nicht mit aller Treue darin bleiben, wenn ihn die Gnade darein versetzt hat? Wer einmal geschmeckt hat, wie freundlich der Herr ist, wer seine Nähe einmal erfahren hat, o, der bleibe doch in ihm, der suche doch keinen Trost mehr außer ihm. Denn, so bald er dieses versucht, und ihm der Herr nicht allein genug ist, wird er aus den Höfen des Herrn wieder hinaus gewiesen. Der reiche Trost, der nur im Hause, in der Nähe des Herrn fließt, nur in seinem heiligen Tempel, im Umgange mit ihm, genossen wird, verliert sich, vertrocknet bald außer den Höfen des Herrn, und man wird dann elend, blind, jämmerlich und bloß, wähnend, man sei reich, stark und habe gar satt. (Offenbarung 3, 17.)
Psalm 70,5.
Freuen und fröhlich müssen sein an dir, die nach dir fragen, und die dein Heil lieben, immer sagen: Hochgelobet sei Gott.
Die Gott suchen, denen wird das Herz leben. Psalm 69,33.
Welche Verheißungen haben Alle, die den Herrn suchen und auf ihn allein ihre Hoffnung setzen! Gebet doch Alle dem Herrn eure Herzen ganz und unbedingt, wie wird er sie erfüllen mit Freude und Seligkeit! Wer sollte denn fröhlich sein und Gott loben, wenn die nicht, mit denen Gott ist, in denen Christus lebt? Mit wem sollte denn Gott sein, in wem sollte Christus wohnen, wenn nicht in denen, die ihn suchen und lieben? Sein Herz neigt sich zu allen Herzen auf der Stelle, die sich zu ihm hinneigen. O ihr Herzen, was suchet ihr außer ihm, dem Herzensfreunde; euer Herz kann nicht leben, nicht selig sein, wenn ihr ihn nicht suchet, wenn ihr euch nicht mit ganzem Herzen zu ihm bekehret. Wisset ihr denn nicht, dass ihr überall Herzeleid findet; Ruhe und Friede des Herzens könnt ihr nur bei dem finden, der euer Herz gemacht hat und der es wieder umschaffen will und kann. Sein Reich ist ein Herzens-Reich. Er kehrt gern in den Herzen ein und macht sie selig. Das ist keine Lust. Habt ihr nun einmal ihn im Herzen: so habt ihr die Quelle der Freude in euch, die unerschöpflich ist. Was kann euch dann betrüben? Welch ein Himmel ist ein solches Herz! Welch ein Himmel der Himmel, wenn mehrere solche Herzen zusammenkommen, die den Herrn inwendig in ihnen haben, wer wird ihre Freude stören? Aber wie werden alle geängstigt werden und fallen, die ihn nicht haben, ihn nicht suchen? Ewig selig ist die Seele, in welcher Gott, Jesus, wohnt. Selig, herrlich wie der Himmel, ist jedes Herz, das in Christo ist! Aber elend, jämmerlich und arm ist jede Seele, die ohne Gott, ohne Jesus, ohne Gnade dahin lebt.
Psalm 73.
Israel hat dennoch Gott zum Trost, wer nur reines Herzens ist. Ich aber hätte schier gestrauchelt mit meinen Füßen - denn es verdross mich auf die Ruhmrätigen, dass es den Gottlosen so wohl ging. Denn sie sind in keiner Gefahr, stehen fest wie ein Palast – aber – aber wie werden sie so plötzlich zunichte.
Das ist der allgemeine Stein des Anstoßes bei vielen - auch guten Gemütern, an dem einige schier straucheln, andere wirklich fallen, weil sie nicht Geduld genug haben, das Ende abzuwarten. Man lese den ganzen Psalm aufmerksam und betrachte, wie wahr alle Worte sind. Gott lässt es den Gottlosen, Ungläubigen und Ungerechten wirklich wohl gehen und gelingen, als wenn er ihr Freund und Patron wäre; und die Frommen müssen leiden und unterdrückt werden, als wenn Gott ihr Feind und Widersacher wäre. Sieh, das ist eine alte Geschichte. Davon wusste Assaph und alle alten Frommen schon zu sagen; das war vor Jahrtausenden so, ist noch so und wird so sein, so lange diese Welt in diesem jetzigen Zustande sich befindet. Wenn du deswegen die Frömmigkeit, den Glauben an Gott und Christus verwirfst oder gering schätzest und dich etwa gar davor fürchtest, weil es den Gläubigen nicht wie den Übeltätern, wohl geht, so verwirfst und verdammst du alle Heiligen und Gerechten aller Zeiten, die Gott auserwählet und geliebt hat. Alle, alle wurden durch viele Trübsal geprüft, aber ihr Ende - war herrlich, und dort - dort leuchten sie wie die Sonne, und der Höchste ist ihr Lohn. Und das Ende der Gottlosen, die hier glücklich sind, ist schrecklich - und ihr Los wird ewig schrecklich sein. (Weish. 5,15.16.) Willst du also nicht lieber mit den Gerechten eine kurze Zeit leiden und dann ewig herrlich sein, als mit Frevlern hier Gott vergessen, schwelgen, prassen und dann in die Hölle begraben werden? - Nein, sagst du mit Assaph: Dennoch bleib' ich stets an dir - wenn ich nur dich habe rc.
Psalm 77,10.
Hat denn Gott vergessen, gnädig zu sein, und seine Barmherzigkeit vor Zorn verschlossen.
Gottes Barmherzigkeit währet ewig. 2. Chronik 5,13.
Herr, deine Barmherzigkeit ist groß, und deine Güte währet ewiglich. Psalm 119,156. Psalm 118 und 136.
So überzeugt David war, dass die Barmherzigkeit Gottes keine Grenzen habe, seine Güte und Gnade ewig währe; so kam er doch oft in solche Gemütszustände, dass es ihm schien, seine Barmherzigkeit habe denn doch jetzt ein Ende gegen ihn, und seine Gnade und Güte habe sich von ihm gewendet. Wenn dich, Lieber, der Herr in ähnlichen Wegen führt; wenn er sein Angesicht vor dir verbirgt oder dir unfreundlich und zürnend erscheint, so verzage nicht. Das haben die Vertrautesten Gottes erfahren müssen. Rede dann nur auch so, wie sie, mit ihm, und sage und klage ihm, was dein Herz fühlt. Musst du heute zu ihm sagen: Ist es denn ganz und gar aus mit deiner Gnade! so wirst du morgen oder ein andermal seine Gnade nicht genug rühmen können. Der Herr wird dir ein neues Lied in deinen Mund geben. Am Ende wirst du allemal laut bekennen müssen: Seine Güte währet ewiglich. Hast du dieses einmal recht erkannt und erfahren, so glaube daran, und halte es im Glauben fest, auch dann, wenn du es nicht fühlst, wenn du das Gegenteil erfährst. Glaubst du doch, dass die Sonne hell und leuchtend ist und bleibt, auch wenn sie bei einer Finsternis wie mit einem schwarzen Flor bedeckt ist. Der Herr ist immer derselbe, auch wenn er dir des Tages siebenmal anders erscheint. Halte du dich an sein Wort, nicht an die Erscheinungen deiner Sinne.
Psalm 84,3
Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn.
Es dürstet meine Seele nach dir, mein Fleisch verlanget nach dir in einem trockenen und dürren Lande, da kein Wasser ist. Daselbst sehe ich nach dir in deinem Heiligtum, wollte gern schauen deine Macht und Ehre.
(Psalm 63, 1.2.)
Wer in den Vorhöfen des Herrn gewesen ist, seine Nähe gekostet und aus seiner Fülle getrunken hat, der fühlt diesen Durst unaufhörlich, dem ist es außer ihm überall zu trocken und zu dürre. Wer das Heiligtum des Herrn, das er sich in gläubigen Seelen erbauet, geschaut, und seine Macht und Ehre, die er da offenbaret und mitteilet Jedem, der sich ihm da nahet, der liegt immer vor der Türe desselben, um, so bald es ihm geöffnet wird, einzugehen und die Macht und Ehre des Herrn in seinem Heiligtume zu schauen. Sieht es nicht herrlich aus in diesem Heiligtume? Sieht es nicht erbärmlich aus außer diesem Heiligtume? Da, in den Vorhöfen, im Heiligtume des Herrn, fühlt man sich daheim; außer ihm wie in der Wüste, wie in der Fremde. Mit heißer Sehnsucht sucht man es und fühlt sich selig, so oft man es findet. Warum sind Viele so trocken, kalt und leer? weil sie nicht suchen das Heiligtum des Herrn, weil sie sich nicht sehnen nach seinen Vorhöfen, weil sie nicht liegen vor seiner Türe, nicht warten, nicht harren seiner Gnade; darum wird ihnen nicht aufgetan, darum kommen sie nicht hinein, und schauen nicht seine Macht und Ehre. O kommet doch und verweilet nicht länger im Lande, da kein Wasser ist.
Psalm 90,8.
Unsre Missetat stellest du vor dich, und unsre unbekannte Sünde ins Licht vor deinem Angesicht.
Wir fehlen alle gar mannigfaltig. Jakobus 3,2.
Mache dich los von deinen Sünden durch Gerechtigkeit. Daniel 4,24.
Apostel reden von mannigfaltigen Fehlern, Propheten und Männer nach dem Herzen Gottes, sprechen von Missetaten und unerkannten Sünden. So fühlt denn alles, was im sterblichen Fleische lebt, Sünde und Missetat, und ist keiner rein unter der Sonne. Es ist daher wohl sträfliche und gefährliche Unwissenheit oder Unachtsamkeit, wenn ein Mensch sein Herz und seinen innern Sinn so wenig beobachtet, dass er sich fehlerfrei und rein dünkt. Wer wird einen Reinen finden unter den Unreinen? sagt Hiob 14,4. Ein solcher ist blind und tot, und tappt im Finstern. Er rühmt sich zu seinem eignen Schaden mit eitlem Selbstbetrug seiner Gerechtigkeit. Wer aber Fehler sieht, und mit Gleichgültigkeit an sich duldet, sich getrost berufend auf diese Bibelsprüche, der kennt den Sinn der Apostel und Propheten nicht; die wohl zu ihrer Demütigung, aber nicht zur Einschläferung, nicht zur falschen Sicherheit, nicht zum Troste der Faulen so redlich ihre Fehler bekannten. Wer redlich strebt, fehlerfrei zu werden, dem sei es ein Trost und eine Beruhigung, aber kein Kissen der Trägheit. Mache dich los, sagt ein anderer Prophet, und das sagen im Grunde alle, mache dich los, überwinde die Sünde durch die Gerechtigkeit, durch die Kraft, die dir in Jesu Christo dargereicht wird, umsonst und aus Gnaden; nicht so umsonst, dass du sie, wie der faule Knecht, im Schweißtuche vergrabest, sondern dass du damit wucherst.
Psalm 90,10.12.
Unser Leben währet siebenzig Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahre, und wenn's köstlich gewesen ist, so ist's Mühe und Arbeit gewesen; denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon. - Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.
Der Heimgang ist erwünschter und besser als die Pilgerschaft. Das versteht sich. Wer geht nicht lieber heim, als dass er wandere im fremden, unbekannten und unsicheren Lande? Das ist aber doch nicht allen Leuten so. Denn es gibt deren genug, die die Heimat nicht lieben, die lieber im Walde irren und in der Wüste im Sande waten, als nach Hause gehen. Warum doch so unsinnig? Weil sie die Finsternis mehr lieben als das Licht, die Wollust mehr lieben als Gott; weil sie wohl wissen, dass sie zu Hause nichts Gutes zu erwarten haben Sie könnten doch Alle alles Gute dort haben? Ja, sie wollen's aber nicht. Nun, so ist ihnen nicht zu helfen. Wer zu Gott kommen will, muss glauben, dass er ist, und dass er denen, die ihn suchen, ein Vergelter ist. (Hebr. 11.) Sie bringen ihre Jahre zu wie ein Geschwätz; sie blühen wie das Gras, das bald welk wird und verdorret. Ach, möchten sie bedenken, dass sie verdorren müssen! und dann weggeworfen werden. Ihr Kinder des Reichs! ihr seid doch klug geworden und habt es längst bedacht, dass ihr davon - nicht müsset - sondern, dürfet; dass es euch erlaubt wird, bald auszuwandern aus dem Leibe und daheim zu sein bei dem Herrn. Deß seid ihr fröhlich; weil ihr eure Heimat lieb habet, weil euer Herz schon bei dem ist, der euch dort winket: Kommt herüber! Ihr habt nichts Gutes hier, als die Gnade des Herrn. Das Leben ist euch eine Plage, die unerträglich wäre, wenn die Liebe zum Herrn sie nicht erleichterte. Wer legt aber die Last nicht gern ab? Wer macht nicht gern Feierabend?
Psalm 91,1.2.
Wer unter dem Schirme des Höchsten sitzet und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg!
Wohl allen, die auf ihn trauen. Psalm 2,12.
Denn du, Herr, bist gut und gnädig, von großer Güte, allen, die dich anrufen. Psalm 86,5.
Der Herr ist Schirm und Schild, ein Schatten in der Hitze der Trübsal, der uns die Müdigkeit benimmt, uns erquickt und stärkt, wenn wir unter seinen Schatten fliehen. Die Zaghaftigkeit des menschlichen Herzens ist die Quelle aller Leiden. Unglaube die Mutter aller Angst und Bangigkeit im Leiden. Wer Gott zum Freunde hat, wer an seine schützende und schirmende Hand glaubt, die Tag und Nacht ausgereckt ist, uns zu bedecken, und ohne welche uns kein Haar gekrümmt werden kann; wer, sage ich, diese Hand im Glauben erfasst, was sollte der fürchten? Wir suchen Schutz bei Menschen, und sie können uns dennoch nicht schützen, wohl aber durch ihren Schutz im Vertrauen auf den Schutz des Herrn schwächen und am Ende sitzen lassen. Darum drückt sich Jeremia (17,5.) so stark aus, indem er spricht: Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und Fleisch für seinen Arm hält, und (wohlgemerkt!) mit seinem Herzen vom Herrn weicht. Wer nämlich so allein auf Menschen-Hilfe traut, dass er von Gott gar nichts erwartet oder nicht glaubt, dass Gott es ist, der ihm durch Menschen hilft, der ist verflucht und wird den zukünftigen Trost nicht sehen, sondern in der Dürre verlassen bleiben. Aber gesegnet ist der Mann, der sich auf den Herrn verlässt und dessen Zuversicht der Herr ist. Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt und am Bach gewurzelt, dessen Blätter auch in der Hitze der Trübsal nicht verwelken, sondern immer grün bleiben. Ja wahrlich, die Hoffnung auf den Herrn ist ein Immergrün, trägt immer Früchte, zu jeder Jahreszeit, Hitze und Kälte kann sie nicht in ihrer Fruchtbarkeit stören; sie trotzt allen Stürmen und allen Gefahren, und bleibt noch, wenn Alles untergeht.
Psalm 118.8.9.
Es ist gut, dem Herrn vertrauen, und sich nicht verlassen auf Menschen.
Bei Gott ist mein Heil, meine Ehre, der Fels meiner Stärke, meine Zuversicht ist auf Gott. Psalm 62,8.
Die ganze Schrift vom ersten bis letzten Worte ermahnt und fordert uns auf zum Vertrauen auf den Vertrauenswürdigsten und warnet uns vor dem Vertrauen auf Menschen, auf Geschöpft; ja, sie verflucht den, der auf Menschen vertraut, der Fleisch zu seinem Arm macht. Sie verspricht allen Segen und alles Heil dem, der auf den Herrn vertrauet. Jer. 17,5.7. Der ist wie ein Baum an Wasserbächen, wie ein Fels im Meere. Deß ungeachtet vertrauet man so gern auf Menschen, sieht sich immer nach menschlichen Stützen um, und vergisst den Herrn und seinen Arm, als wenn er nicht wäre, als wenn er uns nichts verheißen hätte. So schwer wird es dem Menschen, sich an das ewigfeste, unvergängliche, das er nicht sieht, zu halten; lieber hält er sich an einen Strohhalm, den er sieht; lieber stützt er sich auf ein Moosrohr, das er mit der Hand fassen kann, das aber bald, ehe er sich recht darauf stützt, bricht und ihm durch die Hand geht. Wer nun gelernt hat, auf den Herrn zu vertrauen, der auch im Meere Wege und in tiefen Wassern Bahn machen kann, der steht mitten in Ungewittern wie ein Fels im Meere, angefochten, verfolgt, aber doch unbeweglich, unerschütterlich, fest auf dem Grunde seiner Zuversicht, der nicht wanket. Wer nicht auf die Gefahr, nicht auf die schwankenden Wellen und Wogen der Trübsal, sondern auf den Steuermann sieht, der noch niemals Schiffbruch gelitten, dessen Schiff noch nie untergegangen ist, der sitzt ruhig und steht fest in seinem Gott, als wenn nichts wäre, als wenn nur er und Gott, - als wenn kein Unglück und keine Gefahr wären.
Psalm 118,21.
Ich danke dir, dass du mich gedemütigt hast und hilfst mir.
Wenn du mich demütigst, machst du mich groß. 2. Samuel 22,36. Psalm 18,36.
und tröstest mich wieder. Psalm 71,21.
Wenn Leiden, Versuchungen, Dunkelheiten, Unglück, oder was immer für Prüfungen und Heimsuchungen Gottes da sind, um uns zu demütigen, ist es freilich schwer für das arme Menschenherz, es weiß sich nicht mehr zu helfen; doch wenn es aufblickt zu dem, der Alles ordnet, und ohne den uns nichts geschehen und begegnen kann; wenn es zurückdenket, wie oft er schon aus der Not geholfen, die bange Seele getröstet, Freuden auf Leiden gesendet und allezeit einen großen Segen auf große Leiden folgen ließ, so kann es nicht verzagen, und wird, wenn es aushält, am Ende danken für den großen Gewinn, den die Seele dadurch erhalten hat. Leiden demütigen, machen die Seele klein, gebeugt, führen zur Erkenntnis und zum Bekenntnis der Sünde - und den Demütigen gibt Gott Gnade; den Hoffärtigen widersteht er. Darum muss er zuerst unsre Hoffart, unsern Übermut niederschlagen, damit er den Gedemütigten Gnade erzeigen und sie aufrichten kann. Er sucht und bahnet sich also durch Leiden und Kreuz einen Weg zu unsern Herzen, wenn er sie vor unsrer Hoffart nicht finden kann. Er hat also nur Gnade, Friede und Verherrlichung im Sinn, wenn er dich gleich niedergeworfen, geschlagen oder gedemütigt hat. Er will dich groß und herrlich machen, darum hat er dich klein und niedrig gemacht. Willst du ihm das nicht erlauben? willst du ihm wehren? So kann er nichts aus dir machen, und du bleibst ein stolzer - Narr, indem du den Weg zu deiner wahren Erhöhung fliehst.
Psalm 119,5
O dass mein Leben deine Rechte mit ganzem Ernst hielte!
Solches rede, und ermahne, und strafe mit ganzem Ernst. Titus 2,15
Ermahnet euch unter einander, und erbauet einer den andern, wie ihr denn auch tut. 1. Thessalonicher 5,11
Willst du Gott dienen, so lass es dir einen Ernst sein. Sirach 18,23
Es ist nichts schändlicher und ärgerlicher, als ein lauer Christ, der keinen Ernst beweiset, und doch für einen Christen gehalten sein will, doch viel vom Christentum spricht, ohne das wahrhaft christliche Leben mit einem Finger zu berühren. Gott wird solche Menschen ausspeien; denn die Welt nimmt Anlass, das ganze Christentum zu lästern oder sich in ihrem bösen Wesen zu bestärken. Möchten doch solche Menschen lieber Christo und dem Namen Christ ganz entsagen, als sich Christ nennen lassen, und sich doch vom Leben und dem Ernste des wahren Christen lossagen. Wer aber weiß, dass in Christo ein rechtschaffenes Wesen ist, und wirklich sich mit allem Ernste als ein wahrer Christ in Wort und Tat beweiset, der nehme sich auch seiner Brüder mit Ernst an; er versäume nicht, seine Brüder zu ermahnen, zu warnen, zu strafen mit allem Ernst, um Christi willen, dass der Name Gottes und Christi nicht gelästert werde. Vergiss dich aber selber nicht, und lass vorzüglich dein Beispiel und deinen ernsten Wandel in Christo eine Ermahnung und Strafpredigt für andere sein. Die Welt verliert nie den Ernst für ihre Sachen, die doch alle nur zu ihrem Verderben gereichen; und der Christ sollte in seinen ewigen Angelegenheiten und in Gottes heiliger Sache, wovon seine Seligkeit und Christi Ehre abhängt, lau, träge, gleichgültig und lässig sein dürfen? Nein, wer dem Himmelreicht keine Gewalt antut, wird es nicht an sich reißen; Welt, Fleisch und Satan werden es ihm zehnmal aus den Händen schlagen, wenn er es nur mit halbem Ernste anfasst, und nicht mit heldenmütiger Treue ergreifet.
Psalm 125,1-5
Die auf den Herrn hoffen, die werden nicht fallen, sondern ewiglich bleiben, wie der Berg Zion. Um Jerusalem her sind Berge; und der Herr ist um sein Volk her, von nun an bis in Ewigkeit.
Der Engel des Herrn lagert sich um die her, die ihn fürchten, und hilft ihnen aus. Psalm 34,8.
Welch eine Festung! welch eine Burg! Unbeweglich, unerschütterlich, wie der Berg Zion, auf dem der Tempel und die Burg Davids war; ewig, unzerstörbar, steht der Gott vertrauende Christ - Berge Gottes sind um ihn her, wie um Jerusalem; ja, der Herr, der Herr selbst, der Himmel und Erde hält, ist um ihn her, ist um alle die her, die auf ihn hoffen! Und überdies noch Engel Gottes, die starken Helden, die Gottes Befehle ausrichten, umgeben ihn wie ein verschanztes Lager. Verlassen sich die Feldherren der Erde auf ihre Lager, Festungen und Heere, sollte sich der Christ nicht verlassen auf diese Macht und Güte des Herrn, die ihn von allen Seiten umgibt? sollte er sich fürchten? Welch eine Festung ist also ein Christen-Herz! welch ein Lager, wenn mehrere solcher gläubigen Herzen beisammen sind und gemeinschaftlich beten und ringen? Wie fürchterlich muss es dem Feinde sein! wie unüberwindlich! wie schrecklich der Hölle und allen Kindern der Finsternis. O hätten wir Augen, zu sehen, was den Gläubigen umgibt! wer in ihm ist! Berge würden wir sehen, die keine Macht der Hölle wegheben kann, eine Burg, eine Feste, würden wir sehen, die den Satan zittern macht. Denn in den Gläubigen wohnt der Herr. Wer will den überwältigen? Wer will das Herz, die Festung, überwinden, in der der Höchste wohnt? welche der Allmächtige umgibt? vor der die Engel lagern? Ihr Lieben, wenn euch Furcht anwandeln will, wenn der Satan schrecken, die Feinde drohen wollen, vergesset den nicht, der in euch und der stärker ist, als der in der Welt ist. (1. Johannes 4,4). Vergesset nicht, wer euch umgibt.
Psalm 132,2-5.
David schwur dem Herrn: Ich will nicht in die Hütte meines Hauses gehen - ich will meine Augen nicht schlafen lassen bis ich eine Stätte finde für den Herrn, zur Wohnung dem Mächtigen Jakobs.
Du, lieber David, wie eifrig warst du, um dem Herrn eine äußere Wohnung zu finden, und wir können so ruhig schlafen und schlummern, ehe wir dem Heiland unsrer Seelen eine Wohnung in uns gefunden und erbauet haben. Will doch der Herr jetzt nicht mehr wohnen in Tempeln von Menschen-Händen gemacht (Apost. 7,48). Will er sich doch jetzt unsere Herzen zu seinem Tempel erwählen, wie geschrieben stehet (2. Korinther 6,16.): Ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes; wie Gott selbst spricht: In ihnen will ich wohnen, in ihnen will ich wandeln. Wer bist du, wenn du diese Verheißung glaubst und Gott nicht für einen Lügner hältst? Wer bist du, wenn du noch eine Nacht, von heute an, ruhig schlafen kannst, ehe du dem Höchsten eine Wohnung in deinem Herzen gesucht und gefunden hast, dass er noch heute zu dir kommen und Wohnung bei dir nehmen kann? Er, der schon vor der Türe steht, um eingelassen zu werden und Abendmahl mit dir zu halten. (Johannes 14,23. Offenbarung 3,20.) Wie kannst du glauben: Gott will zu mir kommen, will heute noch in mir wohnen; und doch kalt und gleichgültig bleiben? und doch nichts tun, um ihn aufzunehmen, um ihm dein Herz einzuräumen? um ihn zu bitten: Komm herein, du Gesegneter des Herrn! warum willst du draußen stehen? Wahrhaftig, es sollte kein Schlaf mehr in deine Augen kommen, bis diese köstliche Verheißung an dir erfüllt ist. Oder sage nicht mehr, dass du Glauben habest, dass dir etwas an Gott und deiner Seligkeit gelegen sei.
Psalm 137,5.6.
Vergesse ich dein, Jerusalem, so werde meiner Rechten vergessen (sie erstarre mir). Meine Zunge müsse an meinem Gaumen kleben, wo ich dein nicht gedenke, wo ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude sein.
Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich; wenn ich erwache, so rede ich von dir. Psalm 63,7.
Wie? ihr Kinder Israels! ihr konntet eures Jerusalems, eures Tempels, eures äußern Heiligtums, das doch nur der Schatten der zukünftigen Güter war, konntet es nicht vergessen in fremden Lande; es war eure höchste Freude, euer Herz hing ganz an dem Orte, wo der Herr der Herrlichkeit sich in Wolken und Feuerglanz offenbarte. Ihr wolltet lieber nicht mehr leben, nicht mehr denken und reden können, als Jerusalem vergessen, als nicht davon sprechen. So kann man ein äußeres Heiligtum lieb haben? Und ihr Kinder des Neuen Bundes, die ihr Jerusalem, euren Tempel, euer Heiligtum, eure Bundeslade, die Herrlichkeit und Nähe des Herrn mit euch im Herzen überall herumtraget, ihr solltet weniger daran hängen? Ihr solltet euch weniger freuen; ihr solltet an etwas andrem mehr Freude haben, etwas auf Erden und im Himmel lieber denken können, als Ihn - der in uns wohnen und wandeln, unsers Herzens Herz, unsers Lebens Leben sein will? Er, Er sollte nicht unsre höchste Freude sein? nicht am Abend unser letzter, am Morgen nicht unser erster Gedanke sein? unsere Zunge sollte noch was anders sprechen können, und nicht am Gaumen kleben bleiben, sobald sie von andern lieber spricht als von ihm? Unsre Seele, Herz, Sinn und alle Kräfte sollten nicht an Ihm hängen, der für uns am Kreuze hing, der für uns sich ausschüttete wie Wasser? Sollte denn ein Jude seine steinerne Herrlichkeit mehr lieben können, als wir Christen den lebendigen Gott? Sollte das Gesetz, das nur Fluch und Tod verkündigte, nur Zorn anrichtete, mehr vermögen über die Herzen der Juden, als das Evangelium, das Leben und Seligkeit mitteilt, und Friede bringt, über die Herzen der Christen vermag? Sollte Moses mit den Hörnern und mit dem Stecken tieferen Eindruck machen, als der Heiland mit den Wunden und mit der Salbung seines Geistes? Auf, Brüder! auf! Lasset uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt! Die Juden in Babylon müssen uns ja beschämen, und im Gerichte gegen uns auftreten, wenn wir den nicht von ganzer Seele liebten, nicht unablässig und herzlich sein gedächten, der uns geliebt hat, da wir noch Feinde waren, der uns aus lauter Gnade und Liebe zu ihm zog, und nun ewig unsrer Seele alles sein will!
Psalm 139.
Herr, du erforschest mich, und kennest mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es, du verstehest meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege, so bist du um mich, und siehst alle meine Wege rc.
Die Gesinnungen, die dieser Psalm ausdrückt, sind es, die den, der Glauben an Gott hat, beseelen. Wer da sagt, dass er einen Gott glaube, und nicht glaubt, dass Gott sieht, Alles sieht, was im Herzen und auf der Zunge und in der Hand des Menschen ist; wer sich nicht fürchtet vor diesem allsehenden Auge, der ist ein Lügner; es ist nicht wahr, er glaubt nicht an Gott. O Glaube Davids! belebe uns! verlass uns nie! du Allsehender! du Allwaltender, Heiliger und Gerechter! Lass uns nicht einen Augenblick vergessen, dass du uns erforschest und kennest; dass du allenthalben und allezeit uns umgibst, dass sich kein Gedanke vor dir verbergen, kein Wort auf unserer Zunge dir entgehen kann! Wer kann dir, wer deinem Geiste entfliehen? Führe ich in den Himmel, so bist du da; bettete ich mir in die Hölle, so bist du auch da! Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meere, so würde mich doch deine Hand daselbst führen, und deine Rechte mich halten. Finsternis kann mich dir nicht verdecken; denn bei dir ist die Nacht auch Licht! - Wer nichts als diese Wahrheit im Geiste Jesu beständig lebendig vor Augen hätte und in diesem gottesfürchtigen Sinn wandelte, wie heilig, wie gerecht, wie zerknirscht und gebeugt, wie zuversichtlich und kindlich würde der immer leben und wandeln! Wer aber diese Wahrheit ganz vergiss, des allsehenden und allwissenden, allforschenden und allgegenwärtigen Heilandes vergisst, wie kann Gottesfurcht, Glauben und Gottseligkeit vor seinen Augen sein? Eitel ist sein Christentum, gottlos ist seine Religion, Heuchelei seine Tugend, Sünde und Laster seine Gerechtigkeit.
Psalm 139,23.24.
Erforsche mich, Gott, und erfahre mein Herz; prüfe mich, und erfahre, wie ichs meine; und siehe, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege.
Herr, zeige mir deine Wege, und lehre mich deine Steige. Psalm 25,4.
Prüfe mich, Herr, und versuche mich, läutere meine Nieren und mein Herz. Psalm 26,2.
Wir armen Menschen sind keinem Betruge so sehr unterworfen, als dem Selbst-Betruge. Wir täuschen uns gar so gern in der allerwichtigsten Angelegenheit unserer Seligkeit. Das fühlte der Psalmist sehr, sonst wäre wohl der 139. Psalm nicht entstanden, der uns die beste Anleitung zur Selbstprüfung geben kann. Wir scheinen es gut mit uns zu meinen; es ist aber doch ratsamer, dass wir Gott fragen und bitten, er möchte dies Meinen untersuchen und uns prüfen, wie wir es denn eigentlich meinen? Ja, wem im Ernste um seine Seligkeit zu tun ist, wer sich am Ende von seinem eigenen Herzen nicht betrogen finden will, der stelle sich oft vor das allsehende Auge Gottes hin und bitte: Ach Herr, du kennest mich besser, als ich mich selbst kenne; du weißt, was in meinem Innersten ist; du siehst in die Falten meines Herzens, in die mein parteiisches Auge nicht eindringt; entdecke mir Alles, was dir nicht gefällt. Es ist das Schrecklichste, was man von dem Menschen sich denken kann, dass er sich selbst betrügt, und doch geschieht das so gewöhnlich. Bedenke doch einmal recht ernstlich, was du tust, traue dir selbst nicht, lege dich offen hin vor Gott, mit heißem, innigen Flehen, dass er sich deiner annehme, dir alles Falsche und Betrügliche in dir aufdecke, dich läutere und und reinige von allen schiefen Absichten und betrüglichem Wesen, und dich auf den Weg der Wahrheit und Lauterkeit führe. Kein Frommer nehme sich davon aus, denn es ist keiner frei davon, wenn er nicht durch beständiges Wachen und Beten von dem Herrn frei gemacht wird.
Psalm 143,6.
Herr, ich breite meine Hände aus zu dir; meine Seele dürstet nach dir, wie ein dürres Land.
Erfreue die Seele deines Knechtes; denn nach dir, Herr, verlanget mich. Psalm 86,4.
So steht es in den Herzen der Frommen geschrieben. So ruft jede Seele, die den Herrn liebt, tausendmal, so schreit ihr ganzes Wesen unablässig, ohne Worte, ohne Laut von Außen, zu dem unsichtbaren nahen, aber verborgenen Gott. Wer geschmeckt hat, wie freundlich er ist, kann ohne ihn nicht mehr leben. Es ist ein ewiges Verlangen, Sehnen, Hungern und Dursten nach ihm im Innersten der Seele, das zu Zeiten laut wird und ausbricht in solche Psalmen, wie David, Assaph und andere Freunde des lebendigen Gottes sangen. Es hat nichts Reiz für sie, was sie immer finden in der Welt, was man ihnen immer vorlegt; es schmeckt ihnen nichts so, als Er. Sie haben, wie einer sagte, eine Passion, und die ist er, nur er. Bald gibt sich nun der Herr ihnen zu genießen, und da trinken sie aus den Strömen des ewigen Lebens, die vom Paradiese Gottes herüber fließen; dann verbirgt er sich ihnen, o dann sind sie wie vom Himmel in die Hölle geworfen, und fühlen diese Prüfung als das strengste und beißendste Läuterungsfeuer, welches noch heißeren Durst nach ihm erweckt, dass die Seele viel brünstiger nach ihm verlangt und mit glühendem Sehnen sein Antlitz wieder sucht. Sie halten ihn im Glauben und lassen ihn nicht, wie er es immer mit ihnen macht. Nichts kann sie von ihm scheiden. Seele, wie hast du es mit ihm? Bist du so mit ihm verbunden? Hängst du also an ihm? Verdient er es etwa nicht? Weißt du andere Dinge, die du ihm mit Recht vorziehen könntest? Kann eine Liebe zu groß für ihn sein? zu viel für ihn tun? Ist bei dir Gefahr zu besorgen, dass du zu sehr an ihm hängst, zu brünstig nach ihm verlangst? - Ich zweifle. Verzeihe mit meinen Unglauben.
Psalm 145
Ich will dich erhöhen, mein Gott, und deinem Namen lobsingen immer und ewiglich. - Gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. - Aller Augen warten auf dich. - Er tut was die Gottesfürchtigen begehren rc.
Wer den Herrn kennt und auf seine Werke und Führungen beständig Acht hat, deß Herz muss immer voll Dank, deß Mund voll Lobpreisung Gottes sein; er kann seine Größe, Macht und Güte nicht genug bewundern, weil er mit jedem Schritt auf Spuren und Fußstapfen des allenthalben wandelnden und segnenden Gottes stößt. Mann möchte ihn allen Menschen kund tun, Alle sollten es wissen, Alle, damit Alle ihn lobten und priesen; denn Alles, was lebt, lebt ja nur durch ihn. Alle Geschöpfe warten nur auf seine Erhaltung, Belebung und Ernährung. Was er nicht erhält, kann sich selbst nicht erhalten. Und er tut seine Hand - die große, reiche Hand, auf, und segnet und erfüllt Alles, Himmel und Erde, mit Leben, Kraft und Freude. Scheint es auch oft, dass etwas nicht so sein sollte, wie es ist, kann man nicht begreifen, wie Gott dieses oder jenes zulassen könne, so darf doch ohne Bedenken von ihm gerühmt werden: Der Herr ist gerecht in allen seinen Wegen und heilig in allen seinen Werken. Kein Geschöpf wird ihn einer Sünde, eines Versehens, bezichtigen können. Und welch eine herzerhebende Wahrheit: Der Herr ist nahe allen, die ihn anrufen: Er tut, was die Gottesfürchtigen begehren, er hört ihr Schreien und hilft ihnen. Wer sich fürchtet vor seinem Wort, wer sich hütet, es auch im Geringsten nicht zu übertreten, auf den sieht der Herr und lässt gewiss keinen Wunsch seines Herzens unerfüllt. Er behütet alle, die ihn lieben. Es ist nicht zu beschreiben, welche Vorrechte seine Geliebten haben, wie sehr er auf die sieht, die auf ihn sehen. Wer ihn aber, gottlos, nicht achtet, der wird verachtet und vertilgt.
Psalm 146.3-7.
Verlasset euch nicht auf Fürsten, sie sind Menschen, können ja nicht helfen. Wohl dem, deß Hilfe der Gott Jakobs ist, deß Hoffnung auf den Herrn, seinen Gott, stehet, der Himmel, Erde, Meer und alles, was darinnen ist, gemacht hat; der Glauben (Treue) hält ewiglich; der Recht schaffet denen, so Gewalt leiden. vgl. 118,8.9.
Der Gott Jakobs - sei dein Gott. Ist der Glaube Jakobs dein Glaube, so ist auch der Gott Jakobs dein Gott. Betrachte die ganze Geschichte Jakobs, wie ihm sein Glaube, seine Zuversicht zu Gott überall durchgeholfen, ihn gesegnet, getröstet und erhalten hat. Der Gott Jakobs, der eine Leiter hat, die vom Himmel bis zur Erde, und von der Erde bis zum Himmel reicht, durch die er uns zugänglich ist und in der innigsten Verbindung und Gemeinschaft mit uns stehet, so, dass unsere Gebete hinauf, und seine Hilfe herab steigt; der Gott Jakobs, der überall nahe und gegenwärtig ist, wo du ihn anrufst, so, dass du auch in der Wüste, in der Nacht der Leiden - wo du immer bist - verlassen und verstoßen von allen Menschen in der weiten Welt allein - die Pforte des Himmels, das Haus Gottes finden kannst. - Der Gott Jakobs, der durch gläubiges Ringen und Flehen sich überwinden lässt, und dich nie ungesegnet von sich lässt, dieser Gott, der dich vor deinem Verfolger Esau schützen und ihn dir freundlich und geneigt machen kann, der sei dein Gott, auf den du trauest. Aber Menschen, sie mögen Namen haben, wie sie wollen, seien es ja nicht, die du zu deinem Gott und Helfer machest, denn sie können nicht, oder wollen nicht helfen. Gott kann wohl durch sie helfen; aber ihm bleibt doch die Ehre und er verdient doch allein unser Vertrauen; zu ihm muss auch unser Gebet gerichtet sein. Solltest du dich nicht schämen, dass dir der Gott, der Himmel und Erde rc. gemacht hat, nicht mächtig genug ist, dass du auf ihn Misstrauen setzest, als wenn er dir nicht helfen könnte. Bei Gott ist kein Ding unmöglich. Und was er zusagt, das hält er gewiss. Ist aber auch ein Fall gedenkbar, in dem er nicht gewisse Hilfe versprochen hat, denen, die auf ihn trauen?