Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den Brief an die Epheser

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Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den Brief an die Epheser

Epheser 2,8.9.

Denn aus Gnaden seid ihr selig geworden, durch den Glauben, und dasselbige nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus den Werken, auf dass sich nicht jemand rühme.

Es ist nichts Leichteres als selig werden, und doch können die wenigsten Menschen dazu kommen. Wenn ein verschuldeter Mensch im Turm fragt: Wie kann ich Schuld- und Banden-frei werden? und man sagt ihm: „Der Mann, dem du schuldig bist, ist der beste Mann, klage ihm deine Not, beuge dich vor ihm, gib ihm gute Worte, bitte ihn, so schenkt er dir alle deine Schulden, setzt dich in Freiheit und beschenkt dich obendrein mit großen Reichtümern;“ so wird er glauben und das, was er zu tun hat, nicht nur gern tun, sondern sagen: Ist's nur das? das ist ja so viel als nichts, das kann ich ja leicht tun. Und ist es geschehen, und er frei und reich gemacht, so wird ihm ja der unsinnige Gedanke nicht einfallen: Ich habe mir meine Freiheit verdient, sondern er wird ewig bekennen: Ach, mein gnädiger Herr hat mir aus lauter Gnaden und umsonst Alles vergeben und mich noch reichlich dazu beschenkt! Wie kann ich ihm genug danken? So denken, so handeln die Menschen im Zeitlichen. Aber im Geistlichen, mit ihren Sündenschulden und mit Christus wissen sie gar nicht umzugehen. Das leichteste Ding von der Welt wird und ist ihnen das schwerste, wenn sie es tun sollen, und haben sie es getan, so machen sie das größte Werk und Verdienst daraus, als hätten sie die Seligkeit verdient. Nun sagt Paulus in den obigen Worten freilich nicht, dass man nichts zu tun habe um selig zu werden, sondern nur, man soll, wenn man selig geworden ist, es nicht seinen Werken und seinem Tun zuschreiben, sich nicht rühmen, als hätte man es mit seinen Werken verdient. Tun, wirken musst du allerdings Alles, was du mit der zuvorkommenden Gnade kannst: Weinen, beten, seufzen, flehen, harren, ringen und was dich der gute Geist, der dich zur Buße und zum Glauben leitet, lehrt; aber wenn du es getan hast, es so wenig achten und rühmen, als wenn du nichts getan hättest, und dir die Seligkeit nicht um dieser Werke willen, sondern lauter umsonst und aus Gnaden geschenkt sei; denn was du getan hast, ist auch seine Gnade und sein Werk in dir. So ist ja Alles sein, und dir bleibt - Nichts als Gnade.

Epheser 2,18.19

Durch Ihn haben wir beide (Juden- und Heiden-Bekehrte) In Einem Geiste den Zutritt zum Vater. Demnach seid ihr nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger mit den Heiligen und Hausgenossen Gottes.

Wer Christum angezogen hat und in Christo wahrhaftig ist, und lebt, dessen Name ist im Himmel eingeschrieben, wo ihn niemand auslöschen kann, als die eigne Hand des Menschen, wenn er sie wieder nach der Welt und Sünde ausstreckt und von Christo zurückzieht. Wer aber in ihm bleibt, der hat sein Plätzchen im Himmel gewiss, das ihm niemand nehmen wird. Und wer dessen gewiss ist, wird der sich nicht freuen, das Bürgerrecht im Himmel zu haben? Wird er sich nicht über alles Irdische stets erheben? wird er nicht mit seinem Herzen mehr droben als hier unten sein? Ein Christ ist kein Gast und Fremdling im Himmel, im Reicht Gottes, in der unsichtbaren Welt, sein Geist ist dort schon wie daheim. Er kennt seine Heimat wohl, und weiß da Weg und Steg. Wer dort noch nicht so daheim ist, sondern noch fremde tut, und sich wie ein Gast nur selten dort einfindet, sich nur mit Mühe daran erinnert, der muss wohl kein wahrer Hausgenosse Gottes, kein Mitbürger der Heiligen sein. Er bildet sichs etwa nur ein, er hat davon reden gehört, und es nachbeten gelernt. Die Hausgenossen kennen ihr Haus, sei es groß oder klein. Gottes Hausgenossen sollten Gottes Haus und Reich nicht kennen? sollten dort Fremdlinge, dort nicht daheim sein? Lieber! an deinem Wandel im Geiste erkenne deine Bürgerschaft - ob du Welt- oder Himmelsbürger bist. Des Weltbürgers Herz hängt und wandelt in der Welt, des Himmelsbürgers Geist wandelt im Himmel und hängt an seiner Heimat.

Epheser 4,32.

Seid aber unter einander freundlich, herzlich, und vergebet einander, so wie euch Gott vergeben hat in Christo.

Wir aber, die wir stark sind, sollen die Gebrechlichkeit der Schwachen tragen. Römer 15,1. Einer trage des andern Last. Galater 6,2.

Welche Lasten haben wir unserm Heilande aufgelegt - „fürwahr, er trug unsere Krankheit - Gott warf all unsre Sünden auf ihn -“ und wie sanft, wie stille ging das Lamm unter unsrer Last, ohne seinen Mund aufzutun. Er sagt wohl: Du hast mir Arbeit gemacht mit deinen Sünden, du hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten - aber nicht, um sich zu beklagen oder zu beschweren, oder uns Vorwürfe zu machen - denn er setzt gleich bei: - Ich, ich tilge deine Übertretung um meinetwillen, und gedenke deiner Sünden nicht. Jesaja 43, 24.25. Er will uns also nur zeigen, wie auch wir die Arbeit, Mühe und Last, die uns andere mit ihren Gebrechen auflegen, stillschweigend tragen und ihrer gar nicht gedenken, alle Beleidigungen vergessen und vergeben sollen. Oder wollten wir Vergebung von ihm nehmen, und unsern Brüdern ihre Sünden behalten? Würde er uns nicht machen, wie dem Knecht im Evangelio? Matthäus 18,33.34. Wem die Last, die ihm andere auflegen, zu schwer wird, der sehe auf den Rücken des Lammes Gottes, und frage: Wer hat dir diese schwere Bürde aufgelegt? Wer hat dich so geschlagen? verwundet? getötet? und warum schweigst du so stille und leidest so geduldig? - Die Antwort wird sich dann von selbst geben.

Ephes. 6,11-18.

Ziehet an den Harnisch Gottes, dass ihr bestehen könnet gegen die listigen Anläufe des Teufels; denn wir haben nicht nur mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis dieser Welt herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel rc.

Wenn der Satan und sein Einfluss oder seine Angriffe auf uns eine leere Einbildung einer kranken Phantasie wären, so würde uns Paulus und der heilige Geist durch ihn doch nicht also sorgfältig warnen, nicht eine solche Waffenrüstung gegen ihn darbieten, nicht also mächtig zum Kampfe und Widerstande gegen ihn auffordern. Ja, ihr Lieben, der Feind ist, - ist fürchterlich, listig, verschlagen und stark, seine Nachstellungen und Anläufe sind recht künstlich ausgedacht und heimlich angelegt; das ist nur also wahr. Man erfährt aber nichts davon, bis man Christum ergriffen und angezogen hat. Denn so lange man der Welt anhängt und Fleisch und Blut dient, hat er gar nichts wider uns; vielmehr, da lebt man in seiner Gunst, unter seinem Schutz und Schirm. Entsage aber der Welt und dem Fleische, so hast du alle Teufel gegen dich, die mit geistiger Bosheit und List dir Netze stellen und feurige Pfeile auf dich schießen; und wenn du nicht mit dem Harnische Gottes, den Paulus in den folgenden Versen des 6. Kap. beschreibt, angetan bist und gegen dies geistlichen Fürsten und gewaltigen Beherrscher der Finsternis nicht tapfer streitest, so wirst Du das Feld nicht behalten, sondern ermüden, unterliegen, verzagen, und dich auf die Seite der Welt und des Satans schlagen, überwunden und gefangen werden. Es werden die alten Lüste in dir erwachen, du wirst nachgeben und dich von ihnen hinreißen lassen. Daher gilt es hier: Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallet!

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