Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den 1. Brief an die Korinther

Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den 1. Brief an die Korinther

1. Korinther 6,17.

Wer dem HErrn anhängt, der ist ein Geist mit Ihm.

Deine Hand, dein Fuß richtet sich, oder bewegt sich nur nach deinem Willen; dein Wille lebt, regt und bewegt sich in deinen Gliedern: so sollst du in Jesus, so JEsus in dir sein; so sollst du dich von Ihm leiten und bewegen lassen. Wer weiß, was ihm Jesus ist und was er ohne JEsus sein würde, der hängt mit ganzer Seele, mit Leib und Geist an Ihm, der ist ein wahres, lebendiges Glied am Leib JEsu, weil er von JEsu beseelt und regiert wird, wie die Glieder seines Leibes von seiner Seele belebt und regiert werden!

Ach lass mich an Dir hangen,
Der Reb' am Weinstock gleich,
Und seliglich gelangen
HErr, in Dein Freudenreich.

Dort in des Himmels Throne
Sing' ich Lob, Ehr' und Preis,
Gott Vater und dem Sohne,
Und auch dem heiligen Geist.

Amen.

1. Korinther 11,24-26

Nehme und esset, das ist mein Leib, der für euch dahin gegeben wird; tut das zu meinem Andenken. - Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blute; tut dies, so oft ihr trinket, zu meinem Andenken. So oft ihr also dieses Brot esset und diesen Kelch trinket, sollt ihr den Tod des Herrn verkündigen.

Es war dem Heiland so sehr daran gelegen, sich uns unvergesslich zu machen, sich so in unser Herz und unsern Sinn einzuschreiben, dass wir ihn nicht mehr aus dem Andenken und nicht aus dem Herzen verlieren sollten. Dazu gab er, was wohl vor und nach ihm keiner zum Andenken geben wird, sein Fleisch und Blut, seinen Leib und Leben - sich selbst. Wer gibt sich selbst seinem Freunde zur Erinnerung, zum Beweis der Liebe? Darum sollen wir auch nicht bloß an ihn denken, und sein Abendmahl soll uns nicht nur ein Gedächtnismahl, nicht bloß eine feierliche Erinnerung seines Todes - obwohl auch dieses - sein, sondern mehr noch, Nahrungsmittel, innige Gemeinschaft, Verbindung und Erneuerung des Lebens und Todes, und der Auferstehung Jesu in uns. Wer sichs lebhaft denken, zuversichtlich glauben kann: Diesen Leib, für dich dahin gegeben; dieses Blut, für dich vergossen, ist dir zugleich Pfand des Lebens Jesu in dir, Pfand deines ewigen Lebens bei und mit ihm in seinem Reiche; ist die Speise, Nahrung, Weg-Zehrung auf der Pilgerreise durchs Erdenleben; dieses Mahl ist dir lebendiger, anschaubarer Beweis deiner Versöhnung mit Gott, der Vergebung der Sünden, der Gemeinschaft mit Christus und dem Vater, der Verbrüderung aller auserwählten Glieder des Leibes Jesu - denn da wir Viele Ein Brot essen, sind wir Alle Ein Leib - dieses Manna, das wahrhaftig aus dem Himmel kommt, gibt und erhält dir das ewige Leben; dieses Brot des Lebens bewahrt dich vor dem ewigen Tode, und wird auch deinen Leib einst wieder erwecken. - Dieses alles und noch mehr, denn auszusprechen ist es nicht, was alles in diesem Sakramente liegt, dieses alles recht lebendig gedacht und geglaubt, und gegessen und genossen, und in Saft und Kraft verwandelt - wie reich, wie selig, wie stark macht es deine Seele!

1. Korinther 11,28-30.

Es prüfe sich aber der Mensch selbst, dann esse er dieses Brot, und trinke diesen Kelch; denn wer unwürdig isst und trinkt, trinkt sich selbst ein Gericht hinein, weil er nicht unterscheidet den Leib des Herrn. Darum sind rc.

Die Selbstprüfung ist immer, täglich, stündlich nötig, am allerwenigsten aber soll man sie beim Genuss des heiligen Abendmahls versäumen oder verschieben auf gelegnere Zeit. Da ist sie durchaus unentbehrlich und so wesentlich notwendig, dass Leben und Tod, Segen und Fluch, Gnade und Gericht an ihr hängt und von ihr abhängt. Paulus schreibt dem ungeprüften oder unwürdigen Genuss, was ihm Eines ist, schwere Gerichte zu und weist auf Tatsachen und Beispiele seiner Zeit hin, wo der unwürdige Genuss Vielen leibliche und geistliche Schwäche, Krankheiten und selbst den Tod zugezogen hat. So züchtigt der Herr, die seinen, für sie in den bittersten Tod hingegebenen Leib, sein für sie teuer vergossenes Blut ungeprüft, leichtsinnig, unwürdig genießen, die seinen Leib von einer gewöhnlichen irdischen Speise nicht unterscheiden. Hole dir also keine Krankheit, iss nicht Tod und Gericht beim Abendmahle, denn das kannst du eben so leicht da finden, als das Leben und die Seligkeit. Für Kranke ist die gesunde Speise nicht, sie macht sie noch kränker, elender und kann gar töten. Die Kranken dürfen keineswegs essen, was die Gesunden essen; was den Gesunden zur Gesundheit, Nahrung und Stärkung dient, wird den Kranken, wenn sie es in ihrem Zustande genießen, Gift und Tod. So hüte dich denn, dir die Speise des ewigen Lebens, das göttliche Brot, das himmlische Manna durch deinen Leichtsinn und Frevel in Gift und Fluch, Gericht und Hölle zu verwandeln. Prüfe dich, erforsche dich, bete um Licht und Erkenntnis deiner selbst; bekenne die erkannten Sünden Gott und deinem beleidigten Nächsten; mache das gegebene Ärgernis gut, so viel du kannst, und gib doch wenigstens nicht neues Ärgernis, dass du bei einem leichtsinnigen, unordentlichen Wandel doch dem heiligen Tische dich näherst. Versöhne dich mit Gott, mit deinem Nächsten und mit deinem eignen Herzen. Suche Frieden in dir und außer dir herzustellen, und zeige unzweideutig, dass du Reue, Buße, Glauben und Besserung fest im Sinne habest. Zeige, dass du wissest und fühlest, wem du dich näherst - dem, der Augen hat wie Feuerflammen, und Nieren und Herzen prüft und forscht; der da weiß was in dir ist, der alle verborgenen Anschläge deines Herzens kennt.

1. Korinther 13.

Wenn ich alle Sprachen der Engel und Menschen redete, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz und eine klingende Schelle. (Das ganze Kapitel.)

Der Apostel, der so viel vom Glauben spricht und den Glauben zur einzigen Bedingnis der Seligkeit macht, zeigt in diesem Kapitel, so wie in allen seinen Briefen deutlich genug, was er für einen Glauben verstehe, und dass Glaube und Liebe bei ihm Eines und dasselbe sind; dass ein Glaube ohne Liebe eine Schale ohne Kern, das Gerede vom Glauben ohne Liebe eine klingende Schelle, ein toter Leichnam ohne Seele sei. Möchten doch alle, die so unbedingt vom Glauben sprechen, und sich so gern auf den Paulus berufen, nicht übersehen und vergessen, dass hier derselbe Apostel den Glauben so an die Liebe bindet und von ihr abhängig macht, dass er ohne sie schlechterdings nichts taugt und vor Gott zu Schanden wird. Man glaubt sogleich darauf los, wenn man ein Wort der Schrift gehört hat, und denkt: Das geht mir ein; wenn ich nichts tun darf, als glauben, so will ich bald fertig sein. Man vergisst nachzusehen und zu fragen: Was meint der Apostel für einen Glauben? Der wahre Glaube muss ja doch ein großes Ding sein da er so große Dinge wirkt; er kann nicht jedermanns Ding sein, weil der gewöhnliche Glaube so wenig wirkt. Kurz, wenn alle die eingebildeten Glaubenshelden dieses Kapitel recht ansehen, werden sie wohl bald an ihrem Glauben Schiffbruch leiden, oder entdecken, dass ihr Glaube auf einer Sandbank sitzt, und sie im Grunde gar keinen haben, weil sie die Liebe nicht haben. Ach, wie sind der Täuschungen so viele in der heiligsten und wichtigsten Angelegenheit der Menschen! Wie sehr haben wir zu wachen, zu beten, uns vor Gott zu prüfen, dass uns die Eigenliebe nicht betrüge und uns selig spreche, ohne dass wir das wahre, untrügliche Kennzeichen der seligen Kinder Gottes, die Liebe, an und in uns haben. Es ist doch alles Nichts, alles Gute auch eitel, wenn nicht Liebe es heiligt. Komm, Liebe! komm! und erfülle uns ganz und gar!

1. Korinther 15,6,8

Hierauf ist er mehr als 500 Brüdern auf einmal erschienen. Zuletzt von allen erschien er auch mir, als einer unzeitigen Geburt.

Man sieht daraus, das der Heiland nicht nur den auserwählten Aposteln vorherbestimmten Zeugen seine Auferstehung erscheinen ist, sondern allen, die damals seine Erscheinung lieb hatten, die seines Lebens, seiner Gnade und Huld gewiss werden wollten, die auf ihn harrten und alle ihre Hoffnung auf ihn setzten. Dies muss mir Mut und Zuversicht einflößen, das er auch dich gewiss nicht zu kurz kommen lässt, wenn du ihn mit Ernst suchst. Seine Augen gehen durch alle Lande und schauen in alle Herzen, heute noch, wie damals- sah er, fand er einst die fünfhundert Brüder = Herzen, die sich nach ihm sehnten und konnte er sie nicht ungetröstet nach ihm schmachten lassen, so sieht er und findet er auch jetzt noch dich und dein Herz, wenn es nach ihm verlangt und wird dir gewiss den Trost, die Freude, die Kraft erscheinen lassen, die du bedarfst zu deinem Heile. Und wären fünfhundert solcher Herzen im Land, desto lieber wäre es ihm, wenn er nur recht viele besuchen und erfreuen könnte, er würde darum kein Einzelnes, auch dich nicht übersehen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/g/gossner/gossner_andachten/gossner-andachten_ueber_den_1._brief_an_die_korinther.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain