Gerok, Karl von - Andachten zum Psalter - Psalm 84.
(1) Ein Psalm der Kinder Korahs, auf der Githith vorzusingen. (2) Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth! (3) Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. (4) Denn der Vogel hat ein Haus gefunden, und die Schwalbe ihr Nest, da sie Junge hecken, nämlich deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott. (5) Wohl denen, die in deinem Hause wohnen; die loben dich immerdar, Sela. (6) Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten, und von Herzen dir nachwandeln. (7) Die durch das Jammertal gehen, und machen daselbst Brunnen. Und die Lehrer werden mit viel Segen geschmückt. (8) Sie erhalten einen Sieg nach dem andern, dass man sehen muss, der rechte Gott sei zu Zion. (9) Herr, Gott Zebaoth, höre mein Gebet; vernimm es, Gott Jakobs, Sela. (10) Gott, unser Schild, schaue doch; siehe an das Reich deines Gesalbten. (11) Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser, denn sonst tausend. Ich will lieber der Tür hüten in meines Gottes Hause, denn lange wohnen in der Gottlosen Hütten. (12) Denn Gott, der Herr, ist Sonne und Schild, der Herr gibt Gnade und Ehre, er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen. (13) Herr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt.
Dieser liebliche Psalm sticht gar freundlich ab gegen den vorigen. Jener versetzte uns mitten ins Getümmel des Kriegs, dieser führt uns ins friedliche Heiligtum des Herrn, wo selige Sabbatstille den Frommen umweht von außen und von innen. Wie sanfter Harfenklang auf kriegerisches Trompetengeschmetter, wie der holde Regenbogen auf ein majestätisches Gewitter so folgt dieser schöne Psalm auf den vorangehenden.
Etliche Ausleger meinen, er sei damals gedichtet worden, als David auf der Flucht vor Absalom ferne von der heiligen Stadt, ferne von dem Berge Zion jenseits des Jordans in Mahanaim weilte. Da habe einer seiner Leviten sein eigenes und seines Königs Heimweh nach dem Hause Gottes ausgeströmt in diesem schönen Lied, wie zur selben Zeit auch der 42. Psalm gesungen sein mag, wo dieselbe Sehnsucht sich ausspricht in den rührenden Klagen: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue? Denn ich wollte gerne hingehen mit dem Haufen und mit ihnen wallen zum Hause Gottes.“
Aber nicht nur einem David, dem frommen König, dem demütigen Beter, der in Leid und Freude, in Ehre und Schande allezeit sich beugte vor Gott und seine Lust fand an dem Herrn; nicht nur ihm, sondern uns allen gewiss ist dieser Psalm aus dem Herzen gesungen. „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“ Ganz gewiss, in dieses Bekenntnis stimmet ihr alle, Geliebte, von Herzen mit ein. Wer nicht nur am Sonntag, sondern auch am Werktag Gottes Haus gern aufsucht, wer auch am kalten Winterabend durch Schnee und Eis den Weg sucht zum Heiligtum des Herrn und gern ein Stündlein friert, wo andere hinterm warmen Ofen sitzen oder auf dem weichen Sofa liegen, der muss es ja wohl erfahren haben: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“ So wollen denn auch wir an dieser Wahrheit uns jetzt einige Augenblicke erquicken und erwärmen und einstimmen in das Thema unseres Psalms: Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth! Der Psalmist spricht aus:
1) Seine Sehnsucht nach dem Haus des Herrn, V. 2-4.
2) Das Glück derer, die darinnen sind, V. 5-8.
3) Die Bitte, dass ihn der Herr wieder dahin führen wolle, V. 9-13.
1) Seine Sehnsucht nach dem Haus des Herrn.
V. 2: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“ so ruft aus seliger Erfahrung der fromme Sänger aus. In herrlicher Königsburg residierte unser David; aber nicht danach sehnt er sich mit den Seinen in der Verbannung zurück, sondern nur nach dem Heiligtum des Herrn; denn lieblicher noch als sein königlicher Palast ist ihm das Haus seines Gottes, wo der Glanz einer überirdischen Welt sich ihm auftut, wo die Herrlichkeit des Herrn ihn umleuchtet. Noch stand Salomos Tempel nicht, durch seine Pracht ein Wunder der Welt; aber auch die einfache Stiftshütte mit ihren ehrwürdigen Heiligtümern dünkt den frommen Sänger, der nicht aufs Äußere sieht, sondern aufs Innere, so schön, dass er bewundernd in der Erinnerung ausruft: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“
„Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“ Ja, so bekennen auch wir. Die Welt zwar, die nur im Sichtbaren und Sinnlichen lebt, ist nicht dieser Meinung. Ihr sind unsere Kirchen unheimliche Orte und unsere Gottesdienste langweilige Dinge; sie kann's nicht begreifen, wie man an einem schönen Sonntag lieber in die Kirche als spazieren gehen kann, wie man an einem langen Winterabend lieber in die Betstunde gehen mag als ins Wirtshaus oder ins Theater. Aber wem einmal der Sinn aufgegangen ist fürs Göttliche und Himmlische, o der sehnt von allen Lustplätzen und Vergnügungsorten der Welt sich immer wieder zurück zum Hause des Herrn. Wer nicht aufs Sichtbare sieht, sondern aufs Unsichtbare, o der findet in diesen „langweiligen“ Kirchen alles, was die Weltkinder draußen suchen, nur viel schöner und besser. Grüne Auen sind's, durch die er hier wandelt, die grünen Auen des Evangeliums, von denen es gilt: Der Herr weidet mich auf grüner Aue und führt mich zum frischen Wasser. Eine goldene Sonne ist's, die ihm hier leuchtet mitten im Winterfrost:
Die Sonne, die mir lacht, ist mein Herr Jesus Christ,
Das, was mich singen macht, ist was im Himmel ist. 1)
Kräftige Speise ist's, die er hier genießt, das Himmelsbrot des göttlichen Worts, das Manna des Evangeliums. Edle Gesellschaft ist's, die er hier findet, die Gemeinschaft der Heiligen, die Kinder Gottes im Himmel und auf Erden, Propheten und Apostel, Engel und selige Geister; und unser Heiland Jesus Christus und unser Gott im Himmel selber ist's, mit dem wir hier zusammenkommen im Geist. - O so geht ihr nur euren Gesellschaften, euren Vergnügungen nach, ihr Kinder der Welt, und vertreibt euch eure Winternächte mit dem Tand der Eitelkeit; wir bleiben dabei: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“
Einfach zwar und schmucklos ist der Gottesdienst unserer evangelischen Kirche; für Aug und Ohr und alle Sinne ist in anderen Kirchen reichlicher gesorgt als bei uns; aber nicht die Sinne sollen sich ja weiden, sondern die Seele, darum im einfachsten Dorfkirchlein, seien seine Wände noch so kahl, wo nur eine Kanzel ist, darauf das seligmachende Wort Gottes verkündet wird, wo nur ein Altar ist, darauf das Bild des Gekreuzigten steht, daran das Mahl der Gnaden ausgeteilt wird für alle, die da hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, da gilt es: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“ und selbst in kalter Winternacht, wo für den Leib wenig Behagen zu finden ist auf diesen Bänken, kann's die Seele spüren: Hier ist gut sein, hier ist nichts Anderes denn Gottes Haus und hier ist die Pforte des Himmels. - Darum sehnt sich auch der Fromme immer wieder nach dem Hause des Herrn, wie der Psalmist:
V. 3: Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.“ „Meine Seele verlangt und sehnt sich!“ so mochte der Psalmist sagen zumal in der Verbannung, da er ausgeschlossen war vom Heiligtum und nicht wie sonst alle Tage emporwallen konnte zum Zionsberg. Meine Seele verlangt und sehnt sich! so geht's ja auch uns, wenn wir die Freuden des Gottesdienstes eine Zeitlang haben entbehren müssen, wenn wir in der Fremde waren, wo wir das liebe gewohnte Gotteshaus nicht fanden, wenn wir auf dem Krankenbett lagen und hörten nur von fern die Sonntagsglocken zur Kirche rufen und konnten nicht folgen, wenn wieder eine Woche oder auch nur eine halbe vorübergegangen ist im Weltgetrieb - dann sehnen wir uns wieder nach dem Haus des Herrn und spüren ein inniges Heimweh.
„Nach den Vorhöfen“ nur verlangt bescheiden der Sänger; er war ein Levit und kein Priester, durfte also das Heiligtum nicht betreten. Aber schon in den Vorhöfen ist ihm wohl und selig zu Mut. Und wir, Geliebte, sehen ja in unsern irdischen Gotteshäusern ohnehin nichts als Vorhöfe, Vorhöfe des oberen Heiligtums, zu dem wir hier nur glaubend, ahnend, hoffend aufschauen; aber schon in den Vorhöfen weilen, ist süß und selig, schon da sprechen wir getrost:
Noch sing ich hier aus dunkler Ferne,
Gott meines Lebens, dir mein Lied,
Wenn einst weit über alle Sterne
Dich das verklärte Auge sieht,
Dann schallet dir im Jubelklang
Der Überwinder mein Gesang. 2)
„Mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.“ Ja „Leib und Seele“ freuen sich hier. Zwar ist's zunächst nur geistliche Speise, die wir hier empfangen, nur Seelenweide, die wir genießen; der Kranke wird nicht gesund, der Hungrige wird nicht satt, der Arme wird nicht reich durchs Wort Gottes; das wirft uns ja die Welt oft genug entgegen. Und doch, Geliebte, ist's nicht so, dass auch auf den Leib etwas überfließt von dem geistlichen Segen, den wir hier empfangen? Wer sich recht innig erbaut hat am Worte Gottes, kann der nicht auch sein zeitlich Kreuz, sein körperlich Gebrechen wieder fröhlicher und mutiger tragen? Wer heimgeht aus dem Hause Gottes nicht nur als ein vergesslicher Hörer, sondern als ein rechtschaffener Täter des Worts, wird der nicht auch im Leiblichen den Segen des göttlichen Worts erfahren: Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens? Leib und Seele freuen sich in dem „lebendigen“ Gott. Ja weil er der lebendige Gott ist, der Urquell alles Lebens, darum strömt von ihm auch Leben, Lebenslust, Lebensmut, Lebenskraft in Leib und Seele des Menschen; darum findet in ihm, in seinem Wort, in seinem Haus, im Umgang mit ihm, im Gebet zu ihm, in der Berührung mit ihm der Christ Leben und volle Genüge und erfährt's heute noch, wie einst Petrus: Herr, wohin sollen wir gehen von dir: du hast Worte des ewigen Lebens!
V. 4: „Denn der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ihr Nest, da sie Junge hecken, nämlich deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott.“ Welch ein feines und liebliches und wahres Bild! Ja was dem Vogel sein Nest ist, sein sicheres, weiches, warmes Nest, das ist dem Frommen das Haus seines Herrn. Dahin flüchten wir uns, wie der Vogel in sein Nest, aus den Stürmen der Welt, vor den Anfechtungen aller Feinde, und fühlen uns wohlgeborgen in Gottes Hut und sprechen:
Kein Urteil mich erschrecket, kein Unheil mich betrübt,
Weil mich mit Flügeln decket mein Heiland, der mich liebt. 3)
Da ruht die müde, wunde Seele weich und warm wie der Vogel im Nest im Schoße der göttlichen Gnade und Erbarmung und spricht: Ich habe nun den Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält. Da sammeln sich die Kinder Gottes aus der Zerstreuung der Welt wie die Vöglein im Neste und wärmen sich aneinander, schließen sich in frommer Liebe zusammen und stärkt eins am andern wieder seinen Glauben, seine Geduld, seine Hoffnung und Erfahrung. Da werden auch die Jungen gehegt und gepflegt wie die Vöglein im Nest; hier im Hause Gottes wird dem Herrn eine christliche Jugend herangezogen, am Taufstein, wo sie in zarter Kindheit schon in die Pflege der göttlichen Liebe gegeben werden, und in der Kinderlehre, wo sie frühe schon gespeist werden mit den Brosamen der göttlichen Wahrheit, wie die Schwalbe ihre Jungen speist, und am Altar, wo sie noch den Segen der Kirche aufs Haupt bekommen, ehe sie flügge werden und ausfliegen in die Welt, hier ist das mütterliche Nest, wo dem Herrn seine Kinder herangezogen werden sollen, seine sanften Tauben und seine starken Adler, nämlich deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott! O selig, wer hier seine Heimat sucht, seine Heimat findet, seine Heimat behält, sei er jung oder alt, sei es Mann oder Frau, sei er arm oder reich! So schildert nun der Sänger:
2) Das Glück derer, die zum Hause des Herrn sich halten.
V. 5: „Wohl denen, die in deinem Hause wohnen, die loben dich immerdar, Sela.“ Ja wer im Hause Gottes wohnt und daheim ist; wer nicht bloß als ein seltener Gast, wie ein fremder Zugvogel des Jahrs ein paarmal in die Kirche hereinsieht, sondern als Hausgenosse Gottes fleißig kommt, Gottes Wort zu hören und im Gebet sich mit ihm
zu besprechen, o dem wird's immer wohler hier werden; der wird immer besser Gott verstehen lernen in seinem Wort, in seinen Werken, in seinen Wegen; der wird immer fröhlicher Gott loben lernen über allem, was er tut; ja der wird auch in bösen Zeiten und trüben Tagen, wo andere nur Grund zum Klagen und zum Weinen, oder gar zum Murren und zum Fluchen finden, noch Ursache haben, Gott zu loben über seine heiligen Gerichte wie über die Segnungen seiner Liebe, und wird's lebendig erfahren: Das ist ein köstliches Ding, dir danken und lobsingen deinem Namen, du Höchster, des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen. Noch weiter preist der Sänger solches Glück:
V. 6: „Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln.“ Ja das ist der Segen eines innigen Umgangs mit dem Herrn, einmal, dass man in ihm seine Stärke findet, dass man bei aller eigenen Schwachheit, bei allen Anfechtungen von außen und innen, bei allen Kämpfen und Stürmen des Lebens immer seliger erfährt: Im Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke, seine Kraft ist in den Schwachen mächtig; und dann, dass man lernt, dem Herrn auch nachwandeln, dass das Wort Gottes, welches wir hier hören, dann auch ein Licht wird auf allen unsern Wegen, ein Ratgeber in unsern Nöten, ein himmlischer Führer und Wegweiser, der uns vor dem Fall bewahrt und uns leitet auf ebener Bahn. Dann dürfen wir auch erfahren den weiteren Segen:
V. 7: „Die durch das Jammertal gehen und machen daselbst Brunnen. Und die Lehrer werden mit viel Segen geschmückt.“ Man kann diesen und den folgenden Vers auch etwas anders übersetzen; aber die Übersetzung Luthers gibt soviel Schönes und Wahres, dass wir wohl dabei bleiben mögen. Pilger sind wir ja alle, die durchs Jammertal gehen, die durch ein Tränental wandeln, einem himmlischen Zion, einer ewigen Heimat entgegen. Durch finstre Täler der Trübsal, durch öde Wüsten der Anfechtung führt uns allesamt unser Lebensweg. Aber der Pilger Gottes findet auch Brunnen, findet Quellen des Trostes und der Erquickung auf seinem Pilgerpfad; denn überall, auch im finstern Tal, auch auf öder Heide, auch auf steiler Höhe quillt ihm das Brünnlein Gottes entgegen, das Wassers die Fülle hat für alle Mühseligen und Beladenen, das Wort Gottes, von dem der Heiland sagt: Wer von diesem Wasser trinkt, den wird nimmermehr dürsten. Ja jeder Sonntag ist gleichsam so ein Brunnen im Jammertal, so eine Ruhestation für den Pilger Gottes, wo er im Schatten der Friedenspalmen ausruhen, am Kristallquell des göttlichen Worts sich laben und dann mutiger seine Last wieder auf den Rücken, seinen Stab in die Hand, seinen Weg unter die Füße nehmen kann! Das ist dann ein Segen für die Lehrer wie für die Hörer, für die Hirten wie für die Herden. Auch die Lehrer werden mit viel Segen geschmückt; auch für uns Prediger ist es Freude und Gewinn, wenn wir uns mit euch aus Gottes Wort erbauen, wenn wir eure Seelen im Namen Gottes trösten, wenn wir euch zum rechten Heilsbrunnen führen, wenn wir erfahren dürfen, wie der Herr hie und da an einer Seele unser Zeugnis segnet. Da geht's dann von Kraft zu Kraft, von Sieg zu Sieg. Da gilt's von den Lehrern wie von den Hörern:
V. 8: „Sie erhalten einen Sieg nach dem andern, dass man sehen muss, der rechte Gott sei zu Zion.“ Immer neue Kraft bekommt man da von oben, von Stufe zu Stufe wächst man im Glauben, in der Erkenntnis, in der Gnade, im Frieden Gottes; immer kühner lernt man siegen über Welt und Sünde, über Not und Tod; immer näher kommt man hinan zum himmlischen Ziel. Und in dem allem erkennt man, der rechte Gott sei zu Zion, erkennt Gott immer besser als den lebendigen Gott, bis man einst im oberen Heiligtum ihn schauen darf von Angesicht zu Angesicht.
Bis im Lichte dein Gesichte
Droben sich uns völlig zeigt,
Wo die Deinen nicht mehr weinen
Und die Klagestimme schweigt;
Drum, Herr, zeige uns die Steige,
Da man auf zum Himmel steigt! 4)
So verwandelt sich denn zum Schluss auch unser Psalm:
3) In die Bitte, dass der Herr den Sänger wieder führen wolle zum Heiligtum.
V. 9: „Herr, Gott Zebaoth, höre mein Gebet, vernimm es, Gott Jakobs, Sela.“ So flehen auch wir aus dunkler Ferne empor zum Herrn.
V. 10: „Gott, unser Schild, schaue doch; siehe an das Reich deines Gesalbten.“ Das Reich Davids, des irdischen Gesalbten, empfiehlt der fromme Sänger dem Allmächtigen in böser Zeit, und wir empfehlen ihm in böser Zeit insbesondere das Reich seines himmlischen Gesalbten, das Reich seines Sohnes Jesu Christi, und bitten: Gott, unser Schild, schaue doch allen Jammer, darunter die Christenheit seufzt; siehe an das Reich deines Gesalbten, wie es darniederliegt unter soviel Jammer und Not; hilf deiner Kirche auf und baue dein Reich, denn ohne deines Reiches Trost und Segen müssten wir vergehen in unserem Elend. Aber wenn wir nur dich haben, dein Wort, dein Haus, dein Reich, dann haben wir genug.
V. 11: „Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser denn sonst tausend.“ Ja ein Tag in Gott und mit Gott zugebracht, wiegt mehr als ganze Jahre ohne Gott vertändelt mit den Eitelkeiten der Welt; eine Stunde in rechter Andacht verlebt, wiegt Tage auf, die man im Irdischen verträumt; sie trägt in sich den Gehalt einer Ewigkeit und nur soviel leben wir wirklich, als wir in Gott leben, alles andere ist Schattenleben, Scheinleben. Darum ich will lieber der Tür hüten in meines Gottes Hause, denn lange wohnen in der Gottlosen Hütten.“ Und wenn ich auch nicht vorn anstehe in Gottes Heiligtum, sondern nur mit dem Zöllner an der Tür stehen darf und beten: Gott, sei mir Sünder gnädig! doch bin ich seliger, als wenn ich in der Gottlosen Hütten lebenslang obenan sitze und alle Tage herrlich und in Freuden lebe. Und wenn ich auch keiner von den goldenen Pfeilern bin im Heiligtum des Herrn, keiner von den gepriesenen Lehrern, die viele zur Gerechtigkeit weisen und die leuchten wie die Sterne des Himmels; wenn ich auch nur die Türe hüten darf in meines Gottes Haus, nur da und dort eine Seele herzurufen darf auf den Weg des Heils, dass sie herankomme und an mir vorbei tiefer hineindringe ins Heiligtum, als ich sie zu führen vermag - auch dann will ich mein Amt selig preisen und meinem Herrn und Gott danken, dass er mich ins Amt gesetzt hat.
V. 12: „Denn Gott, der Herr, ist Sonne und Schild;“ seine Liebe ist unsere Sonne, seine Allmacht ist unser Schild. „Der Herr gibt Gnade und Ehre;“ Gnade hier im Reich seiner Gnade, Ehre dort im Reich seiner Herrlichkeit; „er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.'
V. 13: Herr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt.“ O lass uns dein Antlitz suchen und gerne wallen zu deinem Hause, wo deine Ehre wohnt; erquicke uns hier mitten im Getümmel dieser Welt mit deinem süßen Sabbatfrieden und nimm uns einst auf ins obere Heiligtum, wo wir seliger noch als hienieden bekennen werden: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“
Amen.