Gerok, Karl von - Andachten zum Psalter - Psalm 83.
1) Ein Psalmlied Assaphs. (2) Gott, schweige doch nicht also, und sei doch nicht so stille; Gott, halte doch nicht so inne. (3) Denn siehe, deine Feinde toben, und die dich hassen, richten den Kopf auf. (4) Sie machen listige Anschläge wider dein Volk, und ratschlagen wider deine Verborgene. (5) Wohl her, sprechen sie, lasst uns sie ausrotten, dass sie kein Volk seien, dass des Namens Israels nicht mehr gedacht werde. (6) Denn sie haben sich miteinander vereinigt, und einen Bund wider dich gemacht. (7) Die Hütten der Edomiter und Ismaeliter, der Moabiter und Hagariter. (8) Der Gebaliter, Ammoniter und Amalekiter, die Philister samt denen zu Tyrus; (9) Assur hat sich auch zu ihnen geschlagen, und helfen den Kindern Lots, Sela. (10) Tue ihnen wie den Midianitern, wie Sissera, wie Jabin am Bach Kison; (11) Die vertilgt wurden bei Endor, und wurden zu Kot auf Erden. (12) Mache ihre Fürsten, wie Oreb und Seeb, alle ihre Obersten, wie Seba und Zalmuna, (13) Die da sagen: Wir wollen die Häuser Gottes einnehmen. (14) Gott, mache sie wie einen Wirbel, wie Stoppeln vor dem Winde. (15) Wie ein Feuer den Wald verbrennt, und wie eine Flamme die Berge anzündet: (16) Also verfolge sie mit deinem Wetter, und erschrecke sie mit deinem Ungewitter. (17) Mache ihre Angesichter voll Schande, dass sie nach deinem Namen fragen müssen. (18) Schämen müssen sie sich, und erschrecken immer mehr und mehr, und zu Schanden werden, und umkommen. (19) So werden sie erkennen, dass du mit deinem Namen heißt Herr allein, und der Höchste in aller Welt.
Im zweiten Buch der Chronik im 20. Kapitel wird uns eine der schönsten Kriegs- und Siegsgeschichten Israels erzählt. Es war unter Josaphat, dem frommen König von Juda, als unvermutet ein großer Haufen heidnischer Nachbarvölker verheerend wie ein Heuschreckenschwarm heranzog gegen das Volk Gottes. Josaphat in seiner Herzensangst trat im Tempel hin vors Angesicht des Herrn und bat (V. 6 ff.): „Herr, Gott unserer Väter, bist du nicht Gott im Himmel und Herrscher in allen Königreichen der Heiden, und in deiner Hand ist Kraft und Macht und ist niemand, der wider dich stehen möge? Sie kommen, uns auszustoßen aus deinem Erbe, das du uns hast eingegeben. Unser Gott, willst du sie nicht richten, denn in uns ist nicht Kraft gegen diesen großen Haufen, der wider uns kommt, und wir wissen nicht, was wir tun sollen, sondern auf dich sind unsere Augen gerichtet.“ Auch ganz Juda stand im Gebet vor dem Herrn, auch ihre Kinder, Weiber und Söhne. Da kam der Geist des Herrn auf Jehasiel, einen Leviten aus den Kindern Assaphs, der sprach (V. 15 ff.): „Merkt auf, ganz Juda und ihr Einwohner zu Jerusalem und der König Josaphat, so spricht der Herr zu euch: Ihr sollt euch nicht fürchten noch zagen vor diesem großen Haufen, denn ihr streitet nicht, sondern Gott. Morgen sollt ihr zu ihnen hinabziehen, und siehe, sie ziehen an Ziz herauf und ihr werdet sie treffen am Ende des Tales vor der Wüste Jeruel. Ihr sollt nicht zu streiten haben dabei, tretet nur hin und steht und seht das Heil des Herrn, der mit euch ist, Juda und Jerusalem.“ - Schon waren die Feinde am toten Meer vorbei gegen Jerusalem herangekommen auf 16 Stunden Nähe. Am andern Morgen zog Josaphat mit seinem Volke gegen sie aus, nicht mit Waffenlärm und Kriegsgeschrei, sondern mit Psalmen und Lobgesängen. Dem Heere voran zogen die Priester und Sänger des Herrn im heiligen Schmuck und sangen: Dankt dem Herrn, denn seine Barmherzigkeit währt ewig. Und das ganze Heer stimmte ein mit Danken und Loben. Und siehe, als sie gen Mizpa gekommen waren, was fanden sie? Nicht einen schlachtgerüsteten Feind, sondern nur Leichname am Boden mit vielen Gütern und Kleidern und köstlichem Geräte, denn es war Zwiespalt ausgebrochen unter den Feinden und sie hatten sich untereinander selbst erschlagen. Josaphat aber und sein Volk, nachdem sie im Lobtal, das daher seinen Namen erhielt, ihren himmlischen Erretter gelobt und gepriesen, kehrten im Triumphzug, mit Beute und kostbarem Geschmeide beladen, unter dem Klang von Psalter, Trompeten und Harfen wieder heim nach Jerusalem und hinauf in den Tempel des Herrn. Bei diesem Anlass vielleicht ist unser Psalm gesungen und gedichtet worden. Er mag auch unter jenen Psalmen gewesen sein, welche Josaphat mit seinen Leviten anstimmte, als er auszog wider den Feind, und jener Jehasiel aus den Kindern Assaphs, der vom Geiste des Herrn erleuchtet schon am Tag zuvor die trostreiche Weissagung getan, ist vielleicht der Dichter und Verfasser dieses unseres Psalms, der deshalb dann den Namen Assaphs trüge. Wir wollen ihn nun näher betrachten:
Diesen Angst und Hilferuf des Volks Gottes in großer Landesnot;
und zwar vernehmen wir:
1) Den kläglichen Angstruf, V. 1-9.
2) Den mutigen Hilferuf, V. 10-19.
1) Der Angstruf.
Gott schweigt, die Feinde toben! Das ist's, was in großer Herzensangst unser Sänger im ersten Teile des Psalmes klagt. Gott schweigt:
V. 2: „Gott, schweige doch nicht also und sei doch nicht so stille; Gott, halte doch nicht so inne.“ Es will uns ja oft vorkommen, als ob Gott schwiege, lange Zeit schwiege zu aller unserer Not. Die Bösen führen das große Wort und fordern Gott frech heraus in ihrem Übermut: Er aber schweigt, als gäbe er ihnen Recht. Die Frommen seufzen, beten, schreien zum Herrn in ihrer Bedrängnis er aber schweigt, als wäre er taub. Die Not eines Herzens, eines Hauses, eines ganzen Landes schreit zum Himmel Gott aber schweigt, schweigt Jahre lang, als hätte er kein Herz mehr für den Jammer seiner Kreaturen, oder keinen Arm mehr, ihnen zu helfen. Da kann dann auch die gläubige Seele oft ungeduldig werden und kleingläubig klagen: Gott, schweige doch nicht also und sei doch nicht so stille. Wenn die Götzendiener, die zu ihrem Baal schreien, wie dort die Priester auf dem Berge Karmel vor Elias, wenn die keine Stimme noch Antwort noch Aufmerken bekommen von einem Gott, der gar nicht existiert, - so kann uns das nicht Wunder nehmen. Aber Gottes Kinder, die zum lebendigen. Gott, zum allgerechten Richter, zum allbarmherzigen Vater droben rufen Tag und Nacht, sollten die auch vergeblich schreien? Nein, er schweigt nur, um seine Kinder zu prüfen und dann desto herrlicher zu erhören; er schweigt nur, um seine Feinde wachsen zu lassen und dann desto mehr Ehre einzulegen durch ihre Züchtigung; darum warte du nur:
Hilfe, die er aufgeschoben,
Hat er drum nicht aufgehoben,
Hilft er nicht zu jeder Frist,
Hilft er doch, wann's nötig ist.1)
Inzwischen freilich, während er schweigt, toben die Feinde:
V. 3: „Denn siehe, deine Feinde toben, und die dich hassen, richten den Kopf auf.“ Damit schildert Assaph den Übermut der Feinde, der frech das Haupt emporwirft gegen den Heiligen im Himmel. „Deine Feinde“; wohl durfte das auserwählte Volk Gottes, das Gott selber seinen Augapfel nennt, wohl durfte der fromme König Josaphat, der seine Ehre drein setzte, den Namen des Herrn wieder groß zu machen im Lande, seine Feinde auch Feinde Gottes nennen; denn wenn wir ja auch nicht immer unsere Privatsache mit Gottes Sache verwechseln und unsere Widersacher ohne weiteres als Gegner Gottes ansehen dürfen, - dann wenigstens wenn es sich ums Reich Gottes handelt und wir im Dienste der Wahrheit und der Gerechtigkeit stehen, dann gilt das Wort (Sachar. 2, 8): Wer euch antastet, der tastet Gottes Augapfel an; und das Wort des Heilands: Wer euch verachtet, der verachtet mich. Zum Trotz der Feinde kommt ihre Arglist:
V. 4: „Sie machen listige Anschläge wider dein Volk und ratschlagen wider deine Verborgenen.“ Gleichsam ein heimlich gesponnenes Netz suchten jene verbündeten Heidenvölker Israel plötzlich durch ihren Überfall übers Haupt zu werfen. „Groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist“; das hat zu allen Zeiten von dem Reichsfeind Gottes gegolten. Gottlob, dass es auch alle Zeiten vom Herrn gilt: Er macht die Anschläge der Listigen zunichte. Alle List der Feinde kann den Kindern Gottes doch nicht schaden, denn sie sind ja „seine Verborgenen“. Ein schöner Name, den die Untertanen Gottes hier erhalten: deine Verborgenen, d. h. deine Geborgenen, deine Schützlinge, die bei dir geborgen sind, wie David rühmt Psalm 27: „Er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er verbirgt mich heimlich in seinem Gezelt.“ „Verborgene Gottes“, das wollen wir je mehr und mehr in Wahrheit werden. Aus den Stürmen der Zeit wollen wir uns immer getroster bergen unter den Schutz und Schirm unseres treuen Gottes, wie die Küchlein unter die Flügel der Henne. Aus der Zerstreuung der Welt wollen wir uns immer sanfteren Geistes sammeln in die Tiefe und Stille des inneren Lebens. Bei der Schmach vor der Welt wollen wir uns immer seliger trösten: Unser Leben ist verborgen mit Christo in Gott; wenn aber Christus sich offenbaren wird, dann werden auch wir offenbar werden mit ihm in der Herrlichkeit. (Kol. 3.)
Hier wenig gekennt und übel genennt;
Hier heimlich mit Christo im Vater gelebet,
Dort öffentlich mit ihm im Himmel geschwebet.“ (Christoph Friedrich Richter)
Dann kann uns auch der giftigste Hass nicht schaden. Zum Trotz und zur List der Feinde kommt ihr erbarmungsloser Hass:
V. 5: „Wohl her, sprechen sie, lasst uns sie ausrotten, dass sie kein Volk seien, dass des Namens Israels nicht mehr gedacht werde.“ Auf einen völligen Vertilgungskrieg, und nicht nur auf eine vorübergehende Demütigung hatten's die Feinde Israels mehr als einmal abgesehen, wie auch Josaphat in seinem Gebete sagt: Sie kommen, uns auszustoßen aus deinem Erbe. Es gelüstete sie selber nach dem Lande, da Milch und Honig floss; darum „rein ab, rein ab“ war ihre Losung. Haben ja auch neuestens noch die Feinde des Reichs Gottes kein Hehl daraus gemacht, dass sie auf nichts Geringeres es abgesehen haben gegen die Gläubigen, als auch auf einen Vertilgungskrieg: Lasst uns sie ausrotten, dass sie kein Volk seien, dass des Namens Israels, des Namens Gottes und Christi gar nicht mehr gedacht werde. Auf so einen Tag werden dann auch Pilatus und Herodes oft Freunde, d. h. wenn's gegen Gottes Reich und Gottes Wort, gegen Religion und Christentum geht, da verbinden sich oft auch solche, die sonst selbst einander in den Haaren liegen. Wie damals zehn Völker sich gegen Juda verbanden, um es in ihrer Mitte gleichsam zu erdrücken:
V. 6: „Denn sie haben sich miteinander vereinigt und einen Bund wider dich gemacht.“ Und nun werden sie aufgezählt:
V. 7: „Die Hütten (oder Zelte, man sieht sie gleichsam schon in Feindesland ihre Zelte aufschlagen) der Edomiter (Nachkommen Esaus) und Ismaeliter (Nachkommen Ismaels), Moabiter (Nachkommen Lots) und Hagariter,“ sämtlich räuberische Nomadenstämme im Süden Palästinas, die zum Dank dafür, dass Israel beim Einzug ins gelobte Land ihrer geschont hatte, allezeit schlimme Nachbarn blieben, die das Land umschwärmten wie Wespen die süße Traube.
V. 8: „Die Gebaliter, Ammoniter, Amalekiter,“ gleichfalls räuberische Araberstämme gegen Morgen von Palästina; die Philister die alten Erbfeinde Israels gegen Abend am mittelländischen Meer samt denen zu Tyrus, samt dem reichen und mächtigen Handelsvolk der Phönizier, gleichfalls im Westen.
V. 9: Auch Assur, auch das gewaltige Assyrien hat sich zu ihnen geschlagen, hat den vorhin genannten Kindern Lots seinen starken Arm geliehen, seine mächtige Hilfe angeboten. Also ganz umzingelt war Israel von Feinden; zehn gegen einen so hieß es damals - und so hieß es inzwischen oft und so heißt es eigentlich heute noch beim Volk Gottes. Da darf uns ein kläglicher Angstschrei nicht Wunder nehmen. Und dennoch spricht auch da der Herr: Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob und du armer Haufe Israel. Ich helfe dir, spricht der Herr und dein Erlöser, der Heilige in Israel. Dennoch spricht auch da der gläubige Schützling Gottes:
Fielen tausend mir zur Seiten und zur Rechten zehnmal mehr,
Ließest du mich doch begleiten durch der Engel starkes Heer,
Dass den Nöten, die mich drangen, ich jedennoch bin entgangen:
Tausend, tausendmal sei dir, großer König, Dank dafür! 2)
Zu solchem Dank kann sich zwar hier in der Stunde der Not unser Psalmist noch nicht erheben, der kam erst nach der Rettung; aber doch vernehmen wir nun nach dem kläglichen Angstschrei:
2) Einen kühnen Hilferuf zu dem Allmächtigen,
V. 10-18. Da mahnt der Sänger sich selbst und sein Volk und seinen Gott zuerst an die vorigen Wundertaten aus den alten Kriegs- und Siegsgeschichten Israels:
V. 10: „Tue ihnen wie den Midianitern, wie Sissera, wie Jabin am Bach Kison.“ Tue ihnen wie den Midianitern. Da erinnert der Sänger an einen der glorreichsten Tage aus der Vorzeit Israels, oder eigentlich an eine ruhmvolle Nacht, an jenes kühne Heldenstück Gideons, da er bei Nacht mit 300 Tapferen herfiel über das Volk der Midianiter, das sich niedergelegt hatte im Talgrund wie eine Menge Heuschrecken und deren Kamele waren wie der Sand am Ufer des Meeres. Das war jene Nacht, als Gideon und seine Handvoll Tapferen plötzlich mit Fackeln und Posaunen gleich Engeln des Gerichts herfielen über die schlaftrunkenen Feinde unter dem Feldgeschrei: „Hie Schwert des Herrn und Gideon“; wo die Feinde in der Finsternis und Verwirrung einander selber niedermetzelten und der Herr auch wahr machte das Prophetenwort: Ihr sollt euch nicht fürchten noch zagen vor diesem großen Haufen, denn ihr streitet nicht, sondern Gott. „Tue ihnen wie Sissera, wie Jabin am Bach Kison;“
V. 11: „Die vertilgt wurden bei Endor und wurden zu Kot auf Erden.“ Ihre Leichname blieben unbegraben und düngten das Feld. Das geht auf eine andere, noch ältere Waffentat, als das Heldenweib Debora mit Barak gegen Sissera, den Kanaaniterfeldherrn, zog und ein Weib ihm die Schläfe durchbohrte an dem Tag, von dem Debora sang: Vom Himmel ward wider sie gestritten, die Sterne in ihren Lüften stritten wider Sissera.
V. 12: „Mache ihre Fürsten, wie Oreb und Seeb, alle ihre Obersten, wie Seba und Zalmuna.“ Oreb und Seeb waren die Feldherrn der Midianiter; Seba und Zalmuna ihre Könige, die damals auch von Gideon überwunden und erschlagen wurden. So, fleht der Sänger, wolle der Herr Zebaoth auch jetzt wieder die übermächtigen und übermütigen Feinde vernichten.
V. 13: „Die da sagen: Wir wollen die Häuser Gottes einnehmen;“ eigentlich: Lasst uns erobern die Auen Gottes. Weil sie nach Gottes Erbe die Hand ausstrecken, weil sie in Israel zugleich den Gott Israels antasten darum soll das Gottesgericht sie treffen. Und nur darum auch, weil es Gottes Sache gilt, nicht eine Privatsache, nicht eine Privatrache, nur darum darf auch der Psalmist so kühn um die Niederlage des Feindes flehen:
V. 14-16: „Gott, mache sie wie einen Wirbel, wie Stoppeln vor dem Winde. Wie ein Feuer den Wald verbrennt und wie eine Flamme die Berge anzündet: Also verfolge sie mit deinem Wetter und erschrecke sie mit deinem. Ungewitter.“ So hat ja der Herr wirklich damals getan. Und wie Gott, der Allmächtige, auch zu dem stolzesten Heeresstrom eines übermächtigen und übermütigen Feindes sein Machtwort sprechen kann: Bis hierher und nicht weiter! und die gewaltigste Armee zerstreuen kann wie Stoppeln vor dem Winde, das hat er ja oft bewiesen seit den Tagen Gideons und Deboras, Davids und Josaphats. Auch in den Jahrbüchern christlicher Geschichte steht davon manch herrliches und schreckliches Beispiel verzeichnet zur Ehre Gottes und zum Trost seines Volkes.
Als vor 1100 Jahren dieselben Völker, die hier in unserem Psalm als Feinde Israels aufgezählt werden, die kriegerischen Araberstämme unter dem Panier Muhameds wie Heuschrecken über das christliche Europa herfielen, schon Spanien unterjocht, Frankreich überschwemmt hatten, Deutschland bedrohten, dass es schien, als sollte das Kreuz Christi auf immer dem Halbmond unterliegen und aller kaum gepflanzte Segen des Christentums weggeschwemmt werden aus Europa durch den schmutzigen Strom, der vom Morgenlande sich heranwälzte, da erweckte Gott der Christenheit auch wieder einen Gideon, den gewaltigen Helden Karl Martell, der in einer großen Schlacht die Muhamedaner überwand und zurückschlug, so dass es für immer hieß: Bis hierher und nicht weiter!
Als vor 300 Jahren im Schmalkaldischen Krieg die evangelischen Fürsten, voran der fromme Kurfürst von Sachsen, ein anderer Josaphat, tief gedemütigt waren von dem übermächtigen Kaiser Karl V, und dieser deutlich damit umging, die evangelische Kirche ganz zu unterdrücken, da sandte Gott auch, wie einst zur Zeit Josaphats, Zwietracht ins feindliche Lager. Der Fürst Moritz von Sachsen, bisher des Kaisers Bundesgenosse, erhob sich plötzlich wider ihn, überfiel ihn 1552 bei Passau und zwang ihn zur eiligen Flucht, zwang ihn zugleich durch den Passauer Vertrag, die gefangenen evangelischen Fürsten, die geknechtete evangelische Kirche freizugeben. Da hieß es auch: Ihr streitet nicht, sondern Gott.
Als im Jahr 1588 das katholische Spanien eine stolze, herrliche Flotte von Kriegsschiffen aussandte gegen das evangelische England, da sandte Gott einen schrecklichen Sturm und machte die stolzen Kriegsschiffe wie einen Wirbel, dass sie zerstoben wie Stoppeln vor dem Winde und keines die Küste von England erreichte. Da hieß es auch: Ihr streitet nicht, sondern Gott.
Als im dreißigjährigen Krieg der fromme Held Gustav Adolf mit seinem Heer gegen den mächtigen Feind bei Lützen ins Feld zog, da stimmten sie vorher das fromme Kriegslied an: Verzage nicht, o Häuflein klein! - worin es heißt:
Dich tröste nur, dass deine Sach ist Gottes, dem befiehl die Rach,
Ihn lass alleine walten.
Er wird durch seinen Gideon, den er wohl kennt, dir helfen schon,
Dich und sein Wort erhalten. 3)
Und Gott half zum Sieg trotzdem, dass der edle Gideon Gustav Adolf in selbiger Schlacht den Heldentod starb. Gott stritt für ihn.
Als vor einigen Jahrzehnten der gewaltige Eroberer Napoleon mit seinem herrlichen Kriegsheer auch das ferne Russland überzog, um ganz Europa zu seinen Füßen zu legen, da verfolgte sie auch Gott mit seinem Wetter und erschreckte sie mit seinem Ungewitter, dass Kälte und Frost sie zu tausenden niederwarf auf den Schneefeldern und der Gewaltige zu Schanden ward mit seiner Macht und List. Da hieß es auch: Ihr streitet nicht, sondern Gott.
Und noch viel mehr und noch viel gewisser gilt dies in den geistigen Kämpfen des Reichs Gottes. Wie oft und wie gewaltig auch das Reich der Finsternis, das Reich des Unglaubens und des Aberglaubens, der Sünde und der Bosheit sich erhebt gegen die Kinder des Lichts, gegen die Reichssache Gottes, die Sache der Wahrheit, der Liebe, der Gerechtigkeit, endlich behält doch immer wieder die Rechte des Herrn den Sieg, endlich bleibt es doch dabei: Das Feld muss er behalten. Endlich müssen doch auch seine Feinde noch erkennen und bekennen, dass er der Herr sei. Und das ist der schönste Sieg, wenn die Feinde Gottes nicht nur überwunden, sondern überzeugt, nicht nur geschlagen, sondern gewonnen werden vom Herrn. Darauf deutet auch der Sänger hin in den Schlussversen:
V. 17-19: „Mache ihre Angesichter voll Schande, dass sie nach deinem Namen fragen müssen. Schämen müssen sie sich und erschrecken immer mehr und mehr und zu Schanden werden und umkommen. So werden sie erkennen, dass du mit deinem Namen heißt Herr allein und der Höchste in aller Welt.“ Dass auch seine Feinde am Ende nach Gottes Namen fragen müssen, weil sie erkennen: Bei ihm allein ist Heil; dass sie sich schämen müssen, wider ihn anzulaufen, wenn sie sehen, in welchen sie gestochen haben; dass sie einsehen: Er sei der Herr alleine, und vor ihm sich noch beugen, das ist der selige Sieg seiner ewigen Gnade und Wahrheit. So hat er einst einen Saulus sich unterworfen, so wird er auch fort und fort siegen in der Welt, bis alle Knie sich ihm beugen und alle Zungen bekennen: In dem Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke. Aber auch uns, die wir an dich glauben und deine Wundertaten sehen und deinen Gnadenschutz erfahren, auch uns, o Herr, lass immer seliger erkennen: Dass du mit deinem Namen heißt Herr alleine, der Höchste in aller Welt; dass wir dich preisen und dir vertrauen in aller Not.
Rühmt, ihr Menschen, den hohen Namen
Des, der so große Wunder tut;
Alles, was Odem hat, rufe Amen
Und bringe Lob mit frohem Mut!
Ihr Kinder Gottes lobt und preist
Vater und Sohn und Heiligen Geist!
Halleluja, halleluja! 4)
Amen.