Gerok, Karl - Andachten zum Psalter - Psalm 82.

(1) Ein Psalm Assaphs. Gott steht in der Gemeine Gottes, und ist Richter unter den Göttern. (2) Wie lange wollt ihr unrecht richten, und die Person der Gottlosen vorziehen? Sela. (3) Schafft Recht dem Armen und dem Waisen, und helft dem Elenden und Dürftigen zum Recht. (4) Errettet den Geringen und Armen, und erlöst ihn aus der Gottlosen Gewalt. (5) Aber sie lassen ihnen nicht sagen, und achten es nicht; sie gehen immer hin im Finstern; darum müssen alle Grundfeste des Landes fallen. (6) Ich habe wohl gesagt: Ihr seid Götter, und allzumal Kinder des Höchsten; (7) Aber ihr werdet sterben, wie Menschen, und wie ein Tyrann zu Grunde gehen. (8) Gott, mache dich auf, und richte das Land; denn du bist Erbherr über alle Heiden.

Von altersher gehört in unser Kirchengebet, sei's am Sonntag zum feierlichen Gottesdienst, sei's am Werktag zur Betstunde, die Fürbitte für die Obrigkeit. Hat der Apostel Paulus zur Zeit, wo der heidnische Römerkaiser Nero sein blutiges Zepter ausstreckte über die Welt, dennoch seinen Christen geboten, wie wir lesen 1. Tim. 2, 1. 2: So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen zuerst tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, wieviel mehr ist es Christenpflicht, für eine christliche Obrigkeit zu beten und flehende Hände fleißig aufzuheben für die, durch deren Schutz und Aufsicht ein christliches Land blühen und gedeihen soll. Die Obrigkeit ist eine göttliche Ordnung und ein göttlicher Segen für Land und Volk. Diese Wahrheit ist durch alle Revolutionen noch nicht umgestoßen, sondern immer nur aufs neue bestätigt und bekräftigt worden. Darum, wer's gut meint mit Land und Leuten, der muss für die Erhaltung und Stärkung dieser Ordnung beten, muss einstimmen in die Fürbitte unseres Liedes:

Du wollst uns hoch beglücken,
mit hellen Gnadenblicken
Auf unsern König sehn;
Ihn schützen auf dem Throne,
auf seinem Haupt die Krone
In hellem Glanze lassen stehn! 1)

Aber eben darum, weil die Obrigkeit eine göttliche Ordnung ist, soll sie auch nach göttlicher Ordnung ihres hohen Amtes warten; so hoch ihre Stellung, so schwer ist ihre Verantwortung, und keiner ist so hoch gestellt auf Erden, dass er nicht einen über sich hätte, von dem er seine Gewalt nur zu Lehen trägt - den König aller Könige und den Herrn aller Herren, den allmächtigen und alleingewaltigen Gott. Auch diese Wahrheit spricht das Wort Gottes und spricht insbesondere das Alte Testament so oft und so ernst, so scharf und so kühn als möglich aus. Nie und nirgends vom ersten bis zum letzten Blatt gibt sich das Wort Gottes zum feilen2) Herrendiener her und erniedrigt sich zum Speichellecker der Gewaltigen; vielmehr misst es jederzeit den Hohen wie den Niederen mit gleichem Maße und wägt die Großen wie die Kleinen in derselben Waage. Ja weil es bei den Großen in die eine Waagschale das ganze Gewicht ihres heiligen Amtes und ihrer großen Verantwortung legt, darum begegnet es auch den Großen, so sie ihre Pflicht vergessen und ihre Gewalt missbrauchen, umso eher, dass ihnen aus dem Worte Gottes jenes vernichtende Urteil entgegenschallt, das dort dem Tyrannen Belsazar an die Wand geschrieben ward beim schwelgerischen Mahl: Mene, tekel, Urpharsin: man hat dich gewogen und zu leicht erfunden.

Und nicht nur gegen fremde, heidnische Könige, nicht nur gegen Feinde und Unterdrücker Israels führt das Alte Testament diese scharfe Sprache, sondern ebenso gegen die Fürsten Israels selbst, ja wenn es Not tat, gegen die besten und gepriesensten, die sonst Männer nach dem Herzen Gottes und des Volks Lieblinge waren. Insbesondere die Propheten waren die unerbittlichen Hofprediger und Staatsanwälte Gottes, die streng und furchtlos auch den Mächtigen im Lande, den Priestern, den Richtern, den Königen die Wahrheit sagten und ihre Sünden vorhielten, und sich weder durch den Grimm eines Wüterichs erschrecken, noch durch die Tugenden eines guten Königs bestechen ließen, wo es galt, im Namen Gottes zu sagen: Es ist nicht recht, du hast übel getan vor dem Herrn. Denkt an Samuel, wie der stand vor dem ungehorsamen Saul; an Natan, wie er Buße predigte dem gefallenen David; an Elias, wie er hintrat vor den abgöttischen Ahab; an Jesaias, wie er gleich in seinem ersten Kapitel spricht mit den Fürsten, Richtern und Ratsherren des Volks; an Johannes den Täufer, wie er dem König Herodes, an Paulus, wie er einem Festus, Felix und Agrippa die Wahrheit sagt. Das sind gewaltige und erhabene Gestalten, zu denen wir nur mit Ehrfurcht aufschauen können; Gestalten, um so ehrwürdiger und erhabener, da sie wohlgemerkt nicht (wie so manche christliche Kirchenfürsten und hohe Priester späterer Zeiten) bei ihrer Opposition wider die weltliche Obrigkeit nur sich selber, ihre Macht, ihre Größe, ihre Ehre zu fördern suchten und darauf ausgingen, die Bande des Gehorsams zwischen Fürst und Volk zu lockern; nein, jene Männer Gottes wollten nicht Streit, sondern Frieden, nicht sich selbst, sondern Gottes Sache, nicht in weltlicher Weise herrschen, sondern dienen, ihrem Volk, ihrem Fürsten, ihrem Gott dienen durch die furchtlose Predigt der Wahrheit.

Aus diesem Ton und Geist klingt auch unser 82. Psalm; nicht nur ein Prophet, ein Samuel oder Natan, nein Gott selber, der Herr aller Herren und König aller Könige wird hier redend eingeführt, tritt gleichsam im königlichen Schmuck seiner Majestät herein in den Ratssaal der Richter und Gewaltigen und hält ihnen strafend vor ihre Amtspflichten, ihre Amtssünden, ihre schwere Verantwortung und das ihnen drohende Gericht.

Gott, der oberste Richter, wie er zum Gericht erscheint über die Richter auf Erden.

Das ist der Inhalt unseres Psalms. Der Vorgang wird uns ganz anschaulich geschildert. Wir vernehmen:

1) Gottes Eintritt in den Rat der Gewaltigen;
2) Seine Strafpredigt an die ungetreuen Richter;
3) Ihr verstocktes Schweigen;
4) Das Urteil, das er ihnen spricht;
5) Den Notruf des Volks an den himmlischen Richter.

1)

V. 1 sehen wir Gott, den Herrn gleichsam eintreten in den Rat der Gewaltigen.

„Gott steht in der Gemeine Gottes und ist Richter unter den Göttern.“ Die Gemeine Gottes ist die Gemeinde Israel, in welcher Gott der oberste Regent, der Herr und König war und blieb, nach Sauls Erhöhung und Davids Salbung so gut wie zuvor. „Ihr sollt mein Volk sein und ich will euer Gott sein.“ Das war gleichsam der erste Paragraph in der Verfassungsurkunde des Volks Israel, das deswegen ein theokratisches heißt, weil Gott selbst darin als der eigentliche unsichtbare Herr und König anerkannt war, in dessen Namen nur die weltliche und geistliche Obrigkeit regierte, von dem der König sein Zepter und der Hohepriester seinen Hirtenstab zu Lehen trug. „Ihr sollt mein Volk sein und ich will euer Gott sein.“ Das muss heutzutage so gut wie einst der Grundartikel bleiben in jeder guten Staatsverfassung; wo das nicht anerkannt wird: Gott steht in der Gemeine als oberster Herr; wo nicht Volk und Fürst in Gott und seinen ewigen Geboten die oberste Staatsgewalt erkennen, da ist das Staatsgebäude auf Sand gebaut und wird früher oder später einen großen Fall tun, sei es noch so künstlich gefügt oder noch so massenhaft aufgeführt.

„Gott steht in der Gemeine Gottes und ist Richter über den Göttern.“ Götter heißen in der Sprache des Morgenlands und auch in der Sprache des Alten Testaments die Stellvertreter Gottes auf Erden, die Obrigkeiten. So heißt's 2. Mos. 28: Den Göttern sollst du nicht fluchen und den Obersten im Volk nicht lästern. Und bringe ihn vor die Götter, das heißt vor die Obrigkeit. Damit will die Heilige Schrift, die ja so nachdrücklich predigt: Du sollst Gott allein anbeten und ihm dienen, ganz gewiss nicht sagen: Die Gewaltigen im Volk seien wirklich höhere Wesen und man solle sie in heidnischer Weise vergötzen, wie einst zur Zeit der ersten Christenverfolgungen die römischen Kaiser verlangten, dass man vor ihren Bildsäulen opfere, oder wie wir vor ein paar Jahren gelesen, dass in Frankreich bei einer Reise des jetzigen Kaisers der Franzosen, des damaligen Prinzpräsidenten, ein Ortsvorsteher ihn ebenso niederträchtig als gotteslästerlich mit einer Umschreibung des Vaterunsers angeredet: Unser Prinz, Ihr Name werde gepriesen, Ihr Kaiserreich komme, Ihr Wille geschehe wie in Frankreich so auch bei den andern Völkern usw. Nein, wenn das Alte Testament die Fürsten und Obrigkeiten Götter nennt, so will es nichts Anderes sagen, als: Sie sind Stellvertreter Gottes auf Erden kraft ihres Amts, nichts Anderes im Grund als wir, wenn wir im Kirchengebet unsern König nennen Gottes Knecht.

Und dass ja keiner dieser Gewaltigen sich seiner Macht überhebe und den Herr über ihm vergesse, darum heißt's in unserem Psalm: Gott ist Richter unter den Göttern; als Herr und König steht er über ihnen allen; als Richter und Rächer kann er jeden Augenblick eintreten in ihre Mitte. So stellt ihn nun auch Assaph vor, wie er eintritt in den hohen Rat der Gewaltigen, dass vor dem Feuerglanze seiner Majestät ihre goldenen Kronen erbleichen, vor dem Donnerton seiner Stimme ihre herrischen Stimmen verstummen. Und nun hören wir:

2)

Gottes Strafpredigt an die ungetreuen Richter. Da hält er ihnen zuerst ihre Amtssünden vor:

V. 2: „Wie lange wollt ihr unrecht richten und die Person der Gottlosen vorziehen?“ Wie bei Gott selber kein Ansehen der Person ist und er das Herz ansieht als ein unparteiischer Richter, nicht die Hand, ob die ihm etwas bringt, oder den Stand oder die Gestalt, ob die etwas gleichsetze, also sollten auch Richter und Obrigkeiten ohne Ansehen der Person Gesetz und Recht verwalten. Aber so war es nicht allezeit in Israel. Und wie Jesaias spricht zum Volk: Deine Fürsten sind Abtrünnige und Diebsgesellen, sie nehmen gerne Geschenke und trachten nach Gaben, dem Waisen schaffen sie nicht Recht und der Witwen Sache kommt nicht vor sie; so muss auch hier im Psalm der Herr klagen: „Wie lange wollt ihr unrecht richten und die Person der Gottlosen vorziehen?“ Wehe einem Land, in welchem die Rechtspflege nicht mehr lauter und unbefleckt ist, wo auch in den hohen und höchsten Beamtenstand die Korruption, der Eigennutz und die Bestechung Eingang findet, wie wir das unter so mancher Regierung auch in unserer Zeit schon gesehen haben! Wohl einem Land, das noch einen unbestechlichen Richterstand hat und unparteiische Gerichtshöfe, vor denen der Höchste wie der Niederste sich beugen muss und beugt, wie der König Friedrich der Große von Preußen, der bei der Anlage eines Schlosses einem Müller seine Windmühle abkaufen wollte, und als der sie um keinen Preis lassen wollte, in der Hitze rief: Weißt du wohl, dass ich dir deine Mühle nehmen kann, ohne einen Groschen dafür zu geben? Ja, Majestät, antwortete der Müller, aber dann gibt's noch ein Kammergericht in Berlin. Dem König gefiel die mutige Antwort; Recht musste Recht bleiben und die Mühle blieb stehen. Wo aber ein tyrannischer Ahab Naboths Weinberg mit Gewalt und auf blutigem Wege nimmt und kein hoher Rat in Jerusalem und kein Kammergericht auf Erden mischt sich drein, da gibt es noch ein oberstes Tribunal im Himmel, von dem tönt wie Donner-Klang die Stimme des allgerechten Gottes herab: Wie lange wollt ihr unrecht richten? Und nun hält er den Richtern und Obrigkeiten vor ihre heiligen Amtspflichten:

V. 3. 4: „Schafft Recht dem Armen und dem Waisen und helft dem Elenden und Dürftigen zum Recht. Errettet den Geringen und Armen und erlöst ihn aus der Gottlosen Gewalt.“ Wie Gott, der Herr, selber sich besonders gern einen Richter der Witwen und Vater der Waisen nennt und seine Allmacht gebraucht zum Schutz der Armen und Schwachen, der Elenden und Bedrängten, so verlangt er auch insbesondere von allen denen, die er hochgestellt hat auf Erden, dass sie ihre Macht und Gewalt, ihre Reichtümer und Hilfsquellen, ihre Weisheit und ihren Einfluss gebrauchen im Dienste nicht nur der strengen Gerechtigkeit, die kein Unrecht tut und kein Unrecht duldet, sondern auch im Dienste der Liebe und Barmherzigkeit, die dem Elend nachgeht, dem Schwachen unter die Arme greift, die Not aufsucht, um sie nach Kräften zu lindern. Ein schöneres, seligeres, göttlicheres Amt gibt es ja wahrhaftig nicht für die Großen und Mächtigen, als so wie hilfreiche Engel hereinzugreifen in die Not der Welt und Schirmvögte der Bedrängten, Väter der Armen, Sendboten der ewigen Liebe zu werden. Schafft Recht dem Armen nicht dem Faulen und Unverschämten, aber dem Arbeitsamen und Redlichen - und helft dem Elenden und Dürftigen zum Recht zum Recht auf Arbeit, auf Existenz; errettet den Geringen und Armen von Hunger und Blöße. Diese Mahnung ergeht besonders in dieser Notzeit an alle Obrigkeiten in Stadt und Land. Möchte sie nicht ungehört verhallen! Dazu gebe Gott den Oberen offene Ohren, diesen Ruf zu hören und an die Not zu glauben; er gebe ihnen helle Augen, Mittel und Wege zu finden, um der Not zu steuern; er gebe ihnen warme Herzen, die Not mitzufühlen, und gebe ihnen starke Arme, mit Kraft und Nachdruck auszuführen, was dem Lande helfen kann, damit es nicht auch bei uns heiße, wie in unserem Psalm: „Aber sie lassen sich nicht sagen;“ Gott hat gesprochen inmitten der ungerechten Richter; aber was ist die Frucht?

3)

Verstocktes Schweigen, wie wir lesen:

V. 5: „Aber sie lassen ihnen nicht sagen und achten es nicht; sie gehen immer hin im Finstern; darum müssen alle Grundfeste des Landes fallen.“ Ja, das ist das Erbübel so vieler Mächtigen, dass sie sich nichts sagen lassen mögen und die Wahrheit nicht ertragen können; das ist der Grundirrtum so vieler Gewaltigen, dass sie meinen, Gottes Wort und Gebot sei wohl da für das Volk, nicht aber für sie; das ist die große Torheit so vieler Hochgestellten, dass sie es eigentlich für eine Beleidigung ansehen, wenn man sie dran erinnert, über ihnen stehe noch ein Höherer; das ist das Unglück so vieler Fürsten und Völker, dass sie auch in Zeiten ernster Heimsuchung nichts lernen und nichts vergessen, und wenn sie einen Augenblick zur Besinnung kommen wollten, doch, sobald die Gefahr vorüber, wieder dahingehen in der alten Finsternis und Verblendung, als wäre nichts geschehen.

Wo man in Leichtsinn und Gottvergessenheit die Fundamente alles Wohlstands, Gottes Wort und Gebot unterwühlt, Recht und Gerechtigkeit untergräbt, da müssen freilich die Grundfesten des Landes fallen, denn diese Grundfesten sind eben Recht und Gerechtigkeit, Gottes Wort und Gebot. Da geht's dann, wie Jesaias sagt: Die Mauer hat einen Riss; zuerst beginnt's von Kalk zu rieseln nur leise, aber plötzlich stürzt alles zusammen, und wer dann mitbegraben wird unter den Trümmern und am härtesten betroffen wird vom Umsturz, das sind eben sie, die dem Schaden nicht bei Zeiten gewehrt, die ihn vielleicht selbst wissentlich oder unwissentlich vermehrt haben. Davor behüt uns, lieber Herr und Gott! Lass uns hören, so lang es Zeit ist, auf dass wir nicht fühlen müssen, wenn es zu spät ist. Noch einmal nimmt der Herr das Wort inmitten der Obrigkeiten. Wir hören nun:

4)

Das Urteil, das er ihnen spricht, V. 6. 7. So hoch ihr gestellt wart, so tief sollt ihr fallen.

V. 6: „Ich habe wohl gesagt: Ihr seid Götter und allzumal Kinder des Höchsten.“ Mit diesen Worten, auf die auch Jesus sich beruft Joh. 10, 34 ff., wo er sagt: Wenn die Schrift so gar ungerechte Richter Götter nennt um ihres göttlichen Amtes willen, wieviel mehr habe ich das Recht, mich Gottes Sohn zu nennen; mit diesen Worten erinnert Gott die Hohen und Gewaltigen, die Richter und Obrigkeiten noch einmal an ihre hohe und heilige Stellung, die da geltend bleibt, auch wo einzelne sie missbrauchen, weil sie auf göttlicher Anordnung beruht. Ich habe gesagt, ihr seid meine Stellvertreter auf Erden; so spricht der heilige und wahrhaftige Gott und dabei bleibt es. Das Amt bleibt in seiner heiligen Kraft; auch wo die Person das Amt verunziert, weiß der Christ, wo es not tut, Person und Sache zu trennen. Darum respektiert er auch in einer irrenden und fehlenden Obrigkeit noch eine göttliche Ordnung und gibt ihr um Gottes willen die schuldige Ehre.

V. 7: „Aber ihr werdet sterben wie Menschen und wie ein Tyrann zu Grunde gehen.“ Dieses Strafurteil Gottes gilt den Personen, den unwürdigen Trägern der heiligen Gewalt. „Ihr werdet sterben wie Menschen.“ Ja, das ist das schlagendste Gottesurteil gegen den Hochmut derer, die sich ihrer weltlichen Würden überheben. Der Tod dringt in des Gewaltigen Palast so gut wie in des Taglöhners Hütte; er zieht dem Fürsten seinen Purpurmantel aus wie dem Bettler seinen Kittel; der Tod macht alles gleich. Nur dass er vielleicht den Gewaltigen oft noch in schrecklicherer Gestalt nahe tritt als dem gemeinen Mann. „Ihr werdet sterben wie Menschen und wie ein Tyrann zu Grunde gehen.“ Wie ein Tyrann zu Grunde gehen kann, wie diesen Gott mit eisernem Arm endlich treffen kann, das zeigt uns die Heilige Schrift an den blutigen Gestalten eines Pharao, Saul, Ahab, Antiochus, Herodes; das zeigt uns auch die weltliche Geschichte an manchem abschreckenden Beispiel von Nero an bis auf Napoleons Ende auf der Felseninsel St. Helena. Denn Gott ist der Alleingewaltige und seine Hand behält den Sieg. Darum bleibt er auch unsere Zuflucht für und für. Und nun, nachdem so der Herr gesprochen, vernehmen wir zum Schluss:

5)

Den Notruf, womit das bedrängte Volk sich an ihn wendet.

V. 8: „Gott, mache dich auf und richte das Land; denn du bist Erbherr über alle Heiden.“ Da sehen wir den Weg, auf den ein bedrängtes Volk gewiesen ist, wenn ihm Hilfe nottut. Er heißt nicht Empörung, nicht Lästerung, nicht Rebellion, sondern er heißt: Appellation an den obersten Richter im Himmel; er heißt: Gebet zu dem, der der Richter der Welt ist und auch der Fürsten und der Gewaltigen Herzen in seiner Hand hat. Ihm soll ein christlich Volk seine Sache befehlen, zu ihm soll es beten um Gerechtigkeit und Gericht, um Heil und Segen. Auch wir, Geliebte, wollen beten für Fürst und Land. Wir wollen dem Herrn danken für das väterliche Regiment und die christliche Obrigkeit, deren wir uns freuen dürfen vor vielen weit umher; wir wollen bitten, dass Gott den König und alle seine Räte mit seinem Geiste leiten wolle, dem Geist der Weisheit und der Gerechtigkeit, der Gottesfurcht und Menschenliebe; wir wollen beten, dass er alle Obrigkeiten segnen und sich unseres Lands im Leiblichen und Geistlichen in Gnade erbarmen möge.

Gott! dir sei Dank für solche Güte.
Du schützt durch deine Dienerin;
Die ganze Welt ist dein Gebiete,
Da stellst du Richterstühle hin.
Es lobe dich, dich bete an,
Was König heißt und Untertan. 3)

Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/g/gerok_k/gerok_predigten_zum_psalter/psalter_gerok_082.txt · Zuletzt geändert:
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain