Gerok, Karl von – Andachten zum Psalter - Psalm 68.

(1) Ein Psalmlied Davids vorzusingen. (2) Es stehe Gott auf, dass seine Feinde zerstreut werden, und die ihn hassen, vor ihm fliehen. (3) Vertreibe sie, wie der Rauch vertrieben wird; wie das Wachs zerschmilzt vom Feuer, so müssen umkommen die Gottlosen vor Gott. (4) Die Gerechten aber müssen sich freuen und fröhlich sein vor Gott, und von Herzen sich freuen. (5) Singt Gott, lobsingt seinem Namen. Machet Bahn dem, der da sanft herfährt, er heißt Herr, und freut euch vor ihm, (6) Der ein Vater ist der Waisen, und ein Richter der Witwen. Er ist Gott in seiner heiligen Wohnung. (7) Ein Gott, der den Einsamen das Haus voll Kinder gibt; der die Gefangenen ausführt zu rechter Zeit, und lässt die Abtrünnigen bleiben in der Dürre. (8) Gott, da du vor deinem Volk herzogst, da du einhergingest in der Wüste, Sela. (9) Da bebte die Erde, und die Himmel troffen vor diesem Gott in Sinai, vor dem Gott, der Israels Gott ist. (10) Nun aber gibst du, Gott, einen gnädigen Regen, und dein Erbe, das dürre ist, erquickst du, (11) Dass deine Tiere darinnen wohnen können. Gott, du labst die Elenden mit deinen Gütern. (12) Der Herr gibt das Wort mit großen Scharen Evangelisten. (13) Die Könige der Heerscharen sind untereinander Freunde, und die Hausehre teilt den Raub aus. (14) Wenn ihr zu Felde lieget, so glänzt es als der Tauben Flügel, die wie Silber und Gold schimmern. (15) Wenn der Allmächtige hin und wieder unter ihnen Könige setzt, so wird es helle, wo es dunkel ist. (16) Der Berg Gottes ist ein fruchtbarer Berg, ein großes und fruchtbares Gebirge. (17) Was hüpfet ihr großen Gebirge? Gott hat Lust auf diesem Berge zu wohnen, und der Herr bleibt auch immer daselbst. (18) Der Wagen Gottes ist viel tausend mal tausend, der Herr ist unter ihnen im heiligen Sinai. (19) Du bist in die Höhe gefahren, und hast das Gefängnis gefangen, du hast Gaben empfangen für die Menschen, auch die Abtrünnigen, dass Gott, der Herr, dennoch daselbst bleiben wird. (20) Gelobt sei der Herr täglich, Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch, Sela. (21) Wir haben einen Gott, der da hilft, und den Herrn Herrn, der vom Tode errettet. (22) Aber Gott wird den Kopf seiner Feinde zerschmeißen, samt ihrem Haarschädel, die da fortfahren in ihrer Sünde. (23) Doch spricht der Herr: Ich will unter den Fetten Etliche holen, aus der Tiefe des Meers will ich Etliche holen. (24) Darum wird dein Fuß in der Feinde Blut gefärbt werden, und deine Hunde werden es lecken. (25) Man sieht, Gott, wie du einherziehst, wie du, mein Gott und König, einherziehst im Heiligtum. (26) Die Sänger gehen vorher, danach die Spielleute unter den Mägden, die da pauken. (27) Lobt Gott, den Herrn, in den Versammlungen, für den Brunnen Israels. (28) Da herrscht unter ihnen der kleine Benjamin, die Fürsten Judas mit ihren Haufen, die Fürsten Sebulons, die Fürsten Naphthalis. (29) Dein Gott hat dein Reich aufgerichtet, dasselbe willst du, Gott, uns stärken; denn es ist dein Werk. (30) Um deines Tempels willen zu Jerusalem werden dir die Könige Geschenke zuführen. (31) Schilt das Tier im Rohr, die Rotte der Ochsen unter ihren Kälbern, die da zertreten um Geldes willen. Er zerstreut die Völker, die da gerne kriegen. (32) Die Fürsten aus Ägypten werden kommen, Mohrenland wird seine Hände ausstrecken zu Gott. (33) Ihr Königreiche auf Erden, singt Gott, lobsingt dem Herrn, Sela, (34) Dem, der da fährt im Himmel allenthalben von Anbeginn. Siehe, er wird seinem Donner Kraft geben. (35) Gebt Gott die Macht! Seine Herrlichkeit ist in Israel, und seine Macht in den Wolken. (36) Gott ist wundersam in seinem Heiligtum. Er ist Gott Israels; er wird dem Volk Macht und Kraft geben. Gelobt sei Gott!

Der Fried ist uns erstritten und jeder Schrecken flieht,
In der Gerechten Hütten erschallt ein Siegeslied.

So singen wir in einem unserer Osterlieder und freuen uns, dass unser Held und Siegesfürst all unsere Feinde, Sünde, Tod und Hölle für uns überwunden hat.

Der Fried ist uns erstritten und jeder Schrecken flieht,
In der Gerechten Hütten erschallt ein Siegeslied.

Dieser Ton klingt wie Posaunenton auch durch unser heutiges Psalmlied vom ersten bis zum letzten Vers. Es ist ein Siegeslied nach erstrittenem Frieden, und wenn's auch zunächst nicht auf einen geistlichen, sondern auf einen weltlichen Sieg, nicht auf einen göttlichen, sondern auf einen menschlichen Helden gedichtet ist; wenn's auch ohne Zweifel zuerst gesungen ward beim feierlichen Heimzug Davids mit der Bundeslade aus einem siegreichen Kriegszug, etwa nachdem er die Ammoniterstadt Rabba erobert, die schwere goldene Königskrone mit Edelsteinen sich dort aufgesetzt und die widerspenstigen Ammoniter blutig gezüchtigt hatte, wie wir das nachlesen können 2. Sam. 12,26 ff.; wenn's also zunächst auch auf einen weltlichen Sieg gedichtet ward, so ist es doch ein frommes Siegeslied, weil es Gott, dem Heiligen und Allmächtigen, alle Ehre gibt; ein prophetisches Siegeslied, weil es hinausdeutet auf die geistlichen Siege, die der große Davidssohn, der Messias, dem Volke Gottes erstreiten soll und erstritten hat; wie denn der Apostel Paulus den 20. Vers auf Christi Himmelfahrt gedeutet hat. Auch wir wollen dieser Deutung uns freuen, und so ist uns dieser Sieges- und Triumphpsalm ein schönes Vorspiel der Freuden- und Triumphlieder, welche die Christenheit in nächster Woche wieder am Himmelfahrtsfest ihres erhöhten Herrn und Königs anstimmen wird. Also ein Siegeslied des Volks Gottes ist's, das wir vernehmen. In sieben Absätzen braust es majestätisch einher: Der Aufgesang (V. 2-7) preist mit den uralten Worten Mosis:

Die heilige Siegesmacht Gottes.

V. 2: Es stehe Gott auf, dass seine Feinde zerstreut werden, und die ihn hassen, vor ihm fliehen.“ Ganz so lesen wir schon 4. Mos. 10: Und wenn die Lade zog, so sprach Mose: Herr, stehe auf, lass deine Feinde zerstreut, und die dich hassen, flüchtig werden vor dir. Das ist auch das Thema, welches durch die ganze Weltgeschichte sich immer mit neuer Gewalt und Majestät wiederholt und bestätigt. Es stehe Gott auf, dass seine Feinde zerstreut werden; das hat sich erfüllt in Mosis Zeiten und in Davids Tagen, am Auferstehungstag Jesu und in Luthers Jahrhundert; das wird sich auch bewähren fort und fort bis zum letzten Weltgericht, wo alle seine Feinde sich legen müssen zum Schemel seiner Füße. Gott, der Allmächtige, steht auf, seinen Feinden zum Schrecken. Das wird weiter ausgeführt:

V. 3: Wie ein Rauch vertrieben wird vom Windhauch, so müssen die Mächte der Finsternis weichen und schwinden vor dem Anhauch des Odems Gottes. Wie Wachs an der Sonne zerschmilzt, so muss der Trotz der Kreatur vergehen vor dem milden Sonnenstrahl der göttlichen Gnade und Wahrheit. O wie oft hat sich das schon bewährt! Wie oft seit der Apostel Tagen und seit Davids Zeiten hat vor dem Odem des göttlichen Geistes die Macht der Finsternis, des Aberglaubens und Unglaubens wie Rauch müssen vergehen, hat vor den milden Sonnenstrahlen des Evangeliums der Trotz und Stolz des natürlichen Menschen wie Wachs müssen hinschmelzen! So wird's auch ferner immer wieder kommen, des wollen wir uns freuen auch in dunklen Zeiten der Kirche, wo die Mächte der Finsternis wieder zu dicken Rauchwolken sich sammeln: Das Licht und Recht Gottes wird siegen.

V. 4: „Die Gerechten aber müssen sich freuen und fröhlich sein vor Gott, und von Herzen sich freuen.“ Den Feinden zum Schrecken, den Seinen aber zum süßen Trost steht Gott der Allmächtige auf. In der Gerechten Hütten erschallt ein frohes Lied. O das hat sich oft erfüllt, seit Israel in seinen Zelten jauchzte über Pharaos Untergang, und Debora ihr Siegeslied sang über Sisseras Tod, und David seine Freudenpsalmen anstimmte auf der Zionsburg; und das hat sich lieblicher noch erfüllt in Christenhütten, am Osterabend, als die Jünger einander zuriefen: Der Herr ist erstanden! in Jerusalem dort, als in finstrer Mitternacht der totgeglaubte Petrus aus dem Gefängnis in die Mitte der betenden Gemeinde trat; und so oft in einem Christenhaus man Gottes Hilfe und Trost erfahren darf und so oft wir hier in Gottes Haus Gottes Gnade und Treue preisen, wird's wieder wahr, bis sich's einst vollkommen erfüllt in den himmlischen Hütten: In der Gerechten Hütten erschallt ein Siegeslied. Darum macht ihm nur Bahn, dem Friedefürsten, in Häusern und in Herzen.

V. 5: Ja wohl heißet er Herr, der Alleingewaltige, vor dem kein Mensch bestehen kann; aber er heißet auch Ewig-Vater, Friedefürst; er fährt sanft einher, Gnade und Erbarmung gehen ihm voran, Segen und Wonne folgen ihm nach. Und wie er einst zu Elias auf dem Berge Horeb kam nicht im Sturm, nicht in Feuer und Erdbeben, sondern im sanften Sausen, so kommt er auch heute noch zu den Seinen, die ihn fürchten und lieben, nicht als ein Gerichtsherr und Schreckenskönig, sondern mild und hold im Wehen seiner Gnade, im sanften Sausen seiner Erbarmung, er,

V. 6: „Der ein Vater ist der Waisen und ein Richter der Witwen. Er ist Gott in seiner heiligen Wohnung.“ O gnadenreiche Botschaft! Der selige und alleingewaltige Gott, der droben im Lichte wohnt, bei welchem kein Wechsel ist des Lichts und der Finsternis, der kehrt freundlich auf Erden ein bei den Mühseligen und Beladenen. Der heilige und majestätische Gott, vor dem der Trotz seiner Feinde hinschmilzt wie Wachs vor der Sonne, der ist auch ein freundlicher Erbarmer denen, die auf ihn trauen, ein Berater der Witwen und Vater der Waisen. Also weine nicht, Witwe von Nain, sorge nicht, Witwe von Zarpath, tröste dich, trauernde Maria, freut euch, ihr Waisen, und hofft auf den, der der rechte Vater ist über alles, was Kinder heißt im Himmel und auf Erden,

V. 7: Ein Gott, der den Einsamen das Haus voll Kinder gibt; der die Gefangenen ausführt zu rechter Zeit und lässt die Abtrünnigen bleiben in der Dürre,“ ein Gott, der keinen verlässt, der sich auf ihn verlässt. Seid fröhlich, ihr Gerechten, der Herr hilft seinen Knechten. Das hat sein Volk erfahren in uralter Zeit. David:

Darum preist nun

2) Die alten Gnadenwunder Gottes unter seinem Volk, V. 8-15.

V. 8. 9: „Gott, da du vor deinem Volk herzogst, da du einhergingst in der Wüste, Sela. Da bebte die Erde und die Himmel troffen vor diesem Gott in Sinai, vor dem Gott, der Israels Gott ist.“ Da gedenkt David jenes feierlich ernsten Zugs, als der Herr seinem Volk voranzog dem Sinai zu, in der Wolkensäule bei Tag und in der Feuersäule des Nachts. Da bebte die Erde und die Wolken troffen. So sang auch Debora in ihrem Siegeslied, Richter 5. Aber der furchtbar majestätische Gott ist auch zugleich ein milder Segensspender:

V. 10. 11: „Nun aber gibst du - eigentlich gabst du - Gott, einen gnädigen Regen, und dein Erbe, das dürre ist, erquickst du, dass deine Tiere - vielmehr deine Herde, dein Volk - darinnen wohnen können.“ Auf den Gewittersturm ein milder sanfter Regen, davon Feld und Flur erquickt wird; auf den Donner der Trübsal wieder blauer Gnadenhimmel und goldener Freudensonnenschein, ja so führte Gott nicht nur einst sein Volk durch Sinais Wüste, so führt er noch heute die Seinen, und auch wir haben's auf unserem Lebensweg schon lieblich erfahren und selig rühmen dürfen nach heißer Trübsalsglut: „Nun aber gibst du, Gott, einen gnädigen Regen, und dein Erbe, das dürre ist, erquickst du, dass deine Tiere darinnen wohnen können. Gott, du labest die Elenden mit deinen Gütern.“ Und zwar nicht nur mit leiblichem, auch mit geistlichem Gnadenregen erquickt der Herr die Seinen:

V. 12: „Der Herr gibt das Wort mit großen Scharen Evangelisten.“ Auch hier ist's zwar zunächst leiblich zu verstehen: Der Herr gab ein Siegeslied, Siegesbotinnen dem großen Heere. Der Sinn ist: Der Herr gab seinem Volke den Sieg damals im Lande Kanaan, also dass die Frauen und Jungfrauen Freudenlieder singen konnten. Was die Männer mit dem Schwert errungen, das ward von den Frauen hernach mit Saitenspiel besungen. So sang Mirjam ein Siegeslied nach dem Durchzug durchs rote Meer, Debora nach dem Sieg über Jabin und Sissera; so kam Jephthas Tochter ihrem Vater mit Pauken und Reigengesang entgegen, da er siegreich heimkehrte aus dem Krieg; so sangen Judas Jungfrauen dem jungen Helden David zu: Saul hat tausend geschlagen, David zehntausend. Aber wenn unser Luther hier übersetzt: „Du gibst dein Wort mit großen Scharen Evangelisten“, so dürfen wir wohl auch denken an das größte Siegeslied, an die seligste Freudenbotschaft, welche von den Engeln im Himmel und den Gläubigen auf Erden erschallt allem Volk zur Freude und zum Trost, an das Evangelium von Jesus Christus, dem Heiland der Welt, und dürfen jauchzen: Gottlob, die große Freudenbotschaft vom Heil der Welt wird immer aufs neue wieder von großen Scharen Evangelisten hinausgetragen in die Welt, immer aufs neue wieder auch uns ins Herz gerufen zum Trost und zur Freude.

V. 13: Die Könige der Heere flohen; die Hausfrau teilt die Beute. Da gedenkt David des großen Siegs, als nun unter Josua in einer blutigen Schlacht die Heidenvölker Kanaans in die Flucht geschlagen wurden, und die Hausfrau, d. h. Israel, nun die Beute austeilte, das schöne Land Kanaan von Bersaba bis Dan, vom Berg Nebo bis zum mittelländischen Meer austeilte unter die zwölf Stämme, und sich das Volk nun friedlich lagerte auf den gesegneten Auen, wo Milch und Honig floss. Daher weiter:

V. 14: Wenn ihr zu Felde liegt - eigentlich wenn ihr ruht zwischen euren Grenzsteinen - dann ist's, als ob eine Schar silberweißer Tauben im Sonnenschein mit schimmernden Flügeln sich niederlässt auf grüner Wiese, so lieblich und friedlich lagert sich das Volk Gottes und ruhet unter seinen Feigenbäumen. O möchte auch unser Volk, das durch soviel Sünde zerrüttet, durch soviel Not verstört ist, bald durch Gottes Segen wieder friedlich und harmlos ruhen zwischen seinen Wiesen und Saatfeldern, zwischen seinen Obstgärten und Weinbergen wie eine Taubenschar oder Schafherde, als ein gesegnetes Volk des Herrn! - Seine Feinde aber, möchten sie zu Schanden werden, wie einst:

V. 15: Als der Allmächtige die Könige zerstreute, da fiel es wie Schneeflocken auf Zalmon. Da gedenkt der Sänger an Gideons Sieg über die Midianiter, als der Berg Zalmon von den bleichen Leibern der Erschlagenen wie von Schneeflocken bedeckt lag! Ja der Herr ist Gott und keiner mehr! Das Feld muss er behalten. - Und nun gründet der Herr sich sein Haus auf Zion. Darum preist der Sänger:

3) Den Berg Zion, darauf Gottes Herrlichkeit thront, V. 16-19.

V. 16: Der Berg Gottes ist ein fruchtbarer Berg, ein großes und fruchtbares Gebirge.“ Ja der Berg Zion, ob er wohl nicht zu den höchsten gehört, dennoch hat er Jahrtausende lang alle Berge auf Erden überragt, weil er allein einen Tempel des lebendigen Gottes trug, weil von seinem Gipfel allein heilige Lobopfer emporstiegen dem Schöpfer Himmels und der Erden, weil auf seinen Zinnen Davids Harfe klang und Salomos Friedenszepter regierte.

V. 17: Was blicket ihr scheel, ihr gipfelreichen Berge, du Libanon mit deinen duftenden Zedernwäldern, du Sinai mit deinem kahlen Felsenscheitel, du Berg Olympos, darauf die Griechen ihre Götter träumten, du Brocken mit deinen Eichenwäldern, darauf unsere heidnischen Vorväter ihre Opfer brachten, ihr alle seid in Schatten gestellt durch diesen Berg Zion, da man zuerst dem lebendigen Gott diente, den er würdigte, das Haus zu tragen, da seine Ehre wohnt.

Der Herr bleibt auch immer daselbst. Ob auch Salomos Tempel in Staub zerfallen und Davids Burg zu Schutt geworden ist, das geistliche Zion, die Kirche Christi, ja die bleibt und auch die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.

V. 18: Der Wagen der himmlischen Heerscharen ist tausend mal tausend, unter ihnen thronet der Herr in der Höhe; aber auch auf Erden tut er seine Heiligkeit kund; auf Sinai ist er erschienen und auf Zion hat er sich sein Haus gebaut.

V. 19: „Du bist in die Höhe gefahren und hast das Gefängnis gefangen, du hast Gaben empfangen für die Menschen, auch die Abtrünnigen, dass Gott, der Herr, dennoch daselbst bleiben wird.“ Wohl mochte hier zunächst der Sänger an einen irdischen Triumphzug denken, wie der Gesalbte Gottes siegreich auf die Zionsburg heimkehrte aus dem Streit und man Gefangene hinter ihm herführte und kostbare Beute vor ihm hertrug. Aber im Geiste blickt er zugleich ahnend hinaus auf den größten Triumphzug eines siegreichen Königs, nämlich, wie Paulus es auslegt Eph. 4, auf die Himmelfahrt Christi, da er auffuhr zum himmlischen Zion, von wo er nun königliche Geistesgaben austeilt über sein Volk, ja auch Gaben hat für die Abtrünnigen, und wohin er alle die Seinen nach sich ziehen will, wenn er sie selig um sich versammelt in seinem himmlischen Reich. Da gilt's wohl zu singen:

Der Herr fährt auf gen Himmel mit frohem Jubelton,
Aus dieser Welt Getümmel empor zu seinem Thron;
Lobsingt, lobsingt Gott, lobsingt ihr Nationen
Dem Herrscher aller Thronen, dem Herren Zebaoth.

Du aber, sein Volk, vertrau ihm in alle Zukunft; das ist's, was David preist:

4) Die Hoffnung Israels auf seinen Gott für und für, V. 20-24.

V. 20: „Gelobt sei Gott täglich; er legt eine Last auf, aber er hilft sie auch tragen, Sela.“ Ja wohl, das dürfen die Seinen erfahren, und euch alle rufe ich zum Zeugnis auf: Ist's nicht wahr? kein Tag ohne Plage; gewiss! Aber auch kein Tag ohne die gnädige Durchhilfe des Herrn. Nun so wollen wir nicht murren und nicht klagen; wir wollen auf den Herrn hoffen, der uns nicht versucht über Vermögen und lässt noch immer die Versuchung so ein Ende gewinnen, dass wir's können ertragen.

V. 21: „Wir haben einen Gott, der da hilft, und den Herrn Herrn, der vom Tode errettet.“ O meine Lieben, wenn man nur alle die Durchhilfen erzählen wollte, die wir, die wir hier beisammen sind, erfahren haben von dem Herrn: es gäbe ein großes, ein schönes Buch! Wenn nur wir preisen wollten und könnten, wie oft er uns vom Tode errettet hat: es gäbe einen herrlichen Lobgesang. Darum, Seele, lass ihn walten!

V. 22: „Aber Gott wird den Kopf seiner Feinde zerschmeißen, samt ihrem Haarschädel, die da fortfahren in ihrer Sünde.“

Aber der Gottesvergessnen Tritte
Kehrt er mit starker Hand zurück,
Dass sie nur machen verkehrte Schritte
Und fallen selbst in ihren Strick.
Der Herr ist König ewig;
Zion, dein Gott sorgt stets für dich! Halleluja!

Und wenn sie sich noch so tief versteckten, noch so weit flöhen, des Herrn Hand trifft sie:

V. 23: Von Basan, dem Grenzland im Osten, will ich sie holen und vom mittelländischen Meer im Westen.

V. 24: Du aber, o Israel, wirst triumphieren, d. h. in christliche Sprache übersetzt, mit den Worten Jesu gesagt: Auch die Pforten der Hölle sollen mein Reich nicht überwältigen; und mit den Worten seines Apostels: Ihm müssen sich beugen alle Knie und alle Zungen bekennen, dass Christus der Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters! - Nun von der fernen Zukunft, wohin er prophetisch hinausgeschaut, wendet der Sänger seinen Blick wieder auf das gegenwärtige Siegesfest.

5) V. 25-28 schildert er den Festzug der siegreich heimkehrenden Bundeslade.

V. 25: „Man sieht, Gott, wie du einherziehst, wie du, mein Gott und König, einherziehst im Heiligtum.“ Da lädt er gleichsam auch uns ein, dem festlichen Siegeszug zuzuschauen. Und nun kommen sie nacheinander:

V. 26: Die Sänger, die Spielleute, die Jungfrauen. Nun hört man ihre Chorgesänge:

V. 27. 28: „Lobt Gott, den Herrn, in den Versammlungen, für den Brunnen Israels. Da herrscht unter ihnen der kleine Benjamin, die Fürsten Judas mit ihren Haufen, die Fürsten Sebulons, die Fürsten Naphthalis.“ Hinter der Bundeslade schreiten einher die Stammesfürsten, die Häupter der zwölf Geschlechter Israels: Der Fürst von Benjamin, Sauls Stamm; von Juda, Davids Stamm; diese die zwei südlichsten; dann die zwei nördlichsten Stämme Sebulon und Naphthali werden statt aller andern genannt. So auch im Siegeszug Christi, im Triumphzug des Reichs Gottes sind die Edelsten zu schauen unter allen Stämmen und Völkern und Zeiten. Wie einst dem Herrn Jesu die verschiedenen Stämme seine Apostelfürsten lieferten, Benjamin einen Paulus, Juda einen Jakobus und Johannes, andere Stämme andere Apostel, so müssen ihm auch alle Völker und Zeiten ihre besten Geister liefern zum Dienste seines Reichs: Deutschland einen Luther, Frankreich einen Calvin, England einen Wiklif, Schweden einen Gustav Adolf, Böhmen einen Hus, Italien einen Ambrosius und so fort - und in jedem Volk wieder jeder Stamm sein Kontingent. Gottlob auch unser Schwaben hat seit alter Zeit manchen edlen Zeugen geliefert zu diesem großen Zeugenvolk, zu dieser erhabenen Thronwache unseres Heilands. Darum bei einem solchen Zeugenvolk und einem solchen Herrn und König blicken wir um so getroster hinaus mit dem Psalmisten, hinaus auf:

6) Den endlichen Sieg über alle Feinde des Gottesreichs, V. 29-32.

V. 29: „Dein Gott hat dein Reich aufgerichtet, dasselbe willst du, Gott, uns stärken.“ Ja, Herr, dein Reich komme;

Dieweil ja dein, Herr Jesu Christ,
Die Sach und Ehr, nicht unser ist,
Darum so steh du denen bei,
Die sich auf dich verlassen frei.

Und er tut es; schon sieht der prophetische Sänger im Geist die Könige nahen, um dem Herrn der Herrlichkeit zu huldigen.

V. 30: „Um deines Tempels willen zu Jerusalem werden dir die Könige Geschenke zuführen.“ Das ward erfüllt, als die Könige aus Morgenland dem neugebornen Judenkönig ihre Gaben brachten; das wird noch erfüllt von Jahr zu Jahr, je mehr Völker sich scharen ums geistliche Zion, um die Kirche Jesu Christi. - Da müssen auch die trotzigsten Volksgeister am Ende ihren Nacken beugen so gut als die kleinen:

V. 31: „Schilt das Tier im Rohr, die Rotte der Ochsen unter ihren Kälbern, die da zertreten um Geldes willen. Er zerstreut die Völker, die da gerne kriegen.“ Das Tier im Schilfrohr, der Löwe am Ufer des Euphrat in Mesopotamien und der Stier sind starke Völker, Kälber sind schwache; sie werden sich niederwerfen mit Silberstücken, die sie als Tribut niederlegen.

V. 32: Selbst das mächtige Ägypten wird kommen, das ferne Mohrenland streckt seine Hände aus nach dem Herrn.

Das ward schon erfüllt, wird noch erfüllt, wie die Missionsgeschichte zeigt, und muss einst vollkommen erfüllt werden: Eine Herde und ein Hirt! Darum ertönt der

7) Schlussgesang: Lobt den Herrn, alle Welt!

V. 33: In allen Zungen auf Erden soll noch sein Lob erschallen. V. 34: Im Himmel ist der Thron seiner Herrlichkeit, von da lässt er im Donner seine Stimme hören. V. 35: Aber auch auf Erden hat er sich seinen Wohnsitz gegründet: Israel; das alte Israel war's, das neue Israel ist's, das Volk des neuen Bundes, die Kirche Jesu Christi. V. 36: Da zeigt sich seine Wundermacht, da waltet sein Friedenszepter, da tönt sein Lob von den Gläubigen von Geschlecht zu Geschlecht, wie's einst in der triumphierenden Kirche droben klingt: Gelobt sei Gott! Darum:

Rühmet, ihr Menschen, den hohen Namen\
Des, der so große Wunder tut;
Alles, was Odem hat, rufe Amen
Und lobe Gott mit frohem Mut;
Ihr Kinder Gottes rühmt und preist
Vater und Sohn und heiligen Geist! Halleluja!

Amen.

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