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Frommel, Max - Am Sonntage Judica.

Frommel, Max - Am Sonntage Judica.

Lukas 22, 55-62.

Da zündeten sie ein Feuer an, mitten im Palast, und setzten sich zusammen; und Petrus setzte sich unter sie. Da sah ihn eine Magd sitzen bei dem Licht, und sah eben auf ihn, und sprach zu ihm: Dieser war auch mit ihm. Er aber verleugnete ihn, und sprach: Weib, ich kenne ihn nicht. Und über eine Weile sah ihn ein Anderer, und sprach: Du bist auch deren Einer. Petrus aber sprach: Mensch, ich bin es nicht. Und über eine Weile, bei einer Stunde, bekräftigte es ein Anderer, und sprach: Wahrlich, dieser war auch mit ihm, denn er ist ein Galiläer. Petrus aber sprach: Mensch, ich weiß nicht, was du sagst. Und alsobald, da er noch redete, krähte der Hahn. Und der Herr wandte sich, und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, als er zu ihm gesagt hatte: Ehe denn der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und Petrus ging hinaus, und weinte bitterlich.

Es gehört zu den Tiefen der Passionsgeschichte, dass die Gestalt des Herrn auf dem Hintergrunde der Gestalten um ihn her leuchtet. An der Tür der Passion sehen wir die helle Gestalt der opfernden Maria, wie sie den Herrn salbt mit der köstlichen Narde, und die dunkle Gestalt des murrenden Judas in ihrer Mitte die hehre Gestalt des Herrn. Danach zeigt uns das tiefe Seelenleiden Christi in Gethsemane die Gestalt des ringenden Herrn und der schlafenden Jünger, die Gestalt des leidenswilligen Herrn und der gefangennehmenden Kriegsknechte. Auch im weiteren Verlauf sehen wir lichte Gestalten: das Weib des Pilatus, Simon von Kyrene, die weinenden Töchter Jerusalems, den Jünger Johannes unter dem Kreuz, den Schächer zur Rechten, den frommen Hauptmann unter dem Kreuz, Nikodemus und Joseph am Grab und daneben die dunkeln Gestalten eines Hannas und Kaiphas, eines Herodes und Pilatus, eines Barabbas und eines Schächers zur Linken, bis herab zu den Gestalten seiner Jünger, die ihn verließen, eines Judas, der ihn verrät, und eines Petrus, der ihn verleugnet. Jeder, der dem Herrn begegnet in der Passion, muss Stellung zu ihm nehmen: entweder wird er von seinem Licht beglänzt oder von seinem Licht in dunkle Schatten gestellt. Jedem Einzelnen gegenüber bewährt sich der Herr in eigentümlicher Weise, an jedem bewährt er seine Liebe und seine Hoheit, sein Zeugnis der Wahrheit und seine Seelsorge zur Rettung. Das ist's, was uns so tief ergreift in der Passionsgeschichte: es ist immer ein Stück unserer Sünde, die in den dunklen Gestalten auftritt, und es ist immer unser Herr, der sich ihr gegenüber bewährt als der Heiland. In diesem Sinne und Blick wollen wir auch heute betrachten aus unserm Text

Wir sehen

Die Verleugnung Petri.

Petri Gefahr,
seinen Fall,
seine Prediger,
seine Buße,
seine Absolution.

I.

Petrus war ein treuer Jünger Christi. Hatte er nicht Christum vor den andern Jüngern am hellsten bekannt, also dass der Herr ihn gerade auf Grund seines Bekenntnisses einen Felsenmann genannt und ihm die Schlüssel des Himmelreichs gegeben? Wie kommt denn gerade Petrus dazu, den Herrn dreimal zu verleugnen? Der Herr hatte ihm gesagt: „Für dies Mal kannst du mir nicht folgen,“ und Petrus hatte geantwortet: „Warum sollte ich dir nicht folgen? Wenn sie dich alle verließen, so will doch ich dich nicht verlassen.“ Der Herr hatte gesagt: „In dieser Nacht werdet ihr euch alle ärgern an mir,“ und Petrus hatte geantwortet: „Und wenn sie sich alle ärgerten, so will ich mich nicht an dir ärgern.“ Dies lässt uns einen tiefen Blick in Petri Herz tun. Er fühlt seine Liebe zu Jesu, es klingt in seinem Herzen der Spruch: Mit dir kann ich Kriegsvolk zerschmeißen und mit meinem Gott über die Mauer springen. Ja, mit dir, aber nicht ohne dich. Er vergisst, dass der Herr ihm eben gesagt, dass er in dieser Nacht werde allein stehen, und dass er früher gesagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Das eben muss Petrus in dieser Nacht so schmerzlich inne werden, was er ist ohne Jesum. Und das war eben seine Vermessenheit, dass er ohne Jesum tun wollte und gegen seinen ausdrücklichen Befehl, was ihm doch nur in Gemeinschaft mit Jesu und im Gehorsam seines Wortes möglich war. Petrus hatte innerlich seine Jüngerstellung verlassen, er schrieb die geistlichen Kräfte, die er in sich fühlte, seine Liebe zu Christo, seine Freudigkeit ihm zu folgen, sich selbst zu, und das ist allemal der Anfang des geistlichen Hochmuts, der vor dem Fall kommt und der sich auch darin bei Petrus ausspricht, dass er sich über die andern Jünger erhebt und meint: für die übrigen Apostel könne er freilich nicht einstehen, aber er wolle treu bleiben. Und doch verleugnen die andern Jünger nicht, Petrus dagegen dreimal! Denn wer da glaubt, er sei stärker als die Andern, fällt tiefer als sie. O, meine Lieben, das ist allemal der Anfang der inneren Zerrüttung, wenn wir Gefallen an uns selber haben, wenn wir meinen, dass wir ein gewisses geistliches Kapital besitzen, von dem wir zehren können, als ob wir nicht alle Tage neu holen und borgen müssten. Das führt denn auch in die andere große Gefahr, dass man das Wort Christi, das Wort der Schrift aus den Augen setzt und dass man ohne Gottes Befehl seine eigenen Wege geht, statt zu seufzen: „Herr, lass meinen Gang gewiss sein in deinem Wort!“

Zu dieser inneren Gefahr tritt nun die äußere hinzu. Petrus gerät in eine Gesellschaft, dahinein er durchaus nicht gehört. Was hat er im Palast des Hohenpriesters zu tun! Wie nimmt sich Christi Jünger unter den Knechten und Mägden am Kohlenfeuer aus! Er meint zwar, sie werden ihn nicht kennen, aber sie haben es bald heraus: „Du bist seiner Jünger einer, wir sahen dich im Garten bei ihm, deine Sprache verrät dich.“ Petrus vergisst, dass im jüdischen Konsistorium eine andere Luft weht als in seiner Fischerhütte, und dass es in dem Hof eines Palastes anders ist als in Bethsaida. Wer sich selbst in Gefahr begibt, der kommt darin um; wer Gottes Wege in seinem Berufe geht, dem steht er bei. Während Christus oben im Palast laut bekennt, verleugnet Petrus drunten im Hof dreimal. Wer weiß, oben vor den Hohenpriestern an der Seite Jesu hätte er vielleicht laut bekannt - unten verleugnet er vor einer Magd und vor einem Knecht! Aber wie Mancher mischt sich unberufen in Gesellschaft, die ihm nicht taugt, und hält's noch für Nachfolge Jesu! Wie Mancher, der innerlich erkalten will, drängt sich an das Kohlenfeuer der Welt, um sich zu erwärmen. Mancher sagt Morgens hier im Gottesdienst: Wenn sie dich alle verließen, so will ich dich doch nicht verlassen und Abends sitzt er unter den Knechten und Mägden der Welt und verleugnet seinen Herrn! Und die Welt weiß doch, was sie von uns zu halten hat. Sie sagt doch: Ich sah dich in dem Garten, in der Kirche, an der Bibel bei Jesu, deine Sprache verrät dich.

So trifft die innere Gefahr der Vermessenheit und des geistlichen Hochmuts mit der äußeren Gefahr der unberufenen Wege, des Sichgleichstellens mit der Welt bei Petrus zusammen. Sehen wir nun zu, wie er in dieser Gefahr fällt.

II.

Man sinkt, ehe man fällt. Das sahen wir an Petri Gefahr, das sehen wir wieder an Petri Fall. Denn als ihn die Türhüterin gewahrt und anredet, leugnet er: Ich bin sein Jünger nicht. Als er danach von dem Knecht abermals gefragt wird, tut er einen Schwur dazu; und als er zuletzt nochmals von der Magd als Jünger bezeichnet wird, verflucht er sich und sagt, er wolle keinen Teil an Gott und der Seligkeit haben, wenn er Jesum kenne. Siehe da den schauerlichen Fortschritt der Sünde und des Falles. Erst leugnen, dann schwören, endlich fluchen. Auf die Übertretung des achten Gebots folgt die des zweiten, auf das Ableugnen der Jüngerschaft folgt der Meineid, dass er Jesum gar nicht kenne.

Ja, an Petro sehen wir die Schauerlichkeit des Sinkens und Fallens, sehen wir sie auch an uns? Jede Verleugnung Christi ist eine Sünde, ist ein Fall. Sind keine Petrusleute hier, die an ihre Brust schlagen müssen und bekennen: Auch ich habe den Herrn verleugnet, und nicht nur einmal, sondern oftmals! Wie Mancher schweigt, wenn der Name Christi angegriffen, wenn die Bibel verlacht, wenn der Prediger heruntergerissen, wenn die Sünde beschönigt wird. In manchem Hause wird das Tischgebet unterlassen, wenn Gäste da sind; Andere verleugnen auf Reisen, um ihr Inkognito nicht zu brechen. Denn weil die Welt das Ihre lieb hat, so hat sie bald heraus, wes Geistes Kind Jemand ist, und fährt auch bald heraus und spricht: Du bist auch seiner Jünger einer.

Da erneuen sich dann die Stunden, wo Christus verlassen und verleugnet wird.

Aber wir sagen mehr: So gewiss es wahr ist, jede Verleugnung ist eine schwere Sünde und ein tiefer Fall, so ist ebenso wahr, jede wissentliche Sünde ist eine Verleugnung Christi. Denn gleichwie Israel am Fuße des Sinai versprach: Alles, was der Herr geboten hat, das wollen wir tun, so haben wir in unserer Taufe gelobt, zu entsagen dem Teufel und all seinen Werken und all seinem Wesen, dagegen Jesu Jünger zu sein und ihm nachzufolgen. In der Konfirmation und bei jeder Beichte erneuern wir dies Gelübde. So oft man Einer wissentlich das Gebot Gottes übertritt, so sagt er damit: Ich bin sein Jünger nicht. Und so oft Einer der Welt dient und der Fleischeslust oder Augenlust oder hoffärtigem Wesen sich hingibt, so sagt er damit tatsächlich: Ich kenne Jesum nicht.

Und nun, meine Lieben, fragt euch: Habt ihr Jesum verleugnet? Ich sage: Tausendmal habt ihr es getan in eurem Leben, darum stellt euch nur an Petri Seite und lernet von ihm, wie es zur Buße in uns kommt nach Sünde und Fall.

III.

„Und alsobald, da er noch redete, krähte der Hahn. Und der Herr wandte sich und sah Petrum an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, das er zu ihm gesagt hatte: Ehe denn der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Der Hahnenschrei fuhr Petrus durchs Herz, und die Stimme der vernunftlosen Kreatur ward zur Bußpredigerin für den gefallenen Jünger. gebraucht ja Gott die Kreaturen alle in seiner Hand, dass sie uns zu ihm weisen sollen, und es gibt eine Zeichensprache, die uns oft durch Mark und Bein geht. Wo wäre ein aufgeweckter Christ, der diese Sprache nicht kennte aus seinem Leben, der nie solch Hahnenschrei vernommen? Da ist ein Grab, das predigt von Tod und Ewigkeit, oder ein Grab Solcher, an denen wir Liebe versäumt im Leben, das predigt von unserer Schuld. Da ist ein Mensch, an dem du gesündigt,- -wenn du ihm begegnest, schlägt dir das Herz; da ist ein Ort, an dem du Schande getrieben wenn du daran vorübergehst, steigt dir die Schamröte ins Gesicht; ist dein Herzklopfen und deine Schamröte nicht ein Hahnenschrei? Bileams Eselin muss dem Propheten predigen, und das Erdbeben zu Philippi muss den Kerkermeister erschüttern; wenn die Jünger schweigen, so müssen die Steine schreien, und wenn ein Apostel verleugnet, so muss der Hahn krähen. Es fehlt in der Natur und im Gewissen nicht am durchdringenden Hahnenschrei zur Buße. Und doch hat er seine Bedeutung nur im Zusammenhang mit dem Wort. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, das er zu ihm gesagt hatte: Ehe denn der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Ohne Christi Wort hätten tausend Hähne krähen mögen, Petrus hätte nicht geweint. So aber gedachte er an Christi Wort. Alle Zeichensprache Gottes wird uns nur zum Weckruf, dass wir auf sein Wort merken, auf sein Wort des Gesetzes, das unsere Übertretung straft. Das Gesetz mit seiner heiligen Majestät, das ist die durchforschende, erschütternde Frage: Adam, wo bist du? Petrus, was hast du getan? Im Gesetz deckt uns der heilige Gott unsere Schuld auf, und alles Geschehen soll uns daran erinnern.

Aber freilich, Petrus hatte noch einen andern Prediger im Hof als die Bußpredigt des Hahnes: „Und der Herr wandte sich und sah Petrum an.“ Es sind kurze, aber tiefe Worte, die da stehen, voll stiller, wunderbarer Gewalt: „Da sah Jesus Petrum an, und Petrus ging hinaus“. Was mag das für ein Blick gewesen sein voll Ernst und Schmerz und doch voll Milde und Barmherzigkeit, ein Blick des suchenden Hirten, der seinem verlorenen Schäflein nachgeht, ein Blick des Hohenpriesters, der da gebeten hatte, dass Petri Glaube nicht aufhöre, wenn der Satan ihn sichten würde wie den Weizen. O, dies Auge Jesu voll Erbarmen, das war die Sonne, die dem umdunkelten Petrus aufging in seiner Nacht; dieser Blick war eine unhörbare Antwort auf die Verleugnung, eine durchdringende Stimme: Simon, ich kenne dich; dieser Blick aus Jesu Auge war eine Hand, gereicht auf dem wilden. Meere der Verzweiflung, in welchem Petrus unterzusinken drohte. Wie der Hahnenschrei die Stimme des Gesetzes war, die gegen Petri Sünde schrie, so war der Blick aus Jesu Auge das Evangelium Petri, die frohe Botschaft, dass er noch einen Heiland habe. Dieser Blick erst vollendet, was der Hahnenschrei begonnen, er bricht Petro das Herz. Denn sie gehören beide zusammen: Hahnenschrei und Blick des Herrn, Gesetz und Evangelium, so gewiss Glauben bei der Buße sein muss, wenn es nicht eine Judasbuße, sondern eine Petrusbuße sein soll. Denn es ist auch bei uns der eine werte heilige Geist, der uns durch das Gesetz straft und durch das Evangelium tröstet und tut nicht eins ohne das andere. Denn das ist die rechte, wahre Christenstimmung, das Bewusstsein zu haben von der Gnade Gottes in Christo, aber im Bewusstsein von unserer Sünde; das ist rechter Christenstand, täglich und reichlich Vergebung der Sünde zu haben, aber zu haben bei täglicher Reue und Leid über unsere Sünde, täglich den Hahnenschrei zu hören, der uns Buße predigt, und täglich vor Jesu zu knien und an seinem Auge zu hangen, das uns die Gnade und den Glauben predigt.

IV.

„Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.“ Wiederum so kurze aber tiefe Worte, mit denen Petri Buße uns gemalt wird. Er ging hinaus, überwältigt von Scham, vom Schmerz der Reue, von der Hirtenliebe in dem Blick aus dem Auge Jesu. Einst hatte Petrus auf dem See nach des Herrn Wort sein Net ausgeworfen und den wunderbaren reichen Fischzug getan, und als er blickte auf das Wunder und auf den Herrn, der vor ihm stand, und zugleich auf sich, brach er aus in das Bekenntnis auf den Knien: Herr, gehe hinaus von mir, ich bin ein sündiger Mensch!“ Hier in Kaiphas' Hof, als er blickt auf die Größe seiner Sünde, die er getan, und auf die Größe der Langmut und Erbarmung in Christi Auge da geht er hinaus, hinaus in die dunkle, öde Nacht der Schmerz brennt ihm auf der Seele, dass seine Verleugnung dem Herrn weher getan als der Backenstreich der Kriegsknechte, weher als der Kuss Judä; in ihm schreit das Gewissen, dass er die Gebote Gottes übertreten, ihn überwältigt die Scham, dass er dem Herrn Schande gemacht, dass er Ärgernis gegeben, denn die Knechte und Mägde werden spotten: Das ist ein schöner Prophet und König von Israel mit seinem Häuflein von Fischern und Zöllnern, die ihn alle verlassen der Eine verkauft ihn, und sein erster Jünger verleugnet ihn unter Fluchen und Schwören! O, wenn er's hätte zurücknehmen können, ungeschehen machen können, aber umsonst, er muss fliehen hinaus in die öde, dunkle Nacht doch ein Licht ist ihm geblieben, das ist der Blick aus Jesu Auge, und wenn auch seine Seele schreit: „Meine Sünde ist immer vor mir,“ so ist auch vor ihm wie der Morgenstern der letzte Scheidegruß des Heilandes, der die Sünder annimmt.

Und als er hinausging, da weinte er bitterlich. Der Herr hatte an diesen Felsenmann geschlagen, und der Fels gab Wasser der Tränen aufrichtiger Buße. Es gibt zweierlei Tränen, es gibt Tränen weltlicher Traurigkeit, und deren sind sehr viele auf der Welt, Tränen, da man weint über die Folgen der Sünde, Tränen des Eigensinns und der gekränkten Eitelkeit, Tränen des Weltschmerzes, wie das Lied sagt: „Ich möcht' am liebsten sterben, dann wär's auf einmal still.“ Aber die Traurigkeit dieser Welt, sagt Paulus, wirkt den Tod. Und es gibt Tränen göttlicher Traurigkeit, und deren sind sehr wenige in der Welt, Tränen, da man weint über den Gräuel der Sünde, über die Untreue gegen Jesum, über das eigene trotzige und verzagte Herz, Tränen über die vielen Verleugnungen Christi, gewirkt von einer Reue zur Seligkeit, die Niemand gereuet. Solche Tränen schenke uns der Herr. Die Legende erzählt, Petrus habe auch im späteren Leben jedes Mal geweint, wenn er einen Hahn krähen hörte. Das ist ein schöner, sinniger Zug, denn auch der Christ gedenkt in Reue an seine vorige Sünde, wenn auch vergebene und überwundene Sünde, und wenn Jesu Auge ihn trifft, so füllt sich sein Auge mit Tränen.

V.

„Den Abend lang währt das Weinen, aber des Morgens die Freude.“ Das galt auch bei Petrus. Es waren lange, bange Nächte voll bitteren Weinens, aber am Ostermorgen die Freude, als der Herr seinem Jünger begegnete und ihn grüßte: Friede sei mit dir! Dort am See Tiberias kommt der Herr noch einmal darauf zurück, indem er dreimal den Petrus fragt: „Simon Johanna, hast du mich lieb?“ weil er dreimal ihn verleugnet. Petrus fühlt's und wird traurig, aber dreimal bekennt er, und dreimal bestätigt ihm der Herr sein Amt. Da wird aus dem gefallenen und wiedergefundenen Petrus ein Zeuge Jesu Christi. Am Pfingstfest hält er die gewaltige Predigt vor allem Volk, und kurze Zeit danach sehen wir ihn (Apg. 4) droben im Saal des hohenpriesterlichen Palastes, wie er vor den Obersten Israels den Mund auftut und Jesum so freudig bekennt, also dass „Alle, die ihn hörten, sahen die Freudigkeit Petri und Johannis und wunderten sich, denn sie wussten wohl, dass sie Laien und dass sie mit Jesu gewesen waren.“ Da hieß es nun: Siehe, ich bin seiner Jünger einer, ich war im Garten und allezeit bei Jesu, und meine Sprache verrät mich.

Der Herr aber wirke in uns allen eine heilsame Furcht vor Sicherheit und vor tiefem Fall, er wirke in uns Petri Buße und Petri Glauben, auf dass wir seine Zeugen werden an unserem Ort. Und wenn wir einst in unserer legten Not den Hahnenschrei vernehmen, der uns vor den Richterstuhl Gottes ruft, wenn wir dann unsere Sünde fühlen und so gar nichts, nichts haben, was vor seinem Auge taugt, dann blicke uns Jesu Auge an, wie es Petrum angeblickt, und dieser Blick sei uns die starke Hand, die uns Sinkende durch die Wellen des Todes hindurchträgt zum großen Ostermorgen. Amen.

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autoren/f/frommel_max/frommel_max_-_judica.txt · Zuletzt geändert: von aj
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