Euskerken, Claus van - Aus den Collatien
Dies sind gute Stücke, gesammelt aus den Collatien unsers ehrwürdigen Paters Herrn Claus von Euskerken.
Einander seine Mängel vor das Auge zu bringen, ist das Kennzeichen und die Wohlfahrt der Genossenschaft der Brüder des gemeinsamen Lebens
Unsere alten heiligen Väter, als der selige Herr Peter und Herr Echert, und Herr Peter van Hoerne, die pflegten zu sagen: Die Leute 2), die hatten scharfe Disciplin und andere schwere Pönen3), wenn sie sich vergingen. Wir aber haben nichts als ein Tittlein, das ist die Vermahnung. Darum müssen wir recht treu darin sein. Wenn die Vermahnung auch bei uns vergeht, so wird auch unser Staat vergehen.
Gott hilft denen zur Tugend, die selbst das Ihrige thun wollen.
Unser lieber Herr sagt: Nehmet mein Joch auf euch. Das ist: daß wir unsern Willen hinzuthun müssen zu der Gnade Gottes. Wir allein können nichts Gutes thun, und Gott will es ohne uns nicht thun. Darum soll's ein Joch sein, so müssen's zwei sein, das ist die Gnade Gottes und unser freie Wille.
Die Messe nützt allein Solchen, welche die Tugend eines Christen mit hinbringen.
Desgleichen wär' es gut, daß wir des Abends bei guter Zeit zu Bette gingen und uns müheten, uns selbst zu untersuchen und zu überdenken, und wie wir den Tag zugebracht haben; das würde uns eine große Förderung zur Tugend sein. Und ich dürste zu sagen, diese Zeit ist uns ja so gut, als die Zeit der heiligen Messe. Denn viele Leute hören die Messe, wenn sie in der Todesstunde sind, und die Messe hilft ihnen durchaus nicht. Erst mit der That tugendhaft sein - alsdann kommt das Amt der Messe uns zu statten.
Tugend ist sich selbst Lohns genug.
Und wenn die Tugend keinen andern Lohn hätte, als daß sie hier so großen Frieden den Menschen brächte und eine so gute Conscientie4), so wäre es wohl werth, daß wir nach ihr rängen. Nun aber ist der Lohn unendlich mehr, den wir hernach durch sie haben sollen.
Hölle und Himmel hängt von des Menschen eigener Wahl ab.
Unser liebe Herr hat alle Kreaturen dazu geschaffen, daß sie ihm dienen sollen. Nur dem Menschen allein hat er seinen freien Willen gegeben, so daß sie, wenn sie wollen, ins Himmelreich kommen mögen, und auch, wenn sie wollen, in den Winkel kommen mögen; das ist, wenn sie wollen, zur Hölle fahren mögen.
Gebet und Werke müssen übereinstimmen.
Wir sollen beten aus dem Herzen, mit dem Munde und mit Werken. Wenn die Werke mit dem Herzen und mit dem Munde stimmen, dann ist der einträchtige Klang süß in Gottes Ohren.
Ein andächtiger Augenblick ist besser denn das gedankenlose Gebetplappern eines ganzen Tages.
Ich hätt' es viel lieber, daß ihr euer Herz ein Ave Maria lang zu Gott kehrtet, als daß ihr einen ganzen Tag lang mit dem Munde leset ohne Andacht.
Der Christen ohne wahre Gottesfurcht wartet eine schwerere Strafe als der Juden und Heiden.
Wenn wir äußerlich fasten (fortgehen, uns einschließen) und uns nicht innerlich quälen mit ganzem Herzen, zu unserm lieben Herrn und zur rechten Gottseligkeit zu kommen, sondern bloß denken, wie wir vor den Menschen fortkommen und uns nicht weiter quälen, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Denn alsdann werden wir die ewige Seligkeit nicht erwerben, sondern die ewige Verdammniß Und wir mögen denn auch fasten und uns absondern vor den Menschen, aber unser liebe Herr durchschauet den Sinn, und er wird alsdann ein scharf Urtheil über uns sprechen, deshalb weil wir uns nicht der Frömmigkeit ergeben, sondern die Hölle verdienen, so daß wir viel tiefer in die Hölle kommen werden, als die Heiden oder die Juden.
Betrachtung der Gottseligkeit aus dem Gesichtspunct des Menschenadels.
Wenn wir schlimme Neigung zur Sünde fühlen, oder wenn wir unserer Leidenschaft folgen, uns selbst zu rächen oder in andern sündlichen Dingen, dann sollen wir denken: Ich bin viel zu edel dazu, als daß ich meiner Leidenschaft so folgen sollte.
Gottesfurcht ist besser als Kenntniß.
Eine arme Schwester, die hier gottesfürchtig lebt, wenn Gott einst kommt zu richten, so wird sie weiser und verständiger sein, als alle Doctoren der Welt. Darum, wollen wir dereinst weise und verständig sein, so lasset uns jetzt fromme gute Kinder sein.
Die Einrichtungen der Brüderschaft des gemeinsamen Lebens sind besser als die Selbstpeinigungen der Mönche.
Und es würde uns in keiner Hinsicht so verdienstlich sein, daß wir einen Panzer, oder ein härenes Hemde tragen, oder fasten bei Wasser und Brot, und viel wachen und beten in der Nacht um unsern eigenen Willen, als daß wir unsern Willen lassen und uns unsern guten Einrichtungen und dem Gehorsam ergeben.
Gottesfurcht ist der höchste Adel.
Der ist frei und edel, der frei von Sünden ist und edel von Gottesfurcht; wer eine gute, edele, wohl geordnete Natur hat, und sich zugleich der Gottesfurcht hingiebt, der ist ein edler Mensch. Und wer keine gute Natur hat, aber seiner Natur große Gewalt anthut, und sich kräftig der Gottesfurcht ergiebt, der ist auch ein edler Mensch. Und sie beide werden edel sein im ewigen Leben. Dort sollen alle Menschen hochedel werden. Den Adel nach dem Fleische oder nach der Geburt, den achtet unser lieber Herr nicht. Wer aber edel ist, und reich, und großes Ansehen vor der Welt hat, und dieses hingiebt um Gottes Ehre und seiner Seelen Seligkeit willen, und sich dem Dienste Gottes und der Gerechtigkeit ergiebt, der wird um so viel mehr verdienen, als er mehr hingegeben hat.
Das Festhalten am Guten schützt vor dem Fegefeuer
Er 5) pflegte zu den Schwestern auch oft zu sagen: Wollten sie sich dem Gehorsam ergeben und ihre guten Einrichtungen sorgfältig halten, so wolle er ihnen das ewige Leben verheißen ohne Fegefeuer.
Enthaltung von eitelem Geschwätz vor dem heiligen Abendmahl ist den Frauen besser als Ablaß und Betfahrt nach Rom.
Er 6) verhieß ihnen, sie würden unserm lieben Herrn jedesmal einen angenehmen Dienst thun, wenn sie, wie es sich in der Kirche gehöre, Schweigen beobachteten, wenn sie im Begriffe seien, zum heiligen Abendmahl zu gehen, und es würde für sie selbst viel verdienstlicher sein, als wenn sie in der römischen Fahrt nach Rom zögen und Ablaß von allen ihren Sünden erhielten.
Schwestern mit Gottesfurcht sind besser als mit Geld.
Err 7) hatte eine Schwester, die gutwillig und gehorsam war und sich sagen ließ, und wenn sie auch nicht einen Pfennig hatte, viel lieber, als eine, die hunder Nodel des Jahrs hatte, und nicht so tugendhaft war.
Quelle: Delprat, G.H.M. - Die Brüderschaft des gemeinsamen Lebens