Kirchengeschichte des Eusebius - Buch 7

Kirchengeschichte des Eusebius - Buch 7

Vorwort. Der große Bischof Dionysius von Alexandrien wird mit seinen eigenen Worten auch im siebenten Buche unserer Kirchengeschichte mitwirken. Denn er erwähnt der Reihe nach alle Ereignisse seiner Zeit in den Briefen, die er hinterlassen. Mit ihm will ich die Erzählung beginnen.

1. Als Decius, ohne ganze zwei Jahre regiert zu haben, zugleich mit seinen Söhnen ermordet wurde, folgte Gallus. Um diese Zeit starb Origenes im Alter von 69 Jahren. In einem Briefe an Hermammon äußert sich Dionysius über Gallus also: „Aber auch Gallus erkannte nicht die Schuld des Decius und bedachte nicht, was jenen zu Fall gebracht hatte. Er stieß an denselben Stein an, den er doch hätte sehen müssen. Denn während seine Regierung glücklich war und alles nach Wunsch verlief, verbannte er die heiligen Männer, welche für seinen Frieden und sein Wohlergehen zu Gott beteten. Er verfolgte also mit diesen Männern auch die Gebete, welche für ihn dargebracht wurden.“ Soviel über Gallus.

2. Nachdem Kornelius die bischöfliche Würde in Rom ungefähr drei Jahre innegehabt, wurde Lucius sein Nachfolger, welcher nach einem Dienst von nicht ganz acht Monaten sterbend das Amt Stephanus übertrug. An den letzteren schrieb Dionysius seinen ersten Brief über die Taufe. Es war nämlich damals ein ziemlich heftiger Streit darüber entstanden, ob es notwendig sei, diejenigen, welche von einer Häresie zurückkehren, durch die Taufe zu reinigen. Von früheren Zeiten her hatte nämlich der Brauch bestanden, solchen Leuten nur die Hände aufzulegen und für sie zu beten.

3. Cyprian, der Hirt der Gemeinde Karthago, war unter den damaligen Bischöfen der erste, der glaubte, man dürfe dieselben nur aufnehmen, wenn sie sich zuvor durch die Taufe von ihrem Irrtum gereinigt hätten. Stephanus aber, der meinte, man solle keine Neuerung einführen und nicht in Gegensatz zu althergebrachter Überlieferung treten, war sehr unwillig darüber.

4. Dionysius nun, welcher sich über diese Frage mit Stephanus eingehend in einem Briefe unterhalten, erklärt am Ende, daß nach dem Aufhören der Verfolgung die Kirchen überall die Neuerung des Novatus abgelehnt und miteinander Frieden gemacht hätten. Er schreibt also:

5. „Wisse nun, Bruder, daß alle Kirchen des Orients und noch fernerer Gegenden, die sich dereinst losgesagt hatten, wieder zur Einheit zurückgekehrt sind! Überall sind alle Bischöfe wieder eines Sinnes und freuen sich ungemein über den wider Erwarten eingetretenen Frieden, nämlich: Demetrianus von Antiochien, Theoktist von Cäsarea, Mazabanes von Alia, Marinus, der nach dem Tode von Alexander in Tyrus Bischof wurde, Heliodor von Laodicea, Nachfolger des entschlafenen Thelymidres, Helenus von Tarsus und sämtliche Kirchen Ciliciens sowie Firmilianus und ganz Kappadozien. Um meinen Brief nicht zu lang und meine Rede nicht zu schwerfällig zu machen, habe ich nur die angeseheneren Bischöfe genannt. Ganz Syrien und Arabien, wohin ihr immer Unterstützungen schickt und eben jetzt geschickt habt, Mesopotamien, Pontus und Bithynien, kurz, alle frohlocken überall in Eintracht und Brüderlichkeit, Gott verherrlichend.“ So Dionysius.

Auf Stephanus folgte, nachdem dieser zwei Jahre in seinem Amte gedient hatte, Xystus. An ihn schrieb Dionysius einen zweiten Brief über die Taufe; er teilt darin zugleich die Ansicht und das Urteil des Stephanus und der übrigen Bischöfe mit. Über Stephanus sagt er: „Er hatte seinerzeit bezüglich Helenus, Firmilians und aller Bischöfe Ciliciens, Kappadoziens und ebenso Galatiens sowie sämtlicher daran angrenzender Provinzen geschrieben, daß er mit ihnen keine Gemeinschaft mehr haben wolle aus eben diesem Grunde, weil sie - wie er sagt - die Häretiker wieder taufen. Bedenke doch die Wichtigkeit der Sache! Es sind nämlich, wie ich erfahre, in den ansehnlichsten Versammlungen der Bischöfe tatsächlich Beschlüsse in dieser Sache gefaßt worden, daß die, welche von Häresien herkommen, zuerst den Katechumenenunterricht erhalten und dann von dem Schmutze des alten und unreinen Sauerteiges abgewaschen und gereinigt werden sollten. Über diese ganze Angelegenheit habe ich flehentlich an ihn geschrieben.“

Und nach anderen Sätzen sagt er: „Auch an unsere geliebten Brüder und Mitpresbyter Dionysius und Philemon, welche früher dem Stephanus zugestimmt hatten und welche sich in der gleichen Sache schriftlich an mich wandten, schickte ich zunächst einen kurzen Brief, nunmehr aber ein ausführlicheres Schreiben.“ Soviel über die erwähnte Streitfrage.

6. In dem gleichen Schreiben berichtet Dionysius auch über die sabellianischen Häretiker, welche zu seiner Zeit hervortraten. Er sagt: „In Ptolemais in der Pentapolis wurde in unserer Zeit eine gottlose Lehre verkündet, welche zahlreiche Lästerungen gegen den allmächtigen Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus, viele ungläubige Sätze über seinen eingeborenen Sohn, den Erstgeborenen vor jeder Schöpfung, den Mensch gewordenen Logos, und Unwissenheit bezüglich des Heiligen Geistes enthält. Da von beiden Seiten Erklärungen an mich kamen und Brüder mich aufsuchten, sich mit mir zu besprechen, habe ich hierüber, so gut ich es vermocht, mit Hilfe Gottes zur besseren Belehrung einige aufklärende Briefe geschrieben. Die Abschriften davon schicke ich dir.“

7. In dem dritten Briefe über die Taufe, welchen Dionysius an den römischen Presbyter Philemon geschrieben hat, erzählt er folgendes: „Ich habe mich mit den Schriften und Überlieferungen der Häretiker befaßt. Durch ihre ganz gottlosen Gedanken habe ich wohl für kurze Zeit meine Seele befleckt, aber daraus auch den Vorteil gezogen, daß ich sie für mich widerlegte und sie nun noch viel mehr verabscheue. Ein Bruder aus der Reihe der Presbyter suchte mich von dieser Beschäftigung abzuhalten in der Furcht, ich möchte in den Schmutz ihrer Schlechtigkeit hineingeraten. Und wie ich erfahren mußte, hatte er recht mit der Behauptung, ich würde meiner Seele Schaden zufügen. Da kam ein Gesicht, von Gott gesandt, und bestärkte mich, und eine Stimme erging an mich, die mit klaren Worten befahl: Lies alles, was dir in die Hände kommt; denn du bist fähig, alles zu prüfen und zu beurteilen! Und dies ist dir auch von Anfang an der Anlaß zum Glauben geworden. Ich nahm das Gesicht hin als übereinstimmend mit dem Worte des Apostels, das zu den Stärkeren sagt: Werdet bewährte Geldwechsler! „

Sodann äußert sich Dionysius über alle Häresien und fügt bei: „Von unserem seligen Vater Heraklas habe ich folgende Regel und Norm überkommen. Diejenigen nämlich, welche von den Häresien herüberkamen, obwohl sie von der Kirche abgefallen, besonders aber, wenn sie auch nicht abgefallen, sondern nur angezeigt waren, daß sie äußerlich noch an den Versammlungen teilnehmend, häufig zu einem der Irrlehrer gingen, erklärte er als außerhalb der Kirche stehend. Baten sie um Aufnahme, so gab er nicht eher statt, als bis sie alles, was sie bei den Gegnern gehört, öffentlich bekannt hatten. Hierauf ließ er sie zur Gemeinschaft zu, ohne in ihrem Falle eine zweite Taufe zu verlangen; denn sie hatten schon früher das Heilige von ihm empfangen.“ Nachdem er die Streitfrage ausführlich behandelt, fährt er also fort: „Ich habe auch dies erfahren, daß die afrikanischen Bischöfe jetzt nicht als erste diesen Brauch eingeführt haben, daß vielmehr lange zuvor in den Tagen der uns vorhergehenden Bischöfe in den volkreichsten Kirchen und auf den Synoden der Brüder, zu Ikonium und Synada und noch oft, diese Ansicht vertreten wurde. Ich wagte nicht, ihre Beschlüsse umzustoßen und sie dadurch in Streit und Zank zu verwickeln; denn (die Schrift) sagt: Du sollst nicht die Grenzen deines Nachbarn verrücken, welche deine Väter gesetzt haben.“ Der vierte Brief des Dionysius über die Taufe ist an Dionysius in Rom geschrieben, welcher damals noch die Würde eines Presbyters bekleidete, bald darauf aber das bischöfliche Amt dort übernahm. Aus diesem Briefe kann man ersehen, daß auch dieser nach dem Zeugnis des Dionysius von Alexandrien ein gelehrter und bewunderungswürdiger Mann war. In dem Schreiben erwähnt er nach anderen Bemerkungen den Fall Novatus mit folgenden Worten:

8. „Mit gutem Grunde sind wir über Novatianus erbittert, der die Kirche gespalten, einige Brüder zu Gottlosigkeiten und Gotteslästerungen veranlaßt und über Gott eine ganz unheilige Lehre verbreitet hat, der unseren gütigsten Herrn Jesus Christus als unbarmherzig verleumdet, dazu das heilige Bad verwirft und Glauben und Bekenntnis zerstört, die ihm vorangehen, und den Heiligen Geist völlig aus den Abgefallenen vertreibt, auch wenn noch irgendeine Hoffnung bestand, daß er in ihnen verbleibe oder zu ihnen wieder zurückkehre.“

9. Der fünfte Brief des Dionysius (über die Taufe) ist an den römischen Bischof Xystus geschrieben. Nachdem er in demselben vieles gegen die Häretiker gesagt, erzählt er folgende Geschichte, die sich zu seiner Zeit zugetragen hat:

„Denn in der Tat, Bruder, bedarf ich des Rates, und ich bitte dich um deine Meinung in der folgenden Sache, die mir begegnet, damit ich nicht etwa falsch vorgehe. Unter den Brüdern nämlich, die gottesdienstlich zusammenkommen, lebt ein Mann, der von jeher als Gläubiger gilt und der schon vor meiner Weihe und, wie ich glaube, schon vor der Einsetzung des seligen Heraklas am Gottesdienste teilgenommen. Da er jüngst der Taufhandlung beiwohnte und die Fragen und Antworten mit anhörte, kam er weinend und über sich selbst klagend zu mir, fiel mir zu Füßen und erklärte unter Beteuerungen, die Taufe, welche er bei den Häretikern empfangen habe, sei nicht diese und habe durchaus nichts mit dieser gemein, sie sei nämlich voll Sünde und Lästerung. Und er sagte, seine Seele sei nun völlig niedergeschlagen und er getraue sich die Augen nicht mehr zu Gott zu erheben, da er mit jenen unheiligen Worten und Handlungen (als Christ) begonnen. Deshalb erbat er diese ganz lautere Reinigung und Aufnahme und Gnade. Doch wagte ich es nicht, ihm die Bitte zu gewähren, und erklärte, seine vieljährige Gemeinschaft (mit uns) genüge. Denn da er seit so langer Zeit die Danksagung mit angehört und das Amen mit den Gläubigen gesprochen habe, an den Tisch getreten sei, die Hände zum Empfang der heiligen Speise ausgestreckt, diese entgegengenommen und den Leib und das Blut unseres Herrn genossen habe, könnte ich es nicht mehr wagen, eine bis zum Anfang zurückgreifende Änderung zu treffen. Ich mahnte ihn, guten Mutes zu sein und mit festem Glauben und guter Hoffnung zum Genuß des Heiligen zu gehen. Doch er hört nicht auf, traurig zu sein, und erschaudert davor, an den Tisch (des Herrn) zu treten, und kann nur mit Mühe bewogen werden, an den Gebeten teilzunehmen.“

Außer den erwähnten ist noch ein anderer Brief des Dionysius über die Taufe erhalten. Derselbe ist in seinem und seiner Gemeinde Namen an Xystus und die römische Kirche geschrieben. In demselben stellt er eine weitläufige Untersuchung über die vorliegende Streitfrage an. Ferner wird noch ein Brief von ihm an Dionysius in Rom überliefert; derselbe handelt über Lukian. Hierüber soviel.

10. Gallus und seine Mitregenten wurden, nachdem sie kaum zwei Jahre die Herrschaft innegehabt, aus dem Wege geräumt. Sein Nachfolger in der Herrschaft wurde Valerianus und dessen Sohn Gallienus. Wie Dionysius über diesen Herrscher urteilt, läßt sich aus seinem Briefe an Hermammon ersehen, worin er also berichtet:

„Ebenso ist dem Johannes geoffenbart worden: Es wurde ihm - heißt es - ein Mund gegeben, zu reden große Dinge und Lästerungen, und es wurde ihm gegeben die Herrschaft und 42 Monate. In der Geschichte des Valerianus muß man sich über das eine wie über das andere wundern, insbesondere aber die Art und Weise seines früheren Verhaltens ins Auge fassen, wie gütig und freundlich er gegen die Männer Gottes war. Denn keiner der früheren Kaiser war gegen sie so wohlwollend und loyal, auch jene nicht, die offen Christen gewesen sein sollen. Valerianus begegnete ihnen, wie man wußte, am Anfange (seiner Regierung) sehr vertrauensvoll und freundlich; sein ganzes Haus war voll von Gläubigen, es war eine Gemeinde Gottes. Der Lehrer und oberste Führer der ägyptischen Magier aber überredete ihn, sich davon loszusagen, und hieß ihn die reinen und heiligen Männer töten und verfolgen. Denn diese bekämpften und verhinderten ihre gar schmutzigen und abscheulichen Beschwörungen. Es gibt und gab nämlich Christen, welche die Kraft haben, durch ihre Gegenwart und ihren Blick und durch bloßes Anhauchen und ein Wort die Pläne der frevelhaften Dämonen zu vereiteln. Dafür riet er Valerianus, unreine Weihungen, unsaubere Zaubereien und Gott mißfällige Opfer vorzunehmen, Unglückliche Kinder zu schlachten, Kinder bedauernswerter Eltern zu opfern, die Eingeweide Neugeborener zu durchforschen, die Gebilde Gottes zu zerschneiden und zu zerhacken, als ob das ihnen Glück bringen sollte.“

Dionysius fährt also fort: „Makrianus hat also den Dämonen herrliche Dankopfer um der erhofften Regierung willen dargebracht. Obwohl er früher der Gesamtabrechnung der kaiserlichen Finanzen vorgestanden haben soll, dachte er weder vernünftig noch an die Gesamtheit. Er war dem Fluche des Propheten verfallen, der sagt: Wehe denen, die nach ihrem Herzen prophezeien und nicht auf das allgemeine Wohl achten! Er hatte keinen Begriff von der allgemeinen Vorsehung und achtete nicht auf das Gericht dessen, der vor allem und in allem und über allem ist. Daher wurde er auch zum Feinde seiner katholischen Kirche, entfremdete und entfernte sich von der göttlichen Barmherzigkeit und ging seiner eigenen Rettung möglichst weit aus dem Wege, hierin seinem Namen Ehre machend.

Weiter unten sagt Dionysius also: „Valerianus ließ sich von diesem Menschen zu solchen Taten verführen. Dadurch setzte er sich dem Hohn und dem Spotte aus gemäß dem an Isaias gerichteten Worte: Und diese erwählten sich ihre Wege und ihre Greuel, wie ihre Seele sie wollte. Und ich werde erwählen ihr spottend Tun und Vergeltung üben an ihren Sünden. Makrianus strebte in toller Gier nach der Herrschaft, deren er nicht würdig war. Und da er seinem verkrüppelten Körper den kaiserlichen Purpur nicht umlegen konnte, schob er seine zwei Söhne vor, welche damit die Sünden des Vaters übernahmen. An ihnen erfüllte sich deutlich die Prophezeiung Gottes: Vergeltend die Sünden der Väter an den Kindern bis auf das dritte und vierte Geschlecht bei denen, die mich hassen. Denn indem er die eigenen bösen Wünsche, die sich ihm nicht erfüllten, auf das Haupt seiner Söhne legte, übertrug er auf sie zugleich seine eigene Schlechtigkeit und seinen Gotteshaß.“

11. Über Valerianus berichtet Dionysius soviel. Was Dionysius in der zu seiner Zeit aufs heftigste wütenden Verfolgung mit andern wegen seines Glaubens an den Gott des Alls erduldet, mögen seine eigenen Worte kundtun, welche er an Germanus, einen damaligen Bischof, der ihn zu verunglimpfen suchte, richtete und worin er sich also äußert:

„Ich laufe tatsächlich Gefahr, in große Torheit und Unverständigkeit zu fallen, wenn ich notgezwungen über unsere wunderbare Führung durch Gott berichte. Doch da es heißt: Es ist gut, das Geheimnis des Königs zu bewahren, rühmlich aber, die Taten Gottes zu offenbaren, so will ich dem Angriffe des Germanus offen begegnen. Ich kam vor Amilianus, nicht allein, sondern es folgten mir Maximus - Presbyter wie ich - und die Diakonen Faustus, Eusebius und Chäremon. Auch trat mit uns ein einer der römischen Brüder, welche sich bei uns aufhielten. Nicht aber sagte mir Amilianus in erster Linie: Halte keine Versammlungen ab! Denn das zu sagen, erschien ihm nebensächlich und als das Letzte, ihm, der auf das Erste ging. Es war bei ihm nicht davon die Rede, daß wir andere nicht versammeln sollten, sondern davon, daß wir selber überhaupt nicht Christen sein dürften. Und so befahl er uns, vom Christentum zu lassen, und meinte, daß, wenn ich davon abfiele, die andern mir folgen würden. Ich gab eine Antwort, die nicht ungebührlich war und mit dem Satze sich berührte: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen. Ich bekannte offen und frei, daß ich den einen Gott verehre und sonst keinen und daß ich von ihm nicht lassen und nie aufhören werde, Christ zu sein. Darauf verwies er uns in ein in der Nähe der Wüste gelegenes Dorf, namens Kephro. Doch vernehmet die Worte selbst, die von beiden Seiten gesprochen und zu Protokoll genommen worden sind!

Nachdem Dionysius, Faustus, Maximus, Marcellus und Chäremon vorgeführt waren, erklärte der Statthalter Amilianus: Und mündlich habe ich zu euch gesprochen über die Güte unserer Herrscher gegen euch. Sie haben euer Wohl in eure eigenen Hände gelegt. Ihr braucht euch nur an das Naturgemäße zu halten und die Götter anzubeten, die ihr Reich behüten, dem Naturwidrigen aber zu entsagen. Was habt ihr darauf zu erwidern? Ich kann nämlich nicht annehmen, daß ihr gegen die Güte der Herrscher undankbar sein werdet, da sie euch zum Besseren nötigen.

Dionysius erwiderte: Es beten nicht alle Menschen alle Götter an, sondern jeder gewisse, die er als solche anerkennt. Wir verehren und beten an den einen Gott und Schöpfer des Alls, der den gottgeliebtesten Kaisern Valerianus und Gallienus die Herrschaft gegeben hat. Ihn bitten wir auch ununterbrochen, daß ihre Herrschaft unerschüttert bleibe.

Der Statthalter Amilianus sprach zu ihnen: Wer hindert euch denn, mit den Göttern, die es von Natur aus sind, auch diesen anzubeten, sofern er ein Gott ist? Man hat euch ja nur den Befehl gegeben, Götter zu verehren, und zwar Götter, die alle kennen.

Dionysius antwortete: Wir beten keinen anderen Gott an.

Der Statthalter Amilianus erklärte ihnen: Ich sehe, daß ihr undankbar und zugleich unempfindlich gegenüber der Güte unserer Kaiser seid. Daher werdet ihr nicht in dieser Stadt verbleiben. Ihr werdet in die Gegenden Libyens, und zwar nach dem Orte Kephro geschickt werden. Denn diesen Ort habe ich entsprechend dem Befehle unserer Kaiser ausgewählt. Auf keinen Fall soll es euch oder sonst jemand erlaubt sein, Versammlungen zu veranstalten oder die sog. Zömeterien zu besuchen. Sollte es sich aber zeigen, daß einer nicht an den von mir angewiesenen Ort gegangen, oder sollte er in einer Versammlung angetroffen werden, dann wird er sich selbst in Gefahr stürzen. Denn an der notwendigen Strenge soll es nicht fehlen. Gehet also, wohin euch befohlen!

Und obwohl ich krank war, verlangte er sofortige Abreise, ohne mir auch nur einen einzigen Tag Aufschub zu gönnen. Wie hätte ich also noch Zeit gehabt, zu überlegen, ob ich Versammlungen halten soll oder nicht?“

Weiter unten sagt Dionysius also: „Gleichwohl haben wir es mit Hilfe des Herrn nicht unterlassen, offen Versammlungen zu veranstalten. Mit großem Eifer rief ich die Christen der Stadt zusammen, wie wenn ich dort gewesen wäre. Körperlich war ich zwar, wie es heißt, abwesend, geistig aber war ich dabei. Auch in Kephro hielt sich bei uns eine große Gemeinde von Brüdern auf, die teils aus der Stadt gefolgt, teils aus Ägypten sich angeschlossen. Auch hier öffnete uns Gott eine Tür, das Wort zu verkünden“. Anfangs allerdings wurden wir verfolgt und mit Steinen beworfen, später aber verließen nicht wenige von den Heiden ihre Götzen und bekehrten sich zu Gott. Wir waren damals die ersten, die das Wort in sie säten, von dem sie zuvor nichts gehört hatten. Es war, als hätte uns Gott gerade deswegen zu ihnen geführt; denn nachdem wir diesen Dienst vollendet, Führte er uns wieder von dannen. Amilianus hatte nämlich, wie es schien, beschlossen, uns in recht rauhe und echt libysche Gegenden zu versetzen. Sämtliche verwies er so in die Landschaft Mareotis und bestimmte für jeden einen Flecken in dem Gebiete. Uns aber versetzte er mehr an die Landstraße, um uns zunächst fassen zu können. Denn offenbar richtete er es so ein, daß er, sobald er uns ergreifen wollte, alle leicht in seine Gewalt bekäme. Als ich den Befehl erhielt, nach Kephro zu gehen, fügte ich mich wohlgemut und in Ruhe, obwohl ich die Lage des Ortes nicht kannte, ja kaum den Namen desselben früher gehört hatte. Als mir aber gemeldet ward, daß ich in das Gebiet von Kolluthion übersiedeln solle - ich muß mich hier selbst anklagen -, so wissen die, welche bei mir gewesen, wie mir zumute war. Zuerst war ich niedergedrückt und sehr ungehalten. Denn wenn uns auch die Gegenden bekannter und vertrauter waren, so ermangelte der Bezirk, wie man berichtete, der Brüder und rechtschaffener Menschen und war der Belästigung durch die Landstreicher und räuberischen Überfällen ausgesetzt. Doch erfuhr ich Trost, da die Brüder mich daran erinnerten, daß der Ort viel näher bei der Stadt läge und daß, so sehr Kephro durch den lebhaften Verkehr mit den Brüdern aus Ägypten uns eine gar mächtige kirchliche Tätigkeit ermöglichte, wir in Kolluthion doch zufolge seiner Stadtnähe öfter den Anblick der wahrhaft geliebten und sehr vertrauten und befreundeten Menschen genießen würden. Diese würden kommen und sich erquicken, und wie in entlegeneren Vororten würden der Reihe nach Versammlungen stattfinden. Und so geschah es auch.“

Und nach anderem schreibt Dionysius über seine Erlebnisse also: „Germanus rühmt sich seiner vielen Bekenntnisse. Allerdings vermag er vieles zu berichten, was ihm widerfahren ist. Wie vieles könnte er aber von uns aufzählen! Er könnte berichten von Verurteilungen, Konfiskationen, Ächtungen, Güterberaubungen, Ehrenverlusten, von Geringschätzung weltlicher Ehren und Verachtung, von Auszeichnungen seitens der Statthalter und des Senates und im Gegensatz dazu vom Ertragen von Drohungen, Beschimpfungen, Gefahren, Verfolgungen, Irrsalen, Bedrängnissen und mannigfacher Kränkungen. Solche Leiden widerfuhren mir unter Decius und Sabinus und widerfahren mir noch jetzt unter Amilianus. Wo aber war Germanus zu sehen? Wer sprach von ihm? Doch will ich von der großen Torheit lassen, in die ich mich des Germanus wegen gestürzt habe, und stelle darum die Erzählung der Einzelheiten den Brüdern anheim, die davon wissen.“

In dem Briefe an Dometius und Didymus gedenkt unser Dionysius der Verfolgung mit diesen Worten: „Es ist überflüssig, die Unsrigen namentlich aufzuzählen; denn ihrer sind viele, und zudem kennt ihr sie nicht. Nur sollt ihr wissen, daß Männer und Weiber, Jünglinge und Greise, Mädchen und alte Frauen, Soldaten und Bürger, jedes Geschlecht und jedes Alter, die einen durch Geißeln und Feuer, die andern durch das Schwert, den siegreichen Kampf gekämpft und die Kronen erlangt haben. Für andere freilich reichte auch eine sehr lange Zeit nicht hin, daß sie würdig erschienen, vom Herrn angenommen zu werden. Zu diesen scheine bis heute ich zu gehören. Er, der sagt: Zu einer Zeit, die mir genehm ist, höre ich auf dich, und am Tage des Heiles helfe ich dir, hat mich nämlich auf die ihm bekannte und gemäße Zeit aufbewahrt. Da ihr denn nach unserer Lage euch erkundigt und über unser Befinden Aufschluß wünscht, so habt ihr gewiß vernommen, daß uns - mich, Gaius, Faustus, Petrus und Paulus -, als wir von einem Hauptmann und von Beamten und ihren Soldaten und Dienern gefangen abgeführt wurden, herzugekommene Mareoter gegen unseren Willen und ohne daß wir folgen wollten, mit Gewalt abfingen und wegschleppten. Ich, Gaius und Petrus sind nunmehr, von den anderen Brüdern verwaist, allein an einem einsamen und öden Orte Libyens eingeschlossen, drei Tagereisen von Parätorium entfernt.“

Bald darauf fährt Dionysius fort: „Um die Brüder unbemerkt zu besuchen, haben sich die Presbyter Maximus, Dioskur, Demetrius und Lucius in der Stadt verborgen, ebenso die Diakonen Faustus, Eusebius und Chäremon, welche die auf der Insel gestorbenen Brüder allein noch überlebt haben, während die bei der Welt allzu bekannten Presbyter Faustinus und Aquilas in Ägypten umherirren. Dem Eusebius hatte Gott von Anfang an die Kraft und die Befähigung gegeben, den eingekerkerten Bekennern unerschrocken beizustehen und ohne Rücksicht auf die Gefahren die Leichname der siegreichen und seligen Märtyrer zu bestatten. Denn der Statthalter steht bis jetzt nicht davon ab, die vorgeführten, wie ich schon sagte, teils grausam hinzurichten, teils durch Foltern zu zerreißen oder in Kerkern und Ketten verschmachten zu lassen. Und er gibt seine Weisungen, daß niemand sie besuche, und forscht genau nach, ob nicht jemand sich bei ihnen zeige. Dennoch tröstet Gott die Heimgesuchten durch die Bereitwilligkeit und Ausdauer der Brüder.“

So schreibt Dionysius. Es ist noch zu bemerken, daß Eusebius, den Dionysius als Diakon bezeichnete, bald darauf Bischof von Laodicea in Syrien wurde, Maximus aber, von dem er damals als Presbyter sprach, sogleich nach Dionysius den Dienst an den Brüdern in Alexandrien übernahm, und Faustus, der sich mit ihm seinerzeit durch Bekennermut ausgezeichnet, noch bis in unsere Verfolgung herein lebte und in unseren Tagen sehr alt und hochbetagt durch Enthauptung den Märtyrertod starb. Soviel über die Geschicke des Dionysius in jener Zeit.

12. Wahrend der in Rede stehenden valerianischen Verfolgung wurden zu Cäsarea in Palästina drei Männer wegen ihres rühmlichen Bekenntnisses zu Christus mit herrlichem Martyrium gekrönt. Sie wurden wilden Tieren zum Fraße vorgeworfen. Der eine von ihnen hieß Priskus, der andere Malchus, der dritte hatte den Namen Alexander. Sie wohnten auf dem Lande und machten sich zuerst, wie es heißt, Vorwürfe ob ihrer Sorglosigkeit und Trägheit, daß sie sich, anstatt eilig nach der Krone des Martyriums zu greifen, in keiner Weise um die Kampfpreise kümmerten, welche die Zeit denen schenkte, die sich nach dem Himmel sehnten. Nachdem sie darüber Rat gehalten, gingen sie nach Cäsarea, traten vor den Richter und fanden das genannte Ende. Außer diesen Männern hat, wie man berichtet, in derselben Verfolgung und in derselben Stadt noch eine Frau den gleichen Kampf gekämpft. Wie erzählt wird, gehörte sie der Sekte Marcions an.

13. Nicht lange nachher geriet Valerianus in die Knechtschaft der Barbaren, und sein Sohn wurde Alleinherrscher. Seine Regierung war besonnener. Er stellte sofort durch Edikte die Verfolgung gegen uns ein und verordnete in einem Reskripte, daß die Vorsteher des Wortes ihren gewohnten Verpflichtungen frei nachgehen könnten. Dasselbe lautet also: „Der Kaiser Cäsar Publius Licinius Gallienus der Fromme, Glückliche, Erlauchte an Dionysius, Pinnas, Demetrius und die übrigen Bischöfe. Ich habe Befehl gegeben, daß die Wohltat meines Gnadenerlasses über die ganze Welt sich erstrecken solle. Demzufolge sind die geweihten Stätten wieder zurückzugeben, und möget auch ihr euch der Verordnung meines Reskriptes erfreuen, so daß euch niemand weiter belästige. Das, was euch darnach zu tun frei verstattet ist, ward von mir schon vor geraumer Zeit in Huld verfügt. Darum wird auch Aurelius Quirinius, der Großschatzmeister, über die von mir erlassene Verordnung sorgsam wachen.“ Dieser Erlaß sei, der besseren Verständlichkeit wegen aus der römischen Sprache übersetzt, hier eingefügt. Noch eine andere Verordnung desselben Kaisers ist überliefert. Er hatte sie an die übrigen Bischöfe gerichtet und darin gestattet, die sog. Zömeterien wieder in Besitz zu nehmen.

14. Damals wurde die römische Kirche noch von Xystus geleitet, die antiochenische nach Fabius von Demetrianus, die Kirche zu Cäsarea in Kappadozien von Firmilianus, die Kirchen des Pontus von Gregorius und dessen Bruder Athenodor, Schülern des Origenes. Zu Cäsarea in Palästina übernahm nach dem Tode des Theoktistes Domnus das bischöfliche Amt. Dieser lebte nicht lange, und es folgte auf ihn unser Zeitgenosse Theoteknus. Auch dieser kam aus der Schule des Origenes. In Jerusalem erhielt nach dem Hingang des Mazabanes Hymenäus den bischöflichen Stuhl. Auch er war unser Zeitgenosse und stand lange Jahre in hohem Ansehen.

15. Während damals die Kirchen überall Frieden hatten, wurde zu Cäsarea in Palästina Marinus, ein mit militärischen Würden bekleideter, durch Geburt und Reichtum angesehener Mann, wegen seines Bekenntnisses zu Christus enthauptet. Der Anlaß dazu war folgender: Es gibt bei den Römern eine gewisse Auszeichnung, die Weinrebe. Wer sie besitzt, sagt man, werde Hauptmann. Da eine Stelle frei war, sollte Marinus infolge des Ranges, den er einnahm, auf sie befördert werden. Als er schon daran war, die Würde zu erlangen, trat ein anderer Bewerber vor den Richterstuhl mit der Beschuldigung, Marinus dürfe nach den alten Gesetzen das römische Amt nicht übernehmen, da er Christ sei und den Kaisern nicht opfere. Vielmehr gebühre ihm die Stelle. Auf diese Vorstellung hin fragte der Richter Achäus den Marinus zunächst nach seiner Überzeugung. Als er sah, daß derselbe auf seinem christlichen Bekenntnisse verharrte, gab er ihm drei Stunden Bedenkzeit. Beim Verlassen des Gerichtshofes nahm ihn nun Theoteknus, der dortige Bischof, beiseite, besprach sich mit ihm und Führte ihn an der Hand in die Kirche. Dort ließ er ihn unmittelbar vor das Heilige treten, schlug seinen Mantel etwas zurück, wies auf das Schwert, mit dem er umgürtet war, und zugleich auf das Buch der heiligen Evangelien, das er gegenüberlegte, und befahl ihm, zwischen beiden frei zu wählen. Ohne Besinnen streckte Marinus seine Rechte aus und griff nach der Heiligen Schrift. Theoteknus aber sprach zu ihm: „Halte nun fest an Gott, halte fest! Und von ihm gestärkt, mögest du erlangen, was du erwählt! Gehe in Frieden!“ Kaum hatte Marinus die Kirche verlassen, rief ihn ein Herold laut vor Gericht; denn die Frist war abgelaufen. Vor dem Richter bekannte er mit noch größerem Mute seinen Glauben, worauf er sofort so, wie er war, auf den Richtplatz abgeführt wurde und zu seiner Vollendung kam.

16. Dabei erwarb sich auch Astyrius wegen seines gottgeliebten Freimutes einen Namen. Ein Mann aus dem römischen Senatorenstande, genoß er bei den Kaisern Ansehen und war wegen seiner edlen Abkunft und seines Reichtums allgemein berühmt. Er war bei der Vollendung des Märtyrers zugegen, nahm die sterbliche Hülle auf seine Schulter, wickelte sie in glänzende und kostbare Gewänder und bestattete sie unter reichlichstem Aufwand in gebührendem Grabmale. Freunde dieses Mannes, die noch heute leben, wissen von ihm noch tausend andere Dinge zu erzählen. Darunter auch die folgende wundersame Geschichte.

17. Zu Cäsarea Philippi, das die Phönizier Paneas nennen, werden am Abhange des so genannten Paneionberges die Quellen gezeigt, aus denen der Jordan entspringt. Hier wird - so berichtet man - an einem bestimmten Festtage ein Opfertier hineingeworfen, das durch die Wirkung des Dämons auf seltsame Weise verschwindet. Die Anwesenden erblicken hierin ein ganz besonderes Wunder. Als nun Astyrius einmal bei diesem Vorgang zugegen war und sah, wie die Menge über die Erscheinung staunte, empfand er Mitleid mit ihrem Irrtum, schaute auf zum Himmel und flehte durch Christus zu dem, der da ist Gott über alles, daß er den das Volk täuschenden Dämon überführe und ihn vom Betrug der Menschen abhalte. Auf dieses Gebet hin, so erzählen sie, kam das Opfertier sofort an die Oberfläche der Quellen. Damit hörte für sie die seltsame Erscheinung auf, und es fand kein Wunder mehr an dem Orte statt.

18. Da ich diese Stadt erwähnt habe, halte ich es nicht für gut, eine Erzählung zu übergehen, welche auch für die Nachwelt wissenswert ist. Das blutflüssige Weib nämlich, von dem wir aus den heiligen Evangelien wissen, daß es durch unseren Heiland von seiner Krankheit befreit wurde, soll aus Cäsarea Philippi gekommen sein. Auch zeige man daselbst sein Haus und seien noch kostbare Denkzeichen an das Wunder vorhanden, das der Heiland an ihm gewirkt hatte. Auf hohem Steine vor dem Tore des Hauses, in dem das Weib gewohnt, stehe die eherne Statue einer Frau, die, auf ein Knie gebeugt, gleich einer Betenden die Hände nach vorne ausstrecke. Ihr gegenüber befinde sich aus demselben Metalle die stehende Figur eines Mannes, der, hübsch mit einem doppelten Obergewand umkleidet, die Hand nach der Frau ausstrecke. Zu den Füßen des Mannes wachse an der Säule eine seltsame Pflanze, welche bis an den Saum des ehernen Mantels hinaufreiche und ein Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten sei. Diese Statue soll das Bild Jesu sein. Sie ist noch heute erhalten; wir haben sie mit eigenen Augen gesehen, als wir in jener Stadt weilten. Man braucht sich nicht darüber zu wundern, daß die Heiden, denen unser Erlöser seinerzeit Wohltaten erwiesen hat, ihm solche Denkmäler errichteten. Denn wir haben auch die Bilder seiner Apostel Paulus und Petrus und sogar das Bild Christi selbst in Farben gemalt gesehen. War es doch zu erwarten, daß die Alten sie als ihre Retter ohne Überlegung gemäß ihrer heidnischen Gewohnheit auf solche Weise zu ehren pflegten.

19. Der Bischofsthron des Jakobus, der als erster vom Herrn und den Aposteln das Bischofsamt der Kirche von Jerusalem erhielt und der, wie die göttlichen Bücher lehren, Bruder Christi genannt wurde, ist noch heute erhalten und wird von den Brüdern dort ständig verehrt. Damit bekunden sie allen deutlich die Ehrfurcht, welche sie schon in alter Zeit und noch jetzt gegen die heiligen Männer wegen ihrer Frömmigkeit hegten und hegen. Soviel hierüber.

20. Außer den erwähnten Briefen verfaßte Dionysius damals auch die noch vorhandenen Festbriefe. In denselben hält er feierliche Ansprachen über das Osterfest. Einen davon richtete er an Flavius, einen anderen an Dometius und Didymus. Im letzteren gibt er auch einen Osterkanon für acht Jahre bekannt und verordnet, daß das Osterfest nur nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche gefeiert werden solle. Außerdem schrieb er auch noch einen Brief an seine Mitpriester in Alexandrien und verschiedene Briefe an andere Personen, und zwar noch während der Verfolgung.

21. Kaum grüßte der Friede, da kehrte Dionysius wieder nach Alexandrien zurück. Doch als daselbst von neuem Aufstand und Krieg ausbrach und es ihm unmöglich wurde, mit allen Brüdern in der Stadt als Bischof zu verkehren, da sich diese teils der einen, teils der anderen Partei angeschlossen hatten, wandte er sich wiederum am Osterfeste in einem Schreiben an sie, und zwar wie einer, der in der Fremde weilt, obwohl er in Alexandrien selbst schrieb. In einem anderen Festbrief, den er später an Hierax, einen ägyptischen Bischof, richtete, erwähnt er den damaligen Aufstand in Alexandrien mit folgenden Worten:

„Wenn es mich schon große Mühe kostet, mit mir selbst zu reden und mit meiner eigenen Seele zu Rate zu gehen, kann man sich da wundern, daß mir der Verkehr mit den Fernerwohnenden, und sei es auch durch Briefe, Schwierigkeiten macht? Selbst mit meinem eigenen Herzen, den Brüdern, die mit mir im gleichen Hause wohnen und meine Gesinnung teilen, und mit den Angehörigen der gleichen Kirche kann ich nur brieflich verkehren, und es fällt mir schwer, ihnen die Briefe zuzustellen. Denn leichter wäre es, ins Ausland, ja selbst vom Morgenland ins Abendland zu gelangen, als von Alexandrien nach Alexandrien zu kommen. Die Straße in der Mitte der Stadt ist noch öder und ungangbarer, als es die weite, weglose Wüste gewesen, welche Israel in zwei Generationen durchwandert hat. Und die stillen und ruhigen Häfen gleichen dem Meere, das, sich spaltend und wie von Mauern zurückgehalten, den Israeliten zwar bequemer Weg war, die Ägypter aber, sobald sie den Pfad betreten, in seinen Fluten versenkte. Erscheinen sie doch oft infolge der darin verübten Morde wie ein rotes Meer. Der Fluß aber, der an der Stadt vorbeifließt, erschien bald trockener als die wasserlose Wüste und öder als die Wildnis, bei deren Durchwanderung Israel so sehr Durst gelitten, daß es gegen Moses murrte, und daß der, welcher allein Wunder zu wirken vermag, ihnen aus schroffem Felsen Trank entströmen ließ. Bald wiederum schwoll er so sehr an, daß er das ganze umliegende Land, Wege und Felder, überschwemmte und die Wasserfluten der noachischen Zeit zu bringen drohte. In seinem Lauf ist er stets mit Blut, mit Ermordeten und Ertrunkenen beschmutzt, so wie er einst unter der Hand des Moses für Pharao geworden, da er zu Blut ward und stank. Und wo gäbe es ein anderes Wasser, das da reinigte das Wasser, das alles reinigt? Wie vermöchte der weite, für Menschen unermeßliche Ozean, wenn er sich darüber ergießen würde, dieses bittere Meer (des Elends) wegzuschwemmen? Oder wie könnte der große Strom, der aus Eden fließt, selbst wenn er die vier Quellflüsse, in die er geteilt, zu dem einen Gihon einigte, das Mordblut abwaschen? Oder wann wird die von den überall aufsteigenden schlechten Dünsten getrübte Luft klar werden? Die Dämpfe der Erde, die Winde des Meeres, die Dünste der Flüsse und die Nebel der Häfen sind der Art, daß der Tau Blutwasser ist, da in allen Stoffen, aus denen er entsteht, Leichen faulen. Und da wundert man sich und fragt, woher die andauernde Pest, die schweren Krankheiten, die verschiedenartigen Seuchen, das mannigfaltige und häufige Sterben der Menschen kommen und warum die so große Stadt, einschließlich der kleinen Kinder und der ältesten Greise, an Einwohnern nicht mehr die Zahl derer aufweist, die sie vormals als das sog. beginnende Alter 2 verpflegte. Dieser Vierzig- bis Siebzigjährigen waren seinerzeit so viele, daß ihre Ziffer heute nicht mehr erreicht würde, selbst wenn man die Leute vom vierzehnten bis zum achtzigsten Lebensjahre in das Verzeichnis der öffentlich Verpflegten eintrüge und mitzählte. Und die dem Aussehen nach Jüngsten sind gleichsam Altersgenossen der betagtesten Greise von einst geworden. Obwohl sie sehen, daß das Menschengeschlecht auf der Erde so ständig abnimmt und aufgerieben wird, erzittern sie nicht ob der immer mehr um sich greifenden völligen Vernichtung“.

22. Da dem Kriege eine pestartige Krankheit folgte und das Osterfest nahe war, wandte sich Dionysius abermals in einem Schreiben an die Brüder. Darin schildert er die Leiden der unheilvollen Zeit also:

„Den Nichtchristen dürfte die gegenwärtige Lage nicht als Festzeit erscheinen. Indessen ist es für sie weder diese noch irgendeine andere Zeit in besonderem Maße, mag sie nun traurig sein oder als außerordentlich freudig gelten. Jetzt ist alles voll Klagen. Alle trauern, und Wehegeschrei hallt wider in der Stadt wegen der Menge der Toten und derer, die noch täglich sterben. Wie bezüglich der Erstgeburt der Ägypter geschrieben steht, so erhob sich auch jetzt ein großes Geschrei; denn kein Haus ist, in dem nicht ein Toter wäre. Und wenn es doch nur ein Toter wäre! Denn viel Schreckliches haben wir zuvor schon erlitten. Zunächst hat man uns vertrieben, und nur wir wurden von allen verfolgt und dem Tode ausgeliefert. Aber gleichwohl begingen wir auch damals unser Fest. Jeder Ort, wo einer zu leiden hatte, ein Feld, eine Wüste, ein Schiff, eine Herberge, ein Gefängnis, wurde für uns zum Festplatz. Das allerfröhlichste Fest aber feierten die vollendeten Märtyrer, die zum himmlischen Mahle geladen wurden. Nach der Verfolgung kamen Krieg und Hunger, die wir gemeinsam mit den Heiden zu tragen hatten. Allein trugen wir all die Schmach, die sie uns zufügten, aber auch an dem, was sie sich selbst gegenseitig antaten und litten, hatten wir Anteil. Dann freuten wir uns wiederum des Friedens Christi, den er uns allein gegeben. Aber sehr kurz war die uns und ihnen gegönnte Ruhepause. Es brach die gegenwärtige Krankheit aus. Für die Heiden ist sie ein Unglück, das alle Schrecken und jede Drangsal übertrifft und, wie einer ihrer eigenen Schriftsteller erklärte, das einzige ist, was furchtbarer sich einstellte, als wir alle voraussehen konnten. Für uns jedoch ist sie kein solches Unglück, für uns bedeutet sie vielmehr Erziehung und Prüfung gleich den früheren Drangsalen. Wenn auch die Krankheit uns nicht verschonte, aber ihr ganzer Schrecken zeigte sich doch bei den Heiden.“

Darauf fährt Dionysius also fort: „Da die meisten unserer Brüder in übermäßiger Liebe und Freundlichkeit sich selbst nicht schonten und aneinander hingen, furchtlos sich der Kranken annahmen, sie sorgfältig pflegten und ihnen in Christus dienten starben sie gleich diesen freudigst dahin, angesteckt vom Leide anderer, die Krankheit der Mitmenschen sich zuziehend, freiwillig ihre Schmerzen übernehmend. Viele mußten sogar, nachdem sie die Kranken gepflegt und wiederhergestellt hatten, selber sterben, den Tod, der jenen bestimmt war, auf sich selber übertragend. Da handelten sie tatsächlich nach der beim Volke üblichen, stets nur als Höflichkeitsform angesehenen Redensart: weggehend als ihr Auswurf. Auf solche Weise schieden aus dem Leben die Tüchtigsten unserer Brüder, Presbyter, Diakonen und Laien. Sie genießen so hohe Ehre, daß ihr Sterben, das durch ihre große Frömmigkeit und ihren starken Glauben veranlaßt ward, in keiner Weise hinter dem Tode der Märtyrer zurückzustehen scheint. Weil sie die Leiber der Heiligen auf ihre Arme und ihren Schoß nahmen, ihnen die Augen zudrückten und den Mund schlossen, sie auf die Schulter luden und unter herzlichen Umarmungen nach Waschung und Bekleidung bestatteten, erfuhren sie kurz darauf dieselben Dienstleistungen, wobei die überlebenden stets an Stelle derer traten, die vorausgegangen. Ganz anders war es bei den Heiden. Sie stießen die, welche anfingen krank zu werden, von sich, flohen vor ihren Teuersten, warfen sie halbtot auf die Straße und ließen die Toten unbeerdigt wie Schmutz liegen. So suchten sie der Verbreitung des Todes und der Gemeinschaft mit ihm zu entgehen, was jedoch trotz aller Bemühungen nicht leicht war.“

Nach diesem Briefe schickte Dionysius, nachdem der Friede hergestellt war in der Stadt, an die Brüder Ägyptens wiederum ein Festschreiben und verfaßte außer diesem noch andere Briefe. Vorhanden ist auch noch ein Schreiben über den Sabbat und ein anderes über die Erziehung. In einem weiteren Briefe an Hermammon und an die Brüder in Ägypten erzählt er vieles über die Schlechtigkeit des Decius und seiner Nachfolger und gedenkt des Friedens unter Gallienus.

23. Es ist das beste, seine eigenen Worte hierüber zu vernehmen. Sie lauten also: „Jener nun, der den einen seiner Kaiser verraten, den andern bekriegt, ging schnell mit seiner ganzen Familie völlig zugrunde. Gallienus aber, alter und neuer Kaiser zugleich, da er vor wie nach jenen regierte, wurde einstimmig ausgerufen und anerkannt. An ihm erfüllte sich das Wort, das zum Propheten Isaias gesprochen ward: Siehe, was von Anfang an war, ist gekommen, und neu ist, was nunmehr aufgehen wird Gleichwie die Wolke unter Strahlen der Sonne hinzieht und diese auf einige Zeit verdeckt und verdunkelt und an ihrer Stelle erscheint, dann aber, wenn die Wolke vorbeigezogen ist und sich aufgelöst hat, die Sonne, die schon zuvor aufgegangen, von neuem aufgeht und scheint, so stellte und drängte sich Makrianus vor die bestehende Herrschaft des Gallienus. Er aber ist nicht mehr Kaiser, ist es doch überhaupt nie gewesen. Jener aber ist es, gleichwie er es vordem war. Da das Reich gleichsam das Alter abgelegt und sich von dem früheren sündhaften Zustand gereinigt, blüht es nunmehr jugendfrisch auf, wird weithin gesehen und gehört und breitet sich überallhin aus.“

Hierauf gibt Dionysius auch die Zeit an, da er dies geschrieben, und zwar mit folgenden Worten: „Ich muß nun die Aufmerksamkeit wieder auf die Tage der kaiserlichen Jahre lenken. Während ich sehe, daß die ganz und gar Gottlosen, selbst wenn sie sich einen Namen gemacht, gar bald wieder diesen Namen verloren haben, hat unser frommer und gottgefälliger Kaiser das siebte Regierungsjahr überschritten und vollendet nun ein neuntes Jahr, in dem wir das Fest feiern wollen.“

24. Außer all den erwähnten Schriften verfaßte Dionysius noch zwei Bücher „Über die Verheißungen“. Sie wurden durch Nepos veranlaßt, einen Bischof Ägyptens, welcher lehrte, man müsse die in der göttlichen Schrift den Heiligen gegebenen Verheißungen mehr nach jüdischer Art auslegen, und behauptete, es würden tausend Jahre sinnlicher Freude auf dieser Erde kommen. Da Nepos glaubte, er könne seine eigene Ansicht aus der Apokalypse des Johannes beweisen, schrieb er hierüber eine Abhandlung, welche er „Widerlegung der Allegoristen“ betitelte. Gegen diese tritt Dionysius in den Büchern „Über die Verheißungen“ auf. Im ersten Buche legt er seine eigene Anschauung über die Lehre dar, im zweiten Buche handelt er von der Apokalypse des Johannes. Hier gedenkt er zu Beginn des Nepos und schreibt über ihn also:

„Sie tragen eine Schrift des Nepos vor sich her und berufen sich allzu gerne auf sie, da sie unwiderleglich dartue, daß das Reich Christi auf Erden sein werde. In vielen anderen Dingen halte ich es mit Nepos, und ich schätze ihn wegen seines Glaubens, seines Fleißes, seiner Beschäftigung mit der Schrift und seiner zahlreichen geistlichen Lieder, an welchen noch jetzt viele Brüder große Freude haben. Und ich hege gegen den Mann um so tiefere Ehrfurcht, als er bereits zur Ruhe eingegangen. Doch über alles wert und teuer ist mir die Wahrheit. Neidlos muß man loben und billigen, was richtig gesprochen ist, dagegen untersuchen und berichtigen, was in einer Schrift unrichtig zu sein scheint. Wäre Nepos persönlich zugegen und würde er seine Meinung nur mündlich vortragen, so genügte wohl eine ungeschriebene Unterredung, welche durch Frage und Antwort die Parteien überzeugte und einigte. Da er jedoch eine Schrift veröffentlichte, welche manchen sehr überzeugend erscheint, und da manche Lehrer das Gesetz und die Propheten verachten, den Evangelien nicht folgen wollen und die Briefe der Apostel geringschätzen, den Inhalt dieses Buches aber als großes und verborgenes Geheimnis verkünden und nicht zulassen, daß unsere in Einfalt lebenden Brüder eine würdige und erhabene Auffassung haben von der herrlichen und wahrhaft göttlichen Epiphanie unseres Herrn, von unserer Auferstehung von den Toten sowie von unserer Versammlung zu ihm und der Verähnlichung mit ihm, sie vielmehr überreden, im Reiche Gottes kleine, vergängliche, irdische Freuden zu erwarten, so ist es notwendig, uns mit unserem Bruder Nepos auseinanderzusetzen, wie wenn er vor uns stünde.“

Nach anderm fährt Dionysius also fort: „Da sich in Arsinoe, wie du weißt, seit langem diese Lehre in einer Weise verbreitete, daß ganze Kirchen schismatisch und abtrünnig wurden, so ging ich dorthin, versammelte die Priester und Lehrer der Brüder in den Dörfern und drang in sie - auch die Brüder konnten teilnehmen, soweit sie wollten -, öffentlich eine Prüfung der Frage anzustellen. Da mir das erwähnte Buch als unbezwingbare Waffe und Mauer vorgehalten wurde, setzte ich mich mit ihnen drei Tage nacheinander vom Morgen bis zum Abend zusammen und versuchte richtigzustellen, was darin geschrieben war. Ich mußte mich dabei über die Ruhe, die Wahrheitsliebe, die Gelehrigkeit und die Einsicht der Brüder außerordentlich wundern. In Ordnung und Sanftmut entwickelten wir die Fragen, die sich erhebenden Zweifel und die Punkte, worin Übereinstimmung herrschte. Wir vermieden es, hartnäckig und streitsüchtig an einer einmal gewonnenen Ansicht festzuhalten, wenn sie sich als nicht richtig erwies. Einwänden gingen wir nicht aus dem Wege. Soweit wie möglich suchten wir uns auf vorgelegte Fragen einzulassen und sie klarzustellen. Nicht schämten wir uns, wenn es die vernünftige Überlegung erforderte, unsere Meinung zu ändern und (den anderen) beizustimmen. Aufrichtig und ehrlich nahmen wir, das Herz zu Gott offen, das an, was auf Grund der Beweise und Lehren der Heiligen Schrift festgelegt wurde. Korakion, der die Lehre eingeführt und ihr Hauptvertreter war, bekannte schließlich und schwur uns vor allen anwesenden Brüdern, daß er, von den Gegengründen genügend überzeugt, ihr weiter nicht mehr anhängen, nicht mehr darüber disputieren und sie nicht mehr erwähnen und lehren werde. Von den übrigen Brüdern freuten sich die einen über die Übereinkunft und den Anschluß an die Gesamtheit und die Einigung…

25. Über die Apokalypse des Johannes sagt sodann Dionysius das Folgende: „Einige unserer Vorfahren haben das Buch verworfen und ganz und gar abgelehnt. Sie beanstandeten Kapitel für Kapitel und erklärten, daß der Schrift Sinn und Zusammenhang fehle und daß der Titel falsch sei. Sie behaupten nämlich, dieselbe stamme nicht von Johannes und sei überhaupt keine Offenbarung, da sie in den so dichten Schleier der Unverständlichkeit gehüllt sei. Der Verfasser dieser Schrift sei kein Apostel, ja überhaupt kein Heiliger und kein Glied der Kirche, sondern Cerinth, der auch die nach ihm benannte cerinthische Sekte gestiftet und der seiner Fälschung einen glaubwürdigen Namen geben wollte. Denn das sei eben der Inhalt seiner Lehre, daß das Reich Christi ein irdisches sein werde. Und wonach er selbst, der in seinen Leib verliebt und ganz fleischlich gesinnt war, verlangte, darin würde - so träumte er - das Reich Christi bestehen, d. i. in der Befriedigung des Magens und der noch tiefer gelegenen Organe, also in Speise und Trank und ehelichen Genüssen und - wodurch er zur Erfüllung dieser Wünsche unter besser klingenden Namen zu kommen glaubte - in Festen, Opfern und Schlachtungen von Opfertieren. Ich aber möchte nicht wagen, das Buch zu verwerfen; denn viele Brüder halten große Stücke auf dasselbe. Ich möchte vielmehr glauben, daß das Urteil über die Schrift sich meiner Vernunft entzieht. Ich vermute nämlich, daß die einzelnen Sätze einen verborgenen und ganz wunderbaren Sinn in sich schließen. Wenn ich die Worte auch nicht verstehe, so ahne ich doch, daß ein tieferer Sinn in denselben liege. Ich messe und beurteile sie nicht nach meiner eigenen Klugheit, lege vielmehr dem Glauben ein höheres Gewicht bei und halte die Worte für zu erhaben, als daß sie von mir begriffen werden könnten. Und ich verwerfe nicht, was ich nicht erfaßt, bewundere es im Gegenteil um so mehr, eben weil ich es nicht begriffen.“

Nachdem Dionysius sodann das ganze Buch der Offenbarung geprüft und nachgewiesen hat, daß sie nicht nach dem geläufigen Wortsinn aufgefaßt werden könne, fährt er also fort: „Am Ende der ganzen Weissagung - wie man sagen kann - preist der Prophet sowohl diejenigen selig, welche dieselbe bewahren, als auch sich selber. Selig - heißt es - ist, wer die Worte der Weissagung dieses Buches bewahrt, und ich, Johannes, der dies sah und hörte. Daß nun der Mann Johannes heiße und daß die Schrift von einem Johannes verfaßt sei, will ich nicht bestreiten. Denn ich gebe zu, daß sie das Werk eines heiligen und gotterleuchteten Mannes ist. Nicht jedoch möchte ich ohne weiteres zugestehen, daß dieser Johannes der Apostel sei, der Sohn des Zebedäus, der Bruder des Jakobus, von welchem das Evangelium nach Johannes und der katholische Brief stammen. Aus dem Charakter jenes und dieser Bücher, aus der Art der Sprache und dem, was man die Durchführung des Buches nennt, schließe ich auf eine Verschiedenheit der Verfasser. Der Evangelist fügt nämlich nirgends seinen Namen bei und nennt sich weder im Evangelium noch im Briefe.“

Sodann fährt Dionysius also fort: „Johannes aber nirgendwo, weder in der ersten noch in der dritten Person. Der Verfasser der Apokalypse aber setzt gleich an den Anfang seinen Namen: Offenbarung Jesu Christi, welche er ihm gegeben hat, um sie schnell seinen Dienern zu zeigen. Und er machte kund und sandte durch seinen Engel Botschaft seinem Diener Johannes, der von dem Worte Gottes Zeugnis gab und von seinem Zeugnis, wie vieles er sah. Hierauf schreibt er einen Brief: Johannes an die sieben Kirchen in Asien: Gnade euch und Friede! Der Evangelist jedoch hat nicht einmal an den Anfang seines katholischen Briefes seinen Namen geschrieben, sondern einfach mit dem Geheimnisse der göttlichen Offenbarung selbst begonnen: Was von Anfang an war, was wir gehört, was wir mit unsren Augen gesehen haben. Gemeint ist jene Offenbarung, um derentwillen auch der Herr den Petrus selig gepriesen mit den Worten: Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas; denn nicht Fleisch und Blut hat es dir geoffenbart, sondern mein himmlischer Vater. Aber auch in dem sog. zweiten und dritten Johannesbriefe, so kurz sie sind, steht der Name Johannes nicht an der Spitze; ohne Nennung eines Namens heißt es nur der Presbyter. Dem Verfasser der Apokalypse aber genügte es keineswegs, sich nur einmal am Anfang seines Berichtes zu nennen. Er wiederholt: Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse in der Trübsal und im Reiche und in der Geduld Jesu war auf der Insel, welche Patmos heißt, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen. Und am Ende sprach er so: Selig, wer die Worte der Weissagung dieses Buches bewahrt, und ich, Johannes, der dies sah und hörte.

Daß es ein Johannes war, der diese Worte schrieb, muß man ihm glauben, weil er es sagt. Welcher Johannes es aber war, ist nicht bekannt. Denn er bezeichnete sich nicht, wie es oft im Evangelium heißt, als den Jünger, den der Herr liebte, oder als den, der an seiner Brust geruht, oder als den Bruder des Jakobus, oder als den, der den Herrn mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört. Eine dieser Bezeichnungen hätte er sich wohl beigelegt, wenn er sich deutlich hätte zu erkennen geben wollen. Doch gebraucht er keine davon. Nur unsern Bruder und Genossen nennt er sich und den Zeugen Jesu und einen, der selig ist, da er die Offenbarungen gesehen und gehört. Nach meiner Meinung trugen viele Männer den Namen des Apostels Johannes. Aus Liebe zu ihm, aus Bewunderung und Nacheiferung und im Verlangen, gleich ihm vom Herrn geliebt zu werden, haben sie den gleichen Namen liebgewonnen, wie denn auch der Name Paulus und der Name Petrus häufig bei Kindern der Gläubigen vorkommt. Es wird nun auch ein anderer Johannes mit dem Beinamen Markus in der Apostelgeschichte erwähnt; ihn hatten Barnabas und Paulus mit sich genommen, und von ihm heißt es: Sie hatten auch an Johannes Unterstützung. Nicht möchte ich aber behaupten, daß dieser der Verfasser der Apokalypse sei. Denn es steht nicht geschrieben, daß Johannes Markus mit den Genannten nach Asien gekommen, sondern es heißt: Paulus und seine Gefährten fuhren von Paphos ab und kamen nach Perge in Pamphylien; Johannes aber trennte sich von ihnen und kehrte nach Jerusalem zurück. Ich glaube, daß irgendein anderer von denen, die in Asien weilten, der Verfasser der Apokalypse war, da man auch sagt, in Ephesus seien zwei Gräber gewesen, und jedes davon heiße Johannesgrab.

Auch aus den Gedanken und Worten und deren Anordnung wird man mit Recht entnehmen, daß dieser Schriftsteller gegenüber jenem eine andere Person ist. Das Evangelium und der Brief nämlich stimmen miteinander überein und beginnen auf gleiche Weise. Dort heißt es: Am Anfange war das Wort; hier: Was von Anfang an war. Dort heißt es: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, eine Herrlichkeit wie des Eingeborenen vom Vater; hier heißt es mit geringer Veränderung: Was wir gehört, was wir mit unsern Augen gesehen, was wir geschaut und unsere Hände betastet haben vom Worte des Lebens - und das Leben hat sich geoffenbart. Diese Worte schickt er voraus, da er, wie er im Folgenden zeigt, gegen jene sich wendet, die behaupteten, der Herr wäre nicht im Fleische erschienen. Daher fügte er vorsorglich noch bei: Und was wir gesehen haben, bezeugen wir und verkünden euch das ewige Leben, welches beim Vater war und uns geoffenbart wurde; was wir gesehen und gehört haben, verkünden wir auch euch. Johannes bleibt sich treu und weicht nicht von dem Ziele ab, das er sich gesteckt. Überall dieselben Grundgedanken und Ausdrücke. Einige davon wollen wir in Kürze anführen.

Wer aufmerksam liest, wird in beiden Schriften häufig die Worte finden: das Leben, das Licht, Abkehr von der Finsternis; fortwährend die Wahrheit, die Gnade, die Freude, das Fleisch und das Blut des Herrn, das Gericht, die Vergebung der Sünden, die Liebe Gottes zu uns, das Gebot, daß wir einander lieben sollen, daß man alle Gebote beobachten müsse, die Überführung der Welt, des Teufels, des Antichrist, die Verheißung des Heiligen Geistes, die Annahme zu Söhnen Gottes, den von uns allen geforderten Glauben, den Vater und den Sohn allenthalben. Wer so, mit einem Worte, alles nach Eigentümlichkeiten durchprüft, wird am Evangelium und am Briefe eine und dieselbe Färbung erkennen.

Völlig anderer und fremder Art ist gegenüber diesen Schriften die Apokalypse. Es fehlt jede Verbindung und Verwandtschaft. Ja sie hat sozusagen kaum eine Silbe damit gemein. Auch enthält weder der Brief - vom Evangelium nickt zu reden - irgendeine Erwähnung oder einen Gedanken der Apokalypse noch die Apokalypse vom Briefe, während doch Paulus in seinen Briefen auf die ihm gewordenen Offenbarungen anspielt, die er nicht in eigener Schrift aufgezeichnet. Weiterhin läßt sich auch aus dem Stile die Verschiedenheit des Evangeliums und des Briefes gegenüber der Apokalypse feststellen. Jene nämlich sind nicht nur in fehlerlosem Griechisch geschrieben, sondern mit höchster Gewandtheit des Ausdrucks, in der Redeweise, Gedankenentwicklung und Satzverbindung; man wird kaum einen barbarischen Laut oder einen Verstoß gegen die Sprache oder überhaupt ein gewöhnliches Wort darin finden. Denn ihr Verfasser besaß, wie es scheint, beide Gaben - beide ein Geschenk des Herrn -, die Gabe der Erkenntnis und des Stiles. Zwar bestreite ich nicht, daß jener andere Offenbarungen geschaut, Erkenntnis und Prophetengabe empfangen hat. Doch ich sehe, daß seine Rede und Sprache nicht rein griechisch sind und daß er barbarische Wendungen und gelegentlich auch Verstöße gegen die Sprache hat. Diese hier herauszusuchen, erachte ich nicht für notwendig. Niemand möge indes glauben, daß ich dies im Spott sagte. Ich wollte nur die Ungleichheit dieser Schriften dartun.“

26. Außer diesen sind noch mehrere andere Briefe des Dionysius überliefert. So die gegen Sabellius an den Bischof Ammon von Berenike, der Brief an Telesphorus, der an Euphranor und ein weiterer an Ammon und Euporus Über denselben Gegenstand verfaßte er auch vier andere Schriften, die er an den gleichnamigen Dionysius in Rom richtete Außerdem sind uns von ihm noch mehrere Briefe und in Briefform abgefaßte umfangreiche Bücher erhalten, wie die „Über die Natur“, welche er seinem Sohne Timotheus gewidmet, und das Buch „Über die Versuchungen“, das er ebenfalls Euphranor zugeeignet. Überdies sagt er in einem Schreiben an Basilides, den Bischof der Gemeinden in der Pentapolis, daß er über den Anfang des Ekklesiastes eine Erklärung geschrieben habe. Dazu hat er uns noch verschiedene Briefe an Basilides hinterlassen Soviel über Dionysius. Nachdem wir aber über diese Dinge Bericht erstattet, laßt uns nunmehr der Nachwelt auch die Geschichte unseres Zeitalters zur Kenntnis bringen.

27. Nachdem Xystus die römische Kirche elf Jahre regiert hatte, folgte ihm Dionysius, ein Namensvetter des Bischofs von Alexandrien. Um diese Zeit übernahm auch nach dem Tode des Demetrianus Paulus von Samosata das Bischofsamt in Antiochien. Da dieser niedrige und unwürdige Anschauungen über Christus hatte und im Gegensatz zur kirchlichen Lehre behauptete, er sei seiner Natur nach ein gewöhnlicher Mensch gewesen, wurde Dionysius von Alexandrien zu einer Synode eingeladen. Doch erschien er wegen seines hohen Alters und seiner körperlichen Gebrechlichkeit nicht persönlich und setzte seine Anschauung über die Frage in einem Briefe auseinander. Alle übrigen Hirten der Kirchen aber eilten von allen Seiten nach Antiochien und traten gegen den Verwüster der Herde Christi zusammen.

28. Die hervorragendsten unter ihnen waren Firmilianus, Bischof von Cäsarea in Kappadozien, die Brüder Gregor und Athenodor, die Hirten der Gemeinden im Pontus, ferner Helenus, Bischof von Tarsus, und Nikomas, Bischof von Ikonium, aber auch Hymenäus, Bischof der Kirche von Jerusalem, und Theoteknus, Bischof des Jerusalem benachbarten Cäsarea, dazu Maximus, welcher in ausgezeichneter Weise die Brüder in Bostra leitete. Ohne Mühe könnte man noch unzählige andere Bischöfe aufzählen, welche sich zusammen mit Presbytern und Diakonen zu gleichem Zwecke in der erwähnten Stadt versammelten. Die Genannten aber waren die berühmtesten unter ihnen. Alle traten nun häufig und zu verschiedenen Zeitpunkten zusammen. Bei jeder Tagung wurden lebhaft Sätze und Fragen erörtert. Und während der Samosatener und seine Anhänger das Irrige in ihrer Lehre noch verborgen zu halten und zu verschleiern suchten, waren sie eifrig bemüht, seine Häresie und Lästerung gegen Christus zu enthüllen und offen ans Licht zu stellen. Um diese Zeit starb Dionysius. Es war im zwölften Jahre der Regierung des Gallienus. Siebzehn Jahre war er Bischof der Kirche von Alexandrien gewesen. Sein Nachfolger wurde Maximus. Nachdem Gallienus Fünfzehn volle Jahre die Herrschaft innegehabt hatte, folgte ihm Claudius. Dieser überließ nach zwei Jahren die Regierung dem Aurelianus.

29. Unter ihm versammelten sich sehr viele Bischöfe zu einer letzten Synode, auf welcher das Haupt der antiochenischen Häresie, entlarvt und klar und einhellig wegen Ketzerei verurteilt, aus der katholischen Kirche, soweit sie sich unter dem Himmel ausbreitet, ausgeschlossen wurde. Der ihn und sein Versteckspiel am gründlichsten zur Rechenschaft zog und restlos widerlegte, war Malchion, ein vielseitig gebildeter Mann, der einer Rhetorenschule vorstand, die zu den griechischen Bildungsstätten Antiochiens gehört, aber auch wegen der hervorragenden Lauterkeit seines Glaubens an Christus des priesterlichen Amtes in der dortigen Gemeinde gewürdigt ward. Dieser hatte mit ihm eine Disputation geführt, welche von Schnellschreibern mitgeschrieben wurde und, wie wir wissen, noch heute erhalten ist. Er allein unter ihnen allen war imstande, den heimtückischen und betrügerischen Menschen zu entlarven.

30. Die versammelten Hirten verfaßten nach gemeinsamem Beschluß einen Brief an die Adresse des Dionysius, des Bischofs von Rom, und des Maximus, des Bischofs von Alexandrien, und sandten ihn an alle Provinzen. Sie geben darin aller Welt Kenntnis von ihrer Tätigkeit und erstatten Bericht über die verkehrte und falsche Lehre des Paulus, über die Beweise, die sie geführt, und die Fragen, die sie an ihn gerichtet, und über das ganze Leben und den Charakter des Mannes. Es dürfte sich empfehlen, daraus die folgenden Worte für die Nachwelt hier anzuführen.

„Dem Dionysius und Maximus und allen unseren Mitdienern auf dem Erdkreise, den Bischöfen und Presbytern und Diakonen, und der ganzen katholischen Kirche unter dem Himmel, den geliebten Brüdern, wünschen Helenus, Hymenäus, Theophilus, Theoteknus, Maximus, Proklus, Nikomas, Alianus, Paulus, Bolanus, Protogenus, Hierax, Eutychius, Theodor, Malchion, Lucius und alle die übrigen, die mit uns in den benachbarten Städten und Provinzen wohnen, Bischöfe, Presbyter und Diakonen, und die Kirchen Gottes Freude im Herrn.“

Kurz hernach fahren sie also fort: „Wir schickten Einladungsschreiben auch an viele fernwohnende Bischöfe, daß sie kämen und heilend Hand anlegten der todbringenden Lehre, so auch an Dionysius von Alexandrien und Firmilianus aus Kappadozien, beide seligen Andenkens. Der erstere richtete ein Schreiben nach Antiochien, wobei er aber den Urheber des Irrtums weder des Grußes würdigte noch das Schriftstück an seine Person, sondern an die Gesamtgemeinde schickte. Eine Abschrift davon legen wir bei. Firmilianus dagegen, der sich zweimal eingefunden, verurteilte seine Neuerung, wie wir, die dabei waren, wissen und bezeugen, und mit uns viele andere. Da aber Paulus Umkehr versprach, ließ er sich damit hinhalten im Glauben und in der Hoffnung, daß nun die Sache ohne Lästerung gegen das Wort in Ordnung käme. Doch war er von dem, der auch seinen Herrn und Gott verleugnete und den Glauben, den er dereinst hatte, nicht bewahrte, getäuscht worden. Und so wollte Firmilianus, nachdem er seiner gottesleugnerischen Bosheit innegeworden, abermals nach Antiochien kommen und hatte bereits Tarsus erreicht. Allein, während wir schon versammelt waren und nach ihm riefen und auf sein Erscheinen warteten, ereilte ihn der Tod.“

Kurz hernach schildern sie die Lebensführung des Paulus also: „Da er von der Glaubensregel abgefallen und zu falschen und unechten Lehren übergegangen, so steht er außerhalb (der Kirche) und ist es nicht unsere Pflicht, über seine Handlungen ein Urteil zu fällen noch darüber, daß er, der früher arm und unbemittelt war und weder von den Vätern ein Vermögen ererbt noch sich durch ein Handwerk oder irgendwelche Beschäftigung etwas erworben, nunmehr zu übermäßigem Reichtum gelangt ist durch gesetzwidrige Taten und Kirchenraub und gewaltsame Forderungen gegenüber den Brüdern. Denen, die Unrecht erlitten, spielt er sich als Anwalt auf und verspricht gegen Bezahlung Hilfe. Aber er belügt auch sie und zieht, ohne etwas zu erreichen, Nutzen aus der Bereitwilligkeit der Leute, die, in Prozesse verwickelt, gerne geben, um ihre Dränger loszuwerden, Gottseligkeit für einen Erwerb erachtend

Auch brauchen wir nicht darüber zu urteilen, daß er nach Hohem trachtet und aufgeblasen ist, weltliche Ehrenstellen bekleidet und lieber Ducenarius sich nennen läßt als Bischof, stolz auf den Marktplätzen einherschreitet, öffentlich im Gehen Briefe liest und diktiert, von zahlreichem Gefolge umgeben, das ihm teils vorangeht, teils nachfolgt, so daß unser Glaube wegen seines Dünkels und Hochmuts scheel angesehen und gehaßt wird; nicht über seine Gaukeleien auf kirchlichen Versammlungen, die er, nach Ehren haschend und in eitlem Drange, ausklügelt und damit die Gemüter argloser Leute in Staunen setzt. So ließ er für sich im Gegensatze zum Jünger Christi eine Tribüne und einen hohen Thron errichten. Auch hat er ein Sekretum wie die weltlichen Fürsten und nennt es. Er schlägt mit der Hand an den Schenkel und stampft mit den Füßen auf die Tribüne. Und diejenigen, die ihm nicht Beifall spenden und mit Tüchern zuwinken wie in den Theatern, nicht lärmen und aufspringen gleich seinem in solch ungebührlicher Weise ihm zuhörenden männlichen und weiblichen Anhange, welche vielmehr, wie es sich im Hause Gottes geziemt, in Würde und Ordnung lauschen, tadelt und beschimpft er. Gegen bereits verstorbene Erklärer des (göttlichen) Wortes wütet er in abstoßender Weise bei öffentlicher Versammlung, während er sich selbst in einer Weise überhebt, als wäre er nicht Bischof, sondern Sophist und Marktschreier.

Die Psalmen auf unsern Herrn Jesus Christus verbot er, weil sie zu neu und erst von neueren Dichtern verfaßt wären, läßt auf sich selbst aber durch Frauen inmitten der Kirche am großen Ostertage Lieder singen, bei deren Anhören man sich entsetzen möchte. Ein solches Gebaren duldet er auch bei den ihm schmeichelnden Bischöfen und Presbytern der benachbarten Dörfer und Städte in deren Reden vor dem Volke. Während er nämlich nicht mit uns bekennen will, daß der Sohn Gottes vom Himmel herabgekommen ist - um etwas von dem, was schriftlich dargelegt werden soll, vorwegzunehmen; und das wird keine leere Behauptung sein, sondern erhellt aus vielen Stellen in den Akten, die wir absandten, nicht zuletzt aus seinem Worte Christus ist von unten -, sagen die, welche Lieder auf ihn singen und vor dem Volke ihn verherrlichen, ihr gottloser Lehrer sei als Engel vom Himmel herabgekommen. Und der eitle Mann verhindert solche Reden nicht, ist vielmehr zugegen, wenn sie gesprochen werden. Was die Syneisakten anlangt, wie sie die Antiochener nennen, seine eigenen wie die seiner Presbyter und Diakonen, mit denen er trotz Wissen und Kenntnis diese und die andern unheilbaren Sünden gemeinsam verbirgt, damit sie ihm verpflichtet wären und in Furcht um die eigene Person nicht wagten, ihn wegen seiner ungerechten Worte und Taten zu verklagen - ja er hat sie sogar bereichert, weswegen er von ihnen, die von gleichem Verlangen beseelt sind, geliebt und bewundert wird -, was sollen wir darüber schreiben? Wir wissen, Geliebte, daß der Bischof und die gesamte Priesterschaft dem Volke Vorbild in allen guten Werken sein sollen. Und wir wissen auch, wie viele durch Syneisakten gefallen oder in Verdacht gekommen sind. Mag man dem Paulus auch zugestehen, daß er nichts Schändliches begehe, so müßte er doch den Verdacht fliehen, der aus solchem Tun erwächst, um niemandem Ärgernis zu geben und niemanden zur Nachahmung anzuregen.

Denn wie könnte der einen andern tadeln und verwarnen, daß er fürderhin mit keinem Weibe mehr zusammenkomme, damit er nicht falle, wie die Schrift sagt, der wohl eine Frau entlassen, dafür aber zwei blühende und wohlgestalte Frauen bei sich hat und sie auch auf Reisen mitfuhrt in Schwelgen und Völlerei? Alle trauern und seufzen zwar darob in ihrem Innern, aber sie sind vor seiner Herrschaft und Macht so sehr in Furcht, daß sie es nicht wagen, ihn anzuklagen. Man müßte darüber, wie wir oben sagten, einen Mann, der wenigstens katholisch dächte und in unsern Reihen stünde, zur Rede stellen, aber von dem, der das Geheimnis preisgegeben und mit der schmutzigen Häresie des Artemas prahlt - warum sollte ich nicht endlich seinen Vater nennen? -, Rechenschaft zu fordern, halten wir nicht für unsere Pflicht.“

Am Ende des Schreibens fügen sie noch folgendes bei: „Wir haben uns also genötigt gesehen, Paulus, da er sich hartnäckig Gott widersetzt, auszuschließen und an seiner Stelle mit Gottes Fügung, wie wir überzeugt sind, der katholischen Kirche einen anderen Bischof zu geben, nämlich Domnus, den Sohn des seligen Demetrianus, welcher vor jenem derselben Gemeinde mit Ehren vorgestanden. Domnus ist mit allen einen Bischof zierenden Gaben ausgestattet. Wir teilen euch dies mit, damit ihr an ihn schreibet und von ihm den Gemeinschaftsbrief erhaltet. Paulus aber mag an Artemas schreiben, und die Jünger des Artemas mögen mit ihm Gemeinschaft halten.“

Als so Paulus zugleich mit dem wahren Glauben die bischöfliche Würde verloren hatte, übernahm, wie gesagt, Domnus den Dienst an der Kirche in Antiochien. Doch da Paulus um keinen Preis das Haus der Kirche räumen wollte, wandte man sich an Kaiser Aurelianus, der durchaus billig in der Sache entschied, indem er befahl, denjenigen das Haus zu übergeben, mit welchen die christlichen Bischöfe Italiens und Roms in schriftlichem Verkehre stünden. Somit wurde der erwähnte Mann zu seiner größten Schande von der weltlichen Macht aus der Kirche vertrieben.

So stellte sich um jene Zeit Aurelianus zu uns. Doch im weiteren Verlaufe seiner Regierung änderte er seine Gesinnung gegen uns und ließ sich jetzt durch gewisse Berater zu einer Verfolgung gegen uns bewegen. Allenthalben wurde viel darüber gesprochen. Als er aber eben im Begriffe war und - wie man fast sagen könnte - die Unterschrift unter das gegen uns gerichtete Dekret setzte, ereilte ihn die göttliche Gerechtigkeit, faßte ihn sozusagen am Arme und hielt ihn von seinem Vorhaben zurück, allen deutlich zu erkennen gebend, daß die weltlichen Fürsten niemals leichtes Spiel wider die Kirchen Christi haben, es sei denn, daß es die sie schützende Hand gemäß göttlichem und himmlischem Urteile um der Züchtigung und Besserung willen zu den von ihr bestimmten Zeiten zuläßt.

Nachdem Aurelianus sechs Jahre regiert hatte, folgte ihm Probus und diesem nach fast der gleichen Regierungszeit Karus mit seinen Söhnen Karinus und Numerianus. Auch diese herrschten keine vollen drei Jahre, als die Regierung auf Diokletian und seine adoptierten Mitregenten überging. Unter diesen fand die Verfolgung statt, die wir miterlebt, und die damit verbundene Zerstörung der Kirchen. Kurz zuvor war auf den römischen Bischof Dionysius, der neun Jahre den Dienst versehen hatte, Felix gefolgt.

31. Um jene Zeit rüstete sich auch der Wahnsinnige, benannt nach seiner vom Teufel besessenen Häresie, mit der Waffe der Geistesverwirrung. Der Teufel, der wider Gott kämpfende Satan selbst hatte ihn zum Schaden vieler vorgeschoben. Ein Barbar in seiner Lebensführung nach Sprache und Sitte, war er seinem Wesen nach besessen und rasend. Was er erstrebte, war dementsprechend. Er suchte Christus zu spielen. Bald gab er sich selbst, aufgeblasen in seinem Wahnsinn, als den Tröster und gar den Heiligen Geist aus, bald erwählte er als Christus zwölf Jünger zu Genossen seiner Neuerung. Seine falschen und gottlosen Lehrsätze trug und flickte er aus zahllosen, längst erloschenen gottlosen Häresien zusammen und übertrug sie von Persien aus wie ein tödliches Gift auf unser ganzes Reich. Seitdem ist der ruchlose Name der Manichäer allgemein bekannt bis auf den heutigen Tag. So steht es um den Ursprung auch dieser fälschlich sogenannten Gnosis, die um die erwähnte Zeit entstanden.

32. Um diese Zeit folgte auf Felix, der Fünf Jahre die römische Kirche geleitet, Eutychianus. Dieser regierte nicht ganz zehn Monate und hinterließ das Amt unserem Zeitgenossen Gaius. Und nachdem dieser ungefähr Fünfzehn Jahre vorgestanden, trat Marcellinus an seine Stelle, der gleiche, den die Verfolgung weggerafft hat. Zu ihrer Zeit bekleidete in Antiochien Timäus als Nachfolger des Domnus die bischöfliche Würde. Ihm folgte unser Zeitgenosse Cyrillus, unter dessen Amtsführung wir Dorotheus kennenlernten, einen gebildeten Mann, der des Presbyteramtes in Antiochien gewürdigt ward. Dieser beschäftigte sich eifrig mit den göttlichen Dingen und befleißigte sich auch der hebräischen Sprache, so daß er die hebräischen Schriften selbst lesen und verstehen konnte. Von feinster Bildung und wohlbewandert in den griechischen Wissenschaften, war er von Geburt an Eunuch. Der Kaiser zog ihn darob gleichsam als eine Seltenheit in seine Nähe und zeichnete ihn aus durch Übertragung der Aufsicht über die Purpurfärberei in Tyrus. Wir hörten ihn in der Kirche mit Geschick die Schriften erklären.

Nach Cyrill übernahm Tyrannus das bischöfliche Amt in der Gemeinde der Antiochener. Unter seinem Episkopate erreichte die Bedrängung der Kirchen ihren Höhepunkt.

Die Kirche von Laodicea leitete nach Sokrates Eusebius, aus Alexandrien gebürtig. Anlaß zu seiner Auswanderung war die Angelegenheit mit Paulus. Seinetwegen war er nach Syrien gekommen und wurde durch die dort verhandelnden Theologen von der Rückkehr in die Heimat abgehalten. Er war nämlich unter unseren Zeitgenossen eine liebenswürdige Erscheinung frommen Wesens, wie sich leicht aus den oben erwähnten Worten des Dionysius erkennen läßt. Auf Eusebius folgte Anatolius, auf den Guten der Gute, wie man zu sagen pflegt. Auch er stammte aus Alexandrien und nahm infolge seiner Gelehrsamkeit und Erziehung und seiner Schulung in der griechischen Philosophie unter den angesehensten Männern unserer Zeit den ersten Rang ein. In Arithmetik und Geometrie, in Astronomie und anderen Wissenschaften, in Dialektik und auch in Physik und Rhetorik hatte er es zur höchsten Vollkommenheit gebracht und wurde daher, wie berichtet wird, von den Bürgern Alexandriens gebeten, dort die Schule aristotelischer Richtung zu gründen.

Man erzählt sich von ihm auch zahllose andere edle Taten anläßlich der Belagerung von Piruchium in Alexandrien, wo er einstimmig einer hervorragenden Stelle im Rat der Stadt gewürdigt ward. Beispielshaber will ich nur das Folgende Anführen: Als den Belagerten - so erzählt man - der Weizen ausging, so daß ihnen der Hunger bereits unerträglicher wurde als der äußere Feind, ersann Anatolius, der unter ihnen weilte, folgenden Plan. Der eine Teil der Stadt kämpfte auf Seiten des römischen Heeres und war so von der Belagerung frei. In diesen unbelagerten Bezirken hielt sich Eusebius auf - er war noch hier, es war vor seiner Auswanderung nach Syrien -, dessen großer Ruhm und gefeierter Name bis zu den Ohren des römischen Feldherrn gekommen war. Ihn verständigte Anatolius durch einen Boten von den Opfern, die der Hunger während der Belagerung forderte. Auf diese Kunde hin erbat Eusebius vom römischen Feldherrn als besondere Gnade persönliche Sicherheit für die, welche aus freien Stücken vom Feinde übergehen würden. Die Bitte wurde gewährt, und er benachrichtigte davon Anatolius. Daraufhin berief dieser sofort eine Versammlung der Alexandriner ein und forderte zunächst alle auf, den Römern die Freundeshand zu reichen. Als er aber merkte, daß sie über diesen Vorschlag ungehalten waren, erklärte er: „Aber dem wenigstens, meine ich, werdet ihr doch kaum widersprechen, wenn ich euch rate, die Leute, die überflüssig und uns in nichts nütze sind, alte Frauen, Kinder und Greise, vor die Tore zu bringen und abziehen zu lassen, wohin sie wollen. Wozu denn sollen wir diese Menschen, die jeden Augenblick sterben werden, nutzlos bei uns behalten? Wozu die Verkrüppelten und körperlich Verstümmelten dem Hunger preisgeben, da man doch nur Männer und Jünglinge ernähren und die notwendigen Lebensmittel nur den zur Verteidigung der Stadt Tauglichen zukommen lassen darf?“ Nachdem er durch solche Vorstellungen die Versammlung zu überzeugen gesucht, stand er als erster auf und gab seine Stimme dafür ab, daß man die ganze Schar der Kriegsuntauglichen, Männer wie Frauen, aus der Stadt entlasse, da sie, auch wenn sie blieben und unnütz in der Stadt verweilten, keine Hoffnung auf Rettung hätten, da sie vom Hunger aufgerieben würden. Da alle übrigen Versammelten zustimmten, rettete er so fast die Gesamtzahl der Belagerten. Er traf Vorsorge, daß zuerst die Angehörigen der Kirche, dann aber auch die übrigen Bewohner der Stadt jeglichen Alters entweichen konnten, und nicht bloß jene, die unter die Bestimmung des Beschlusses fielen, sondern, hinter diese sich verschanzend, auch unzählige andere, die Frauenkleider anlegten und heimlich des Nachts unter seiner Beihilfe aus den Toren traten und dem römischen Lager zueilten. Hier nahm Eusebius alle wie ein Vater und Arzt auf und stellte sie, die unter der langen Belagerung gelitten, durch sorgfältige Pflege wieder her.

Zweier solcher Hirten wurde die Kirche von Laodicea unmittelbar nacheinander gewürdigt, die durch Gottes Fügung nach dem erwähnten Kriege aus der Stadt der Alexandriner dorthin übergesiedelt waren. Anatolius schrieb nicht sehr viele Bücher. Doch sind so viele auf uns gekommen, daß wir daraus seine Redegabe und große Gelehrsamkeit zu erkennen vermögen. Er legt darin vor allem seine Anschauungen über das Osterfest dar. Es dürfte sich empfehlen, hier folgendes daraus anzuführen:

Aus dem Osterkanon des Anatolius: „Er hat also im ersten Jahre den Neumond des ersten Monats, der der Anfang des ganzen neunzehnjährigen Zyklus ist, nach den Ägyptern am 26. Phamenoth, nach den Monaten der Mazedonier aber am 22. Dystros, wie die Römer sagen würden, elf Tage vor den Kalenden des April. Die Sonne erscheint an dem erwähnten 26. Phamenoth nicht nur in das erste Zeichen des Tierkreises eingetreten, sondern bereits den vierten Tag ihre Bahn darin zurücklegend. Dieses Zeichen pflegt man erstes Zwölfteil, Tagundnachtgleiche, Anfang der Monate, Haupt des Tierkreises und Beginn des Planetenlaufes zu nennen, das vorhergehende aber letzten Monat, zwölftes Zeichen, letztes Zwölfteil und Ende des Planetenlaufes. Wir behaupten daher, daß diejenigen, welche in dieses letzte Zwölfteil den ersten Monat verlegen und demgemäß den 14. Tag des Osterfestes berechnen, einem nicht unbedeutenden oder kleinen Irrtum verfallen. Diese Aufstellung stammt aber nicht von uns. Schon den alten Juden vor Christus war sie bekannt und wurde von ihnen aufs genaueste beobachtet. Man kann das aus Worten des Philo, des Josephus und des Musäus ersehen, und nicht allein aus diesen, sondern auch aus den noch älteren beiden Agathobulen, welche den Beinamen Lehrer Führen, und dem vortrefflichen Aristobul, der zu den Siebzig gehört, welche die heiligen und göttlichen Schriften der Hebräer für Ptolemäus Philadelphus und dessen Vater übersetzten, und der Erklärungen zu dem Gesetze des Moses den gleichen Königen widmete. In Erläuterung der Fragen in betreff des Buches Exodus sagen diese Männer, daß alle das Osterlamm in gleicher Weise nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche in der Mitte des ersten Monats schlachten müßten. Dieser Termin aber sei gegeben, wenn die Sonne durch das erste Zeichen des Sonnen- oder, wie einige aus ihnen sich ausdrückten, des Tierkreises gehe. Aristobul setzt noch hinzu, daß am Osterfeste nicht nur die Sonne, sondern auch der Mond durch das Zeichen der Tagundnachtgleiche gehen müsse. Da es nämlich zwei Zeichen der Tagundnachtgleiche gibt, das eine im Frühjahr, das andere im Herbst, und diese diametral einander gegenüberliegen, und da der Ostertag auf den 14. des Monats gegen Abend angesetzt ist, so wird der Mond die Stelle einnehmen, die der Sonne diametral gegenübersteht, wie man das bei den Vollmonden sehen kann. Es wird also die Sonne im Zeichen der Frühlings-Tagundnachtgleiche, der Mond aber notwendigerweise im Zeichen der Herbst-Tagundnachtgleiche stehen. Ich weiß, daß von jenen Männern noch zahlreiche andere Momente, teils Wahrscheinlichkeitsbeweise, teils schlagende Gründe, angeführt werden, womit sie darzutun suchen, daß das Fest des Pascha und der Ungesäuerten Brote auf jeden Fall nach der Tagundnachtgleiche stattfinden müsse. Doch ich unterlasse es, einen solchen Ballast an Beweisen von Menschen zu fordern, für welche die auf dem Gesetze des Moses liegende Hülle hinweggenommen ist, und die fürderhin nun mit unverhülltem Angesicht allzeit Christus und Christi Lehren und Leiden wie in einem Spiegel schauen. Daß aber der erste Monat bei den Hebräern um die Tagundnachtgleiche liege, ergeben auch die Lehren des Henochbuches.“

Anatolius hinterließ auch Einführungen in die Arithmetik in ganzen zehn Abhandlungen und noch andere Proben seines Fleißes und seines reichen Wissens in göttlichen Dingen. Bischof Theoteknus von Cäsarea in Palästina hatte ihn zuerst zum Bischof geweiht mit dem Wunsche, ihn nach seinem Tode zum Nachfolger in seiner Gemeinde zu bekommen. Kurze Zeit leiteten beide zusammen die gleiche Kirche. Als ihn aber die wegen Paulus zusammengetretene Synode nach Antiochien berief, wurde er bei der Durchreise durch Laodicea von den dortigen Brüdern festgehalten, da Eusebius eben entschlafen war.

Nach dem Hinscheiden des Anatolius wurde Stephanus als Bischof in der dortigen Gemeinde aufgestellt, der letzte vor der Verfolgung. Er wurde zwar wegen seiner philosophischen Kenntnisse und der sonstigen griechischen Gelehrsamkeit allgemein bewundert, doch besaß er im göttlichen Glauben nicht die gleiche Größe, wie der Verlauf der Verfolgung deutlich zeigte. Sie hat bewiesen, daß er mehr ein versteckter und feiger und unmännlicher Mensch denn ein echter Philosoph war. Aber die Kirche sollte darob nicht zugrunde gehen. Sie wurde wieder aufgerichtet durch einen Mann, den alsbald Gott selbst, der Erlöser aller, zum Bischof der dortigen Gemeinde bestimmt, durch Theodor, dessen Taten seinem eigenen Namen wie dem eines Bischofs entsprechen. Dieser besaß hervorragende Fähigkeiten in der Kunst der Körperheilung, aber auch die Gabe der Seelenpflege war ihm eigen, wie kaum einem andern, dank seiner Menschenfreundlichkeit, seiner lauteren Gesinnung, seines Mitfühlens und seiner Dienstwilligkeit gegen die, welche seiner Hilfe bedurften. Auch um die göttlichen Wissenschaften hatte er sich viel bemüht. Ein solcher Mann war Theodor.

In Cäsarea in Palästina folgte auf Theoteknus, der das bischöfliche Amt mit größtem Eifer verwaltet, Agapius. Auch von diesem wissen wir, daß er in unermüdlicher Arbeit treu für das ihm anvertraute Volk gesorgt und sich insbesondere aller Armen mit vollen Händen angenommen hat. Um diese Zeit lernten wir Pamphilus kennen, einen ausgezeichneten Menschen und in seiner Lebensführung wahren Philosophen, der in der dortigen Gemeinde des Presbyteramtes gewürdigt ward. Es wäre keine geringe Aufgabe, wollte man darlegen, wer dieser Mann gewesen und woher er gekommen. Einzelnes indes aus seinem Leben und der von ihm gegründeten Schule sowie seine Kämpfe bei verschiedenen Bekenntnissen während der Verfolgung und schließlich den Kranz des Martyriums, den er sich gewunden, haben wir in eigenem seiner Person gewidmeten Werke behandelt. Unter denen, die hier gelebt, war er sicherlich die bewundernswerteste Erscheinung.

An Männern von seltensten Eigenschaften kennen wir aus unseren Tagen Pierius, einen der alexandrinischen Presbyter, und Meletius, den Bischof der Kirchen im Pontus. Pierius hatte sich durch ein Leben äußerster Armut und seine philosophischen Kenntnisse einen Namen erworben. Er besaß erstaunliche Gewandtheit in der Erforschung und Erklärung der heiligen Schriften und im Reden vor versammelter Gemeinde. Meletius aber - die Biene Attikas nannten ihn die Gebildeten - entsprach dem Ideale eines in jeder Beziehung gelehrten Mannes. Es ist nicht möglich, die Kraft seiner Beredsamkeit gebührend zu bewundern. Doch dies, könnte man sagen, ist bei ihm ein Geschenk der Natur. Wer aber überböte weiterhin die Fülle seiner reichen Erfahrung und seiner Kenntnisse? Auf eine einzige Probe hin müßtest du gestehen, daß er der Kundigste und der Tüchtigste sei in allen Wissenszweigen. Auf gleicher Höhe steht sein durch Tugend ausgezeichnetes Leben. Als solchen Mann haben wir ihn während voller sieben Jahre, da er sich zur Zeit der Verfolgung in den Gegenden Palästinas als Flüchtling aufhielt, kennengelernt.

In der Kirche von Jerusalem übernahm nach dem etwas weiter oben erwähnten Bischof Hymenäus Zabdas das Hirtenamt. Nach dessen bald darauf folgendem Tode bestieg Hermon als letzter unter den Bischöfen vor der Verfolgung unserer Tage den bis heute dort aufbewahrten Thron des Apostels 83. In Alexandrien folgte auf Maximus, der nach dem Tode des Dionysius achtzehn Jahre die bischöfliche Würde innegehabt, Theonas. Unter ihm stand in Alexandrien im Ansehen Achillas, der zugleich mit Pierius des Presbyteramtes gewürdigt und mit der Leitung der Schule des heiligen Glaubens betraut ward. Er offenbarte wie keiner seltenstes philosophisches Streben und echte Art evangelischen Wandels. Nach Theonas, der neunzehn Jahre treu gedient, folgte Petrus auf dem bischöflichen Stuhle zu Alexandrien, auch er eine hervorragende Zierde für volle zwölf Jahre. Davon leitete er die Kirche vor der Verfolgung nicht ganz drei Jahre. Die noch übrige Zeit seines Lebens widmete er sich strengerer Askese und sorgte dabei offen für das gemeinsame Wohl der Kirchen. Dafür wurde er im neunten Jahre der Verfolgung enthauptet und so mit der Krone des Martyriums geschmückt.

Nachdem wir in diesen Büchern den Gegenstand der Bischofsreihen, von der Geburt unseres Erlösers bis zur Zerstörung der Bethäuser über 305 Jahre sich erstreckend, umrissen haben, lasset uns im Anschluß daran zur Kenntnis der Nachwelt die Größe und Art der Kämpfe derer niederschreiben, die in unseren Tagen für die Frömmigkeit männlich gestritten.

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