Diedrich, Julius - Der dritte Psalm.
Der dritte Psalm ist wieder mit dem folgenden zu einem Paare verbunden. Beide enthalten Klage und Trost des hart verfolgten und schwer geängstigten Königs vor Gott.
Unser Psalm im besonderen spricht die Empfindungen Davids vor Gott aus, welche ihn am Abende seiner Flucht aus Jerusalem erfüllten. Er sieht sich von Feinden umringt und umflutet, alle Hilfe bei Gott wird ihm schon abgesagt, dennoch steht sein Vertrauen zum HErrn noch fest. Sein Gott braucht nur aufzustehen, so sind alle Feinde zerstreut und vernichtet. Solch Vertrauen gibt nur das Bewusstsein der guten Sache, nämlich im Namen Gottes dazustehen.
Einerseits mussten diese Leiden wohl über David kommen wegen seiner schweren Versündigung an Uria. Er hatte zwar Vergebung von Gott, aber sein Fleisch musste mannichfach zerschlagen werden. Andrerseits ist aber David auch Vorbild Christi, und an ihm schon muss sich zeigen, wie aus den Nächsten gerade die grimmigsten Verfolger werden und wie Gottes Fürst die schmerzlichsten Verwundungen von denen empfangen muss, die Er am meisten gesegnet hat. Wie aber David als Vorbild und Diener und Christus als der HErr gewandelt sind, so müssen auch alle Christen nachfolgen.
Ein Psalm Davids auf seiner Flucht vor seinem Sohne Absalom. Welche Lage in diesem Leben, dass ein Vater, von seinem eigenen Sohne mit dem Tode bedroht, von Haus und Hof fliehen muss! Ja auch das kommt vor und zwar zu allen Zeiten auf viele verschiedene Arten. Die Welt ist voll Brudermörder und voll Vater- und Mutter-Mörder, wenn man sie nur genau ansieht. An David und Absalom muss es nur recht grell an den Tag kommen, weil bei ihnen am meisten Gottes Wort war. Das fleischgewordene Wort, dadurch ja alle Dinge gemacht sind, welches Leben und Licht der Menschheit ist, muss ja immerdar von den Treubrüchigen verfolgt werden. 2 ff. Ach HErr, wie sind meiner Feinde so viel, viele stehen auf wider mich einzelnen Armen und Verlassenen! Der Feinde sind wohl immer viele gegen den Bekenner der Wahrheit; aber man erfährt es nur zu gewissen Zeiten, wenn Gott das Verborgene an den Tag bringt und an die Spitze der fleischlichen Mächte einen Absalom oder Judas Ischarioth treten lässt. Unsre Sünden machen dann auch große Not, und nur Gottes Vergebung und Gnade kann uns dann noch Mut geben, wenn alles von uns abfällt und wider uns steht. Viele sprechen zu meiner Seele, und verwunden mein innerstes Herz durch ihre Rede: Kein Heil ist ihm mehr bei Gott, so muss er wohl ganz untergehen. Alle Welt, auch unser Fleisch, wissen nur von dem, was vor Augen ist, da ist an allem sichtbaren kein Trost. Alle einlaufenden Nachrichten bringen nur neue Not. Sela heißt „Innehalten.“ Ja halte inne und denke solcher Verlassenheit von allem äußeren Troste tiefer nach, wie dieselbe alle Heilige Gottes vor dir erfahren haben.
Aber Du HErr, Du unsichtbarer, allmächtiger Bundesgott Deiner Gläubigen, bist ein Schild um mich her, von allen Seiten mich doch zu schützen, dass ich nicht ganz untergehen kann. Du bist meine Ehre, dass ich Dich kenne und Dein bin, ist meine Ehre, wenn meiner auch die ganze Welt als eines verlornen und nun allgemein verachteten spottet, und Du bist es, der mein Haupt erhebt, schon mitten in der Trübsal. Mir ist wohl bange, aber durch diese Tröstung, dass ich doch Dein bin, verzage ich nicht. Mit meiner Stimme rufe ich deshalb auch zum HErrn, so erhört Er mich von Seinem heiligen Berge Zion, d. h. aus der Mitte Seiner Gemeinde, in welcher Er als ihr fester Stamm und Anhalt dasteht. Aus dem Glauben kommt das Gebet, und solch Gebet ist schon mitten in der Trübsal der Erhörung gewiss. Sela: darein oll man sich vertiefen und versenken, so wird man wieder ruhig. In Gott muss man stark sein durch den Glauben an Sein Wort, so kann man mitten im Kriege und unter Löwen getrost sein.
In seiner Glaubenszuversicht kann der Verfolgte sich am off. Abende zur Ruhe begeben und Gott über sich getrost walten Lassen. Ich lege mich nieder und lasse alles um mich her toben, ich schlafe ruhig ein zu Gottes Füßen, dahin ich geflohen, und wache auch wieder auf, des bin ich im Glauben gewiss denn der HErr stützt mich. Es ist mit mir nimmer zu Ende. Die Trübsal kann mich nicht ganz ersäufen, denn Gott ist meines Herzens und Lebens Inhalt, so muss Er mich wohl wieder hervorbringen. Dessen sollen wir nun auch im Tode gewiss sein: Gott wird uns ewig rechtfertigen und verherrlichen, wenn wir in der äußersten Verlassenheit Ihm dennoch getraut haben. Nicht fürchte ich mich vor Zehntausenden Volkes, welche sie, die Führer meiner Feinde, rings um mich her aufstellen, mich zu überfluten. Mitten in solchem tollen Meere stehe ich wie ein ruhender Fels, denn die Menge vergänglicher Menschen vermag nichts gegen das Wort Gottes, welches in meinem Herzen lebt. So bietet die Kirche den Pforten der Hölle Trotz und jedes lebendige Glied an ihr hat dieselbe Macht über die ganze Welt.
Da sich der Gläubige in seiner Anfechtung ganz zu Gottes Füßen geschmiegt hat, so ruft er nun, zu Ihm emporblickend: Stehe auf HErr, wie Stephanus den HErrn stehend in der Herrlichkeit schaute, stehe auf, hilf mir mein Gott, meine Stärke, mein bist Du durch deine Gnade, das gib auch den Feinden bald zu erfahren, damit ich ihrer wieder ledig werde. Denn Du schlugst schon zuvor alle meine Feinde auf den Backen, die Zähne der Bösen zerbrachst Du. Das hast Du ja oft in früheren Nöten erwiesen, so tue es auch jetzt. Und vor Gott sind ja alle Feinde Seines Wortes und Seiner Diener schon zuvor verloren, wenn sie in ihrer Torheit gleich noch einen Augenblick triumphieren. Wer Gottes Wort nicht für sich hat, ist schon genug geschlagen und alle seine Macht ist eine gebrochene; wer es aber treu bewahrt, gegen den hat auch der Teufel schon verloren. Bei dem HErrn steht das Heil und die Hilfe, von Ihm allein, nicht von eitlen fleischlichen Menschen hängt es ab, wem Er zuletzt den Sieg geben will; und dem hat Er ihn schon verheißen, der sich auf Seine Gnade allein gründet. Über Dein Volk kommt sicher Dein Segen! Zu Deinem Volke gehöre ich doch, ja Deines Volkes Sache vertrete ich hier an meinem Teile. Sela. Ja der ist wohl geborgen und geht den höchsten Ehren entgegen, der gewürdigt ist im Namen des Volkes Gottes und als dessen Glied Schmach und Verfolgung zu dulden. Je mehr dessen Fleisch geängstigt und gekreuzigt wird, zu desto höherer Herrlichkeit wird er ja zubereitet.
Gebet. O HErr! gib uns Dich also unsern Gott sein zu lassen, dass all unser Verlangen nur dieses sei, Dein Wort zu bekennen und als Deines Volkes Glieder da zu stehen, so wirst Du uns ja in aller Not mit himmlischem Troste nahe sein und mitten im Kampfe des Sieges gewiss machen, dass wir der Welt zum Trotze Deinem Namen singen: durch Jesum Christum. Amen.