Clemen, Adolf - Andachten über das Johannes-Evangelium

Clemen, Adolf - Andachten über das Johannes-Evangelium

Johannes 1, 29.

Des anderen Tages sieht Johannes Jesum zu ihm kommen und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.

Herr, barmherziger Heiland, du bist das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt. Du hast auch unsere Sünde getragen, und uns erlöst. Das ist unser einziger Trost im Leben und im Sterben. Das soll unser letzter Seufzer sein: Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt, erbarme dich unser und gib uns deinen Frieden. O Herr, wir danken dir für deine große Liebe. Was können wir dir wiedergeben für Alles, was du uns zu gut getan und gelitten hast? Nimm unser Herz hin, dass es dein eigen sei. Zerstöre in uns alle Weltseligkeit und Selbstzufriedenheit, und wecke uns auf zu dem Suchen und Fragen: Wo bist du, unser Heil, unser Friede, unser Leben? Hilf uns, dass wir kommen und sehen, deine Herrlichkeit sehen, und dein Evangelium erfahren als eine Kraft Gottes zur Seligkeit, und dann dir auch nachfolgen und deine Jünger werden. Gib, dass wir dir zu Lieb die Welt mit all ihrer Lust verlassen und verleugnen, dass wir mit Wort und Tat dich bekennen und deinen Namen verkünden. Lass es einst auch von uns gesagt sein: Sie blieben bei ihm, bei Jesu, den ganzen Tag. Amen.

Johannes 2,1.2.

Und am dritten Tage ward eine Hochzeit zu Cana in Galiläa; und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger wurden auch auf die Hochzeit geladen.

Heil dem Hause, wo Jesus eingeladen wird. Das ist ein Segenshaus. Ohne Jesus kein Segen und keine Freude bei der Arbeit des Hauses, ohne ihn kein Friede und keine rechte Liebe im Hause. In jedem Hause wohnen verschiedene Menschen zusammen, von denen Jeder seinen Willen, seine Neigungen hat. Und Jeder hat seine besonderen Fehler und Sünden. Draußen in der Welt, unter den Menschen, da werden sie weniger bemerkt, da sind wir gezwungen, uns zu beherrschen. Aber im Hause lassen wir uns gehen. Da wird am meisten das Böse offenbar, was sonst verhüllt in uns ruht. Und nirgends wird schwerer davon gelitten, als im Hause, weil nirgends die Menschen einander weniger entfliehen können. Armes Haus, das nur auf die Festigkeit des natürlichen Herzens gebaut ist. Armes Haus, wo die Liebe, die die Einzelnen verbindet, nicht durch Jesu Liebe gehalten wird! Wollt ihr Glück und Segen im Hause haben, so ladet Jesum ein in euer Haus. Soll Friede und Eintracht im Hause wohnen, ladet Jesum ein, dass er die Herzen regiert mit seinem Geiste, und sie erlöst von ihrer Sünde und Selbstsucht. Wollt ihr mit rechter Geduld tragen Einer des Anderen Last, ladet Den ein, der unser aller Last getragen voll unendlicher Geduld. O Herr, gib Gnade und Glauben, dass wir dich heute, nicht nur als Gast, sondern als steten Genossen in unser Haus aufnehmen. Dazu segne uns diesen Sonntag, dass du an ihm bei uns einkehrst und mit dir die Freude und der Friede Gottes zu uns kommt. Amen.

Johannes 2,11.

Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen zu Cana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.

Noch heute offenbart der Herr seine Herrlichkeit in jedem Hause, wo er einkehrt. Die ihr in diesem Hause beisammen wohnt, ihr Gatten und Geschwister, ihr Eltern und Kinder, ihr Herren und Diener, Jesus erst macht aus eurem Lieben und Dienen eine Gemeinschaft des Friedens und der wahren Treue. Er verwandelt das Glück und die Freude des Hauses in eine Erquickung der Seele. Was haben wir von aller Lust und allem Jubel? Nichts als ein kurzes Vergessen; das Herz bleibt leer und verdrossen. Aber freut euch in dem Herrn, dem rechten Freudenmeister, und die fröhlichen Stunden des Hauses werden zu einer Stärkung für Leib und Seele, davon ihr erquickt in den Kampf und die Arbeit des Lebens zurückkehrt. Doch vor Allem ruft Jesum an in der Not des Hauses! Denn er verwandelt die Leiden des Hauses in ewigen Segen. An Leid und Kreuz fehlt es in keinem Haus. Jesus versüßt den bitteren Kelch mit seinem Trost und seiner Gnade. Er verwandelt noch immer den Seinen das Tränenwasser in Freudenwein. Geistlich mit seinem Trost und seiner Gnade. So immer und gewiss. Oft auch leiblich und irdisch mit äußerer Wunderhilfe. Wohlan denn! Habt ihr Mangel und Kummer im Hause, klagt es dem Herrn: Sieh doch, Herr, wie es uns gebricht. Und dann wartet auf ihn in unerschütterlichem Vertrauen und werdet nicht irre, wenn er auch lange warten lässt und sein Angesicht vor euch verbirgt, und euch abweist und schweigt. Haltet euch an sein Wort in treuem Glauben! „Was er euch sagt, das tut!“ Das sei eure Losung in allen Stunden, das sei die Losung für Alle im Hause, auch in diesem Hause, an diesem Tage. Das sei unsere Losung auch für diese neue Woche. O du göttlicher Hausfreund, offenbare doch auch an uns deine Herrlichkeit, dass wir an dich glauben. Mache unser Herz zu deiner Wohnung und unser Haus zu einer Hütte Gottes bei den Menschenkindern. Amen.

Johannes 3, 16.

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Diesen Spruch hat Luther die Bibel im Kleinen genannt, und in seinem Sterben hat er ihn sich immer wieder vorsprechen lassen. Und gewiss, wenn uns auch aller Trost im Tod unterginge, klammern wir uns nur an dies Eine Wort, so können wir doch getrost sterben. Aber erst der heilige Geist lässt ihn uns recht verstehen. O darum, du heiliger Geist, bringe du ihn uns ins Herz hinein; verkläre du uns Gottes Liebe, tauche uns hinein ins Meer dieser Liebe, dass wir selig werden. Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab. Das ist die höchste Liebe. Denn alle anderen Gaben, die Gott uns schenkt, machen den göttlichen Geber nicht ärmer. Unversiegbar fließt der Strom seiner Segnungen. Aber in Christo gibt Gott sich selbst hin. Denn er hat nur Einen Sohn, seinen eingebornen Sohn, nur Einen Christus, und den gibt er hin. Er gibt ihn hin in der Weihnacht, als das Kind in der Krippe, in unser armes Fleisch und Blut. Er gibt ihn auf Golgatha in den Tod am Kreuz. Aber dann gibt er ihn noch einmal, im höchsten Sinn. Er lässt ihn auferstehen und zum Himmel fahren, scheinbar von uns gehen; aber nur, um ihn aufs Höchste uns hinzugeben, nämlich ihn in uns zu geben im heiligen Geist, dass wir ihn fortan im Herzen haben, bleibend, immer. Er gibt ihn nicht bloß für uns hin am Kreuz, sondern kraft seiner Himmelfahrt frei von allen Erdenschranken, gibt er ihn in uns im heiligen Geist. Also am Pfingstfest erst ist es aufs Höchste erfüllt: Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab.

Johannes 3, 17.

Gott hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn selig werde.

Wer Arges tut und am Argen seine Lust hat, der hasst das Licht, und kommt nicht an das Licht. Das ist der letzte und tiefste Grund, weshalb so viele Gottes Wort nicht hören mögen, weshalb sie nicht betend vor Gott treten mögen. Sie haben am Argen ihre Lust; deshalb kommen sie nicht an das Licht, weil von dem Licht ihre Werke gestraft werden. Deshalb suchen sie mit solcher Hast Zerstreuungen und Arbeit und den Rausch des Weltlebens, vergraben sich nur um so tiefer in ihre Finsternis, um nicht ans Licht zu kommen, um nur nicht die strafende Stimme des Geistes zu hören. So muss sie Gott dem Gericht überlassen. Dahingegeben sein in des Herzens Finsternis, untergehen in Trotz und Schuld - das heißt schon gerichtet! Davor behüte uns der gnädige Gott! Wir wollen uns von seinem Geist strafen lassen, wollen an sein Licht kommen, wie weh es uns auch tue. Dann wird er uns aufwecken zu neuem Leben, zu Werken, von denen es heißt: sie sind in Gott getan. Dann wird die Pfingstsonne in unsern Herzen aufgehen und in dem armen, harten Boden die Früchte des Geistes reifen: Liebe, Friede, Freude, Geduld, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit. Und wenn der heilige Geist uns in diesem Augenblick an ein besonderes, einzelnes Werk erinnert, das wohl wäre in Gott getan, das uns aber bisher zu schwer war, lasst den Geist uns wecken, so können wir's, heute noch.

Johannes 14, 23. 26. 27.

Wer mich liebt, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen. Der Tröster, der heilige Geist, welchen mein Vater senden wird in meinem Namen, derselbige wird es euch Alles lehren, und euch erinnern alles des, das ich euch gesagt habe. Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.

O seliges Herz, das der Geist zu einer Wohnung, zu einem Tempel Gottes macht, in dem der Vater, in dem der Heiland nicht bloß in einzelnen Stunden Einkehr halten, in dem er bleibend wohnen kann. Das Herz empfängt dann auch alle anderen Pfingstgnaden. Vor Allem die, dass der heilige Geist die Jünger lehren und sie erinnern soll alles des, das Jesus ihnen gesagt hatte. Das feine, gute Land hat den Samen aufgenommen, aber noch liegt es tot da. Fällt aber der Regen vom Himmel, dann wächst es über Nacht mächtig und herrlich empor. So mit den Jüngern, so heute mit uns. Der heilige Geist ist der gnädige Pfingstregen, der über uns kommen muss; dann wird das Wort, das wie tot in unsern Herzen lag, lebendig und fruchtbar. Dann wird das Wort, das wir längst gehört, nun auf einmal hier unser Trost, dort unsere Warnung, hier unser Gericht, dort unser Frieden. Von uns selbst haben wir keinen Frieden in unsern Herzen. Wir erfahren es nur zu sehr, alle Tage. Aber Christus hat ihn für uns teuer erworben und wiedergebracht. Und der heilige Geist bringt ihn in unsere Herzen hinein. Selig, wer diesen Frieden hat; dessen Herz erschrickt nicht und fürchtet sich nicht; der hat eine Macht wider alle Angst der Welt.

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